VwGH vom 01.04.2009, 2006/08/0184

VwGH vom 01.04.2009, 2006/08/0184

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Moritz, Dr. Lehofer und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des Ing. RK in N, vertreten durch Dr. Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Vogelweiderstraße 55, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom , Zl. Vd-SV-1001-2- 59/25/Br, betreffend Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG (mitbeteiligte Partei: Tiroler Gebietskrankenkasse in 6020 Innsbruck, Klara-Pölt-Weg 2-4), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/08/0243 verwiesen. Als für das gegenständliche Verfahren wesentlich ist hervorzuheben, dass mit Bescheid vom die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 10 ASVG verpflichtete, einen Gesamtbetrag von ATS 174.508,96 (EUR 12.682,06) zuzüglich Verzugszinsen seit , berechnet von ATS 95.225,08, zu bezahlen.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde dem Einspruch des Beschwerdeführers teilweise Folge gegeben und der Haftungsbetrag "insgesamt von ATS 174.508,96 (EUR 12.682,06) auf EUR 7.433,97 (ATS 102.293,72) herabgesetzt". Im Einzelnen wurde mit dem Spruch des angefochtenen Bescheides der Einspruch des Beschwerdeführers "hinsichtlich des Nachrechnungsbetrages aus der Beitragsprüfung in Höhe von ATS 55.128,94 (EUR 4.006,38) und hinsichtlich der Exekutions- und Konkursverfahrenskosten von insgesamt ATS 34.358,30 (EUR 2.496,92)" als unbegründet abgewiesen, hinsichtlich der "vorgeschriebenen laufenden Beiträge für Oktober 1998 bis Mai 1999 von insgesamt ATS 40.096,11 (EUR 2.913,90)" dem Einspruch teilweise Folge gegeben und diese Beiträge auf insgesamt ATS 5.687,87 (EUR 413,35) herabgesetzt, hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Beitragszuschläge gemäß § 113 Abs. 2 ASVG in Höhe von ATS 34.500,--

(EUR 2.507,21) dem Einspruch Folge gegeben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer diese Beträge nicht zu zahlen brauche, hinsichtlich "der Verzugszinsen für laufende Beiträge und Beitragsprüfung in Höhe von ATS 10.425,57 (EUR 757,66)" dem Einspruch teilweise Folge gegeben und die Verzugszinsen für laufende Beiträge von ATS 5.530,10 auf ATS 2.223,10 (EUR 161,56) herabgesetzt; die "Verzugszinsen für Beitragsprüfung" in Höhe von ATS 4.895,47 (EUR 355,77) blieben unverändert. Begründend führte die belangte Behörde - soweit noch wesentlich - zum Einwand des Beschwerdeführers in der Berufung, dass nicht berücksichtigt worden sei, dass ATS 35.000,-- an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse gezahlt worden seien, aus, dass die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse angegeben habe, dass dieser Betrag auf die in Exekution gezogenen Beiträge für Februar und März 1999, auf den Nachrechnungsbetrag aus der Beitragsprüfung in der Höhe von ATS 116.278,21 zuzüglich Verzugszinsen sowie auf einen näher bezeichneten gerichtlich festgestellten "Strafbeitrag" in der Höhe von ATS 3.500,-- angerechnet worden sei. Es würden daher aus der Beitragsprüfung ATS 81.278,21 verbleiben.

Mit dem bereits erwähnten hg. Erkenntnis vom wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. In der Begründung führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Beschwerde insoweit begründet sei, als sie sich gegen die Feststellung der Haftung auch für Exekutions- und Konkursverfahrenskosten, Kosten der Beitragsprüfung und Verzugszinsen für laufende Beiträge und Beitragsprüfung, welche der Primärschuldnerin vorgeschrieben worden waren, wende. Die Haftung für derartige Verzugszinsen sowie Verwaltungsauslagen im Sinne des § 83 ASVG träfe den Beschwerdeführer allenfalls nur im Rahmen des § 67 Abs. 10 ASVG; es fehle jedoch für die Entrichtung dieser Nebengebühren an einer spezifischen sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtung des Geschäftsführers. Im Übrigen verwarf der Verwaltungsgerichtshof die Bedenken gegen die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und deren rechtliche Beurteilung.

Im fortgesetzten Verfahren erstattete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse am eine schriftliche Stellungnahme, in welcher sie eine Aufstellung des verbleibenden Haftungsbetrags vorlegte. Aus laufenden Beiträgen von Oktober 1998 bis Mai 1999 und dem Nachrechnungsbetrag aus der Beitragsprüfung März 1999 ergebe sich ein Gesamtbetrag von EUR 4.419,73. Abzüglich von Zahlungen auf Grund der "Pensionsaufrechnung vom " in der Höhe von EUR 809,18 ergebe sich ein Haftungsbetrag von EUR 3.610,55.

Diese Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde vorgehalten.

