VwGH vom 28.01.2015, 2013/08/0176
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Dr. Pürgy als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde des M S in M, vertreten durch Mag. Stefan Guggenberger, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 35, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Salzburg vom , Zl. LGSSbg/2/0566/2013, betreffend Verlust des Anspruchs auf Notstandshilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wurde gegenüber dem Beschwerdeführer der Verlust des Anspruches auf Notstandshilfe für den Zeitraum vom bis ausgesprochen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei zuletzt vom bis in einem - die Arbeitslosigkeit ausschließenden - Dienstverhältnis gestanden. Der Beschwerdeführer beziehe seit , nur unterbrochen durch drei Ausschlussfristen gemäß § 10 AlVG, Notstandshilfe. Im Betreuungsplan vom sei festgehalten, dass ihn die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (im Folgenden: AMS) nicht nur bei der Suche nach einer Stelle als Lehrbeauftragter bzw. im künstlerischen/musikalischen Bereich, sondern auch in Bezug auf Arbeitsstellen gemäß den gesetzlichen Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes unterstütze. Das AMS habe ihm daher am erstmals eine Beschäftigung als Mitarbeiter für den Kundenempfang bei der M GmbH in S vermittelt. Eine Arbeitsaufnahme sei nicht erfolgt, weshalb das AMS bereits damals einen Bescheid gemäß § 10 AlVG erlassen habe.
Am sei dem Beschwerdeführer vom AMS erneut eine Stelle als Mitarbeiter für den Kundenempfang bei der M GmbH vermittelt worden. Aus dem Stelleninserat gehe Folgendes hervor:
"Für unsere Niederlassung in S suchen wir zum nächst möglichen Eintritt Mitarbeiter/in für den Kundenempfang.
Aufgaben: Empfang, Telefondienst, Post, Ablage etc.
Arbeitszeit ist Teilzeitbeschäftigung im Ausmaß von 20 Wochenstunden.
Montag bis Donnerstag von 13:00 Uhr bis 17:00 Uhr, Freitag von 08:00 Uhr bis 12:00 Uhr.
Das Mindestbruttogehalt beträgt für 20 Wochenstunden EUR 850,-
- monatlich.
Kontakt: (...)
Entgeltangaben des Unternehmens: Das Mindestgehalt für die Stelle als Mitarbeiter/in für den Kundenempfang beträgt EUR 1.600,-
- brutto pro Monat auf Basis Vollzeitbeschäftigung."
Der Beschwerdeführer habe am per E-Mail bei der M GmbH angekündigt, sich für diese Stelle bewerben zu wollen, und um den entsprechenden Kollektivvertrag sowie einen Arbeitsvertragsentwurf ersucht. Weiters habe er mitgeteilt, dass er Komponist sei und in diesem Zusammenhang seinen Verpflichtungen wie Konzert-, Presse-, Interview- und Probetermine nachkommen müsse. Auch habe er sich nach Übernachtungsmöglichkeiten im Betrieb erkundigt.
Das AMS habe dem Beschwerdeführer daraufhin den Kollektivvertrag übermittelt und mitgeteilt, dass ein Arbeitsvertragsentwurf vor einem persönlichen Gespräch nicht verschickt werden könne, die Dienstverträge der M GmbH jedoch den gesetzlichen Regelungen entsprächen. Eine bezahlte Freistellung zu jeder geforderten Zeit sei jedoch nicht möglich. Es gäbe auch keine Übernachtungsmöglichkeit im Betrieb. Bei Interesse an der angebotenen Stelle solle sich der Beschwerdeführer bis bewerben.
Anstelle einer Bewerbung habe der Beschwerdeführer an das AMS ein E-Mail geschickt mit Vorwürfen und der Feststellung, dass für ihn als Künstler wohl andere Zumutbarkeitskriterien gelten müssten als für normale arbeitslose Personen. Auf Grund dieses Sachverhalts sei der erstinstanzliche Bescheid erlassen worden.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vor der belangten Behörde stellte diese hinsichtlich der angebotenen Entlohnung fest, dass dem Beschwerdeführer als Mitarbeiter für den Kundenempfang nach dem geltenden Kollektivvertrag als monatliches Mindestgrundgehalt bei einer Vollbeschäftigung mit einer Normalarbeitszeit von 38,5 Stunden EUR 1.561,96 brutto gebührten. Für eine Beschäftigung im Ausmaß von 20 Wochenstunden seien es demnach EUR 811,40. Bei der angebotenen Entlohnung von EUR 850,-- wäre der Beschwerdeführer somit über dem Kollektivvertrag entlohnt worden.
