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VwGH vom 05.12.2019, Ra 2019/08/0124

VwGH vom 05.12.2019, Ra 2019/08/0124

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der BUAK Bauarbeiter- Urlaubs- und Abfertigungskasse in Wien, vertreten durch Mag. Ines Windisch, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Reichsratstraße 17/11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , Zl. LVwG- 2019/14/0276-1, betreffend Einspruch gegen einen Rückstandsausweis nach dem BUAG (belangte Behörde vor dem Landesverwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft Innsbruck; mitbeteiligte Partei: I GmbH in T, vertreten durch Dr. Bauer, Dr. Triendl, Dr. Ruez, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Museumstraße 28/4), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Der Bund ist schuldig, der revisionswerbenden Partei den Aufwand in Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom teilte die BUAK der mitbeteiligten Partei mit, dass sie vier näher genannte Arbeitnehmer, die dem BUAG unterlägen (§ 1 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 BUAG), mindestens drei Zuschlagzeiträume hindurch nicht gemäß § 22 BUAG gemeldet habe. Somit gelange § 27 BUAG zur Anwendung (Einbeziehung ins System der BUAK). Die mitbeteiligte Partei könne die sofort fälligen Zuschlagsforderungen der dem Schreiben beigelegten Berichtigungsanzeige entnehmen. 2 Die mitbeteiligte Partei erhob mit Schreiben vom Einwendungen gegen die Einbeziehung in das System der BUAK und (gemäß § 25 Abs. 1b BUAG) gegen die Vorschreibung von Zuschlägen. Die Vorschreibung sei unrichtig. Der Gewerbeschein der mitbeteiligte Partei laute auf "Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmer gem. § 94 Z 79 GewO 1994, eingeschränkt auf den Bereich der Installationstechnik". Die mitbeteiligte Partei und ihre Mitarbeiter dürften nur Arbeiten im Bereich der Installationstechnik (an Rohrleitungen oder Anlagen) durchführen, jedoch keine Tätigkeiten an Bauwerken. Sie dürfe auch keine Lehrlingsausbildung als Wärme-, Kälte-, Schall- und Brandschutztechniker vermitteln. Diese Umstände würden einer Eingliederung in das System der BUAK widersprechen. 3 Die BUAK stellte gemäß § 25 Abs. 3 BUAG am gegen die mitbeteiligte Partei einen Rückstandsausweis über EUR 14.210,52 s.A. aus.

4 Die mitbeteiligte Partei erhob am gegen diesen Rückstandsausweis Einspruch und brachte vor, sie habe die oben beschriebene, auf den Bereich der Installationstechnik eingeschränkte Tätigkeit im Mai 2008 aufgenommen. Die BUAK habe damals mitgeteilt, dass keine BUAG-Pflicht bestehe. Nunmehr habe die BUAK den gegenteiligen Standpunkt eingenommen, obwohl sich die Tätigkeit der mitbeteiligten Partei seit Beginn nicht geändert habe. Die BUAK sei mehrfach auf diesen Umstand hingewiesen worden. Dennoch habe sie das in § 25 Abs. 6 BUAG vorgesehene Verfahren bei der Bezirksverwaltungsbehörde nicht eingeleitet, um die Frage der BUAG-Pflicht zu klären. Der Rückstandsausweis sei weder dem Grunde, noch der Höhe nach berechtigt.

5 Mit Bescheid vom hat die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge gegeben. Die mitbeteiligte Partei bzw. deren Arbeitnehmer würden Isolierungs- und Brandschutztätigkeiten ausüben. Diese seien gemäß § 2 Abs. 1 lit. e BUAG den BUAGpflichtigen Wärme-, Kälte-, Schall- und Branddämmungsarbeiten zuzuordnen. Sowohl die Berichtigungsanzeige als auch der Rückstandsausweis seien der (nicht bestrittenen) Höhe nach plausibel.

