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VwGH vom 09.09.2020, Ra 2019/07/0118

VwGH vom 09.09.2020, Ra 2019/07/0118

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der F GmbH in R, vertreten durch die Anzböck & Brait Rechtsanwälte GmbH in 3430 Tulln, Stiegengasse 8, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-966/001-2019, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Leitha; mitbeteiligte Partei: G P in B, vertreten durch die oehner & partner rechtsanwaelte gmbh in 1220 Wien, Donau-City-Straße 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1Mit Eingabe vom beantragte der Mitbeteiligte bei der belangten Behörde die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die Wasserentnahme aus dem L.-Werkskanal zur Bewässerung eines näher genannten Grundstückes im Gesamtausmaß von 6,57 ha.

2Die revisionswerbende Partei ist Wasserberechtigte zum Betrieb einer kanalabwärts gelegenen Wasserkraftanlage mit einer Konsensmenge von 10,6 m3/s.

3Für den weiteren Verfahrensgang wird auf die hg. Entscheidungen vom , 2009/07/0099, und , Ra 2015/07/0001, verwiesen.

4Dabei ist wesentlich, dass dem Mitbeteiligten zunächst mit Bescheid der belangten Behörde vom die begehrte wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden war.

5Dieser Bescheid wurde letztlich mit Beschluss des Verwaltungsgerichts vom aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückverwiesen.

6Die dagegen erhobene Amtsrevision wies der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Ra 2015/07/0001, zurück.

7Im zweiten Rechtsgang führte die belangte Behörde am eine mündliche Verhandlung in Anwesenheit der revisionswerbenden Partei und der dem Verfahren beigezogenen Amtssachverständigen durch.

8In dieser Verhandlung beantragte die revisionswerbende Partei, die belangte Behörde möge den Summationseffekt sämtlicher Wasserbenutzungen, die nach der Wasserkraftanlage der revisionswerbenden Partei bewilligt worden seien, erheben. Dazu führte sie im Wesentlichen aus, der ihr mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft N. vom bewilligte Konsens von 10,6 m3/s werde nicht einmal in „Spitzenzeiten“, geschweige denn bei Trockenheit, erreicht. Die Bewässerung landwirtschaftlicher Kulturen stelle aber gerade auf Zeiten der Trockenheit ab, sodass eine konkrete Beeinträchtigung des Wasserrechts der revisionswerbenden Partei gegeben sei.

9Auch aus der Stellungnahme der Amtssachverständigen für Hydrologie vom ergebe sich (unter anderem), dass lediglich ein Durchfluss zwischen 4 m3/s und 9 m3/s gegeben sei, der sohin jedenfalls unter dem bewilligten Konsens der revisionswerbenden Partei liege. Selbst wenn die vom Mitbeteiligten beantragte Wasserentnahme von der Amtssachverständigen als nur geringfügig beurteilt werde, sei bereits dadurch eine konkrete Beeinträchtigung erwiesen bzw. ergebe sich diese jedenfalls aufgrund der Summation sämtlicher Wasserbenutzungen.

10In der Folge erstatteten (unter anderem) der Amtssachverständige für Gewässerbiologie und die Amtssachverständige für Hydrologie weitere Stellungnahmen zum beantragten Vorhaben des Mitbeteiligten, die den Verfahrensparteien mit Schreiben der belangten Behörde vom übermittelt wurden.

11In ihrer Stellungnahme vom führte die revisionswerbende Partei aus, obwohl dies in der mündlichen Verhandlung vom ausdrücklich beantragt worden sei, sei vor allem die Summation jener Entnahmemengen, die sich aufgrund anderweitiger bestehender Wasserrechte negativ auf die Entnahmemöglichkeit der Wasserkraftanlage der revisionswerbenden Partei auswirkten, nicht erhoben worden. Es sei amtsbekannt, dass es eine Reihe anderer Entnahmerechte gebe, die den Rahmen des Vertretbaren für ihre Wasserkraftanlage bereits übersteige. Möge demzufolge auch „der Amtssachverständige“ in seiner „theoretischen Berechnung“ und ohne Berücksichtigung der noch nicht zu vernachlässigenden Messgenauigkeiten die Auswirkungen auf die Wasserkraftanlage der revisionswerbenden Partei nur als geringfügig bezeichnen, so sei es gerade der Summationseffekt, der diese Ausführungen ins Gegenteil verkehre.

12Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde dem Mitbeteiligten die wasserrechtliche Bewilligung für die Wasserentnahme aus dem L.-Werkskanal im Bereich des A.-Grabens zur Beregnung von auf dem Grundstück Nr. 3648, KG B., bewirtschafteten landwirtschaftlichen Kulturen (Jungpflanzen [Gewürze], Mais, Sojabohnen) mit maximal 62,3 m3/Stunde (bzw. 17,3 l/s) bei einer jährlichen maximalen Wassermenge von 6.246 m3 für eine Gesamtfläche von 6,57 ha befristet bis erteilt.

13In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde führte die revisionswerbende Partei aus, obwohl sie ausdrücklich eine konkrete Erhebung der Auswirkungen der vom Mitbeteiligten beantragten Wasserentnahme unter Berücksichtigung des Summationseffekts anderer Wasserentnahmen sowie die Erhebung des tatsächlichen Zustands (des L.-Werkskanals) über längere Zeit vor allem während der Trockenheit und, damit einhergehend, die Ergänzung eines gewässerbiologischen sowie eines hydrologischen Gutachtens beantragt habe, gebe sich die belangte Behörde mit den vorliegenden Gutachten zufrieden und vermeine lapidar, dass die Amtssachverständige für Hydrologie lediglich Absenkungen im Millimeterbereich konstatiert habe. Damit setze sich die belangte Behörde aber über das wesentliche Argument der revisionswerbenden Partei, dass es gerade die Summe der einzelnen Wasserentnahmen sei, die sehr wohl eine Beeinträchtigung für die Wasserentnahme der revisionswerbenden Partei darstelle, hinweg.

14Bei mängelfreier Durchführung des Verfahrens hätte die belangte Behörde demzufolge sämtliche bereits bestehenden Wasserentnahmen aus dem L.-Werkskanal zu erheben und darauf aufbauend ein Gutachten zu beauftragen gehabt, ob die zusätzliche Entnahme des Mitbeteiligten in Summe mit den übrigen bewilligten Rechten eine konkrete Beeinträchtigung des Wasserrechts der revisionswerbenden Partei darstelle oder nicht.

15Ebenso erstattete die revisionswerbende Partei Vorbringen zur Befristung des Wasserrechts auf 25 Jahre.

16Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der revisionswerbenden Partei ab. Die Revision erklärte es für nicht zulässig.

17Es führte - soweit entscheidungsrelevant - begründend aus, die revisionswerbende Partei habe sowohl in der Verhandlung vor der belangten Behörde am als auch in der Beschwerde eine Prüfung des Summationseffekts angesprochen.

18Zu dieser Thematik habe der Amtssachverständige für Gewässerbiologie in der Verhandlung vor der belangten Behörde ein Gutachten erstattet, in dem fachlich fundiert die Schlussfolgerung gezogen worden sei, dass eine Summationswirkung ausgeschlossen werden könne. Begründend habe er dazu ausgeführt, dass sich weder im L.-Werkskanal noch in der unterliegenden Vollwasserstrecke der L. Hinweise auf entnahmebedingte ökologische Defizite ergäben. Auch habe er ausgeführt, dass die (dem Mitbeteiligten bewilligte) maximale Wasserentnahmemenge (17,3 l/s) keine merkbare Auswirkung zeigte.

19Weiters habe der Amtssachverständige für Grundwasserhydrologie in dieser Verhandlung ein Gutachten erstattet, welches im Wesentlichen inhaltsgleich mit dem Gutachten (der Amtssachverständigen für Hydrologie) vom sei. Darin sei ausgeführt worden, dass die vom Mitbeteiligten beantragte Entnahmemenge von 17,3 l/s unterhalb der Messgenauigkeit liege, der Unsicherheitsbereich bei einer Vielpunktmessung mit Messflügel weit höher als die Entnahmemenge wäre und eine Messung der Fehlmenge im Durchfluss des L.-Werkskanals daher nicht möglich wäre. Auch habe der Gutachter darauf hingewiesen, dass die Auswirkungen auf den Wasserstand im zu vernachlässigenden Millimeterbereich lägen und eine lediglich theoretische Berechnung der verlorenen Produktionsmenge bei der Wasserkraftanlage der revisionswerbenden Partei möglich wäre.

