VwGH vom 19.05.2022, Ra 2019/07/0065
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler, Mag. Haunold, Mag. Stickler und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der Pensionsversicherungsanstalt in Wien, vertreten durch die Dr. Klaus Hirtler Rechtsanwalt Gesellschaft m.b.H. in 8700 Leoben, Krottendorfer Gasse 5/I, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 533.6-1466/2018-20, betreffend einen Einforstungs- und Ablösungsplan nach dem Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetz 1983 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Agrarbezirksbehörde für Steiermark; mitbeteiligte Parteien: 1. M A in T, 2. Agrargemeinschaft F, vertreten durch den Obmann G S in T, und 26 weitere mitbeteiligte Parteien), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I. Verfahrensgang und angefochtenes Erkenntnis
1Mit Regulierungsvergleich der k.k. steiermärkischen Statthalterei als Agrarbehörde erster Instanz vom 20. Juli 1860 wurde gegenüber einem Stift als verpflichtetem Grundeigentümer zugunsten mehrerer Stammsitzliegenschaften auf näher genannten Flächen ein Weiderecht für Ochsen und Zugvieh von Anfang Juni bis Anfang Oktober jeden Jahres zureguliert. Bestimmten berechtigten Stammsitzliegenschaften wurde die Servitut der Holzung (Recht, zur Erhaltung je einer Alpenhütte und der erforderlichen Viehstallung auf der F.-Alm Bauholz in einem bestimmten Ausmaß entnehmen zu dürfen) und sämtlichen weideberechtigten Stammsitzliegenschaften der Holzbezug für bestehende Brunnentröge und für die Errichtung bestimmter Grenz- und Mittelzäune eingeräumt. Schließlich wurde den Berechtigten auch das Recht des Durchtriebes und Weideganges für 40 Kälber in einem näher genannten Bereich zugestanden. Die Gegenleistung wurde mit „sechzehn Pfund Rinderschmalz, oder des hiefür berechneten Reluitionsbetrages“ festgesetzt. In Punkt III des Vergleiches wurden darüber hinaus verschiedene „Bedingungen“ ausgesprochen.
2Diese Flächen wurden gemeinsam mit den Eigenflächen der Berechtigten (Communalbesitz) beweidet.
3Aufgrund eines Teilungsvertrages vom wurde der Communalbesitz geteilt und ein Teil an einen ursprünglich am Gemeinschaftsbesitz Beteiligten (gegen dessen Anteile) abgetreten; diese Parzellen (901 und 909) wurden mit der Dienstbarkeit der Weide und des Schwendens bzw. der Dienstbarkeit des Durchtrieb- und Durchweiderechtes zugunsten der Miteigentumsberechtigten der Commune belastet.
4Über Parteiantrag wurde mit Bescheid der Agrarbezirksbehörde vom das Verfahren zur Neuordnung der Holzbezugs- und Weiderechte in Bezug auf die Grundstücke Nrn. 892/1, 892/2, 892/3, 892/4, 893, 904, 905, 907 und 908 eingeleitet.
5Mit Bescheid vom stellte die Agrarbezirksbehörde fest, dass auch die Grundstücke Nrn. 901, 909 (damals EZ. 110), 902, 903 und 888, EZ 31, (wegen ihres räumlichen Zusammenhangs) zum belasteten Weidegebiet gehörten; sie legte das Einforstungsgebiet neu fest, das sich bereits damals auf drei Grundeigentümer aufteilte (das Stift, der Eigentümer des im Jahr 1911 vom Communalbesitz abgetrennten Gebietes sowie die aus den Eigentümern der berechtigten Stammsitzliegenschaften gebildete Agrargemeinschaft F. [als Eigentümerin des vormaligen Communalbesitzes]). Ein Aufteilungsschlüssel des Ausmaßes der Nutzungen auf den belasteten Grundstücken wurde festgehalten. Mit diesem Bescheid wurden einzelne „Servitutsrechte“ und auch die im Regulierungsvergleich vorgesehene Gegenleistung abgelöst. Die Behörde löschte einige „Servitutsrechte“ aus dem Regulierungsvergleich vom 20. Juli 1860 und übertrug solche Rechte auf andere Stammsitzliegenschaften. Wörtlich heißt es, dass „nach Rechtskraft dieses Bescheides ein Servituten-Neuordnungsplan aufgestellt werde.“
6In weiterer Folge erfolgte weder die grundbücherliche Durchführung noch die Erlassung des in Aussicht gestellten Neuregulierungsplanes.
7In den folgenden Jahren gingen die belasteten Flächen des Stiftes und das im Jahr 1911 vom Communalbesitz abgetrennte Gebiet in das Eigentum der Revisionswerberin über. Im Laufe der Jahre wurde die Ausübung der Weidenutzung eingestellt.
8Mit Kauf- und Tauschvertrag vom verkaufte die Agrargemeinschaft Teile des vormaligen Communalbesitzes, nämlich die Grundstücke Nrn. 902 und 903, „lastenfrei“ an einen Dritten.
9Mit Schreiben vom stellten die nunmehrigen Eigentümer der Stammsitzliegenschaften (die mitbeteiligten Parteien) an die belangte Behörde einen Antrag auf Einleitung des Verfahrens zum Zweck der Ablöse der Weiderechte, ihrer Bewertung, ihrer Ablöse oder ihres Umtauschs in Fahrtrechte nach dem Steiermärkischen Einforstungs-Landesgesetz 1983 (StELG 1983). Im Laufe des Verfahrens erklärten die 25.- und 26.- mitbeteiligten Parteien (Eigentümer der EZ 15), doch keine Ablöse ihrer Rechte zu beabsichtigen und dass diese unverändert aufrecht bleiben sollten.
10Mit Bescheid vom erließ die belangte Behörde einen Einforstungsplan (Haupturkunde) über die Neuregulierung der mit der EZ 15 verbundenen Einforstungsrechte. Mit weiterem Bescheid vom ordnete die belangte Behörde die Ablösung der verbliebenen, auf Grundstücken der Revisionswerberin lastenden Einforstungsrechte in Geld an; die Höhe des Ablösungsbetrages wurde mit € 171.281,53 festgelegt. Beide Bescheide regelten ausdrücklich nicht die bestehenden Rechte auf Bauholzbezug für die benachbarte F.-Alm.
