VwGH vom 23.02.2012, 2010/22/0011
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger, die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober und den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des G, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 148.429/9-III/4/09, betreffend Daueraufenthaltskarte, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte gemäß § 54 iVm § 57 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.
Zur Begründung verwies die belangte Behörde im Wesentlichen darauf, dass der Beschwerdeführer am eingereist sei und am einen Asylantrag gestellt habe. Dieser Antrag sei in zweiter Instanz mit Bescheid vom "gemäß §§ 7 und 8 Asylgesetz" rechtskräftig abgewiesen worden. Am habe der Beschwerdeführer eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet und nunmehr am zum Zweck der Familienzusammenführung einen Erstantrag auf Erteilung einer Daueraufenthaltskarte eingebracht.
Der Beschwerdeführer sei seit - mit einer Unterbrechung im September 2009 von 18 Tagen - durchgehend an einer näher genannten Wiener Adresse gemeldet. Vom 14. August bis sei er beschäftigt gewesen.
Seine Ehefrau sei seit durchgehend in Österreich gemeldet und weise seit durchgehende Versicherungszeiten als Angestellte auf.
Bei seiner Antragstellung habe der Beschwerdeführer eine am auf ihn ausgestellte spanische Niederlassungsbewilligung und eine am auf seine Ehefrau ausgestellte spanische "Anmeldebescheinigung" vorgelegt.
Die Richtlinie 2004/38/EG lege in Art. 7 fest, dass für die "korrekte" Ausübung des Freizügigkeitsrechts ein Aufenthalt von mehr als drei Monaten im Hoheitsgebiet des anderen Mitgliedstaats zu verlangen sei. Diese Richtlinie sei in die nationale spanische Rechtsordnung übernommen worden. Der Beschwerdeführer habe in seiner Stellungnahme bestätigt, dass er sich mehrmals kurzfristig in Spanien aufgehalten hätte und dass seine Ehefrau in Spanien nicht erwerbstätig gewesen wäre. Er habe zum Nachweis gemeinsamer Spanienaufenthalte Fotokopien dreier Fahrscheine für eine U-Bahn, eine Rechnung eines spanischen Fitnessclubs, eine spanische Ambulanzbestätigung und eine Bordkarte für einen Flug von Wien nach Barcelona vorgelegt.
In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid habe der Beschwerdeführer vorgebracht, dass seine Ehefrau eine kurzfristige "selbständige" Tätigkeit für einen Internetshop in Spanien ausgeübt hätte.
Es stehe fest, dass sich die Ehefrau des Beschwerdeführers jeweils am und am in Spanien aufgehalten habe.
Der Beschwerdeführer habe nicht dargetan - so die weitere Bescheidbegründung -, dass seine Ehefrau das Recht auf die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit - insbesondere im Hinblick auf einen Aufenthalt im anderen Mitgliedstaat über einen Zeitraum gemäß Art. 7 der RL - in Anspruch genommen habe. Der Beschwerdeführer sei daher die Ehe mit einer "nicht freizügigkeitsberechtigten" Unionsbürgerin eingegangen und falle nicht unter § 54 NAG. Die Ehe allein "begründet noch kein Aufenthaltsrecht nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht."
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage samt Gegenschrift durch die belangte Behörde und ergänzender Äußerung des Beschwerdeführers erwogen:
Der Beschwerdeführer hat in der Berufung vorgebracht, seine Ehefrau habe in Spanien versucht, eine Beschäftigung aufzunehmen. Sie sei kurzfristig (nach der Beschwerde als Reinigungskraft) erwerbstätig gewesen. Laut Beschwerde seien gemeinsame Auswanderungspläne Anfang 2009 ad acta gelegt worden und es lebten beide Eheleute fortan wieder nur mehr in Wien.
Angesichts der Zustellung des angefochtenen Bescheides am sind die nachstehend angeführten Bestimmungen des NAG in der Stammfassung maßgeblich.