20Dieses Gutachten habe die Amtssachverständige für Hydrologie im Zuge des behördlichen Bewilligungsverfahrens mit einer fachlichen Stellungnahme vom ergänzt. Darin habe sie festgehalten, dass die Entnahmemenge von 17,3 l/s etwa 0,16 % des Ausbaudurchflusses des L.-Werkskanals entspreche, sowie nochmals daraufhin gewiesen, dass diese Entnahmemenge nicht messbar wäre und keine sichtbaren Auswirkungen auf den Wasserstand hätte. Danach habe sie geschlussfolgert, dass unterhalb des Grundstücks des Mitbeteiligten liegende Wasserentnahmen nicht merkbar beeinflusst werden könnten. Schließlich sei noch eine theoretische Berechnung der Reduktion des Jahresarbeitsvermögens der Wasserkraftanlage der revisionswerbenden Partei erfolgt, welche einen Wert von 0,003 % ergeben habe.

21Die genannten, bereits abgegebenen Gutachten enthielten ausreichend fachliche Überlegungen zum Thema Summation. Eine Beeinträchtigung der Wasserkraftanlage der revisionswerbenden Partei durch einen Summationseffekt sei nicht hervorgekommen.

22Zur behaupteten Unvertretbarkeit der Befristung der Bewilligung auf 25 Jahre hielt das Verwaltungsgericht fest, die revisionswerbende Partei habe auf eine bestimmte Befristung keinen Rechtsanspruch. Die Dauer des einzuräumenden Rechts werde fachlich vorgeschlagen und rechtlich entsprechend festgelegt.

23Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

24Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er die Zurück- bzw. Abweisung der Revision beantragt.

25Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

26Im Ergebnis zeigt die Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, weil das angefochtene Erkenntnis von der hg. Rechtsprechung zum Summationseffekt abweicht.

27Aus diesem Grund erweist sich die Revision als zulässig und berechtigt.

28§ 12 Abs. 1 und 2 WRG 1959 idgF. lauten:

Grundsätze für die Bewilligung hinsichtlich öffentlicher Interessen und fremder Rechte.

§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, daß das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.

(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.“

29§ 13 Abs. 1 WRG 1959 idgF. lautet:

Maß und Art der Wasserbenutzung.

§ 13. (1) Bei der Bestimmung des Maßes der Wasserbenutzung ist auf den Bedarf des Bewerbers sowie auf die bestehenden wasserwirtschaftlichen Verhältnisse, insbesondere auf das nach Menge und Beschaffenheit vorhandene Wasserdargebot mit Rücksicht auf den wechselnden Wasserstand, beim Grundwasser auch auf seine natürliche Erneuerung, sowie auf möglichst sparsame Verwendung des Wassers Bedacht zu nehmen. Dabei sind die nach dem Stand der Technik möglichen und im Hinblick auf die bestehenden wasserwirtschaftlichen Verhältnisse gebotenen Maßnahmen vorzusehen.“

30Nach § 13 Abs. 1 WRG 1959 darf einem Bewerber um eine wasserrechtliche Bewilligung nicht das gesamte, am Ort seiner beabsichtigten Nutzung vorhandene Wasser ohne Berücksichtigung anderer bereits bestehender Nutzungen zugesprochen werden. Vielmehr verringern die für die Nutzung eines Wasservorkommens bereits erteilten wasserrechtlichen Bewilligungen die für den jeweiligen Bewerber rechtlich zur Verfügung stehende Wassermenge (abgesehen von der Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten) insoweit, als sein Vorhaben - im Hinblick auf bereits bestehende zulässige Nutzungen mit gleichartigen Auswirkungen - bestehende anderweitige zulässige Nutzungen schmälern würde.

31Demgemäß kann bei Bestehen einer Mehrzahl hinsichtlich ihrer Auswirkungen gleichartiger, bereits wasserrechtlich bewilligter bzw. rechtmäßig bestehender Nutzungen eines Gewässers das Maß einer angestrebten ebensolchen Nutzung jedenfalls dann nicht ohne Bedachtnahme auf die durch diese Wasserrechte zulässige Minderung des Wasserdargebotes - auch wenn die Auswirkungen jeder einzelnen dieser Nutzungen unterhalb der Messgenauigkeit liegen - festgesetzt werden, wenn die Summe dieser Auswirkungen auf die Rechte anderer Wasserberechtigter auf Grund fachlich fundierter Berechnungen, - im Fall von deren Unmöglichkeit auf Grund fachlich fundierter Schätzungen - ein die übliche Messgenauigkeit hydrologischer Daten erreichendes Ausmaß annimmt. Hierbei können nur die von solchen Entnahmeberechtigungen ausgehenden Auswirkungen in Betracht kommen, die nach Erteilung der beeinträchtigten Nutzungen - im Fall der revisionswerbenden Partei: Wasserkraftnutzung - verliehen wurden (vgl. zum Ganzen , sowie die Judikaturnachweise bei Bumberger/Hinterwirth, WRG - Wasserrechtsgesetz3 [2020] § 12 E39 ff).