11Mit Berufungsbescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung vom wurden die Berufungen der Revisionswerberin gegen diese beiden Bescheide zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden, diese gemäß § 66 Abs. 2 AVG behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
12Diese Aufhebung und Zurückverweisung wurde tragend damit begründet, dass das Verfahren nicht zwischen einer Ablöse und Neuregulierung trennen dürfe. Gemäß § 59 StELG 1983 sei ein Bescheid (nämlich der Einforstungsplan) zu erlassen, welcher im Gegenstand auf § 26 Abs. 3 StELG 1983 gründe, wonach bei Zulässigkeit der Ablösung nur eines Teiles der Nutzungsrechte die Ablöse bei gleichzeitiger Neuregulierung der verbleibenden Nutzungsrechte erfolgen müsse. Die angefochtenen Bescheide seien entgegen diesen Bestimmungen nicht durch einen Bescheid mit dem Inhalt einer teilweisen Ablöse und Neuregulierung der verbleibenden Nutzungsrechte erlassen worden und daher rechtswidrig ergangen, weil das gesetzlich zwingende Erfordernis der Teilablöse bei gleichzeitiger Neuregulierung der verbleibenden Rechte nicht erfüllt werden könne.
13Daneben enthält dieser Berufungsbescheid auch rechtliche Erwägungen dazu, warum die abzulösenden bzw. neu zu regulierenden Rechte entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht verjährt oder durch Verzicht erloschen seien sowie „im Hinblick auf die Berufungsausführungen der mangelnden Bewertung“ eine Reihe von Ausführungen, die „im fortgesetzten Verfahren (...) zu beachten“ seien, sowie den Hinweis, dass dem Verfahren auch der Eigentümer der Grundstücke Nrn. 902 und 903 als Partei beizuziehen sei.
14Der Verwaltungsgerichtshof hat die von der Revisionswerberin gegen den Berufungsbescheid vom erhobene Beschwerde mit Erkenntnis vom , 2010/07/0151, als unbegründet abgewiesen. Er hat darin ausgeführt, dass die die Aufhebung tragende Rechtsansicht allein darin gelegen sei, dass ein gemeinsamer Bescheid hinsichtlich der Neuregulierung und der Ablösung zu erlassen und eine Trennung in zwei Bescheide daher unzulässig gewesen sei. Soweit die bescheiderlassende Behörde auch darauf Bezug nehme, dass die gegenständlichen Einforstungsrechte nicht erloschen seien und überdies verschiedene Aspekte der erstinstanzlichen Bescheide erläutere, wenn sie darauf hinweise, dass „im fortgesetzten Verfahren“ näher dargestellte Grundsätze zu berücksichtigen seien, handle es sich jeweils um über die die Aufhebung tragende Rechtsansicht hinaus geäußerten Bemerkungen und Rechtsansichten. Auf diese könne sich die Bindungswirkung eines auf § 66 Abs. 2 AVG gestützten Bescheides nicht beziehen. Die Revisionswerberin, die sich in ihrer Beschwerde ausschließlich gegen diese Bemerkungen und Rechtsansichten wende, sei daher dadurch nicht beschwert.
15Im fortgesetzten Verfahren erließ die belangte Behörde einen mit datierten Einforstungs- und Ablöseplan (Bescheid gemäß § 59 StELG 1983). Darin stellte sie als bisher belastetes Gebiet ausschließlich die im Eigentum der Revisionswerberin liegenden Grundstücke fest und verfügte die Ablösung der darauf lastenden Einforstungsrechte - mit Ausnahme der den Eigentümern der EZ 15 zukommenden Rechte sowie des Bauholzbezugsrechtes - gegen einen Ablösebetrag von € 166.051,73. Weiters nahm sie eine Neuregulierung der verbleibenden, den Eigentümern der EZ 15 zukommenden Weiderechte samt der damit verbundenen Nebenrechte - darunter ein Fahrtrecht - vor.
16Die gegen diesen Bescheid von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht mit dem nunmehr in Revision gezogenen Erkenntnis mit der Maßgabe ab, dass das im Rahmen der Ergänzungsregulierung eingeräumte Fahrtrecht entfalle. Eine ordentliche Revision gegen dieses Erkenntnis erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
17Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Nach Einleitung des Vorverfahrens durch den Verwaltungsgerichtshof wurde keine Revisionsbeantwortung eingebracht.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
181. Die Revision erweist sich auf Grund ihres Zulässigkeitsvorbringen, wonach unter anderem Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, inwieweit bei der Bewertung von Nutzungsrechten auf von der Ertragsfähigkeit abweichende, wertbestimmende Kriterien im Sinne des § 35 Abs. 2 zweiter Satz StELG 1983 Rücksicht zu nehmen sei, als zulässig. Sie ist im Ergebnis auch begründet.
2. Zum Aufbau des angefochtenen Erkenntnisses
19Die Entscheidungsgründe des angefochtenen Erkenntnisses bestehen zunächst aus einer gerafften Darstellung des Verfahrensganges einschließlich des Vorbringens in den Berufungen gegen die im ersten Rechtsgang ergangenen Bescheide, jenes in der entscheidungsgegenständlichen Beschwerde und jenes der Parteien im Rahmen der vom Verwaltungsgericht abgehaltenen mündlichen Verhandlung. Daran schließt sich der Abschnitt „Beweiswürdigung“ an, wonach „obige Feststellungen“ auf Grund des Aktes der Verwaltungsbehörde und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung in Zusammenschau mit dem Vorbringen der Revisionswerden getroffen werden konnten. Für die Eigentümer der EZ 15 sei das belastete Gebiet - mit näherer Begründung - schon bisher erreichbar gewesen.
20Es folgt unter der Überschrift „Rechtliche Beurteilung“ zunächst eine Darstellung der formellen und materiellen Rechtsgrundlagen. Daran schließt eine Aneinanderreihung rechtlicher Ausführungen, zum Teil verbunden mit beweiswürdigenden Erwägungen und dislozierten bzw. implizit erschließbaren Sachverhaltsnahmen an, die im Wesentlichen eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen darstellen. Den Abschluss bildet eine Formelbegründung zum Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision.
21Gemäß § 29 Abs. 1 VwGVG sind die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts zu begründen. Diese Begründung hat, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, jenen Anforderungen zu entsprechen, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dies im ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens wiederstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch der Entscheidung geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte zudem (nur) dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben (vgl. , mwN). Lässt eine Entscheidung die Trennung dieser Begründungselemente in einer Weise vermissen, dass die Rechtsverfolgung durch die Partei oder die nachprüfende Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts maßgeblich beeinträchtigt wird, dann führt ein solcher Begründungsmangel zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung schon aus diesem Grund (vgl. , mwN).
22Diese Anforderungen erfüllt das angefochtene Erkenntnis schon im Hinblick auf die fast vollständig fehlenden Tatsachenfeststellungen und die bloß vereinzelt - im Rahmen der rechtlichen Beurteilung - angestellten beweiswürdigenden Erwägungen nicht. Angesichts des über weite Strecken unstrittigen entscheidungswesentlichen Sachverhaltes und die vorhandenen rechtlichen Ausführungen beeinträchtigt dies im vorliegenden Fall noch nicht schon per se die Rechtsverfolgung durch die Revisionswerberin oder die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, sodass eine Aufhebung allein aus diesem Grund noch nicht als gerechtfertigt erscheint. Auch die Revision stellt eine konkrete Relevanz dieses Verfahrensmangels nicht dar.