In einer schriftlichen Stellungnahme vom führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass die schon bezahlten ATS 35.000,-- auf die Beiträge für Februar und März 1999 anzurechnen seien und die Pensionsaufrechnung in Wahrheit EUR 915,64 betragen habe. Er stellte den Antrag, "das Haftungsverfahren gegen mich einzustellen und die TGKK dazu zu veranlassen die durch die PV mir angezogenen Zahlungen aufgrund der Pensionsaufrechnung in Höche von EUR 915,64 zu retournieren".

Am fragte die belangte Behörde schriftlich bei der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse an, wie viel von den dem Beschwerdeführer vorgeschriebenen Rückständen von "Herrn C" bezahlt worden seien.

Mit Schreiben vom gab die belangte Behörde bekannt, dass "sämtliche durchgeführten Eintreibungsmaßnahmen gegen Herrn Serife C ergebnislos verlaufen" seien.

Dieses Schreiben wurde dem Beschwerdeführer von der belangten Behörde mit der Aufforderung, sich binnen 4 Wochen dazu zu äußern, vorgehalten. Eine Äußerung des Beschwerdeführers findet sich nicht im Verwaltungsakt.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch des Beschwerdeführers teilweise statt. Der Spruch lautet wie folgt:

"Ersatzbescheid

Der Landeshauptmann von Tirol entscheidet über den Einspruch von Herrn (Beschwerdeführer), gegen den Bescheid der Tiroler Gebietskrankenkasse vom , IX/Li-KtoNr. W 028/4918, gemäß §§ 412 bis 414 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) wie folgt:

1. Hinsichtlich des Nachrechnungsbetrages aus der

Beitragsprüfung in der Höhe von S 55.128,97 (EUR 4.006,38) wird

der Einspruch als unbegründet abgewiesen.

2. Hinsichtlich der vorgeschriebenen laufenden

Beiträge für Oktober 1998 bis Mai 1999 von insgesamt S 40.096,11 (EUR 2.913,90) wird dem Einspruch teilweise Folge gegeben und werden diese Beiträge entsprechend der in der Begründung enthaltenen Tabelle auf insgesamt S 5.687,87 (EUR 413,35) herabgesetzt.

3. Hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid enthaltenen Exekutions- und Konkursverfahrenskosten, Kosten der Beitragsprüfung und Verzugszinsen für laufende Beiträge und Beitragsprüfung, welche der Primärschuldnerin vorgeschrieben worden waren, wird dem Einspruch Folge gegeben und festgestellt, dass Herr (Beschwerdeführer) diese Beträge nicht zu zahlen braucht.

Der Haftungsbetrag wird somit von insgesamt S 174.508,96 (EUR 12.682,06) auf insgesamt EUR 4.419,73 (S 60.816,81) herabgesetzt bzw. mit diesem Betrag neu festgestellt.

Hinweis:

Von dem oben ausgewiesenen Haftungsbetrag sind weiters jene Beträge abzuziehen, die aufgrund der Pensionsaufrechnung vom geleistet wurden, das waren laut Auskunft der Tiroler Gebietskrankenkasse vom EUR 809,18, so dass zu diesem Zeitpunkt vom Haftungsbetrag noch EUR 3.610,55 offen waren. "

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensablaufes im Wesentlichen aus, die belangte Behörde habe an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse die Anfrage gerichtet, wie sich der Haftungsbetrag reduziere, wenn man die vom Verwaltungsgerichtshof kritisierten Beträge herausrechne. In der Bescheidbegründung wird die Aufstellung der mitbeteiligte Gebietskrankenkasse wie folgt wiedergegeben:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
"laufende Beträge
10/1998
304,80
11/1998
646,08
12/1998
646,08
01/1999
646,08
02/1999
646,08
03/1999
646,08
04/1999
808,47
05/1999
1.344,20
Beitragsprüfung 03/99:
55.128,97
gesamt
60.816,84, das sind
Euro 4.419,73
abzüglich Zahlungen auf Grund der
Pensionsaufrechnung vom
Euro - 809,18
Euro 3.610,55"

Obwohl der von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ausgewiesene Haftungsbetrag von EUR 4.419,73 sich auch bei Herausrechnung der vom Verwaltungsgerichtshof genannten Beträge aus dem Spruch des von ihm aufgehobenen Bescheides ergebe, sei diese Berechnung dem Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht werden. In seiner Gegenäußerung habe dieser wieder im Wesentlichen jene Argumente vorgebracht, die der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem aufhebenden Erkenntnis verworfen habe, sodass sie einer neuerlichen Prüfung durch die Einspruchsbehörde jedenfalls entzogen seien. Lediglich der Vollständigkeit halber werde darauf hingewiesen, dass auf Grund des Hinweises, dass allenfalls ein Teil des Haftungsbetrages von Herrn C bezahlt worden sei, eine diesbezügliche Anfrage an die Tiroler Gebietskrankenkasse gerichtet worden sei, welche jedoch ergeben habe, dass sämtliche Eintreibungsmaßnahmen gegen Herrn Serife C ergebnislos verlaufen seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse erstattete ebenfalls

eine Gegenschrift.

