zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 19.12.2007, 2006/08/0244

VwGH vom 19.12.2007, 2006/08/0244

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2006/08/0223 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Köller, Dr. Moritz und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der Pensionsversicherungsanstalt in Wien, vertreten durch Dr. Vera Kremslehner, Dr. Josef Milchram, Dr. Anton Ehm, Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Singerstraße 12/9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. SV(SanR)-414737/1-2006-Bb/Ws, betreffend Erstattung von Beiträgen gemäß § 70b ASVG (mitbeteiligte Partei: Ing. J P, in E), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt hat dem Bund (Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom hat die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt dem Mitbeteiligten ab - nach einer vorläufigen Gewährung ab - endgültig eine Berufsunfähigkeitspension in der Höhe von monatlich EUR 1.782,93 zuerkannt. Die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt hat Berufsunfähigkeit gemäß § 255 Abs. 1 ASVG ohne zeitliche Befristung gemäß § 256 Abs. 2 ASVG angenommen.

Mit Bescheid vom hat die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt den Antrag des Mitbeteiligten auf Erstattung von Beiträgen für Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten abgewiesen. Begründend wurde nach Wiedergabe des § 70b ASVG ausgeführt, dass das mit Bescheid vom abgeschlossene Verfahren über den Leistungsanspruch des Mitbeteiligten ergeben habe, dass sich der Nachkauf der Schul- und Studienzeiten durch den Mitbeteiligten leistungswirksam auf die Höhe seiner Pension ausgewirkt habe. Eine Rückerstattung seiner Beiträge sei daher nicht möglich.

Dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch, der sich nicht im vorgelegten Verwaltungsakt befindet, hat die belangte Behörde Folge gegeben und ausgesprochen, dass die beantragte Erstattung der Beiträge zu gewähren sei.

Nach Wiedergabe des Inhaltes des erstinstanzlichen Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Mitbeteiligte habe in seinem Einspruch vorgebracht, dass er im Jahre 1996 für insgesamt 24 Monate seiner HTL-Schulzeiten Beiträge entrichtet habe. Man habe ihm erklärt, dass sich die nachgekauften Schulzeiten bei der Berechnung der Vergleichspension auswirkten. Diese Berechnung sei für ihn aber nicht nachvollziehbar, weil beide Berechnungsweisen dieselbe Pensionsleistung ergäben. Die nachgekauften Zeiten hätten keinen Einfluss auf die Pensionsleistung, weshalb die geleisteten Beiträge zu erstatten seien.

In der Folge gab die belangte Behörde die Bestimmung des § 70b ASVG wieder und stellte fest, dass seit 1990 bekannt sei, dass der im Jahre 1952 geborene Mitbeteiligte an einer Krankheit leide. Seit 1994 sei es zu verschiedenen Anfällen gekommen. Im Jahr 1996 habe der Mitbeteiligte für 24 Schulmonate Beiträge entrichtet. Ab sei dem Mitbeteiligten die Berufsunfähigkeitspension zuerkannt worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, die vom Mitbeteiligten eingekauften Schulzeiten hätten sich bei der Zuerkennung der Berufsunfähigkeitspension als nicht leistungswirksam erwiesen. Der Mitbeteiligte habe durch den Nachkauf von Versicherungszeiten eine höhere Pensionsleistung erwerben wollen bzw. einen früheren Anfall einer Leistung aus dem Versicherungsfall des Alters erreichen wollen. Gerade weil es sich im vorliegenden Fall nicht um einen Versicherungsfall des Alters gehandelt habe, sei eine Rückerstattung vorgesehen, weil für den - nicht erwarteten - Fall der Berufsunfähigkeitspension die nachgekauften Zeiten keine Auswirkungen hätten. Demnach sind jene Beiträge für Schulzeiten, die keinen Einfluss auf die Pensionshöhe bzw. auf die Pensionsleistung hätten, zurückzuerstatten.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Die mitbeteiligte Partei hat sich nicht geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 70b ASVG lautet:

"§ 70b. (1) Beiträge, die nach § 227 Abs. 3 und 4 entrichtet wurden, damit Ersatzzeiten für den Besuch von Schulen oder Hochschulen oder für eine vorgeschriebene Ausbildung nach dem Hochschulstudium (§§ 227 Abs. 1 Z 1 und 228 Abs. 1 Z 3) anspruchs- oder leistungswirksam werden, sind dem (der) Versicherten oder den anspruchsberechtigten Hinterbliebenen in dem Umfang vom leistungspflichtigen Versicherungsträger zu erstatten, als die Anspruchs- oder Leistungswirksamkeit dieser Ersatzzeiten nicht eintritt. Die Erstattung hat von Amts wegen innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Zuerkennung der Leistung zu erfolgen.

(2) Bei der Erstattung gehen Beiträge, die Ersatzmonate für den Hochschulbesuch und für eine vorgeschriebene Ausbildung nach dem Hochschulstudium (§ 227 Abs. 3 Z 2) betreffen, den anderen Beiträgen nach § 227 Abs. 3 vor.