3. Zur Berücksichtigung der vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen
23Die belangte Behörde hat sowohl im ersten als auch im zweiten Rechtsgang jeweils Gutachten von Amtssachverständigen insbesondere zur Bewertung der abzulösenden Weiderechte eingeholt. Im vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid folgt sie schließlich den Bewertungsansätzen des zuletzt eingeholten Gutachtens. Dies übernimmt das Verwaltungsgericht durch ausdrückliche Gutheißung des Vorgehens der belangten Behörde und Bestätigung der Höhe des Ablösungsbetrags, freilich ohne beweiswürdigend eine Grundlage dafür anzugeben.
24Bereits in der Beschwerde ist die Revisionswerberin den Annahmen und Ergebnissen der Amtssachverständigen entgegengetreten und hat dazu einerseits auf eine gutachterliche Stellungnahme aus dem Juni 2009 verwiesen, die sie bereits im ersten Rechtsgang der Berufung gegen den Bescheid vom beigelegt hatte, und sich andererseits auf eine weitere, vor Erlassung des angefochtenen Bescheides eingebrachte gutachterliche Stellungnahme vom bezogen.
25Das Verwaltungsgericht hat zum Vorwurf der Nichtbeachtung der gutachterlichen Stellungnahme aus dem Juni 2009 ausgeführt, dass die belangte Behörde bloß verpflichtet sei, Pläne der Parteien gemäß § 57 StELG 1983 zu übernehmen, wenn sie den Bestimmungen des StELG 1983 entsprächen. Dies treffe auf diese gutachterliche Stellungnahme nicht zu, da sie nicht Teil des Einforstungsplans gemäß § 59 StELG 1983 sein könne. Hinsichtlich der Nichtbeachtung von Ausführungen in der gutachterlichen Stellungnahme vom hielt es lediglich fest, dass deren Erstellerin Konsulentin für Holz- und Forstwirtschaft sei, wobei dieser Fachbereich „die Bewertung von Weiderechten grundsätzlich nicht einschließt“.
26Ist eine Partei durch Vorlage eines Privatgutachtens dem gerichtlich bestellten Sachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten und liegen demzufolge einander in ihren Schlussfolgerungen widersprechende Gutachten vor, so kann das Verwaltungsgericht seine Entscheidung nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf eines der beiden Gutachten stützen. Es hat in diesem Fall im Rahmen seiner Beweiswürdigung darzulegen, aus welchen Gründen es einem der beiden - formal gleichwertigen - Beweismittel den höheren Beweiswert zubilligt als dem anderen. Allenfalls ist es Aufgabe des Verwaltungsgerichts, den in der Sache gerichtlich bestellten Sachverständigen aufzufordern, sein eigenes Gutachten zu ergänzen und sich dabei mit den Aussagen des Privatsachverständigen auseinander zu setzen und gegebenenfalls darzulegen, warum die Annahme des Privatgutachters seiner Ansicht nach nicht zutreffen (vgl. etwa , mwN).
27Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Begründungen, mit denen das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall den beiden gutachterlichen Stellungnahmen pauschal jeglichen Beweiswert abgesprochen hat, nicht tragfähig:
28Nach § 57 Abs. 1 StELG 1983 („Pläne der Parteien und Vergabe der Arbeiten“) kann dem Verfahren von der Agrarbehörde auch ein von den Parteien vorbereiteter Plan zugrunde gelegt werden; dieser hat den Bestimmungen dieses Gesetzes zu entsprechen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes ist aus dieser Bestimmung nicht abzuleiten, dass es einer Verfahrenspartei verwehrt wäre, gutachtlichen Schlussfolgerungen durch Vorlage eines Privatgutachtens entgegenzutreten, wenn dies nicht in Form eines „Planes“ erfolgt, der als solcher einem Bescheid nach § 59 StELG 1983 zu Grunde gelegt werden könnte. Diese Bestimmung regelt in ihrem systematischen Zusammenhang bloß eine der Möglichkeiten, wie jene Pläne erstellt werden können, die dem Verfahren zu Grunde gelegt werden. Sie verfügt hingegen keine Einschränkungen hinsichtlich der Zulässigkeit oder Anforderungen an Privatgutachten und stellt damit auch keine Beschränkung der freien Beweiswürdigung der Agrarbehörde oder des Verwaltungsgerichtes dar.
29Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht weiters die Tatsache, dass ein Sachverständiger für ein bestimmtes Fachgebiet nicht in die Liste der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen eingetragen ist, nicht aus, um ihn als zur Abgabe eines Gutachtens tauglichen Sachverständigen im Sinne des § 52 AVG zu disqualifizieren, weil das Gesetz eine solche Eintragung nicht voraussetzt. Für die besondere Fachkunde eines Sachverständigen kommt es auch nicht darauf an, wo sich dieser das besondere fachliche Wissen angeeignet hat (vgl. , mwN).
30Umso weniger kann das Verwaltungsgericht die Nichtberücksichtigung eines Privatgutachtens allein auf die Berufsbezeichnung der Erstellerin stützen, ohne sich mit dem Gutachtensinhalt (insbesondere der geforderten gleichen fachlichen Ebene) oder der Frage zu befassen, ob die Sachverständige allenfalls eine besondere Fachkunde auch außerhalb des ihrer Eintragung in die Sachverständigenliste zugrunde liegenden Fachgebietes aufweist.
31Ein derartiger Verfahrensmangel kann nach § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG jedoch nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses führen, wenn das Verwaltungsgericht bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften zu einem anderen Erkenntnis hätte kommen können. Eine derartige Relevanz der unzureichenden Berücksichtigung der gutachterlichen Stellungnahmen vermag die Revisionswerberin jedoch nicht aufzuzeigen, noch ist sie sonst ersichtlich:
32Soweit sich nämlich die gutachtliche Stellungnahme vom auf unzureichende oder durch die Nichtausübung der Weiderechte verschlechterte aktuelle Lage-, Gelände- und Ertragsverhältnisse der belasteten Liegenschaften und die Frage der Bedarfsdeckung bezieht, ist dies schon aus rechtlichen Gründen - wie im Abschnitt über die Ermittlung des Ablösungsbetrags noch auszuführen sein wird - für die Bewertung der Nutzungsrechte und damit die Ermittlung des Ablösungsbetrags unerheblich. Weitere Beschwerdeargumente auf Basis dieser Stellungnahme hat das Verwaltungsgericht außerdem durchaus inhaltlich behandelt (insb. Bewertungsstichtag, Zaunholzbewertung, Heranziehung des Preises für Heu anstelle von Siloballen, Irrelevanz der räumlichen Trennung des belasteten Gebietes, Einbeziehung von Transferzahlungen in die Ermittlung des Weidezinses), ohne dass die Revision darauf eingeht. Ansonsten erschöpfen sich die Ausführungen der gutachterlichen Stellungnahme, auf die sich die Revision bezieht, im Wesentlichen in der substanzlosen Bestreitung der Annahmen des Amtssachverständigen (etwa zum Heupreis) oder sie treten Ausführungen des Amtssachverständigen entgegen, die sich nicht auf das Ergebnis ausgewirkt haben (etwa zur „Kärntner Verordnung“).