Was die Wegzeit betreffe, gelte als Ausgangspunkt für die Beurteilung der Zumutbarkeit der angebotenen Beschäftigung der Sitz des AMS in S, weil der Beschwerdeführer keinen Wohnsitz in Österreich habe. Laut Routenplaner betrage die Entfernung zur M GmbH 350 m bzw. circa vier Minuten Gehzeit.
Nachdem der Beschwerdeführer in der Berufung vorgebracht hatte, im Falle der Annahme der vom AMS angebotenen Beschäftigung sei seine psychische Gesundheit gefährdet, und dem AMS keinerlei Unterlagen oder Hinweise für eine bestehende psychische Beeinträchtigung vorgelegen seien, habe die belangte Behörde den Beschwerdeführer ersucht, bis spätestens ein aktuelles Attest eines Facharztes für Psychiatrie vorzulegen, aus dem hervorgehe, inwiefern die Annahme der angebotenen Beschäftigung die psychische Gesundheit des Beschwerdeführers gefährde. Ein solches Attest sei vom Beschwerdeführer nicht beigebracht worden.
Im Rahmen des Parteiengehörs habe der Beschwerdeführer nochmals betont, alle Anstrengungen zur Erlangung einer Beschäftigung unternommen zu haben, weshalb ihm die Ablehnung der angebotenen Stelle nicht als Vereitelung vorgeworfen werden könne. Sein Anspruch auf unbezahlte Freistellung sei begründet gewesen, weil dies in direktem Zusammenhang mit seiner Kreativität stehe. Auch habe er über das Gehalt und die jederzeitige Freistellung verhandeln müssen, weil er keine Beschäftigung annehmen könne, wenn die Anreisekosten durch das angebotene Gehalt nicht gedeckt seien. Die Manipulierung seiner Wohnadresse durch das AMS zur Ermittlung der Wegzeit stelle eine grobe Verletzung seiner Rechte dar. Auf Grund des Abkommens zwischen Österreich und Deutschland sei sein Wohnsitz in M, weshalb im konkreten Fall die gesetzlich zumutbare Wegzeit nicht hätte eingehalten werden können. Daher sei das Beschäftigungsangebot auch nicht zumutbar gewesen. Das angeforderte fachärztliche Attest habe er nicht vorlegen können, weil die Verhinderung eines Schaffensprozesses zur gesundheitlichen Gefährdung führen könne und daher ein solches Attest nur im Falle des Eintretens einer entsprechenden Situation möglich sei.
In rechtlicher Hinsicht legte die belangte Behörde zunächst dar, dass dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall eine zumutbare Beschäftigung vermittelt worden sei. Der Beschwerdeführer habe keine Einwendungen hinsichtlich mangelnder Kenntnisse oder Fähigkeiten als Mitarbeiter für den Kundenempfang vorgebracht und könnten auch aus dem Akteninhalt derartige Umstände nicht festgestellt werden. Ebenso sei die Beschäftigung in Bezug auf die angebotene Entlohnung zumutbar gewesen, da diese mit EUR 850,-- über dem kollektivvertraglich gebührenden Mindestentgelt liege. Der Einwand der hohen Anreisekosten habe schon deshalb nicht berücksichtigt werden können, weil die Kosten für Fahrten zwischen dem Wohn- und dem Dienstort grundsätzlich vom Arbeitnehmer selbst zu tragen seien und der Beschwerdeführer mit seiner Entscheidung, sich trotz Wohnsitzes in M dem Arbeitsmarkt in Österreich zur Verfügung zu stellen, erhöhte Anreisekosten in Kauf genommen habe. Im Übrigen koste eine Monatskarte lediglich EUR 270,-- bis EUR 320,-- und nicht - wie vom Beschwerdeführer behauptet - EUR 1.200,--.
