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VwGH vom 13.10.2011, 2010/22/0066

VwGH vom 13.10.2011, 2010/22/0066

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde des VM in Wien, vertreten durch Dr. Thomas Neugschwendtner, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Schleifmühlgasse 5/8, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 155.200/2- III/4/09, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein ukrainischer Staatsangehöriger, stellte am einen auf § 43 Abs. 2 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) gestützten Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Niederlassungsbewilligung - unbeschränkt".

Diesen Antrag wies die erstinstanzliche Behörde (Landeshauptmann von Wien) gemäß § 43 Abs. 2 iVm § 44b Abs. 1 Z. 3 NAG zurück, "da die Sicherheitsdirektion für Wien nach einer Befassung gemäß § 44b Abs. 2 NAG in der Stellungnahme festgestellt hat, dass Ihre Ausweisung zulässig bzw. bloß vorübergehend unzulässig ist".

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Dies begründete sie im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer am illegal in das Bundesgebiet eingereist sei und am einen Asylantrag gestellt habe, der letztlich mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom rechtskräftig abgewiesen worden sei. Am habe der Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel gemäß § 44 Abs. 4 NAG beantragt, der mit Bescheid vom gemäß § 44 Abs. 4 iVm § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG rechtskräftig abgewiesen worden sei.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde unter Hinweis auf § 44b Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 NAG aus, dass die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien in ihrer Stellungnahme vom die "Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bzw. die vorübergehende Unzulässigkeit festgestellt" habe. Dies sei damit begründet worden, dass sich der Beschwerdeführer seit unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, er im Inland keinerlei familiäre Bindungen habe und auch über keine arbeitsrechtliche Bewilligung verfüge. Vor diesem Hintergrund erweise sich eine Ausweisung auch unter Bedachtnahme auf die in § 66 Abs. 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG normierten Kriterien als zulässig. Entgegen der Ansicht des Antragstellers könne die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien keine Gründe erkennen, die es dem volljährigen Antragsteller unmöglich machen sollten, vom Ausland aus einen entsprechenden Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung einzubringen, weil mit der gegenständlichen Abweisung kein Verbot ausgesprochen werde, das ihm einen Aufenthalt in Österreich zukünftig verwehren würde.

Damit habe - so die belangte Behörde - die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien "unter Abwägung hinsichtlich des Art. 8 EMRK" festgestellt, dass im Fall des Beschwerdeführers eine aufenthaltsbeendende Maßnahme zulässig bzw. nur vorübergehend unzulässig sei, und sich ausdrücklich gegen die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 43 Abs. 2 NAG ausgesprochen.

Zu den vom Beschwerdeführer vorgebrachten Integrationsmerkmalen führte die belangte Behörde aus, dass sein Asylantrag mit Bescheid des Bundesasylamtes vom abgewiesen und gleichzeitig gemäß § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Ukraine als zulässig erklärt worden sei. Eine dagegen erhobene Beschwerde sei mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom rechtskräftig abgewiesen worden. Ein gewisser Integrationswille des Beschwerdeführers sei zwar erkennbar, diese Integrationsschritte seien jedoch gesetzt worden, als er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst habe sein müssen. Daher sei das Vorbringen im Hinblick auf die erfolgte Integration nicht geeignet, als geänderter maßgeblicher Sachverhalt gemäß § 11 Abs. 3 NAG gewertet zu werden. Über diese Gründe sei bereits im Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom (richtig: ) ausreichend abgesprochen worden; das Berufungsvorbringen enthalte daher keine konkreten Angaben über einen maßgeblich geänderten Sachverhalt, weshalb die Zurückweisung des Antrages durch die erstinstanzliche Behörde rechtskonform erfolgt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Wenn die Beschwerde rügt, die Feststellung im angefochtenen Bescheid, wonach im März 2009 gegen den Beschwerdeführer eine durchsetzbare Ausweisungsentscheidung ergangen sei, sei unzutreffend, gegen ihn sei bislang keine Ausweisung erlassen worden, ist sie im Recht. Der Asylgerichtshof führte in dem Erkenntnis vom ausdrücklich aus, dass die Asylbehörde zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen asylrechtlichen Bescheides gemäß § 8 Asylgesetz 1997, idF BGBl. I Nr. 126/2002, über die Ausweisung nicht abgesprochen habe; eine diesbezügliche Kognitionsbefugnis komme daher auch dem Asylgerichtshof nicht zu; im Gegenstand sei daher über eine Ausweisung nicht abgesprochen worden. Den Verwaltungsakten ist auch nicht zu entnehmen, dass gegen den Beschwerdeführer eine aufenthaltsbeendende Maßnahme nach einer anderen Bestimmung erlassen worden wäre.

Was die Stellungnahme der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom betrifft, worin diese die "Zulässigkeit von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen bzw. vorübergehende Unzulässigkeit" ausspricht und eine Ausweisung des Beschwerdeführers auch unter Bedachtnahme auf die in § 66 Abs. 2 FPG normierten Kriterien als zulässig erachtet, gleicht der vorliegende Sachverhalt jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , 2010/22/0046, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird auf dessen Begründung verwiesen. Demnach hätte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien die Einleitung des Ausweisungsverfahrens zu veranlassen gehabt.

Da im vorliegenden Fall der Tatbestand des § 44b Abs. 1 Z. 3 NAG nicht erfüllt ist und die belangte Behörde dennoch den Antrag unter Hinweis auf diese Bestimmung zurückgewiesen hat, war der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien,am

Fundstelle(n):
YAAAE-81983