Die in Rede stehenden Bestimmungen lauten samt Überschrift:
" 4. Hauptstück
Gemeinschaftsrechtliches Niederlassungsrecht Niederlassungsrecht für EWR-Bürger
§ 51. EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmen und sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, sind zur Niederlassung berechtigt, wenn sie
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1. | in Österreich Arbeitnehmer oder Selbständige sind; |
2. | für sich und ihre Familienangehörigen über eine ausreichende Krankenversicherung verfügen und nachweisen, dass sie über ausreichende Existenzmittel zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts verfügen, so dass sie während ihrer Niederlassung keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen müssen, oder |
3. | eine Ausbildung bei einer rechtlich anerkannten öffentlichen oder privaten Schule oder Bildungseinrichtung absolvieren und die Voraussetzungen der Z 2 erfüllen. |
Niederlassungsrecht für Angehörige von EWR-Bürgern |
§ 52. Angehörige von freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51), die selbst EWR-Bürger sind, sind zur Niederlassung berechtigt, wenn sie
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1. | Ehegatte sind; |
2. | Verwandter des EWR-Bürgers oder seines Ehegatten in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird; |
3. | Verwandter des EWR-Bürgers oder seines Ehegatten in gerader aufsteigender Linie sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird; |
4. | Lebenspartner sind, der das Bestehen einer dauerhaften Beziehung im Herkunftsstaat nachweist, oder |
5. | sonstige Angehörige des EWR-Bürgers sind, |
a) | die vom EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat Unterhalt tatsächlich bezogen haben, |
b) | die mit dem EWR-Bürger bereits im Herkunftsstaat in häuslicher Gemeinschaft gelebt haben, oder |
c) | bei denen schwerwiegende gesundheitliche Gründe die persönliche Pflege zwingend erforderlich machen, |
und diesen begleiten oder zu ihm nachziehen. | |
… | |
Daueraufenthaltskarten |
§ 54. (1) Angehörige von freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgern (§ 51), die nicht EWR-Bürger sind und die die in § 52 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, sind zur Niederlassung berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Daueraufenthaltskarte für die Dauer von zehn Jahren auszustellen. Dieser Antrag ist spätestens nach Ablauf von drei Monaten ab ihrer Niederlassung zu stellen.
(2) Zum Nachweis des Rechts sind ein gültiger Personalausweis oder Reisepass sowie
1. nach § 52 Z 1 ein urkundlicher Nachweis des Bestehens der Ehe;
2. nach § 52 Z 2 und 3 ein urkundlicher Nachweis über das Bestehen einer familiären Beziehung sowie bei Kindern über 21 Jahren und Verwandten des EWR-Bürgers oder seines Ehegatten in gerader aufsteigender Linie ein Nachweis über die tatsächliche Unterhaltsgewährung
vorzulegen.
Fehlen des Niederlassungsrechts
§ 55. (1) Besteht das gemäß §§ 51, 52 und 54 dokumentierte Niederlassungsrecht nicht, weil eine Gefährdung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit vorliegt oder weil die Nachweise nach § 53 Abs. 2 oder § 54 Abs. 2 nicht erbracht werden, hat die Behörde den Antragsteller vom Nichtvorliegen der Voraussetzungen schriftlich in Kenntnis zu setzen und ihm mitzuteilen, dass die Fremdenpolizeibehörde hinsichtlich einer möglichen Aufenthaltsbeendigung befasst wurde. Die Fremdenpolizeibehörde ist unverzüglich, spätestens jedoch gleichzeitig mit der Mitteilung an den Antragsteller zu befassen.
(2) Unterbleibt eine Aufenthaltsbeendigung (§§ 53 und 54 FPG), hat die Fremdenpolizeibehörde dies der Behörde mitzuteilen. In diesem Fall hat die Behörde die Dokumentation des Aufenthalts- und Niederlassungsrechts unverzüglich vorzunehmen.
(3) Erwächst eine Aufenthaltsbeendigung in Rechtskraft, ist das Verfahren einzustellen. Das Verfahren ist im Fall der Aufhebung einer Aufenthaltsbeendigung fortzusetzen, wenn nicht neuerlich eine aufenthaltsbeendende Maßnahme gesetzt wird.
…
Schweizer Bürger und deren Angehörige sowie Angehörige von Österreichern
§ 57. Die Bestimmungen der §§ 51 bis 56 finden auch auf Schweizer Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben, und deren Angehörige sowie auf Angehörige von Österreichern, sofern diese ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben, Anwendung."
Das 4. Hauptstück des 2. Teiles des NAG regelt somit das gemeinschaftsrechtliche Niederlassungsrecht. Gemäß § 51 leg. cit. sind EWR-Bürger, die ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch nehmen und sich länger als drei Monate im Bundesgebiet aufhalten, unter weiteren Voraussetzungen zur Niederlassung berechtigt.
