VwGH vom 06.07.2010, 2010/22/0071
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. Josef Unterweger und Maga. Doris Einwallner, Rechtsanwalt und Rechtsanwältin in 1080 Wien, Buchfeldgasse 19a, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 155.110/2-III/4/09, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom wies die erstinstanzliche Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) unter Hinweis auf § 44b Abs. 1 Z 1 leg. cit. zurück.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den genannten erstinstanzlichen Bescheid erhobene Berufung ab.
Dazu führte sie im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer am illegal eingereist sei und am selben Tag einen Asylantrag gestellt habe. Dieser sei zweitinstanzlich mit Bescheid vom rechtskräftig abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe gemeinsam mit einer österreichischen Staatsbürgerin einen am geborenen unehelichen Sohn, der in Obsorge der Mutter stehe. Mit Bescheid vom sei gegen den Beschwerdeführer eine Ausweisung erlassen worden. Der dagegen erhobenen Berufung sei keine Folge gegeben worden. An diese Entscheidung seien die "NAG-Behörden" gebunden.
In seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Niederlassungsbehörde habe der Beschwerdeführer hinsichtlich des Hervorkommens eines maßgeblich geänderten Sachverhalts vorgebracht, dass er seit neuerlich Vater geworden sei. Das Kind habe wie auch dessen Mutter und nunmehrige Lebensgefährtin des Beschwerdeführers auf Grund des laufenden Asylverfahrens zumindest einen vorläufigen Aufenthaltsstatus in Österreich. Dieser Umstand hätte im Ausweisungsverfahren nicht berücksichtigt werden können.
Dazu führte die belangte Behörde wörtlich aus:
"Es handelt sich hierbei zwar tatsächlich um einen geänderten Sachverhalt, jedoch muss durch die Berufungsbehörde festgestellt werden, dass Sie im gesamten erstinstanzlichen Verfahren weder erwähnt haben, dass Sie eine neue Lebensgefährtin haben, noch, dass diese von Ihnen schwanger ist. Zum Zeitpunkt der Antragstellung im April 2009 mussten Sie bereits mit Ihrer nunmehrigen Lebensgefährtin liiert gewesen sein, da diese damals ca. im 3. Monat schwanger war. Es ist daher fraglich, warum Sie die Behörden erst Monate nach der Geburt des Kindes davon in Kenntnis setzten."
Soweit der Beschwerdeführer meint, dass in seinem Fall ein Antrag nach § 44 Abs. 4 NAG in Frage gekommen wäre, sei ihm zu entgegnen, dass er eindeutig einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach § 44 Abs. 3 NAG gestellt habe. Sein Antrag vom sei daher (wegen rechtskräftig erlassener Ausweisung) zurückzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Zunächst ist der in der Beschwerde erhobene Einwand der Unzuständigkeit der belangten Behörde zu behandeln. Der Beschwerde ist zuzustimmen, dass die Berufungsbehörde dann nicht in der Sache selbst entscheiden darf, wenn die erstinstanzliche Behörde den Antrag zurückgewiesen hat. Dies hat die belangte Behörde hier aber auch nicht getan. Sie hat die Berufung gegen den erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid mit der Begründung abgewiesen, dass der von der erstinstanzlichen Behörde herangezogene Zurückweisungsgrund vorliege. Demnach findet sich am Ende der Bescheidbegründung auch der Hinweis, dass der Antrag "daher zurückzuweisen" gewesen sei. Die belangte Behörde hat demnach nur über die Rechtmäßigkeit der erstinstanzlichen Zurückweisung abgesprochen und keine ihr nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch genommen.
§ 44b NAG, eingefügt durch BGBl. I Nr. 29/2009, lautet auszugsweise:
"§ 44b. (1) Liegt kein Fall des § 44a vor, sind Anträge gemäß §§ 43 Abs. 2 und 44 Abs. 3 als unzulässig zurückzuweisen, wenn
1. gegen den Antragsteller eine Ausweisung rechtskräftig erlassen wurde, oder
2. rechtskräftig festgestellt wurde, dass eine Ausweisung bloß vorübergehend (§ 10 AsylG 2005,§ 66 FPG) unzulässig ist, oder
3. die Sicherheitsdirektion nach einer Befassung gemäß Abs. 2 in der Stellungnahme festgestellt hat, dass eine Ausweisung bloß vorübergehend unzulässig ist
und aus dem begründeten Antragsvorbringen im Hinblick auf die Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens gemäß § 11 Abs. 3 ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt.
..."
Der Beschwerdeführer bringt vor, dass sich der maßgebliche Sachverhalt seit Rechtskraft der Ausweisung geändert habe, sodass jedenfalls eine Prüfung des Antrages nach Art. 8 EMRK zu erfolgen gehabt hätte.
Er bestreitet nicht, dass die Änderung des Sachverhalts erst in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Zurückweisungsbescheid behauptet wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 2010/21/0142, ausgesprochen, dass nach der Erlassung der erstinstanzlichen Entscheidung eingetretene Umstände keinen Einfluss auf die Beurteilung haben, ob die auf § 44b Abs. 1 Z 1 NAG gegründete Antragszurückweisung von der Erstbehörde zu Recht vorgenommen wurde. Damit wurde klargelegt, dass allein die Entscheidungsgrundlage der ersten Instanz maßgeblich für die Frage des Vorliegens einer relevanten Sachverhaltsänderung gegenüber dem Ausweisungsbescheid ist.
Im vorliegenden Fall wurde gegenüber der erstinstanzlichen Behörde in keiner Weise eine Änderung des Sachverhalts behauptet, weshalb diese und ihr folgend die belangte Behörde zutreffend mit einer Antragszurückweisung nach § 44b Abs. 1 Z 1 NAG vorgegangen ist.
Demnach haftet dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht an und es war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-81996