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VwGH vom 31.07.2014, 2013/08/0235

VwGH vom 31.07.2014, 2013/08/0235

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des Dr. J L, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK-323120/0003-II/A/3/2013, betreffend Verzugszinsen gemäß § 59 ASVG (mitbeteiligte Partei: Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4021 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte der Landeshauptmann von Oberösterreich - in Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom - fest, dass der Beschwerdeführer als Dienstgeber verpflichtet sei, auf Grund der Beschäftigung eines näher bezeichneten Dienstnehmers allgemeine Beiträge in der Höhe von EUR 15.554,69 und Sonderbeiträge in der Höhe von EUR 2.578,58 zu entrichten; gleichzeitig wurde ihm gemäß § 113 Abs. 1 Z 3 ASVG (idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 31/2007) ein Beitragszuschlag von EUR 1.245,-- (in Höhe der Verzugszinsen) vorgeschrieben (vgl. das die Beschwerde gegen diesen Bescheid abweisende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0045).

Am beantragte der Beschwerdeführer,

1. bescheidmäßig festzustellen, dass die Einforderung der mit Bescheid vom festgestellten Beitragsschulden verjährt sei (vgl. zu dem auf Grund dieses Antrags geführten Verfahren das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/08/0036), und

2. bescheidmäßig festzustellen, dass vom Beitragsrückstand gemäß Bescheid vom keine Verzugszinsen zu entrichten seien. Außerdem beantragte er, gemäß § 59 Abs. 2 ASVG die Verzugszinsen nachzusehen bzw. herabzusetzen, da durch die Einhebung der eingemahnten Verzugszinsen in voller Höhe seine wirtschaftlichen Interessen gefährdet seien.

Mit Bescheid vom verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer, für die mit Wert vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von EUR 18.133,27 für den Zeitraum bis Verzugszinsen in Höhe von EUR 9.318,12 zu begleichen.

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die mit Schreiben vom vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträge hätten die Beitragszeiträume bis betroffen und seien daher nach § 58 Abs. 1 und 2 ASVG iVm § 18 der Kassensatzung jedenfalls bereits fällig gewesen. Der mit Bescheid vom vorgeschriebene Beitragszuschlag habe den Zeitraum von der jeweiligen Fälligkeit der Beiträge bis zum (dem Abschluss der kasseneigenen Erhebungen) betroffen. Für diesen Zeitraum könnten daher nicht zusätzliche Verzugszinsen nach § 59 Abs. 1 ASVG vorgeschrieben werden.

Da der Beschwerdeführer jedoch die fälligen Beiträge bis dato nicht einbezahlt habe, seien seit bis laufend regelmäßig Verzugszinsen angefallen. Es würden daher für die Zeit vom bis zumindest (letzter aktueller Abrechnungszeitraum) Verzugszinsen nach § 59 Abs. 1 ASVG in Höhe von EUR 9.318,12 vorgeschrieben.

Dem Antrag auf Herabsetzung bzw. Nachsicht werde nicht Folge geleistet, weil kein besonders berücksichtigungswürdiger Härtefall vorliege.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch (bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse eingelangt am ). Er brachte vor, dass der Gebietskrankenkasse bei der Frage, ob sie Verzugszinsen im Sinn des § 59 Abs. 1 ASVG oder einen Beitragszuschlag im Sinn des § 113 Abs. 1 ASVG vorschreibe, kein Wahlrecht zukomme. Vielmehr sei der Sozialversicherungsträger verpflichtet, von der letztgenannten Gesetzesbestimmung Gebrauch zu machen. Mit Bescheid vom (bestätigt durch den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom ) spreche die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse aus, dass ein Beitragszuschlag in der Höhe von EUR 1.245,-- zu entrichten sei. Es sei der Gebietskrankenkasse daher verwehrt, dem Beschwerdeführer Verzugszinsen im Sinn des § 59 Abs. 1 ASVG vorzuschreiben. Darüber hinaus werde der Beschwerdeführer mit der "bescheidmäßigen Vorschreibung der Einhebung der Verzugszinsen" in seinen wirtschaftlichen Verhältnissen gefährdet, sodass er in eventu sein Begehren auch auf § 59 Abs. 2 ASVG stütze. Er stelle daher den Antrag, es möge dem Einspruch Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid ersatzlos aufgehoben werde; in eventu stelle er den Antrag, die Verzugszinsen in der Höhe von EUR 9.318,12 nachzusehen bzw. herabzusetzen.

Mit Schriftsatz vom beantragte der Beschwerdeführer gemäß § 73 Abs. 2 AVG den Übergang der Entscheidungspflicht auf die belangte Behörde.

Mit dem angefochtenen Bescheid bejahte die belangte Behörde ihre Zuständigkeit auf Grund des Devolutionsantrags. Sie wies den Einspruch ab und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid mit der Maßgabe, dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, für den Zeitraum "bis laufend" EUR 11.141,51 an Verzugszinsen zu entrichten. Den Antrag auf Herabsetzung bzw. Nachsicht der Verzugszinsen wies die belangte Behörde als unzulässig zurück.