Zur täglichen Wegzeit führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe sein letztes versicherungspflichtiges Dienstverhältnis vom bis in S gehabt. Sein Wohnort sei während dieser Zeit in M gewesen. Der Beschwerdeführer habe seine Erwerbstätigkeit "daher als Grenzgänger ausgeübt". Nach Eintritt der Arbeitslosigkeit habe er nach Art. 8 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über die Arbeitslosenversicherung von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht und den Antrag auf Arbeitslosengeld beim AMS S gestellt. In der dort am aufgenommenen Niederschrift sei vom Beschwerdeführer ausdrücklich erklärt worden, dass er dem lokalen Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung stehe. Die Zuständigkeit des AMS S impliziere die Fiktion eines Wohnsitzes in S in Bezug auf die Erreichbarkeit eines vom AMS angebotenen Arbeitsplatzes. Anderenfalls könne sich der Beschwerdeführer auf Grund seines tatsächlichen Wohnsitzes in M mit dem Hinweis auf die Wegzeit immer der Vermittlung entziehen.
Das Arbeitsausmaß der angebotenen Beschäftigung ermögliche es dem Beschwerdeführer, weiterhin künstlerisch tätig zu sein. Inwieweit durch die Annahme der Beschäftigung seine psychische Gesundheit gefährdet sei, habe der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen. Auch sein Einkommen und somit seine Mittel für eine ausreichende Ernährung hätten sich gegenüber dem Notstandshilfebezug nicht verschlechtert. Die angebotene Beschäftigung sei daher auch in gesundheitlicher Hinsicht zumutbar.
Das zumutbare Beschäftigungsverhältnis sei nicht zustande gekommen, weil sich der Beschwerdeführer trotz Aufforderung des Dienstgebers nicht für die Stelle beworben habe. Der Beschwerdeführer habe damit bewusst in Kauf genommen, dass das vom AMS vermittelte Beschäftigungsverhältnis nicht zustande kommt und daher einen Tatbestand der Arbeitsvereitelung im Sinne des § 10 Abs. 1 AlVG erfüllt. Es seien auch keine berücksichtigungswürdigen Gründe, wie zB eine nachträgliche Beschäftigungsaufnahme innerhalb der verhängten Ausschlussfrist bei einem anderen Dienstgeber, festgestellt worden, die eine Nachsicht gemäß § 10 Abs. 3 AlVG hätten bewirken können.
1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machende Beschwerde.
1.3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Gemäß § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.
Nach § 9 Abs. 1 AlVG ist arbeitswillig, wer (unter anderem) bereit ist, eine durch die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung anzunehmen.
Die Zumutbarkeit einer Beschäftigung wird in § 9 Abs. 2 AlVG wie folgt umschrieben:
"Eine Beschäftigung ist zumutbar, wenn sie den körperlichen Fähigkeiten der arbeitslosen Person angemessen ist, ihre Gesundheit und Sittlichkeit nicht gefährdet, angemessen entlohnt ist, in einem nicht von Streik oder Aussperrung betroffenen Betrieb erfolgen soll, in angemessener Zeit erreichbar ist oder eine entsprechende Unterkunft am Arbeitsort zur Verfügung steht sowie gesetzliche Betreuungsverpflichtungen eingehalten werden können. Als angemessene Entlohnung gilt grundsätzlich eine zumindest den jeweils anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung entsprechende Entlohnung. Die zumutbare tägliche Wegzeit für Hin- und Rückweg beträgt jedenfalls eineinhalb Stunden und bei einer Vollzeitbeschäftigung jedenfalls zwei Stunden. Wesentlich darüber liegende Wegzeiten sind nur unter besonderen Umständen, insbesondere wenn am Wohnort lebende Personen üblicher Weise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden, zumutbar."