32Liegt aufgrund eines Summationseffekts durch andere Wasserberechtigte gerade noch keine Beeinträchtigung fremder Rechte vor und wird diese Beeinträchtigung erst durch die Anlage des Bewilligungswerbers (hier: des Mitbeteiligten) ausgelöst, so steht dies der Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung selbst dann entgegen, wenn von der Anlage des Bewilligungswerbers (hier: des Mitbeteiligen) für sich alleine keine Beeinträchtigung fremder Rechte ausgeht. Dies gilt selbstverständlich auch dann, wenn aufgrund des Summationseffekts durch andere Wasserberechtigte auch ohne die Anlage des Bewilligungswerbers (hier: des Mitbeteiligten) bereits eine Beeinträchtigung fremder Rechte gegeben ist, somit von der Anlage des Bewilligungswerbers (hier: des Mitbeteiligten) „für sich allein genommen“ keine Beeinträchtigung ausginge (vgl. ; , 2001/07/0061; Bumberger/Hinterwirth, WRG § 12 E43).

33Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem, den gegenständlichen Antrag des Mitbeteiligten betreffenden Erkenntnis vom , 2009/07/0099, vor dem Hintergrund der mangelhaften Feststellungen zum damaligen Ermittlungsstand „- im Hinblick auf einen möglichen Summationseffekt auch anderer Wasserentnahmen -“ nicht ausgeschlossen, dass es infolge der von der revisionswerbenden Partei ins Treffen geführten „Minderentnahmemengen“ durch das Vorhaben des Mitbeteiligten zu einer Beeinträchtigung ihres Wasserrechts kommen könnte.

34Auch das Verwaltungsgericht hat in seinem rechtskräftigen Beschluss vom die Ansicht vertreten, dass „Erhebungen im Hinblick auf einen möglichen Summationseffekt“ fehlten.

35Nunmehr stützt das Verwaltungsgericht die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses zum Nichtvorliegen eines Summationseffekts auf die in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vom erstatteten Gutachten des Amtssachverständigen für Gewässerbiologie und des Amtssachverständigen für Grundwasserhydrologie sowie auf das von der Behörde eingeholte Gutachten der Amtssachverständigen für Oberflächenhydrologie vom und deren Stellungnahme vom .

36Der Amtssachverständige für Gewässerbiologie schloss eine Summationswirkung bloß deshalb aus, weil weder im L.-Werkskanal an sich noch unterliegend des Grundstücks des Mitbeteiligten „entnahmebedingte ökologische Defizite“ vorlägen. Auch zeige die maximale Wasserentnahmemenge des Mitbeteiligten von 17,3 l/s keine „merkbaren Auswirkungen“.

37In diesem Sinn argumentierte auch der Amtssachverständige für Grundwasserhydrologie, der die Ausführungen des Gutachtens der Amtssachverständigen für Oberflächenhydrologie vom heranzog, wonach die Entnahmemenge von 17,3 l/s unterhalb der Messgenauigkeit liege und daher eine Messung der Fehlmenge im Durchfluss des L.-Werkskanals nicht möglich wäre.

38In der Stellungnahme vom führte die Amtssachverständige für Oberflächenhydrologie aber aus, dass es auf der unterhalb der Wasserentnahmestelle des Mitbeteiligten liegenden Strecke des L.-Werkskanals „einige Rechte zur Wasserentnahme aus dem L.-Werkskanal (Bewässerungsanlagen, Wasserversorgungsanlagen und sonstige Wasserrechte zur Dotierung der Alten L.)“ sowie die Wasserkraftanlage der revisionswerbenden Partei gebe. Auch sie nahm - daran anknüpfend - lediglich eine „Abschätzung der Auswirkungen (des Vorhabens des Mitbeteiligten) auf unterhalb liegende Wasserrechte“ vor und gelangte dabei zusammengefasst zum Ergebnis, dass „die Differenz“ der vom Mitbeteiligten beantragten Entnahmemenge von 17,3 l/s nicht messbar sei und keine sichtbaren Auswirkungen auf den Wasserstand des L.-Werkskanals habe. Daher würden unterhalb liegende Wasserentnahmen auch nicht merklich beeinflusst.