33Auch die Inhalte der gutachterlichen Stellungnahme aus dem Juni 2009, wie sie von der Revision dargestellt werden, befassen sich über weite Teile mit dem für die Bewertungsfrage irrelevanten Zustand und der Ertragsfähigkeit der belasteten Liegenschaften. Im Übrigen tritt diese Stellungnahme - ihrem Erstellungszeitpunkt gemäß - nur den Annahmen des (im ersten Rechtsgang) erstatteten Gutachtens des Amtssachverständigen vom und der Argumentation im Bescheid vom entgegen. Die belangte Behörde hat jedoch im zweiten Rechtsgang - im Hinblick auf die Berufungsentscheidung des Landesagrarsenates - ein ergänzendes Gutachten zur Bewertung vom eingeholt und nur dieses dem nunmehr vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid vom zu Grunde gelegt.
34Der Nichtberücksichtigung der beiden von der Revisionswerberin vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen durch das Verwaltungsgericht kommt somit keine Relevanz für das Verfahrensergebnis zu, sodass eine Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses darauf nicht gestützt werden könnte.
4. Verjährung und Verzicht
35Die Revisionswerberin hat im Laufe des Verfahrens mehrfach vorgebracht, die abzulösenden Rechte seien verjährt bzw. die Berechtigten hätten auf diese (konkludent) verzichtet, weil der Weidebetrieb in den 1950er-Jahren eingestellt worden sei und die Rechte seitdem nicht mehr ausgeübt worden seien. Sie hat sich dabei insbesondere darauf berufen, dass das gegenständliche Verfahren mit Bescheid vom auf Grundlage des Steiermärkischen Landesgesetzes vom , LGBl. Nr. 237/1922, eingeleitet worden sei und nach dessen § 3 die Nichtausübung solcher Rechte durch einen Zeitraum von weniger als 30 Jahren keinen Erlöschungsgrund bilde. Daraus sei ein Erlöschen abzuleiten, weil die Rechte mittlerweile seit über 50 Jahren nicht ausgeübt worden seien.
36Das Verwaltungsgericht verweist diesbezüglich auf die Berufungsentscheidung des Landesagrarsenates vom und pflichtet deren Ausführungen, wonach weder eine Verjährung noch ein Verzicht stattgefunden habe, bei. Ein konkludenter Verzicht habe rechtswirksam nicht stattfinden können, weil die Rechte nur durch eine Entscheidung der Agrarbehörde aufgehoben werden könnten, der ein Antrag vorausgehe.
37Die Revision hält den Verjährungseinwand aufrecht.
38Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich § 3 des Steiermärkischen Landesgesetzes vom , LGBl. Nr. 237/1922, nur auf den Zeitraum vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes; auf den Zeitraum danach kann er nicht bezogen werden, ohne in Widerspruch zu der abschließenden, ein Erlöschen nicht mehr vorsehenden Regelung des § 1 des Gesetzes zu kommen. Ab dem Inkrafttreten des Gesetzes LGBl. Nr. 237/1922 in der Steiermark war ein Erlöschen von Einforstungsrechten durch Verjährung nicht mehr möglich (vgl. ; in diesem Sinne auch ; , 2009/07/0094, und , 2013/07/0079).
39Dem Verjährungseinwand der Revisionswerberin, der sich auf eine mehr als 50-jährige Nichtausübung der Rechte (erst) seit den 1950er-Jahren stützt, fehlt damit eine rechtliche Grundlage. Soweit die Revisionswerberin in der Revision ergänzend dazu darauf verweist, dass sich aus dem Bescheid vom ergebe, dass wegen Verwachsung der belasteten Flächen die Ausübung der Weiderechte nicht mehr der Berechtigung entspreche, und dieser Zustand bereits erhebliche Zeit vor 1925 eingetreten sein müsse, ergibt sich daraus zwar eine Erschwernis, aber gerade keine Aufgabe der Nutzung der Einforstungsrechte durch die Berechtigten, sodass auch darauf eine Verjährung nicht gestützt werden könnte.
40Der Wirksamkeit eines von der Revisionswerberin darüber hinaus behaupteten konkludenten Verzichtes auf die fraglichen Rechte durch die Berechtigten stehen - wie schon das Verwaltungsgericht im Ergebnis ausgeführt hat - die gesetzlichen Beschränkungen der rechtsgeschäftlichen Disposition über Einforstungsrechte entgegen:
41§ 5 Abs. 1 StELG lautet:
„Vereinbarungen über rechtliche Veränderungen an den Nutzungsrechten, insbesondere über die gänzliche oder teilweise Übertragung von der berechtigten Liegenschaft auf eine andere oder von der verpflichteten Liegenschaft auf eine andere, sowie über die Löschung bücherlich eingetragener Nutzungsrechte bedürfen der Bewilligung der Agrarbehörde.“
Die Vorgängerregelung in § 35 Abs. 1 des Steiermärkischen Landesgesetzes vom , LGBl. Nr. 237/1922, lautete:
„Zu allen rechtlichen Änderungen an Forst- und Weiderechten (§ 1), insbesondere zur gänzlichen oder teilweisen Übertragung von der berechtigten Liegenschaft auf eine andere, sowie zur Löschung bücherlich eingetragener Forst- und Weiderechte ist auch bei Vorhandensein aller rechtlichen Voraussetzungen die Bewilligung der Agrarbehörde erforderlich.“
42Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist im Fall eines Verzichts auf Einforstungsrechte nicht (erst) die Löschung, also dessen grundbücherliche Durchführung, genehmigungspflichtig. Die Aufzählungen der bewilligungspflichtigen Änderungen bzw. Rechtsgeschäfte ist jeweils demonstrativ. Auch wenn sie in dieser Konstellation nur das sachenrechtliche Verfügungsgeschäft ansprechen, ist auch der Verzicht selbst davon jeweils erfasst. Der Verzicht ist nämlich ein zweiseitiges Rechtsgeschäft bzw. Vertrag (vgl. etwa , mwN, RIS-Justiz RS0033948), und damit ebenso eine „Vereinbarung über rechtliche Veränderungen an den Nutzungsrechten“. Im Übrigen würde die Wirksamkeit eines konkludenten Verzichtes, der wegen einer langjährigen Nichtausübung der Rechte angenommen würde, die Nichtverjährbarkeit von Einforstungsrechten gemäß § 2 Abs. 1 StELG 1983 unterlaufen.