§ 10 Abs. 1 Z 1 AlVG ordnet an, dass ein Arbeitsloser, der sich weigert, eine ihm von der regionalen Geschäftsstelle zugewiesene zumutbare Beschäftigung anzunehmen oder die Annahme einer solchen Beschäftigung vereitelt, für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden sechs (unter näher umschriebenen Voraussetzungen: acht) Wochen den Anspruch auf Arbeitslosengeld verliert.
§ 46 Abs. 1 AlVG bestimmt, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle persönlich geltend zu machen ist.
§ 44 AlVG in der Fassung BGBl. I Nr. 3/2013 hat folgenden
Wortlaut:
"Zuständigkeit
§ 44. (1) Die Zuständigkeit der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice (in den übrigen Bestimmungen 'regionale Geschäftsstellen' genannt) und der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice (in den übrigen Bestimmungen 'Landesgeschäftsstellen' genannt) richtet sich
1. soweit Rechte und Pflichten des Arbeitgebers betroffen sind, nach dem Sitz des Betriebes;
2. soweit Rechte und Pflichten der arbeitslosen, beschäftigten oder karenzierten Person betroffen sind, nach deren Wohnsitz, mangels eines solchen nach deren gewöhnlichem Aufenthaltsort; nach Beendigung des Bezuges einer Leistung nach diesem Bundesgesetz bleibt die bisherige Zuständigkeit auch bei Wechsel des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltsortes, insbesondere betreffend den Widerruf oder auch die Rückforderung von Leistungen, so lange aufrecht, bis ein neuer Anspruch geltend gemacht wird.
(2) Ist auf Grund internationaler Verträge bei einem Wohnsitz im Ausland der Bezug von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe im Inland zulässig, so ist die regionale Geschäftsstelle zuständig, in deren Bezirk der Arbeitslose zuletzt beschäftigt war. Dies gilt auch für die Geltendmachung des Anspruches (§ 46), die Einhaltung der Kontrollmeldungen (§ 49) und die Erfüllung der Meldepflicht (§ 50). Das gleiche gilt für den Bezug eines Pensionsvorschusses gemäß § 23. Für die Krankenversicherung des Leistungsbeziehers (§ 40 Abs. 1) ist die nach dem Sitz der regionalen Geschäftsstelle örtlich zuständige Gebietskrankenkasse zuständig."
Gemäß § 38 und § 58 AlVG sind diese Regelungen auf die Notstandshilfe sinngemäß anzuwenden.
Art. 1 und Art. 8 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Arbeitslosenversicherung, BGBl Nr. 392/1979, lauten auszugsweise wie folgt:
"Artikel 1
Begriffsbestimmungen
In diesem Abkommen bedeuten die Ausdrücke
(...)
5. 'GRENZGÄNGER'
einen Arbeitnehmer, für den aufgrund seiner Beschäftigung im Gebiet eines Vertragsstaates dessen Rechtsvorschriften gelten und der sich im Gebiet des anderen Vertragsstaates gewöhnlich aufhält und dorthin in der Regel mindestens einmal wöchentlich zurückkehrt;
(...)
Artikel 8
Sonderregelung für Grenzgänger
(1) Grenzgänger erhalten Arbeitslosengeld in dem Vertragsstaat, in dessen Gebiet sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Bei der Beurteilung, ob die Anwartschaftszeit erfüllt ist, und bei der Festsetzung der Bezugsdauer (Anspruchsdauer) werden Zeiten einer beitragspflichtigen Beschäftigung, die nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaates zurückgelegt worden sind, berücksichtigt.
(2) Arbeitnehmer, die unmittelbar vor Eintritt der Arbeitslosigkeit innerhalb einer Rahmenfrist von sechs Jahren mindestens fünf Jahre im anderen Vertragsstaat beschäftigt waren, davon zuletzt nicht weniger als ein Jahr als Grenzgänger, erhalten Arbeitslosengeld in dem Vertragsstaat, in dessen Gebiet sie beschäftigt waren. Sie können jedoch ihren Anspruch stattdessen im Gebiet des Vertragsstaates, in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, geltend machen.
(3) (...)"