§ 52 NAG erstreckt das Niederlassungsrecht auf Angehörige, die selbst EWR-Bürger sind. § 54 NAG normiert, dass auch Angehörige von "freizügigkeitsberechtigten" (gemeint: ihr Freizügigkeitsrecht ausübenden) EWR-Bürgern nach § 51 NAG, die selbst nicht EWR-Bürger sind, unter bestimmten Voraussetzungen zur Niederlassung berechtigt sind und ihnen auf Antrag eine Daueraufenthaltskarte auszustellen ist. § 57 NAG ordnet letztlich an, dass diese Bestimmungen auch auf Angehörige von Österreichern Anwendung finden, sofern diese ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben.
Die ErläutRV des Fremdenrechtspakets 2005 (952 BlgNR 22. GP, 141f) halten diesbezüglich fest:
"Zu § 52:
Diese Bestimmung regelt das Recht auf Niederlassung von über drei Monaten in Österreich von Angehörigen eines EWR-Bürgers, die selbst EWR-Bürger sind und diesen begleiten oder ihm nachziehen. Damit wird Art. 7 Abs. 1 lit. d der Richtlinie 2004/38/EG umgesetzt.
…
Zu § 54:
Das Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate in einem anderen EWR-Staat steht nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG neben EWR-Bürgern und ihren Angehörigen, die selbst EWR-Bürger sind, auch bestimmten Angehörigen von EWR-Bürgern, die Drittstaatsangehörige sind und den EWR-Bürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, zu. Durch die Bestimmung des § 54 wird dieses von der Richtlinie 2004/38/EG vorgesehene Recht ins innerstaatliche Recht umgesetzt."
Die Artikel 6 und 7 der Freizügigkeitsrichtlinie (des Europäischen Parlaments und des Rates vom ) 2004/38/EG (in der Folge: RL) ordnen an:
" Artikel 6
Recht auf Aufenthalt bis zu drei Monaten
(1) Ein Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im
Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten, wobei er lediglich im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Reisepasses sein muss und ansonsten keine weiteren Bedingungen zu erfüllen oder Formalitäten zu erledigen braucht.
(2) Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige im Besitz eines gültigen Reisepasses, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger begleiten oder ihm nachziehen.
Artikel 7
Recht auf Aufenthalt für mehr als drei Monate
(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht auf Aufenthalt im
Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von
über drei Monaten, wenn er
a) Arbeitnehmer oder Selbstständiger im
Aufnahmemitgliedstaat ist oder
b) für sich und seine Familienangehörigen über
ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen oder
c) - bei einer privaten oder öffentlichen
Einrichtung, die von dem Aufnahmemitgliedstaat aufgrund seiner Rechtsvorschriften oder seiner Verwaltungspraxis anerkannt oder finanziert wird, zur Absolvierung einer Ausbildung einschließlich einer Berufsausbildung als Hauptzweck eingeschrieben ist und
- über einen umfassenden
Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügt und der zuständigen nationalen Behörde durch eine Erklärung oder durch jedes andere gleichwertige Mittel seiner Wahl glaubhaft macht, dass er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, oder
d) ein Familienangehöriger ist, der den Unionsbürger,
der die Voraussetzungen des Buchstaben a, b oder c erfüllt, begleitet oder ihm nachzieht.
(2) Das Aufenthaltsrecht nach Absatz 1 gilt auch für Familienangehörige, die nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und die den Unionsbürger in den Aufnahmemitgliedstaat begleiten oder ihm nachziehen, sofern der Unionsbürger die Voraussetzungen des Absatzes 1 Buchstabe a, b oder c erfüllt.
…"
Diese Richtlinie stellt einen bedeutsamen Rechtsakt zur Erleichterung der Ausübung der unionsrechtlichen Freizügigkeit dar und bewirkt eine erhebliche Vereinheitlichung und Vereinfachung der Aufenthaltsrechte. Die Einreise- und Aufenthaltsrechte aller Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen werden durch die genannte Richtlinie umfassend geregelt (vgl. Calliess/Ruffert , EUV/AEUV4, Art. 45 AEUV Rn. 81). Die Unionsbürger können sich gemäß Art. 6 RL drei Monate in einem Mitgliedstaat aufhalten und brauchen lediglich im Besitz eines gültigen Personalausweises oder Passes zu sein. Bei einem Aufenthalt von über drei Monaten ist das Aufenthaltsrecht jedoch an bestimmte Bedingungen geknüpft: Die Unionsbürger müssen Arbeitnehmer oder Selbständige sein oder aus anderen Quellen als der eigenen Erwerbstätigkeit im Aufenthaltsstaat über ausreichende Existenzmittel für sich und ihre Familienangehörigen verfügen, damit sie keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaates in Anspruch nehmen müssen, und über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz verfügen (vgl. Calliess/Ruffert , aaO, Art. 21 AEUV Rn. 24).