43Die abzulösenden bzw. neu zu regulierenden Rechte sind somit weder verjährt noch durch Verzicht erloschen.
5. Zur Ermittlung des Ablösungsbetrags
5.1. Verfahrensgang und Erwägungen des Verwaltungsgerichtes
44Der Amtssachverständige hat in seinem ergänzenden Gutachten betreffend die Bewertung der Weiderechte vom zum Bewertungsstichtag fünf verschiedene Ansätze für die Bewertung der abzulösenden Weiderechte ausgeführt, wobei sich die im Folgenden angeführten Beträge jeweils auf eine Großvieheinheit (GVE, gleichbedeutend mit einem Normalrind im Sinne des § 29 Abs. 3 StELG 1983, also einer Kuheinheit mit 500 kg Lebendgewicht) beziehen.
-Die Kärntner Verordnung der Landesregierung vom , mit der Regelungen zur Durchführung des Kärntner Wald- und Weidenutzungsrechte-Landesgesetzes - K-WWLG erlassen werden, Kärntner LGBl. Nr. 22/2010, lege den Weidefutterbedarf für näher definierte urkundliche Tiere jeweils in Megajoule Nettoenergielaktation, die Umrechnung des Energiebedarfs in Heumengen und den Abzug eines pauschalen Behirtungs- und Zäunungsaufwandes fest. Bei Anwendung dieser Verordnung ergebe sich ein kapitalisierter Betrag von € 5.086,24 je GVE.
-Die Ermittlung eines ortsüblichen Weidezinses habe nach Befragung von örtlichen Almbewirtschaftern einen Betrag von € 35 pro GVE ergeben, wobei diesem noch die Alpungsprämien aus dem ÖPUL hinzuzurechnen seien, die den Almbewirtschaftern zugute kämen. Abzuziehen seien der Aufwand für die vom Viehauftreiber zu leistende Mithilfe bei der Zäunung. Insgesamt ergebe sich ein kapitalisierter Betrag von € 1.969,70 je GVE.
-Ein Vergleich mit tatsächlich erzielten Preisen bei Weiderechtsablösungen und Übertragungen sei durch Betrachtung von 13 derartigen Fällen, die in den vergangenen Jahren im Bereich der Servicestelle Leoben der belangten Behörde vorgekommen seien, erfolgt. Nach Durchschnittsbildung unter Ausklammung des extremen höchsten und des niedrigsten Wertes ergebe sich ein Betrag von € 1.907,23 je GVE.
-Unter der Annahme, der Wert der gebührenden Nutzung eines Weiderechts liege in dem vom Weidevieh während der Weideperiode aufgenommenen Futter, könne der Jahreswert durch Heranziehung des Preises für jene Heumenge bestimmt werden, die dieses Futter in getrocknetem Zustand ergeben würde. Bei Ansatz von 15 kg Heumenge je GVE und Weidetag (§ 29 Abs. 3 StELG 1983), einem Heupreis von 0,16 €/kg und 123 Weidetagen ergebe sich eine jährliche gebührende Nutzung je GVE von € 295,20. Abzuziehen seien Aufwände für Viehbetreuung, Zaunerhalt, Auf- und Abtrieb sowie sonstige Arbeiten, die - näher dargelegt - eine Arbeitsbelastung von 14,85 Stunde (zu je € 10) darstellten. Nach Kapitalisierung ergebe sich daraus ein Betrag von € 4.445,14 je GVE.
-Die Österreichischen Bundesforste führten als größter belasteter Betrieb Österreichs immer wieder Ablösen von Weiderechten durch, wobei derzeit ein Ablösebetrag von € 14,50 netto pro GVE und Weidetag angeboten werde. Mit diesem Ansatz ergebe sich ein Betrag von € 1.783,50 je GVE.
45Zu dem für die Kapitalisierung jeweils herangezogenen Zinsfuß von 3,3 % führte der Amtssachverständige aus, dass sowohl der Oberste Agrarsenat in seinem Erkenntnis vom (richtig:) , OAS.1.1.1/0058-OAS/06, diesen Zinsfuß als dem Gesetz entsprechend angesehen habe als auch die genannte Kärntner Durchführungsverordnung den Kapitalisierungszinsfuß in dieser Höhe festlege. Aus näher dargestellten Zinsreihen ergebe sich, dass sich die Zinsspirale seither weiter nach unten gedreht habe. Es erscheine aber gerechtfertigt, im Hinblick auf einen entsprechend langen Beobachtungszeitraum weiterhin einen Zinsfuß von 3,3 % zu argumentieren.
46Im Bescheid der belangten Behörde vom wird unter Bezugnahme auf diese Berechnungen des Amtssachverständigen - aber sonst ohne weitere Begründung - der Ablösebetrag „durch Berechnung des Mittelwertes aus kapitalisiertem Weidezins [€ 1.969,70], Vergleich mit tatsächlich erzielten Preisen bei Weiderechtsablösungen und Übertragungen [€ 1.907,23] sowie Berechnungen anhand von Mittelheu [€ 4.445,14] festgelegt“. Diese Beträge ergäben - multipliziert mit der Anzahl der abzulösenden Weiderechte von 85,4 GVE - im Mittel € 161.093,01 für den von der Revisionswerberin zu tragenden Anteil an den regulierten Weiderechten (68%) und zuzüglich des Ablösungsbetrages für das Zaunbezugs- und Brunnenholzrecht von € 4.958,72 einen Ablösungsbetrag von insgesamt € 166.051,73.
47Das Verwaltungsgericht führte im angefochtenen Erkenntnis aus, dass der von der belangten Behörde festgestellte Mittelwert nicht rechtswidrig sei. Ihr könne nicht entgegengetreten werden, wenn sie für die Bewertung den Aufwand für den Ersatz der entfallenen Weide angesetzt habe. Es sei nicht maßgeblich, ob die Weiderechte schon Jahrzehnte nicht mehr ausgeübt oder für die Aufbereitung der Weidefläche erhebliche Investitionen nötig wären. Es seien die ortsüblichen Preise und Ansätze sowie ein entsprechender Zinsfuß herangezogen worden.