(3) Die Beiträge sind entsprechend ihrer zeitlichen Lagerung mit den Aufwertungsfaktoren (§ 108 Abs. 4) zum Stichtag der zuerkannten Leistung aufzuwerten. Mit der Erstattung erlöschen alle Ansprüche und Berechtigungen, die auf der Beitragsentrichtung beruhen."

Die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt geht in der Beschwerde in rechtlicher Hinsicht - auf Basis der geltenden Rechtslage - mit der belangten Behörde davon aus, dass die vom Mitbeteiligten nachgekauften Schulzeiten keine Auswirkungen auf den Grund und die Höhe seiner Berufsunfähigkeitpension gehabt haben.

In der Beschwerde führt die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt jedoch aus, die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension bei Arbeitslosigkeit und der Gleitpension habe zur Folge gehabt, dass der durch den Einkauf von Schulzeiten angestrebte Zweck, den Pensionsbeginn vorzuverlegen, in keinem Fall mehr habe eintreten können. Bei der vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer habe die Gesetzesänderung verschiedentlich dazu geführt, dass die seinerzeit zur Begründung eines derartigen Pensionsanspruches zum 55./60. Lebensjahr nachgekauften Zeiten wegen Erhöhung des Antrittsalters nicht oder nicht mehr in vollem Umfang benötigt würden. Aufwendungen der Versicherten im Vertrauen auf die Gesetzeslage seien sohin frustriert erfolgt. In den erläuternden Bemerkungen zu § 70b ASVG heiße es unter anderem, dass für den Fall, dass die Anspruchs- oder Leistungswirksamkeit von Schul- und Studienzeiten etwa in Folge von Leistungsverschärfungen (Anhebungen des Anfallsalters etc.) nicht eintrete, die Rückerstattung dieser Beiträge vorgesehen würde. Für die Rückerstattung von Beiträgen sei daher zu prüfen, ob durch die Leistungsverschärfungen seinerzeit eingekaufte Schulzeiten weder Anspruchs- noch Leistungswirksamkeit entfaltet hätten. Die Bestimmung des § 70b ASVG umfasse nicht den Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit, sondern habe nur die Gewährung einer Alterspension und einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer im Auge. Auch stehe bei Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension nicht fest, ob Berufsunfähigkeit ständig vorliege und der Betroffene in der Folge nicht Anspruch auf eine Alterspension habe. Für diesen Fall würden die nachgekauften Schulzeiten wieder leistungswirksam werden. Im Übrigen sei § 70b ASVG eine Ausnahmebestimmung, die restriktiv auszulegen sei.

Bei dieser Argumentation lässt die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt allerdings den Wortlaut des Gesetzes außer Acht. Der Wortlaut des § 70b ASVG legt eine einschränkende Auslegung dahin, dass diese Bestimmung nicht den Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit umfasse, sondern nur die Gewährung einer Alterspension und einer vorzeitigen Alterspension bei langer Versicherungsdauer im Auge habe, nicht nahe:

Nach dem Text des § 70b ASVG sind die Beiträge in dem Umfang zu erstatten, als Anspruchs- oder Leistungswirksamkeit nicht eingetreten ist (§ 70b Abs. 1 1. Satz ASVG); dies von Amts wegen innerhalb eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Zuerkennung der Leistung (2. Satz leg. cit.). Gemäß § 222 Abs. 1 ASVG ("Leistungen der Pensionsversicherung") sind in der Pensionsversicherung der Arbeiter und in der Pensionsversicherung der Angestellten aus dem Versicherungsfall des Alters die Alterspension (Z. 1), aus den Versicherungsfällen der geminderten Arbeitsfähigkeit bei Invalidität die Invaliditätspension, bei Berufsunfähigkeit die Berufsunfähigkeitspension (Z. 2) und aus dem Versicherungsfall des Todes die Hinterbliebenenpensionen bzw. die Abfindung (Z. 3) zu gewähren. Unter einer Leistung wird im Pensionsversicherungsrecht demnach auch die Berufsunfähigkeitspension verstanden. Ist im § 70b Abs. 1 ASVG von der Zuerkennung der Leistung die Rede, ist damit der Bezug zu sämtlichen Leistungen der Pensionsversicherung, somit auch zur Berufsunfähigkeitspension, hergestellt.

Der in den Erläuterungen zu dieser Bestimmung angedeutete Zweck der Norm hat nicht dazu geführt, dass der Gesetzgeber die Rückforderung auf bestimmte Leistungsfälle eingeschränkt hat. Der von der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt in der Beschwerde vertretenen einschränkenden Auslegung des § 70b ASVG kann daher nicht beigetreten werden.

Im Beschwerdefall war die Berufsunfähigkeitspension des Mitbeteiligten zur selben Zeit und in derselben Höhe angefallen, wie ohne Nachkauf, weshalb die Voraussetzungen für eine Erstattung gemäß § 70b ASVG gemäß § 70b ASVG vorliegen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am