VwGH vom 15.06.2010, 2010/22/0055
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2010/22/0057
2010/22/0056
2010/22/0059
2010/22/0058
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2009/22/0123 E
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerden
1. des E (2010/22/0055), 2. der ES (2010/22/0056), 3. des N (2010/22/0057), 4. des S 2010/22/0058) und 5. des A (2010/22/0059), alle in Wien, alle vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Mekis, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 5, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres je vom , 1.) Zl. 309.588/5-III/4/09,
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2.) | Zl. 309.588/4-III/4/09, 3.) Zl. 309.588/7-III/4/09, |
4.) | Zl. 309.588/8-III/4/09 und 5.) Zl. 309.588/6-III/4/09, jeweils betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt: |
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind miteinander verheiratet. Bei den übrigen Beschwerdeführern handelt es sich um deren minderjährige Kinder. Alle sind serbische Staatsangehörige.
Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden wies die belangte Behörde die von den Beschwerdeführern gestellten Anträge auf Verlängerung ihrer Niederlassungsbewilligungen gemäß § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) zurück.
Begründend führte die belangte Behörde - im Wesentlichen in allen Bescheiden gleichlautend - aus, die Beschwerdeführer seien von der erstinstanzlichen Behörde mit Schreiben vom aufgefordert worden, "Unterlagen für eine Niederlassungsbewilligung nachzubringen". Dabei habe es sich um einen aktuellen Nachweis über die "Mietenzahlung der Wohnung", die "Vorlage über den tatsächlichen Bezug der Familienbeihilfe", Lohn- und Gehaltszettel, Schulbesuchsbestätigung des Kindes, einen aktuellen Firmenbuchauszug, Einkommensteuerbescheide aus 2007 und 2008, zwei Unternehmen betreffende Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2007 und 2008 sowie eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung 2008 beider Unternehmen gehandelt. Da keine der geforderten Unterlagen vorgelegt worden sei, sei dem nach § 13 Abs. 3 AVG ergangenen Verbesserungsauftrag nicht nachgekommen worden. Die von der erstinstanzlichen Behörde vorgenommenen Antragszurückweisungen seien zu Recht ergangen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide gerichteten Beschwerden, die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden wurden, nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
In den Beschwerden wird vorgebracht, die belangte Behörde habe wesentliche Feststellungen zu den Voraussetzungen der Zulässigkeit eines Auftrages nach § 13 AVG unterlassen und nicht geprüft, ob und inwieweit mit dem "Verbesserungsauftrag" im Fall der nicht zeitgerechten Erfüllung die Rechtsfolge der Zurückweisung überhaupt verbunden hätte werden dürfen. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.
Zutreffend erkannte die belangte Behörde, dass sie auf Grund des Gegenstandes der erstinstanzlichen Entscheidungen (auf § 13 Abs. 3 AVG gestützte Antragszurückweisungen) nur über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisungsbescheide, nicht aber über die Anträge selbst entscheiden durfte. Sie hatte daher lediglich zu prüfen, ob die sachliche Behandlung der Anträge mangels fristgerechter Befolgung der Verbesserungsaufträge zu Recht verweigert wurde. Dies setzt voraus, dass den Anträgen ein "Mangel" anhaftete, also von für die Partei erkennbaren Anforderungen des Materiengesetzes oder des AVG an ein vollständiges fehlerfreies Anbringen abwich (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2008/21/0302, mwN).
Von Mängeln eines Anbringens im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG sind sonstige Unzulänglichkeiten zu unterscheiden, welche nicht die Vollständigkeit des Anbringens betreffen, sondern sonst im Lichte der anzuwendenden Vorschriften seine Erfolgsaussichten beeinträchtigen. Ob es sich bei einer im Gesetz umschriebenen Voraussetzung aber um einen (zur Zurückweisung des Antrags führenden) "Mangel" im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG oder aber um das (zur Antragsabweisung führende) Fehlen einer Erfolgsvoraussetzung handelt, ist durch die Auslegung der jeweiligen Bestimmung des Materiengesetzes zu ermitteln (vgl. dazu ebenfalls das bereits genannte Erkenntnis vom ).
Wie aus der oben wiedergegebenen Aufzählung jener Nachweise, die die erstinstanzliche Behörde als notwendig erachtete, ersichtlich ist, erweist sich in den gegenständlichen Fällen in erster Linie die Bestimmung des § 7 Abs. 1 Z 7 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung (NAG-DV) als maßgeblich. Danach sind dem Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels - unbeschadet weiterer Urkunden und Nachweise nach den §§ 8 und 9 - u. a. anzuschließen: "Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts insbesondere Lohnzettel, Lohnbestätigungen, Dienstverträge, arbeitsrechtliche Vorverträge, Bestätigungen über Pensions-, Renten- oder sonstige Versicherungsleistungen, Nachweise über das Investitionskapital, Nachweis eigenen Vermögens in ausreichender Höhe oder in den bundesgesetzlich vorgesehenen Fällen eine Haftungserklärung oder Patenschaftserklärung"; gemäß § 7 Abs. 2 NAG-DV ist, wenn sich der Antragsteller betreffend (u.a.) § 7 Abs. 1 Z 7 NAG-DV auf Leistungen eines verpflichteten Dritten beruft, ein Nachweis dieser Leistung durch den Dritten anzuschließen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nun im bereits mehrfach erwähnten Erkenntnis vom , 2008/21/0302, mit näherer Begründung, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, dargelegt, dass der Umstand, dass einem Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels der Nachweis des gesicherten Lebensunterhalts im Sinn des § 7 Abs. 1 Z 7 NAG-DV fehlt, nicht als "Mangel" im Sinn des § 13 Abs. 3 AVG zu beurteilen ist, der zur Zurückweisung eines Antrages führen könnte. Vielmehr geht es dabei um eine Erfolgsvoraussetzung, sodass es allenfalls zur Abweisung des Antrags, im Fall eines Verlängerungsantrags zu einer Vorgangsweise nach § 25 NAG, kommt (vgl. in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom , 2008/21/0208). Nichts Anderes gilt aber auch für den von der belangten Behörde - erkennbar bezog sie sich dabei auf § 7 Abs. 1 Z 5 NAG-DV (zum Teil iVm § 7 Abs. 2 leg.cit.) - angeführten Nachweis über die "Mietenzahlung der Wohnung"; wird doch damit die materielle Voraussetzung zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 11 Abs. 2 Z 2 NAG, wonach ein Rechtsanspruch auf eine Unterkunft, die für eine vergleichbar große Familie als ortsüblich anzusehen ist, nachzuweisen ist, angesprochen.
Daraus ergibt sich, dass in den gegenständlichen Fällen zu Unrecht Verbesserungsaufträge nach § 13 Abs. 3 AVG ergingen. Demgemäß erweisen sich die auf die Nichtbefolgung dieser Aufträge gestützten Antragszurückweisungen als nicht rechtmäßig.
Die angefochtenen Bescheide waren sohin wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am