Der Beschwerdeführer replizierte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 67 Abs. 10 ASVG lautet:

"(10) Die zur Vertretung juristischer Personen oder Personenhandelsgesellschaften (offene Handelsgesellschaft, offene Erwerbsgesellschaft, Kommanditgesellschaft, Kommandit-Erwerbsgesellschaft) berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen haften im Rahmen ihrer Vertretungsmacht neben den durch sie vertretenen Beitragsschuldnern für die von diesen zu entrichtenden Beiträge insoweit, als die Beiträge infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können. Vermögensverwalter haften, soweit ihre Verwaltung reicht, entsprechend."

Hat der Verwaltungsgerichtshof einen Bescheid zur Gänze aufgehoben, dann ist der Behörde die gesamte Entscheidungsaufgabe grundsätzlich neu gestellt, wobei sie gemäß § 63 Abs. 1 VwGG an die vom Verwaltungsgerichtshof im aufhebenden Erkenntnis geäußerten Rechtsanschauungen gebunden ist. Hat der Verwaltungsgerichtshof im aufhebenden Erkenntnis zu einer bestimmten Frage keinen bei der Ermittlung der Sachverhaltsgrundlage unterlaufenen Verstoß gegen Verfahrensvorschriften festgestellt und bezüglich des dem Bescheid zu Grunde gelegten Sachverhaltes den behördlichen Standpunkt ebenso gebilligt wie die Lösung der Rechtsfragen, dann trifft die Behörde im fortgesetzten Verwaltungsverfahren keine Verpflichtung, von sich aus weitere Ermittlungen durchzuführen, solange der Beschwerdeführer nicht neue Sachverhalte vorträgt, die geeignet sind, im Falle ihrer Erweislichkeit den Bestand der Ermittlungsergebnisse in einer Weise zu verändern, die zu einer anderen Beweiswürdigung der gesamten Ermittlungsergebnisse oder auch durch das Hinzutreten eines neuen Sachverhaltselementes zu neuen Sachverhaltsfeststellungen führen kann, aus welcher eine abweichende Rechtsfragenlösung resultieren müsste (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/13/0106, mwN).

Der belangten Behörde ist nicht entgegenzutreten, wenn sie - der vom Verwaltungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis geäußerten Rechtsmeinung folgend - die Exekutions- und Konkursverfahrenskosten, Kosten der Beitragsprüfung und Verzugszinsen für laufende Beiträge und Beitragsprüfung vom Haftungsbetrag des Beschwerdeführers abzog, hinsichtlich des vom Beschwerdeführer auch schon im ersten Rechtsgang erhobenen sonstigen Vorbringens aber auf die vom Verwaltungsgerichtshof nicht beanstandeten Ausführungen aus dem ersten Rechtsgang verwies. Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob die nach den Feststellungen der belangten Behörde im ersten Rechtsgang - vor Beendigung des Konkursverfahrens - erfolgte Zahlung von ATS 35.000,-- berücksichtigt worden war, ergibt sich doch aus der Begründung des im ersten Rechtsgang erlassenen Bescheides, dass vom Nachrechnungsbetrag aus der Beitragsprüfung in der Höhe von ursprünglich ATS 116.278,21 nur noch ATS 81.278,21 verblieben waren. Dieser Betrag wurde nach Feststehen der Uneinbringlichkeit der Forderungen gegen die Primärschuldnerin den Berechnungen hinsichtlich der Haftung des Beschwerdeführers zu Grunde gelegt.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, dass entgegen den Angaben der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse im Schreiben vom die Pensionsaufrechnung EUR 915,64 betragen habe, ist er darauf zu verweisen, dass die Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 67 Abs. 10 ASVG die Haftung für die bei der Primärschuldnerin uneinbringlichen Beträge auszusprechen hat. Die Höhe des Haftungsbetrages wurde von der belangten Behörde im Spruch des angefochtenen Bescheides richtig festgesetzt. Der "Hinweis" im angefochtenen Bescheid, wonach von dem im Spruch ausgewiesenen Haftungsbetrag EUR 809,18 abzuziehen sind, die auf Grund der Pensionsaufrechnung vom geleistet wurden, stellt keinen Teil des normativen Abspruchs, sondern nur eine Information dar. Soweit von der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse in der Folge Beträge eingefordert werden sollten, die über den noch offenen Teil des Haftungsbetrages hinausgehen, so hat der Beschwerdeführer diesbezügliche Einwendungen im Rahmen eines allfälligen Exekutionsverfahrens vorzubringen.

Aus den oben dargestellten Überlegungen über den Haftungsbetrag ist es für das hier gegenständliche Verfahren auch irrelevant, ob von Herrn C allenfalls (weitere) Zahlungen geleistet wurden, weshalb auf das diesbezügliche Vorbringen des Beschwerdeführers nicht einzugehen ist.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG

iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am