39Den vom Verwaltungsgericht herangezogenen Gutachten ist gemeinsam, dass sie die möglichen Auswirkungen bloß des vom Mitbeteiligten beantragten Vorhabens auf unterliegende Wasserrechte beurteilten. Aus dem Vorbringen der revisionswerbenden Partei und der Feststellung der Amtssachverständigen für Oberflächenhydrologie ergibt sich jedoch, dass im L.-Werkskanal - oberhalb der Wasserkraftanlage der revisionswerbenden Partei - offenbar noch andere Wasserbenutzungen erfolgen. Die revisionswerbende Partei hat daher eine Beurteilung der Auswirkungen dieser anderen Wasserbenutzungen auf den ihr zustehenden wasserrechtlichen Konsens beantragt.

40Mit diesem Vorbringen hätte sich das Verwaltungsgericht aufgrund der oben zitierten hg. Rechtsprechung auseinandersetzen müssen und auf dem Boden der darin aufgestellten Grundsätze nicht nur die Auswirkungen des vom Mitbeteiligten beantragten Vorhabens, sondern auch die Summe der damit vergleichbaren Auswirkungen anderer - offenbar oberhalb der Wasserkraftanlage der revisionswerbenden Partei gelegener - Wasserbenutzungen im L.-Werkskanal auf den der revisionswerbenden Partei zustehenden Konsens ermitteln müssen. Dabei hätte es nur jene Wasserbenutzungen, die zeitlich nach der Bewilligung der Wasserkraftanlage der revisionswerbenden Partei verliehen wurden, zu berücksichtigen gehabt.

41Es ist jedoch nicht wesentlich, dass die Auswirkungen jeder einzelnen dieser Wasserbenutzungen auf das Wasserdargebot des L.-Werkskanals unterhalb der Messgenauigkeit liegt, kommt es vorliegend doch gerade auf die Summe dieser Auswirkungen an. Bereits aus diesem Grund greift das Argument des Verwaltungsgerichts, dass bloß die Auswirkungen des Vorhabens des Mitbeteiligten auf den Wasserstand des L.-Werkskanals nicht messbar wären und aus diesem Grund keine Beeinträchtigung der Rechte der revisionswerbenden Partei vorliege, zu kurz. Es hätte vielmehr anhand fachlich fundierter Berechnungen oder - im Fall von deren Unmöglichkeit - aufgrund fachlich fundierter Schätzungen zu ermitteln gehabt, ob die Summe der anderen Wasserbenutzungen ein die übliche Messgenauigkeit hydrologischer Daten erreichendes Ausmaß annimmt. Auch darauf, ob von der Anlage des Mitbeteiligten für sich allein genommen Beeinträchtigungen ausgingen, kommt es nicht an.

42Die Erteilung der vom Mitbeteiligten beantragten wasserrechtlichen Bewilligung kann ab Erreichen eines mit hydrologischen Methoden messbaren Ausmaßes summierter Auswirkungen anderer Wasserbenutzungen auf den Konsens der Wasserkraftanlage der revisionswerbenden Partei nämlich nur dann rechtmäßig sein, wenn die Inhaber der betroffenen Wasserbenutzungen der Erteilung zustimmen oder diese Rechte durch Einräumung von Zwangsrechten beseitigt werden (vgl. , 0072, mwN).

43Auch die Ansicht des Amtssachverständigen für Gewässerbiologie, dass sich keine Hinweise auf „entnahmebedingte ökologische Defizite“ im L.-Werkskanal oder in der unterliegenden Wasserstrecke der L. ergäben, vermag den Ausschluss eines Summationseffekts nicht zu begründen, weil damit eine - aus dem Vorgesagten erforderliche - Einbeziehung anderer Wasserbenutzungen nicht nachvollziehbar dargestellt ist.

44Da es das Verwaltungsgericht infolge einer unzutreffenden Rechtsansicht unterlassen hat, für das Verfahren notwendige Feststellungen zu treffen und erforderliche Ermittlungsschritte zu setzen, liegt ein sekundärer Verfahrensmangel vor, weshalb das angefochtene Erkenntnis wegen vorrangig aufzugreifender Rechtswidrigkeit des Inhaltes - in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Auf das übrige Vorbringen in der Zulässigkeitsbegründung der Revision war daher nicht näher einzugehen.

45Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Das Mehrbegehren auf gesonderten Zuspruch von Umsatzsteuer und Ersatz einer Web-ERV-Gebühr hat in der genannten Verordnung keine Deckung und war daher abzuweisen (, mwN).

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019070118.L00
Schlagworte:
Besondere Rechtsgebiete Verfahrensbestimmungen

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