48Hinsichtlich der Bestimmung des § 35 Abs. 2 zweiter Satz StELG 1983 (Berücksichtigung der von der Ertragsfähigkeit abweichenden, wertbestimmenden Kriterien) habe die Revisionswerberin die Ausführungen des Landesagrarsenates in seinem Berufungsbescheid vom , wonach diese für die Ermittlung der Geldentschädigung zur Ablöse von Nutzungsrechten nicht anzuwenden sei, nicht entkräften können. Damit sei gemeint, dass die Ertragsfähigkeit der Rechte, nicht jene der belasteten Grundstücke einzufließen hätten. Grundlage für die Bewertung der Nutzungsrechte seien daher der Futterbedarf des berechtigten Viehs und nicht das Ausmaß oder die Ertragsverhältnisse der belasteten Fläche.
49Dem Beschwerdevorbringen zum Fehlen eines Bewertungsstichtages sei entgegenzuhalten, dass das agrarische Operat erst mit dem Datum der Erlassung des Bescheides rechtsverbindlich werde.
50In der Revision bringt die Revisionswerberin gegen die Bewertung der Weiderechte nunmehr zusammengefasst vor, die Festlegung des Bewertungsbetrages und die Auswahl der Bewertungsmethoden seien nicht nachvollziehbar begründet worden, das Verwaltungsgericht habe sich nicht ausreichend mit dem Vorbringen zum Bewertungsstichtag auseinandergesetzt, die Nichtausübung der Weiderechte und weitere in der gutachterlichen Stellungnahme vom angeführte Umstände seien nicht berücksichtigt worden, § 35 Abs. 2 zweiter Satz StELG 1983 sei sehr wohl anzuwenden und es seien dabei näher genannte Umstände zu berücksichtigen; zudem werde bemängelt, dass nicht ein höherer Kapitalisierungszinsfuß als 3,3 % aufgrund eigener Sachverständigenbeurteilung ermittelt worden sei.
5.2. Rechtslage und Grundsätze
51Die einschlägigen Bestimmungen des StELG 1983 zur Ermittlung des Ablösungsbetrages für Einforstungsrechte lauten:
„Grundlage der Neuregulierung, Regulierung, Ablösung und Sicherung
§ 12 Die Grundlage für die Neuregulierung, Regulierung, Ablösung und Sicherung der Nutzungsrechte bildet das durch Übereinkommen festgestellte oder durch Urkunden oder sonstige Beweismittel nachgewiesene Ausmaß der Nutzungsrechte und der Gegenleistungen.
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Ermittlung der Entschädigung
§ 35 (1) Wenn ein Übereinkommen der Parteien nicht zustande kommt, wird der Ablösungsbetrag nach dem Werte des Nutzungsrechtes festgesetzt.
(2) Als Wert gilt der Jahreswert der gebührenden Nutzungen unter Zugrundelegung der im Verkehr zwischen Ortsansässigen üblichen Preise und Ansätze abzüglich des zur Ausübung erforderlichen Aufwandes, kapitalisiert nach einem Zinsfuß, welcher den jeweils herrschenden allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen entspricht. Bei der Festsetzung des Wertes des Nutzungsrechtes ist gegebenenfalls auf von der Ertragsfähigkeit abweichende, wertbestimmende Kriterien angemessen Rücksicht zu nehmen.
(3) Übereinkommen der Parteien über den Ablösungsbetrag bedürfen der agrarbehördlichen Genehmigung (§ 51).“
52Aus § 12 StELG 1983 ergibt sich die Grundlage für die Neuregulierung, nämlich das durch Übereinkommen festgestellte oder durch Urkunden oder sonstige Beweismittel nachgewiesene Ausmaß der Nutzungsrechte und der Gegenleistungen. Entscheidende Grundlage eines Neuregulierungsverfahrens und der Umfang der zu gewährleistenden Rechte sind also nicht die faktisch ausgenutzten Weiderechte und der gegebene tatsächliche Bedarf einer Stammsitzliegenschaft, der vom Ausmaß der urkundlichen Rechte abweichen kann, sondern allein der auf rechtlicher Grundlage nachgewiesene Nutzungsanspruch der Berechtigten (vgl. ; , Ra 2020/07/0112).
53Dies gilt entsprechend auch für ein Ablösungsverfahren, sodass die Basis auch für den Umfang der zu bewertenden Rechte alleine der auf rechtlicher Grundlage nachgewiesene Nutzungsanspruch der Berechtigten ist, mögen diese - aus welchem Grund auch immer - ihre Nutzungsrechte mittlerweile nicht mehr ausüben, zumal die Rechte nach § 2 Abs. 1 StELG 1983 nicht verjähren können (vgl. in diesem Sinn zur Nichtmaßgeblichkeit der Frage, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Ablösungszeitpunkt in einem landwirtschaftlichen Betrieb [noch] Tiere gehalten werden, ).
54Das Ausmaß von Einforstungsrechten wird durch die Anzahl und Art der auftriebsberechtigten Tiere und die jährliche Weidezeit bestimmt und nicht etwa im Sinne der Ausnutzung der Weidemöglichkeiten auf den belasteten Flächen definiert. Es ist für den Umfang (und damit den Wert) der abzulösenden Rechte daher auch nicht von Relevanz, sollten diese - warum auch immer - von der belasteten Liegenschaft derzeit nicht bedeckt werden können. Dies erschließt sich aber auch aus § 23 StELG 1983, wonach der Verpflichtete im Fall der ungenügenden Bedeckung der gebührenden Nutzungsrechte aus den belasteten Grundstücken Ersatz zu leisten hat, und nicht zuletzt aus § 34 Z 1 StELG 1983, der die fehlende Bedeckbarkeit gerade als eine der (alternativen) Voraussetzungen für die Ablösung in Geld - und nicht als einen Hinderungsgrund dafür - vorsieht.
55Das Verwaltungsgericht hat daher zutreffend für die Frage der Bewertung der abzulösenden Rechte weder darauf abgestellt, ob die Weiderechte schon Jahrzehnte nicht mehr ausgeübt oder für die Aufbereitung der Weidefläche erhebliche Investitionen nötig wären, noch das Ausmaß oder die Ertragsverhältnisse der belasteten Fläche berücksichtigt.
56Nach dem Gesagten ist auch sämtliches Revisionsvorbringen zur Höhe des Ablösungsbetrages unberechtigt, das sich auf die Nichtausübung der Weiderechte, dadurch verschlechterte Ertragsmöglichkeiten, ein ungünstiges Gelände zur Ausübung der Weide, zu erwartende bloß bescheidene Erträge, eine Unfruchtbarkeit der Standorte, dürftige Schutzwaldbestockung, Hangneigung, mangelnde Verbindung zwischen geeigneten Bereichen, etc., insgesamt also eine mangelnde Bedarfsdeckung durch die belasteten Liegenschaften und schließlich auch eine nicht zu erwartende Verbesserung der Ertragsmöglichkeiten bei Entfall der Weiderechte bezieht.