Gemäß Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 gilt diese Bestimmung weiter für Personen, die am oder davor eine Erwerbstätigkeit als Grenzgänger ausgeübt haben und vor dem arbeitslos werden.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird im vorliegenden Fall nicht bestritten. Art. 8 des Abkommens ist daher anwendbar (vgl. zur Anwendbarkeit solcher Abkommen, die vor Geltung des Unionsrechts geschlossen wurden, Spiegel in Spiegel (Hrsg), Kommentar zum Zwischenstaatlichen Sozialversicherungsrecht, Überblick, Rz 34 f (2014)).
2.2. Die Bestimmungen der §§ 9 und 10 AlVG sind Ausdruck des dem gesamten Arbeitslosenversicherungsrecht zu Grunde liegenden Gesetzeszweckes, den arbeitslos gewordenen Versicherten, der trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit nach Beendigung seines Beschäftigungsverhältnisses keine Beschäftigung gefunden hat, möglichst wieder durch Vermittlung in eine ihm zumutbare Beschäftigung einzugliedern und ihn so in die Lage zu versetzen, seinen Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten. Wer eine Leistung der Versichertengemeinschaft der Arbeitslosenversicherung in Anspruch nimmt, muss sich daher darauf einstellen, eine ihm angebotene zumutbare Beschäftigung anzunehmen, dh bezogen auf eben diesen Arbeitsplatz arbeitswillig zu sein (vgl. zB das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/08/0157, mwN).
Um sich in Bezug auf eine von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vermittelte zumutbare Beschäftigung arbeitswillig zu zeigen, bedarf es grundsätzlich einerseits eines auf die Erlangung dieses Arbeitsplatzes ausgerichteten, unverzüglich zu entfaltenden aktiven Handelns des Arbeitslosen und andererseits auch der Unterlassung jedes Verhaltens, welches objektiv geeignet ist, das Zustandekommen des konkret angebotenen Beschäftigungsverhältnisses zu verhindern. Das Nichtzustandekommen eines die Arbeitslosigkeit beendenden zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses kann vom Arbeitslosen - abgesehen vom Fall der ausdrücklichen Weigerung, eine angebotene Beschäftigung anzunehmen - somit auf zwei Wegen verschuldet, die Annahme der Beschäftigung also auf zwei Wegen vereitelt werden: Nämlich dadurch, dass der Arbeitslose ein auf die Erlangung des Arbeitsplatzes ausgerichtetes Handeln erst gar nicht entfaltet (etwa durch Unterlassen der Vereinbarung eines Vorstellungstermins oder Nichtantritt der Arbeit), oder dadurch, dass er den Erfolg seiner (nach außen zu Tage getretenen) Bemühungen durch ein Verhalten, welches nach allgemeiner Erfahrung geeignet ist, den potenziellen Dienstgeber von der Einstellung des Arbeitslosen abzubringen, zunichte macht.
Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 Z 1 AlVG wird nur verwirklicht, wenn es sich um eine zumutbare und damit für die Zuweisung geeignete Beschäftigung handelt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/08/0112, uva).
2.3. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die dem Beschwerdeführer zugewiesene Beschäftigung als Mitarbeiter für den Kundenempfang bei der M GmbH in S den Zumutbarkeitskriterien des § 9 AlVG entsprochen hat und der Beschwerdeführer daher verpflichtet war, diese Beschäftigung auch anzunehmen.
Der Beschwerdeführer bestreitet - wie schon im Verwaltungsverfahren - die Zumutbarkeit der Beschäftigung auf Grund der Entfernung der Arbeitsstätte von seinem Wohnort. Die belangte Behörde habe seinen Anspruch auf Notstandshilfe nicht nach den Regelungen des AlVG behandelt, sondern auf Basis der fiktiven Annahme, sein Wohnsitz wäre an der Adresse des AMS in der Stadt S gelegen. Diese Vorgehensweise sei vom AlVG nicht gedeckt und greife in unzulässiger Weise in seine durch Art. 21 AEUV gewährten Rechte ein.