6 Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol und brachte vor, die BUAK habe das zur Klärung der Frage der BUAG-Pflicht vorgesehene Verfahren gemäß § 25 Abs. 6 BUAG nicht eingeleitet. Auf Grund der Einschränkung des Gewerbes auf den Bereich der Installationstechnik sei keine BUAG-Pflicht gegeben. 7 Mit dem in Revision gezogenen "Erkenntnis" (der Sache nach ein Beschluss iSd § 28 Abs. 3 VwGVG) hat das Landesverwaltungsgericht der Beschwerde Folge gegeben, den angefochtenen Bescheid behoben und die Angelegenheit mit folgender Begründung zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde zurückverwiesen (Fehler im Original):

"Das Landesverwaltungsgericht Tirol ist im Gegenstandsfall der Auffassung, dass dann, wenn ein Einspruch gegen den Rückstandsausweis vom Arbeitgeber mit der Begründung erhoben wird, dass die Vorschreibung nicht in den Geltungsbereich des Bundesgesetzes fällt, in einem ‚Zwischenverfahren' über Antrag der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse durchzuführen ist, worin mit Bescheid festgestellt wird, dass der ‚Arbeitgeber' den Vorschriften dieses Bundesgesetzes unterliegt oder ob für das in Betracht kommende Arbeitsverhältnis dieses Bundesgesetz Anwendung findet.

Eine solche Vorgangsweise wurde von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck nicht gewählt, sondern eine Entscheidung nach § 25 Abs 5 gefällt, in der über die Richtigkeit der Vorschreibung - Euro 14.210,52 - entschieden wurde, was als ‚zu kurz gegriffen' aufzufassen ist, zumal § 25 Abs 7 BUAG normiert, dass dann, wenn das Landesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen einen Bescheid nach Abs 6 entscheidet dem Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz eine schriftliche Ausfertigung des Erkenntnisses oder Beschlusses zuzustellen ist. Der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ist berechtigt, gegen Erkenntnisse und Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Revision beim Verwaltungsgerichtshof zu erheben.

Im Falle des § 25 Abs 6 BUAG ist offensichtlich ein wesentlich umfangreicheres Verfahren vorgesehen. § 28 Abs 2 VwGVG geht davon aus, dass der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Das Landesverwaltungsgericht Tirol ist der Auffassung, dass die diesbezüglichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, zumal das Gesetz im Gegenstandsfall vorsieht, dass von Seiten der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse ein ‚Antrag' auf Feststellung einzubringen ist, ob der Arbeitgeber den Vorschriften dieses Bundesgesetzes unterliegt oder ob für das in Betracht kommende Arbeitsverhältnis dieses Bundesgesetz Anwendung findet. Ein solcher Antrag fehlt jedoch im Gegenstandsfall, sodass spruchgemäß zu entscheiden ist."

8 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

9 Die revisionswerbende BUAK erblickt entgegen diesem Ausspruch eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darin, ob im Rahmen eines Verfahrens nach § 25 Abs. 5 BUAG eine Zurückverweisung an die Behörde erster Instanz zur Einleitung eines Verfahrens nach § 25 Abs. 6 BUAG möglich und vorgesehen sei. Das Landesverwaltungsgericht Tirol habe der BUAK zu Unrecht die Stellung eines "Zwischenantrags" nach § 25 Abs. 6 BUAG aufgetragen.

10 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

11 Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

12 Gemäß § 25 Abs. 5 BUAG hat die Bezirksverwaltungsbehörde nach einem Einspruch gegen einen gemäß § 25 Abs. 3 BUAG ergangenen Rückstandsausweis mit Bescheid über die Richtigkeit der Vorschreibung zu entscheiden. In der Begründung dieser Entscheidung ist im Fall der Bestreitung die (hier nicht in Rechtskraft erwachsende) Vorfrage zu beantworten, ob der Arbeitgeber den Vorschriften dieses Bundesgesetzes unterliegt oder ob für das in Betracht kommende Arbeitsverhältnis dieses Bundesgesetz Anwendung findet. Diese Frage kann in einem auf Antrag der BUAK eingeleiteten Verfahren nach § 25 Abs. 6 BUAG auch als Hauptfrage (Sache des Verfahrens) in einer der Rechtskraft fähigen Weise (durch Aufnahme in den Spruch der Entscheidung) beantwortet werden (, 0036). Eine Verpflichtung der BUAK, einen solchen Feststellungsantrag zu stellen, ist § 25 Abs. 6 BUAG ebenso wenig zu entnehmen wie eine Pflicht der Behörde, von Amts wegen über die genannte Frage einen Feststellungsbescheid zu erlassen.

13 § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG berechtigte das Landesverwaltungsgericht Tirol nicht, den angefochtenen Bescheid zu beheben und die Angelegenheit an die belangte Behörde zum Zweck der Änderung (Ausdehnung) des Streitgegenstandes durch die BUAK zurückzuverweisen.

14 Das angefochtene Erkenntnis (der Sache nach: der Beschluss) war gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

15 Die Zuerkennung von Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20 14, BGBl. II Nr. 518/2003.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019080124.L00
Schlagworte:
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

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