5.3. Die von der Ertragsfähigkeit abweichenden, wertbestimmenden Kriterien
57Die Revisionswerberin steht auf dem Standpunkt, dass die eben genannten Umstände zumindest nach § 35 Abs. 2 zweiter Satz StELG 1983 wertmindernd zu berücksichtigen seien, weil nach dieser Bestimmung „bei der Festsetzung des Wertes des Nutzungsrechtes (...) gegebenenfalls auf von der Ertragsfähigkeit abweichende, wertbestimmende Kriterien angemessen Rücksicht zu nehmen“ sei.
58Die Regelung über die Ermittlung der Entschädigung in § 35 StELG 1983 erging ursprünglich in Ausführung von § 22 des mittlerweile außer Kraft getretenen Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten (Wald- und Weideservitutengrundsatzgesetz - WWSGG). Der zweite Satz des § 22 Abs. 2 WWSGG (entspricht § 35 Abs. 2 zweiter Satz StELG 1983) wurde mit der Novelle BGBl. I Nr. 14/2006 angefügt. Diese Novelle erging in Reaktion auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 170/04 u.a. Damit hatte der Verfassungsgerichtshof § 17 Abs. 1 bis 3 (nicht jedoch § 22) WWSGG in seiner Stammfassung als verfassungswidrig aufgehoben.
59§ 17 WWSGG (entspricht § 30 StELG 1983) betraf die Bewertung der Ablösungsfläche und Entschädigung im Falle einer Ablösung in Grund (und nicht in Geld). Der Verfassungsgerichtshof erkannte es als einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz, dass für Zwecke dieser Bestimmung zur Ermittlung des Wertes des Ablösungsgrundstückes allein der Ertragswert dieser Liegenschaft (der sich aus der Summe der - nach § 22 WWSGG zu ermittelnden - Werte der darauf möglichen Nutzungen bildet) maßgeblich war. Auch wenn sich der Verkehrswert land- und forstwirtschaftlich genutzter Liegenschaften häufig im Ertragswert erschöpfe, so lasse sich das gänzliche Außerachtlassen eines die Summe des Nutzwertes übersteigenden Verkehrswertes nicht rechtfertigen. Für die Beseitigung der Verfassungswidrigkeit genüge allerdings die Aufhebung des § 17 WWSGG. Die Wertermittlung für Nutzungsrechte nach § 22 WWSGG sei zwar durch Verweisung auch bei der Anwendung des § 17 WWSGG heranzuziehen, in ihrem unmittelbaren Anwendungsbereich für die Bemessung des Ablösungsbetrages bei Ablösung in Geld träfen die verfassungsrechtlichen Bedenken im Zusammenhang mit der Bewertung des abzulösenden Nutzungsrechts jedoch nicht zu, sodass § 22 WWSGG nicht aufzuheben sei.
60Die Regierungsvorlage für die darauf folgende Novelle des WWSGG, 1146 BlgNR. 22. GP., sah dementsprechend im Wesentlichen nur eine Neufassung des § 17 WWSGG vor. Dessen Abs. 2 lautete demnach (nach der Novelle BGBl. I Nr. 14/2006): „Bei der Bewertung der abzutretenden Grundflächen ist insbesondere auf die Nutzungsmöglichkeiten für den bisherigen Eigentümer, die Ertragsfähigkeit und andere von der Ertragsfähigkeit abweichende, wertbestimmende Kriterien Rücksicht zu nehmen. Der Wert der Nutzungsrechte ist gemäß § 22 zu ermitteln.“
61Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1146 BlgNR. 22. GP. 4ff) führen dazu unter anderem aus:
„Abs. 2 geht im Einklang mit der verfassungsgerichtlichen Judikatur davon aus, dass sich bei land- und forstwirtschaftlichen Liegenschaften der Verkehrswert häufig im Ertragswert erschöpft. Dass der Verkehrswert mit dem Ertragswert nicht notwendig ident ist, zeigt nach den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom das Liegenschaftsbewertungsgesetz, BGBl. 150/1992 (LBG) selbst, weil es nicht nur auch andere Bewertungsmethoden kennt, sondern in erster Linie das Vergleichswertverfahren vorsieht, bei welchem der Wert der Sache durch Vergleich mit tatsächlich erzielten Kaufpreisen vergleichbarer Sachen zu ermitteln ist (§ 4 LBG); maßgeblich ist jedenfalls der ‚Wert unter Berücksichtigung der Verhältnisse im redlichen Geschäftsverkehr‘. Das Ertragswertverfahren ist nur dann angebracht, wenn dieser Wert ausschließlich durch den Ertrag bestimmt wird und andere, durch diese Vorschriften nicht erfassbare Faktoren fehlen. Demgemäß sind mehrere Wertermittlungsverfahren anzuwenden, wenn es zur vollständigen Berücksichtigung aller den Wert der Sache bestimmenden Umstände erforderlich ist (§ 3 Abs. 2 LBG). Zwischen dem Verkehrswert an land- und forstwirtschaftlich genutzten Liegenschaften und dem Wert der Nutzungen wird nach der zitierten Judikatur in der Regel kein Unterschied sein. Indessen ist zwischen Verkehrswert und dem Wert der Nutzungen grundsätzlich zu unterscheiden.
Mit der Diktion ‚andere von der Ertragsfähigkeit abweichende, wertbestimmende Kriterien Rücksicht zu nehmen‘ wird den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes in seinem Erkenntnis vom , G 170, 171/04-15, Rechnung getragen. Demnach hängt der Wert der Sache nicht nur vom Wert ihrer gegenwärtigen Nutzung ab. Auch bloß mögliche, erwartete und absehbare Entwicklungen können sehr wohl mit wertbestimmend sein. Finden solche Umstände im redlichen Geschäftsverkehr in zeitlicher Nähe zum Bewertungsstichtag in vergleichbaren Gebieten in den Preisen Niederschlag, sind sie zu beachten. Dem gegenüber sind die besondere Vorliebe und andere ideelle Wertungen einzelner Personen als unwesentlich zu erachten und haben bei der Wertermittlung außer Betracht zu bleiben.
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Allein das gesetzlich normierte (zukünftig durch eine Vereinbarung zwischen Berechtigtem und Verpflichtetem disponible), auf die nachhaltige Ertragsfähigkeit abstellende Erfordernis einer die Nutzungsrechte jedenfalls bedeckenden Ablösungsfläche (vgl. § 14 Abs. 1) rechtfertigt eine zunächst auf die Ertragsfähigkeit abstellende Ermittlung des Wertes der abzutretenden Grundflächen. Durch die Berücksichtigung im Einzelfall zu beurteilender, abweichender wertbestimmender Kriterien ist gleichzeitig eine Wertermittlung im Sinne der Vorgaben der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes sicher gestellt.