Bereits vor dieser Richtlinie hat der Gemeinschaftsgesetzgeber die Bedeutung anerkannt, die der Gewährleistung des Schutzes des Familienlebens der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten für die Beseitigung der Hindernisse bei der Ausübung der vom EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten zukommt (vgl. das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom , C-127/08 "Metock u.a.", Rn. 56 mwN). Die Ausübung der Freiheiten, die der Vertrag den Unionsbürgern gewährleistet, würde schwerwiegend behindert, wenn diese im Aufnahmemitgliedstaat kein normales Familienleben führen dürften (Rn. 62). Die Weigerung des Aufnahmemitgliedstaats, den Familienangehörigen eines Unionsbürgers das Recht zur Einreise und zum Aufenthalt einzuräumen, ist geeignet, ihn davon abzuhalten, sich auch dann in diesen Mitgliedstaat zu begeben oder dort zu bleiben, wenn sich seine Familienangehörigen nicht bereits rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhalten (Rn. 64). Aus diesem Grund beantwortete der EuGH im genannten Urteil das an ihn gestellte Vorabentscheidungsersuchen dahin, dass sich der mit einem Unionsbürger, der sich in einem Mitgliedstaat aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, verheiratete Drittstaatsangehörige vor seiner Einreise in den Aufnahmemitgliedstaat nicht rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufgehalten haben muss, um sich auf die Bestimmungen dieser Richtlinie berufen zu können. Der Drittstaatsangehörige könne sich auf die Bestimmungen der Richtlinie unabhängig davon berufen, wo und wann die Ehe geschlossen wurde oder wie der betreffende Drittstaatsangehörige in den Aufnahmemitgliedstaat eingereist ist. Die Weigerung des Aufnahmemitgliedstaates, den Familienangehörigen ein Aufenthaltsrecht einzuräumen, ist stets geeignet, den betroffenen Unionsbürger von der Wahrnehmung seiner Freizügigkeit abzuhalten (vgl. Calliess/Ruffert , aaO, Art. 45 AEUV Rn. 90).
Zu der zitierten Rechtslage vor dem Fremdenrechtsänderungsgesetz BGBl. I Nr. 122/2009 (FrÄG 2009) legte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2009/21/0386, unter Bezug auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs ausführlich dar, dass das in § 2 Abs. 1 Z 14 NAG definierte "Recht auf Freizügigkeit" nicht nur das Recht eines EWR-Bürgers enthält, sich in Österreich niederzulassen, sondern auch die Ausübung aller Freiheiten nach dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft umfasst. Für die Anwendung des § 57 NAG reicht es, dass die österreichische "Ankerperson" in der Vergangenheit einen Sachverhalt erfüllt hat, der als Inanspruchnahme der (nunmehr) unionsrechtlichen Freizügigkeit gemäß Art. 18 und 39 ff EG (nunmehr Art. 21 und 45 ff AEUV) anzusehen ist. Es kommt nicht nur auf die Niederlassung in Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit an, sondern es sind auch die Freizügigkeit in Ausübung der Dienstleistungsfreiheit und - allgemeiner - die ohne wirtschaftliche Zweckbindung erfolgende Ausübung der Freizügigkeit nach Art. 18 EG (nunmehr Art. 21 AEUV) von § 57 NAG erfasst. Es entfaltet jedoch nicht jede auch noch so geringfügige Ausübung des Freizügigkeitsrechts im Rahmen des § 57 NAG Relevanz. Vielmehr wird es für die Anwendung der genannten Bestimmung erforderlich sein, dass die österreichische Ankerperson mit einer gewissen Nachhaltigkeit von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat. Was die Festlegung der Nachhaltigkeitsgrenze - auch unter dem hier relevanten Blickwinkel des § 57 NAG - anlange, so liegt es nahe, auf die Rechtsprechung des EuGH zum Arbeitnehmerbegriff abzustellen.
