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VwGH vom 22.02.2011, 2008/18/0719

VwGH vom 22.02.2011, 2008/18/0719

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch sowie den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des D E O in W, geboren am , vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/184.771/2008, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom wurde der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, gemäß § 53 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, ausgewiesen.

Die belangte Behörde legte dieser Entscheidung im Wesentlichen die Feststellungen zugrunde, dass der Beschwerdeführer am illegal nach Österreich eingereist sei und am einen Asylantrag gestellt habe, der vom unabhängigen Bundesasylsenat im Instanzenzug am rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe einer Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates zunächst die aufschiebende Wirkung zuerkannt, jedoch in weiterer Folge am die Behandlung der Beschwerde abgelehnt. Während seines Asylverfahrens habe der Beschwerdeführer über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (1997) verfügt.

Am habe der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und am einen (Erst ) Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung eingebracht, der im Instanzenzug mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom rechtskräftig abgewiesen worden sei.

Am sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 Suchtmittelgesetz (SMG), § 15 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten, davon sieben Monate bedingt, verurteilt worden. Am habe das Landesgericht für Strafsachen Wien den Beschwerdeführer gemäß § 107 Abs. 1 StGB (wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von drei Monaten rechtskräftig verurteilt.

Der Beschwerdeführer sei seit nur über jeweils kurze Zeiträume (etwa siebeneinhalb Monate, etwa zweieinhalb Monate, drei Monate, etwa sechs Monate sowie zuletzt seit Anfang April 2008) bei wechselnden Arbeitgebern beschäftigt gewesen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass sich der Beschwerdeführer seit der Ablehnung seiner das Asylverfahren betreffenden Beschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, sodass die Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 FPG vorlägen. In einem solchen Fall könne ein Fremder mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn dem nicht die Bestimmung des § 66 FPG entgegenstehe.

Aufgrund der familiären Bindungen des Beschwerdeführers zu seiner Ehefrau sei davon auszugehen, dass mit der vorliegenden Maßnahme ein Eingriff in dessen Privat- und Familienleben verbunden sei. Dessen ungeachtet sei die gegen den Beschwerdeführer gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zur Verhinderung der Suchtgiftkriminalität sowie zum Schutz der körperlichen Integrität Dritter - dringend geboten.

Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung sei auf den mehr als vierjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen. Gleichzeitig sei aber zu berücksichtigen, dass einer daraus ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als die dafür erforderliche soziale Komponente durch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt werde. Jedenfalls müssten die privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers gegenüber den - hoch zu veranschlagenden - öffentlichen Interessen an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen in den Hintergrund treten. Unter diesem Blickwinkel sei die belangte Behörde zu der Auffassung gelangt, dass die Auswirkungen der vorliegenden Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Maßnahme.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf das Fehlen besonderer zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechender Umstände könne ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens in Kauf genommen werden.

2. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1199/08-4, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde beantragt der Beschwerdeführer, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ausführungen, dass sich der Beschwerdeführer seit der Ablehnung der Behandlung seiner Beschwerde gegen den abweisenden Bescheid im Asylverfahren durch den Verwaltungsgerichtshof am unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Im Hinblick darauf begegnet die - unbekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde wendet sich im Wesentlichen gegen das Ergebnis der von der belangten Behörde gemäß § 66 FPG vorgenommenen Interessenabwägung und bringt dazu vor, die belangte Behörde habe sich nicht ausreichend mit der Integration des Beschwerdeführers in die österreichische Gesellschaft auseinandergesetzt; dieser stehe in Österreich "schon seit mehreren Jahren in aufrechter Ehe" und gehe - wann immer es ihm möglich sei - einer rechtmäßigen Beschäftigung nach.

Müsste der Beschwerdeführer in sein Heimatland ausreisen und dort verbleiben, so könnte er für mehrere Wochen oder Monate kein Einkommen mehr erwirtschaften und wäre dadurch in seinem Fortkommen beeinträchtigt. Der Beschwerdeführer könne auch nichts für die Verzögerung im Niederlassungsverfahren, in dem nicht zeitnah zur Antragstellung am eine Entscheidung getroffen worden sei.

2.2. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die belangte Behörde hat bei der Prüfung der Zulässigkeit der Ausweisung gemäß § 66 FPG den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit Februar 2004, seine familiäre Bindung zu seiner österreichischen Ehefrau und seine wiederholte Berufstätigkeit berücksichtigt und zutreffend einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers angenommen. Die aus dieser Aufenthaltsdauer resultierenden persönlichen Interessen des Beschwerdeführers sind allerdings an Gewicht insoweit zu relativieren, als dieser bisher lediglich über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz aufgrund eines Asylantrages, der sich als unberechtigt herausgestellt hat, verfügt hat und sich seit Juli 2005 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0316).

Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführer - was die Beschwerde nicht bestreitet - zweimal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt, darunter einmal wegen eines Vergehens nach dem Suchtmittelgesetz, was das Gewicht seiner persönlichen Interessen am einem Verbleib im Bundesgebiet weiter vermindert. Dies trifft auch auf seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin zu, die er zu einem Zeitpunkt geschlossen hat, zu dem er über keinen Aufenthaltstitel verfügte und daher rechtens nicht mit einem dauernden Aufenthalt in Österreich rechnen durfte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0332).

Den dennoch verbleibenden persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht gegenüber, dass er sich trotz rechtskräftiger Abweisung seines Asylantrages - unrechtmäßig - weiterhin im Bundesgebiet aufhält, was eine erhebliche Beeinträchtigung des großen öffentlichen Interesses an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt, darstellt (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom , mwN).

Bei Abwägung des angeführten großen öffentlichen Interesses und der gegenläufigen - wie oben dargestellt - relativierten Interessen des Beschwerdeführers begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers gemäß § 66 FPG zulässig sei, keinem Einwand.

2.3. Mit Bezug auf die behördliche Prüfung nach § 66 FPG behauptet die Beschwerde, die Behörde erster Instanz habe mit Schreiben vom "zugesichert", bei Wohlverhalten des Beschwerdeführers kein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung mehr zu führen; dieser habe daher darauf vertrauen dürfen, ohne Sachverhaltsänderung auch nicht ausgewiesen zu werden.

Den Verwaltungsakten ist allerdings in dieser Hinsicht lediglich zu entnehmen, dass die Behörde erster Instanz, nachdem sie dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom die beabsichtigte Erlassung eines Aufenthaltsverbotes mitgeteilt und eine Überprüfung im Hinblick auf eine allfällige Aufenthaltsehe durchgeführt hatte, mit dem angeführten Schreiben vom ankündigte, dass unter Berücksichtigung der persönlichen und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers "zum derzeitigen Zeitpunkt das Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung nicht eingeleitet bzw. nicht weitergeführt" werde. Eine Zusicherung, der Beschwerdeführer würde auch nicht gemäß § 53 Abs. 1 FPG ausgewiesen werden, ist dem Schreiben auf Grund dieses Zusammenhanges allerdings nicht zu entnehmen.

3. Soweit die Beschwerde gleichheitsrechtliche Fragen im Zusammenhang mit "Ehegatten nicht freizügiger EWR-Bürger mit österreichischer Staatsbürgerschaft" aufwirft, genügt der Hinweis, dass der Verfassungsgerichtshof derartigen Überlegungen nicht gefolgt ist (vgl. dessen Erkenntnis vom , G 244/09 u.a.).

4. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
HAAAE-81954