Die angebotene Beschäftigung sei auch deshalb nicht zumutbar, weil ihm auf Grund des geringen Entgelts von monatlich EUR 720,-- netto und der zu erwartenden hohen monatlichen Kosten für die tägliche An- und Abreise zum Arbeitsplatz von etwa EUR 300,-- nur ein monatlicher Betrag von circa EUR 420,-- verbliebe, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Mit diesem geringen monatlichen Betrag sei er nicht in der Lage, sich entsprechende Nahrungsmittel zu leisten, sich normal ausgewogen zu ernähren, Miet- und Heizkosten, Toilette- und Reinigungsartikel und Kleidung zu bezahlen. Die Beschäftigung sei gemäß § 9 Abs. 2 AlVG jedoch nur dann zulässig, wenn sie die Gesundheit des Arbeitslosen nicht gefährde.
2.4. Damit ist der Beschwerdeführer nicht im Recht:
Gemäß § 9 Abs. 2 dritter Satz AlVG beträgt die zumutbare tägliche Wegzeit für den Hin- und Rückweg bei einer Teilzeitbeschäftigung jedenfalls eineinhalb Stunden. Dies wird im vorliegenden Fall überschritten, da der Beschwerdeführer in M wohnt und der Ort der ihm vom AMS angebotenen Beschäftigung in der Stadt S liegt. Die gesetzlich normierten eineinhalb Stunden stellen jedoch nur einen Richtwert dar. Dies ergibt sich zum einem aus dem Wortlaut der Bestimmung (arg: "jedenfalls" eineinhalb Stunden). Zum anderen lässt § 9 Abs. 2 vierter Satz AlVG wesentlich darüber liegende Wegzeiten unter besonderen Umständen ausdrücklich zu. Um solche handelt es sich nach dieser Bestimmung etwa, wenn am Wohnort lebende Personen üblicherweise eine längere Wegzeit zum Arbeitsplatz zurückzulegen haben oder besonders günstige Arbeitsbedingungen geboten werden.
Mit diesen Beispielen durchaus vergleichbar ist der vorliegende Fall, wo der Beschwerdeführer von dem ihm nach Art. 8 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Arbeitslosenversicherung zukommenden Wahlrecht Gebrauch gemacht und sich als Grenzgänger mit Wohnsitz in M dafür entschieden hat, seinen Antrag auf Notstandshilfe beim AMS S zu stellen. Dabei hat der Beschwerdeführer auch ausdrücklich erklärt, dem lokalen Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung zu stehen. Mit seiner Entscheidung für die österreichische Arbeitsmarktverwaltung nimmt der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall eine längere Entfernung zwischen seinem Wohnort und der neuen (potenziellen) Arbeitsstätte bewusst in Kauf. Insofern kann von besonderen Umständen im Sinne des § 9 Abs. 2 vierter Satz AlVG gesprochen werden. Dass die Wegzeit im vorliegenden Fall auch tatsächlich zumutbar ist, zeigt der Umstand, dass der Beschwerdeführer während seiner Beschäftigung vom bis in der Stadt S ebenfalls in M gewohnt hat.
Dies gilt in gleicher Weise für die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Fahrtkosten. Auf Grund seiner Entscheidung, den Antrag bei der österreichischen Arbeitsmarktverwaltung einzubringen, kann sich der Beschwerdeführer auch nicht auf die damit verbundenen höheren Fahrtkosten berufen. Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen, dass die in § 9 Abs. 2 AlVG - abschließend - geregelten Kriterien für die Zumutbarkeit einer angebotenen Beschäftigung nicht auf die bereits für das Erreichen des Arbeitsplatzes entstehenden Kosten abstellen. Die Entfernung der Arbeitsstelle vom Wohnort findet im Gesetz nur insoweit Beachtung, als die für den Arbeitsweg aufzuwendende Zeit bestimmte Grenzen nicht überschreiten darf (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0314).
Die dem Beschwerdeführer zugewiesene Beschäftigung als Mitarbeiter für den Kundenempfang bei der M GmbH hat somit den Zumutbarkeitskriterien des § 9 AlVG entsprochen. Eine Verletzung des Art. 21 Abs. 1 AEUV scheidet schon auf Grund des dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall zukommenden Wahlrechts aus.
2.5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am