Mit dem FrÄG 2009 wurde die Legaldefinition in § 2 Abs. 1 Z 14 NAG dahin geändert, dass das gemeinschaftsrechtliche Aufenthaltsrecht "das auf Grund der Freizügigkeitsrichtlinie gewährte Recht eines EWR-Bürgers und seiner Angehörigen sich im Bundesgebiet für mehr als drei Monate oder auf Dauer aufzuhalten", ist. In diesem Sinn wurde auch § 57 NAG dahin geändert, dass für Angehörige von Österreichern die Bestimmungen der §§ 52 bis 56 NAG sinngemäß gelten, sofern der Österreicher sein gemeinschaftsrechtliches oder das ihm auf Grund des Freizügigkeitsabkommens EG-Schweiz zukommende Aufenthaltsrecht von mehr als drei Monaten in einem anderen EWR-Mitgliedstaat oder in der Schweiz in Anspruch genommen hat und im Anschluss an diesen Aufenthalt nach Österreich nicht bloß vorübergehend zurückkehrt. Die Intention des Gesetzgebers war, dass sich das NAG vom "missverständlichen und unklaren Begriff des Rechts auf Freizügigkeit lösen" und statt dessen auf den "präziseren und an der europarechtlichen Terminologie orientierten Begriff des gemeinschaftsrechtlichen Aufenthaltsrechts abstellen" soll, weswegen die Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 14 entsprechend anzupassen sei (330 BlgNR 24 GP 41). Auch in den Erläuterungen zu § 57 NAG verweist der Gesetzgeber auf die dargestellte Präzisierung. (Die genannten Bestimmungen wurden in der Folge nur unwesentlich durch BGBl. I Nr. 38/2011 dahin geändert, dass das Wort "gemeinschaftsrechtliches" durch "unionsrechtliches" ersetzt wurde.)
Es ist der Hinweis angebracht, dass die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit und die zur Durchführung dieser Bestimmungen erlassenen Maßnahmen nicht auf Tätigkeiten anwendbar sind, die keine Berührung mit irgendeinem der Sachverhalte aufweisen, auf die das Gemeinschaftsrecht abstellt, und die mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaats hinausweisen (vgl. EuGH im bereits angeführten Urteil "Metock", Rn. 77; so auch im Urteil vom , C-256/11 "Dereci u.a.", Rn. 60 ff). Im erstgenannten Urteil legte der EuGH auch dar, dass eine andere Behandlung von Unionsbürgern, die von ihrer Freizügigkeit nicht Gebrauch gemacht haben, nicht in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fällt (Rn. 78). (Wohl nicht zufällig verweist er aber in der folgenden Randnummer darauf, dass alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien der am in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten seien, in deren Art. 8 das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens verankert ist. Damit soll den Betroffenen anstelle des unionsrechtlichen Schutzes jedenfalls jener der Konvention zugute kommen.)
Das Unionsrecht untersagt demnach nicht eine Benachteiligung der eigenen Staatsbürger (vgl. Streinz , EUV/AEUV2, Art. 45 AEUV Rn. 34). Im Gegensatz zum Freizügigkeitsrecht der Unionsbürger, das in Art. 18 Abs. 1 EG (nunmehr Art. 21 AEUV) primärrechtlich verankert ist und durch die Richtlinie lediglich näher ausgestaltet wird, ist das Freizügigkeitsrecht der Familienangehörigen der in einen anderen Mitgliedstaat "gewanderten" Unionsbürger, soweit sie Drittstaatsangehörige sind, von Art. 21 AEUV nicht umfasst, sondern nur in der Richtlinie geregelt (vgl. Obwexer , Grundfreiheit Freizügigkeit (2009), 219).
Nach österreichischem Recht ist nach § 57 NAG zu prüfen, ob der Österreicher sein Unionsrecht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hat und demzufolge dem drittstaatszugehörigen Familienangehörigen ein abgeleitetes Recht zukommt.
Nun wird durch das Abstellen auf das Recht, sich für mehr als drei Monate oder auf Dauer in einem Mitgliedstaat aufgehalten zu haben, in eindeutiger Weise das unionsrechtliche Freizügigkeitsrecht nach Art. 7 RL angesprochen.
