VwGH vom 13.09.2011, 2010/22/0036

VwGH vom 13.09.2011, 2010/22/0036

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder und die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde des BD in W, geboren am , vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 10, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 153.632/4-III/4/09, betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung für den Zweck "Studierender" gemäß § 64 Abs. 3 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Dies begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer zuletzt im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung als Student mit Gültigkeit vom bis gewesen sei. Am habe er an der Universität Wien einen Vorstudienlehrgang begonnen und sei seit für das Studium B gemeldet. Ab sei er an der Universität Wien zum Magisterstudium B zugelassen. Gemäß einem Erfolgsnachweis der Universität Wien vom seien ihm sieben Prüfungen des Studiums in der Türkei angerechnet worden. Aus einem weiteren "Erfolgsnachweis" vom sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer mit Datum fünf Prüfungen mit der Note "nicht genügend" abgeschlossen habe. Somit bestehe der einzige Studienerfolgsnachweis in der Anerkennung der Prüfungen in der Türkei.

Im hier zu beurteilenden Studienjahr 2007/08 (beginnend mit und endend mit ) sei "definitiv" ein Studienerfolg nicht erbracht worden.

Mit dem Vorbringen, wonach er sich im April 2007 und ein zweites Mal im Dezember 2008 einer Ohrenoperation hätte unterziehen müssen und dadurch in seinem Studienfortschritt behindert gewesen wäre, habe er Gründe, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, nicht glaubhaft gemacht. Weder vor noch nach den beiden Operationen habe er irgendwelche positiven Prüfungen abgelegt und somit seien keinerlei Auswirkungen der Krankheit auf den Studienerfolg feststellbar. Selbst nach den Operationen, die den vorgelegten medizinischen Befunden zufolge komplikationslos verlaufen seien, habe keine Steigerung in seinen Leistungen verzeichnet werden können.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt eingangs vor, dass bereits mit einem vorangegangenen Bescheid in erster Instanz ein Verlängerungsantrag abgewiesen wurde und der Beschwerdeführer von der Erstbehörde "allem Anschein nach" angeleitet worden sei, die Berufung gegen den Bescheid zurückzuziehen. In der Folge habe die erstinstanzliche Behörde über einen weiteren Verlängerungsantrag entschieden, gegen den er Berufung erhoben habe, über die nun mit dem angefochtenen Bescheid entschieden worden sei.

Soweit der Beschwerdeführer daraus eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ableiten möchte, ist ihm zu entgegnen, dass er dadurch, dass die Behörde über seinen zweiten Verlängerungsantrag inhaltlich entschieden hat, nicht in Rechten verletzt wurde.

Gemäß § 64 Abs. 3 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) ist die Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung für den Zweck der Durchführung eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums nur zulässig, wenn der Fremde nach den maßgeblichen studienrechtlichen Vorschriften einen Studienerfolgsnachweis der Universität, Fachhochschule oder akkreditierten Privatuniversität erbringt. Gemäß § 8 Z 7 lit. b NAG-DV ist ein schriftlicher Nachweis über den Studienerfolg im vorangegangenen Studienjahr vorzulegen.

Gemäß § 52 Universitätsgesetz 2002 beginnt das Studienjahr am 1. Oktober und endet am 30. September des folgenden Jahres. Da gemäß § 24 Abs. 1 NAG Verlängerungsanträge vor Ablauf der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltstitels einzubringen sind, kann das "vorangegangene Studienjahr" im vorgenannten Sinn bei Antragstellung nur dasjenige sein, das vor dem Gültigkeitsende des bestehenden Aufenthaltstitels liegt.

Der Beschwerdeführer verfügte über eine Aufenthaltsbewilligung bis . Mit dem Verlängerungsantrag war somit grundsätzlich der Studienerfolg im Studienjahr 2007/08 nachzuweisen. Maßgeblich ist nämlich das abgeschlossene und nicht das aktuell laufende Studienjahr (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2010/21/0125).