Begründend führte die belangte Behörde nach der Darstellung des Verfahrensgangs aus, die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen hänge davon ab, ob die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse für den Zeitraum, für den sie schon einen Beitragszuschlag auferlegt habe, auch Verzugszinsen vorgeschrieben habe, oder ob der Beitragszuschlag und die Verzugszinsen unterschiedliche Zeiträume beträfen. Nur im letzteren Fall wären Verzugszinsen zu entrichten. Der Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom schreibe den Beitragszuschlag für den Zeitraum bis vor. Der verfahrensgegenständliche Bescheid vom schreibe Verzugszinsen für den Zeitraum bis vor. Diese beiden Bescheide beträfen also zwei verschiedene Zeiträume, weshalb die Vorschreibung der Verzugszinsen zu Recht erfolgt sei. Die Verzugszinsen seien mit jenem Betrag festzusetzen, der zum Entscheidungszeitpunkt im EDV-Beitragskonto der Gebietskrankenkasse ersichtlich sei. Daraus habe sich der im Spruch ersichtliche Betrag ergeben.

Die Zurückweisung des Antrags auf Herabsetzung bzw. Nachsicht der Verzugszinsen begründete die belangte Behörde damit, dass dies nur vom zuständigen Versicherungsträger, hier also von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse, gewährt werden könne.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde und Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

1. Gemäß § 59 Abs. 1 ASVG sind von rückständigen Beiträgen, wenn nicht gemäß § 113 Abs. 1 ASVG ein Beitragszuschlag vorgeschrieben wird, Verzugszinsen in einem Hundertsatz der rückständigen Beiträge zu entrichten.

Gemäß § 59 Abs. 2 ASVG kann der zur Entgegennahme der Zahlung berufene Versicherungsträger die Verzugszinsen herabsetzen oder nachsehen, wenn durch ihre Einhebung in voller Höhe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners gefährdet wären. Die Verzugszinsen können überdies nachgesehen werden, wenn es sich um einen kurzfristigen Zahlungsverzug handelt und der Beitragsschuldner ansonsten regelmäßig seine Beitragspflicht erfüllt hat.

§ 113 Abs. 1 Z 3 ASVG idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 31/2007 sieht vor, dass Beitragszuschläge bis zum Doppelten der Differenz zwischen den Beiträgen, die sich aus dem zu niedrig gemeldeten Entgelt ergeben, und den zu entrichtenden Beiträgen vorgeschrieben werden können. Bei der Festsetzung des Beitragszuschlages hat der Versicherungsträger insbesondere die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beitragsschuldners und die Art des Meldeverstoßes zu berücksichtigen. Der Beitragszuschlag darf jedoch die Höhe der Verzugszinsen nicht unterschreiten, die ohne seine Vorschreibung aufgrund des § 59 Abs. 1 ASVG für die nachzuzahlenden Beiträge zu entrichten gewesen wären.

2. Der Beschwerdeführer geht davon aus, dass er nicht mehr zur Zahlung von Verzugszinsen verpflichtet werden hätte dürfen, nachdem ihm bereits ein Beitragszuschlag vorgeschrieben worden war.

Tatsächlich ist es dem Versicherungsträger verwehrt, einen Beitragsschuldner für den gleichen Zeitraum sowohl mit einem Beitragszuschlag in der Mindesthöhe der Verzugszinsen wegen eines zu einer Beitragsnachverrechnung führenden Meldeverstoßes als auch mit Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG zu belasten und sich so den Zinsverlust durch die verspätete Zahlung doppelt abgelten zu lassen. Der Beschwerdeführer war aber nach dem Zeitraum, auf den sich der Beitragszuschlag bezogen hatte, weiterhin mit den Beitragszahlungen im Verzug. Nur für diesen Zeitraum, hinsichtlich dessen noch kein Beitragszuschlag verhängt worden war (und mangels eines neuerlichen Meldeverstoßes auch nicht verhängt werden konnte), wurden dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid Verzugszinsen vorgeschrieben. Dies kann nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Der Beschwerdeführer macht weiters geltend, die belangte Behörde hätte über seinen Antrag auf Nachsicht bzw. Herabsetzung der Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 2 ASVG in der Sache entscheiden müssen.

Der Beschwerdeführer hat einen derartigen Antrag erstmals mit seinem Schriftsatz vom an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse gerichtet. Diese hat den Antrag mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom (wenn auch nicht in einem gesonderten Spruchpunkt) abgewiesen. Die belangte Behörde hat diese Abweisung bestätigt, indem sie dem - den erstinstanzlichen Bescheid vollumfänglich bekämpfenden - Einspruch insgesamt keine Folge gegeben hat. Insoweit hat sie über den Antrag eine negative Sachentscheidung getroffen. Diese wurde zwar nicht eigens begründet, kann aber im Ergebnis dennoch nicht als rechtswidrig erkannt werden, weil weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eine Gefährdung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers - als Voraussetzung für die Stattgebung des Antrags - konkretisiert wurde.

Im Einspruch an den Landeshauptmann hat der Beschwerdeführer den Antrag nach § 59 Abs. 2 ASVG wiederholt. Soweit er damit auf eine erstinstanzliche Entscheidung durch den Landeshauptmann (und in weiterer Folge durch die im Devolutionsweg zuständig gewordene belangte Behörde) abgezielt haben sollte, hat die belangte Behörde richtig darauf hingewiesen, dass dafür ausschließlich der Versicherungsträger zuständig wäre. Die belangte Behörde war nicht zu einer erstinstanzlichen Sachentscheidung über den Antrag befugt. Angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer bereits am einen gleichlautenden Antrag bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse eingebracht hatte, musste er auch nicht an diese weitergeleitet werden. Die Zurückweisung des Antrags hat den Beschwerdeführer somit nicht in dem von ihm geltend gemachten Recht auf Entscheidung in der Sache verletzt.

4. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014 weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am