Nur wenn also der österreichische Staatsbürger sein Recht nach Art. 7 RL ausgeübt hat (und im Anschluss daran nicht bloß vorübergehend nach Österreich zurückgekehrt ist), ist seinen Familienangehörigen ebenso das Recht einzuräumen, sich für mehr als drei Monate oder auf Dauer im Bundesgebiet aufzuhalten, wie den Familienangehörigen eines Unionsbürgers, der dasselbe Recht nach Art. 7 RL in Österreich in Anspruch nimmt. Zur Klarstellung wird darauf hingewiesen, dass die §§ 51 ff NAG nicht das unionsrechtliche Aufenthaltsrecht nach Art. 6 RL für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten umsetzen. In diesem Sinn spricht der EuGH im Urteil "Metock" von Familienangehörigen nach Art. 2 Nr. 2 RL einer zusammenführenden "Ankerperson", die sich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen hat (Rn. 73). Als der von § 57 NAG umfasste Personenkreis ist jener zu verstehen, der sich in Österreich niederlassen will. Dieser entspricht somit jener Gruppe von Angehörigen von Unionsbürgern, die abgeleitete Rechte nach Art. 7 Abs. 2 RL geltend machen.
Als Ergebnis dieser Überlegungen ist festzuhalten, dass die inhaltliche Bezugnahme in § 57 NAG auf Art. 7 RL unionsrechtlich unbedenklich ist.
Zur entscheidungswesentlichen Inanspruchnahme der Freizügigkeit führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid aus, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers durchgehende Versicherungszeiten im Hauptverband seit als Angestellte und eine seit durchgehende Hauptwohnsitzmeldung in Österreich aufweist. Sie zweifelt nicht an, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers kurzfristig für einen Internetshop in Spanien gearbeitet hat. Ein Nachweis über die "Erfüllung und Einhaltung der diesbezüglichen gewerberechtlichen Bestimmungen" sei jedoch nicht erbracht worden und es sei somit nicht dargetan worden, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers "das Recht auf die gemeinschaftsrechtliche Freizügigkeit" in Anspruch genommen habe.
Diese Begründung greift zu kurz.
Zum Umfang der Inanspruchnahme des Freizügigkeitsrechts hat der und 23/08 "Vatsouras u.a.", Rn. 36) darauf hingewiesen, dass auch Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, die in einem anderen Mitgliedstaat eine Beschäftigung suchen, in den Anwendungsbereich von Art. 39 EG (nunmehr Art. 45 AEUV) fallen. Der Begünstigte muss bereits während der Arbeitssuche als Arbeitnehmer im Sinn des Unionsrechts qualifiziert werden, solange er ernsthaft im Aufnahmestaat einen Arbeitsplatz sucht, sich ernsthaft und nachhaltig um eine Arbeitsstelle bemüht und sein Bemühen objektiv nicht aussichtslos ist (vgl. Streinz , aaO, Art. 45 AEUV, Rn. 121; Calliess/Ruffert , aaO, Art. 45 AEUV, Rn. 18). Es muss sich grundsätzlich um die Ausübung einer tatsächlichen und echten Tätigkeit handeln, damit die Eigenschaft als Arbeitnehmer im unionsrechtlichen Sinn verschafft wird (vgl. das "D'Hoop", Rn. 18).
Vorliegend ist davon auszugehen, dass die Inanspruchnahme der unionsrechtlichen Freizügigkeit durch die Ehefrau des Beschwerdeführers allein unter dem Blickwinkel der Arbeitnehmerfreizügigkeit zu beurteilen ist.
Angesichts dessen, dass - wie dargestellt - auch eine ernsthafte und objektiv nicht aussichtslose Arbeitssuche vom Freizügigkeitsrecht umfasst ist und eine solche Arbeitssuche auch behauptet wurde, hätte die belangte Behörde diesbezüglich Feststellungen zu treffen gehabt. Sie hat auch nicht konkret und nachvollziehbar begründet, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau die genannten spanischen Dokumente nur deswegen für sich hätten ausstellen lassen, um damit eine österreichische Berechtigung zu erwirken, jedoch nicht tatsächlich eine effektive Inanspruchnahme der Freizügigkeit in Spanien beabsichtigt hätten. Die Bescheidbegründung läßt offen, ob die belangte Behörde von einem solchen Verhalten ausgeht.
Letztlich gleicht der Beschwerdefall vor dem Hintergrund der Ausführungen des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) im Urteil vom , C-256/11, darin, dass die belangte Behörde in Verkennung der durch den EuGH nunmehr klargestellten Rechtslage nicht anhand des unionsrechtlich vorgegebenen Maßstabes geprüft hat, ob der vorliegende Fall einen solchen Ausnahmefall, wonach es das Unionsrecht gebietet, dem Drittstaatsangehörigen den Aufenthalt zu gewähren, darstellt, jenem Fall, der dem hg. Erkenntnis vom , 2011/22/0309, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird sohin insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen der vorgehenden inhaltlichen Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am