Anders stellt sich die Sach- und Rechtslage dar, wenn aufgrund der Dauer des Verlängerungsverfahrens bereits ein weiteres Studienjahr verstrichen ist. Im vorliegenden Fall ist dies das Studienjahr 2008/09, weil über den Verlängerungsantrag nicht bis zum rechtskräftig entschieden wurde. In einem solchen Fall kann es zum einen der Behörde nicht verwehrt werden, im Sinn eines aktualitätsbezogenen Studienerfolges zwecks Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung einen Erfolgsnachweis für das zuletzt abgelaufene Studienjahr zu fordern. Zum anderen ist es aber auch dem Fremden möglich, die Verlängerungsvoraussetzung - die Gültigkeit des verlängerten Titels beginnt in einem solchen Fall gemäß § 20 Abs. 2 erster Satz letzter Fall NAG mit der Bescheiderlassung - dadurch nachzuweisen, dass er einen Erfolgsnachweis für das jüngst abgelaufene Studienjahr erbringt. Dann führt eine Erfolglosigkeit des bei Einbringung des Verlängerungsantrags relevanten Studienjahres nicht (mehr) zur Versagung des Aufenthaltstitels, muss der Fremde doch auch sonst bloß den Erfolg im vorangegangenen Studienjahr und nicht in früheren Studienjahren vorweisen.

Vorliegend wäre es somit dem Beschwerdeführer möglich gewesen, einen Studienerfolg im Studienjahr 2008/09 als Voraussetzung für die Verlängerung des Titels nachzuweisen. Einen solchen Nachweis hat er aber unbestritten nicht erbracht.

Somit lag zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung des zweitinstanzlichen Bescheides auch hinsichtlich des damals jüngst abgelaufenen Studienjahres 2008/09 kein Studienerfolg vor und es ist die Voraussetzung für die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung nach § 64 Abs. 3 erster Satz NAG nicht gegeben.

Die Beschwerde bezieht sich in erster Linie auf die Bestimmung des § 64 Abs. 3 zweiter Satz NAG. Liegen demnach Gründe vor, die der Einflusssphäre des Drittstaatsangehörigen entzogen, unabwendbar oder unvorhersehbar sind, kann trotz Fehlens des Studienerfolges eine Aufenthaltsbewilligung verlängert werden. Diesbezüglich verweist der Beschwerdeführer auf schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen, auf einen stationären Aufenthalt vom 12. bis und auf einen weiteren operativen Eingriff am . Bezugnehmend auf die im Verwaltungsakt erliegenden Arztbriefe bringt der Beschwerdeführer vor, dass Verwachsungen im Mittelohr oder hinter dem Trommelfell hätten entfernt werden müssen und eine Hörverbesserung durch Wiederherstellung der Schallübertragung auf das Innenohr hätte erreicht werden können. Jedenfalls im Jahr 2006 habe der Beschwerdeführer an Depressionen gelitten.

In der Berufung vom hatte der Beschwerdeführer vorgebracht, dass er im Jahr 2006 auf Grund von Depressionen eine Therapie am Männergesundheitszentrum begonnen habe, die ihm nur kurzzeitig geholfen und stark in seinen Studienfortschritten zurückgeworfen habe. Im Jahr 2007 habe er sich im Landesklinikum X einer Operation inklusive einem zweiwöchigen stationären Aufenthalt im Krankenhaus unterziehen müssen. Die Rekonvaleszenzphase nach der Operation habe sich über einen Zeitraum von weiteren zwei Monaten hingezogen. Das Hörvermögen sei in der Folge im Herbst 2008 auch besser geworden. Im Wintersemester 2008 habe er sich neuerlich einer Operation im AKH Y unterziehen müssen und sei zehn Tage im Krankenhaus gelegen. Im Jänner 2009 sei er trotz seiner gesundheitlichen Angeschlagenheit zu einigen Prüfungen angetreten, die auf Grund der Rekonvaleszenzphase nach der Operation neuerlich erfolglos gewesen seien. Für den gegenwärtigen Zeitpunkt könne er 15 ECTS-Punkte nachweisen.

Die belangte Behörde hob zutreffend hervor, dass der Beschwerdeführer seit Beginn des Studiums in Österreich keinen Studienerfolg nachweisen kann.

Zu einer solchen Konstellation hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen (vgl. das Erkenntnis vom , 2009/22/0124), dass von einem "unabwendbaren oder unvorhersehbaren" Hinderungsgrund im Sinn des § 64 Abs. 3 letzter Satz NAG nicht die Rede sein kann, darf doch dieser Hinderungsgrund nicht dauerhaft sein. Ist es einem Fremden somit wegen einer fehlenden geistigen und/oder körperlichen Voraussetzung nicht möglich, ein Studium erfolgreich zu betreiben, kann dies nicht als Hinderungsgrund im genannten Sinn gewertet werden.

Die belangte Behörde versagte somit zu Recht die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung.

Eine Bedachtnahme auf Art. 8 EMRK ist bei Fehlen der besonderen Erteilungsvoraussetzung des Studienerfolgs entbehrlich (vgl. auch dazu das zitierte Erkenntnis 2009/22/0124).

Da dem angefochtenen Bescheid somit die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am