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Der Wert der Nutzungsrechte ist jedenfalls gemäß § 22 WWSGG zu ermitteln. Diese Bestimmung wurde nicht als verfassungswidrig aufgehoben, wobei der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich darauf verwies, dass die Bedenken im Zusammenhang mit der Bewertung des abzulösenden Nutzungsrechts nicht zuträfen (siehe das Erkenntnis des G 170, 171/04-15).
In § 22 WWSGG geht es um den Wert der gebührenden Nutzungen, nicht jedoch um den ‚Wert eines Rechtes‘. Dies ergibt sich bereits de lege lata aus dem geltenden § 22 Abs. 2 WWSGG, der vorsieht, dass als Wert (des Nutzungsrechtes; vgl. § 22 Abs. 1) der Jahreswert der gebührenden Nutzungen unter Zugrundelegung der im Verkehr zwischen Ortsansässigen üblichen Preise und Ansätze abzüglich des zur Ausübung erforderlichen Aufwandes kapitalisiert nach einem Zinsfuß, gilt. Daraus ist ersichtlich, dass bereits nach der geltenden Rechtslage der ‚Wert des Nutzungsrechtes‘ entsprechend dem ‚Verkehrswert‘ der Nutzungen ermittelt wird. Eine andere Ermittlung des Wertes der gebührenden Nutzungen als über den Holzpreis im Geschäftsverkehr wäre nicht sachgerecht.“
62Allerdings wurde diese Regierungsvorlage nach Beratungen im Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft unter anderem um die Einfügung des § 22 Abs. 2 zweiter Satz WWSGG („Bei der Festsetzung des Wertes des Nutzungsrechtes ist gegebenenfalls auf von der Ertragsfähigkeit abweichende, wertbestimmende Kriterien angemessen Rücksicht zu nehmen.“) ergänzt. Der diesbezügliche Abänderungsantrag war folgendermaßen begründet (vgl. AB 1179 BlgNR 22. GP 1f):
„Mit dieser Bestimmung soll eine zum - die Bewertung der abzutretenden Grundfläche betreffenden - neu gefassten § 17 Abs. 2 korrespondierende Wertermittlungsmethode festgesetzt werden. Inwieweit bei der Bewertung des Nutzungsrechtes von der Ertragsfähigkeit abweichende, wertbestimmende Kriterien auf den Wert derselben Einfluss nehmen können, ist im Einzelfall zu entscheiden.“
63Die Ausführung des § 22 Abs. 2 zweiter Satz WWSGG im steiermärkischen Landesrecht durch die wörtliche Übernahme als § 35 Abs. 2 zweiter Satz StELG 1983 erfolgte mit der ELG-Novelle 2007, LGBl. 72/2007. Die diesbezüglichen Erläuterungen zur Regierungsvorlage (XV. GPStLT RV EZ 1046/1) entsprechen im Wesentlichen den dargestellten Materialien zur Novelle des WWSGG.
64Daraus ergibt sich zusammengefasst, dass nach der Neufassung des § 17 WWSGG (§ 30 StELG 1983) die Bewertung eines Ablösungsgrundstücks (im Falle der Ablösung durch Grund) primär weiterhin nach dessen Ertragswert („Ertragsfähigkeit“) erfolgen soll, der sich aus dem - nach § 22 WWSGG (§ 35 StELG 1983) zu ermittelnden - Wert der auf dieser Liegenschaft möglichen Nutzungen ergibt. Allerdings ist in jenen Fällen, in denen ausnahmsweise der Verkehrswert der Liegenschaft aus bestimmten Gründen davon abweicht, auf diese von der Ertragsfähigkeit abweichenden, wertbestimmenden Kriterien Rücksicht zu nehmen. Darunter sind etwa bloß mögliche, erwartete und absehbare Entwicklungen gemeint, sofern sie im redlichen Geschäftsverkehr in zeitlicher Nähe in vergleichbaren Gebieten in den Preisen Niederschlag finden; nicht aber die besondere Vorliebe und andere ideelle Wertungen einzelner Personen. Die Einbeziehung derartiger „von der Ertragsfähigkeit abweichender, wertbestimmender Kriterien“ soll also primär durch die Berücksichtigung der Konditionen vergleichbarer durchgeführter Transaktionen, somit ein Vergleichswertverfahren erfolgen.
65Im hier interessierenden Anwendungsbereich des § 35 Abs. 2 StELG 1983 (§ 22 Abs. 2 WWSGG) soll für die Ermittlung des Ablösungsbetrages im Fall einer Ablösung in Geld eine „korrespondierende Wertermittlungsmethode“ zur Anwendung kommen. Dies bedeutet also, dass die Wertermittlung primär weiterhin nach dem kapitalisierten Jahreswert der Nutzungen abzüglich des zur Ausübung erforderlichen Aufwandes im Sinne des § 35 Abs. 2 erster Satz StELG 1983 erfolgen soll. Sofern jedoch der Verkehrswert der gebührenden Rechte davon aufgrund anderer Kriterien abweichen sollte, kommt eine entsprechende Berücksichtigung insbesondere durch ergänzende Heranziehung eines Vergleichswertverfahrens in Betracht. Ob und in welchem Ausmaß eine solche Berücksichtigung erfolgen kann und muss, hängt jedoch stets von den Umständen des Einzelfalls ab, was der Gesetzeswortlaut durch die Verwendung von „gegebenenfalls“ und „angemessen“ verdeutlicht.
66Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin ist aber weiterhin nur der Wert der gebührenden Nutzung maßgeblich. Es ist also für die Ermittlung des Ablösungsbetrages nicht auf wertbestimmende Kriterien abzustellen, die lediglich die Ertragsfähigkeit der belasteten Liegenschaft betreffen.
5.4. Auswahl der Bewertungsmethode
67Das Verwaltungsgericht hat im konkreten Fall die Wertermittlung nach § 35 Abs. 2 StELG 1983 im Wege der Berechnung des arithmetischen Mittels aus folgenden drei Werten durch die belangte Behörde bestätigt:
-kapitalisierter Weidezins, also jener Betrag, der aufzuwenden wäre, um eine Fremdbeweidung durchführen zu können;
-kapitalisierte Berechnung anhand des Futterbedarfs der Tiere, dessen Deckung der Zweck der Beweidung sei, mittels eines Heupreises unter Abzug des mit der Beweidung verbundenen Aufwandes;
-durchschnittlicher erzielter Preis bei Weiderechtsablösungen und Übertragungen in der Region in den vergangenen Jahren.
68Die ersten beiden Werte können als kapitalisierter Jahreswert der Nutzungen unter Zugrundelegung der im Verkehr zwischen Ortsansässigen üblichen Preise und Ansätze abzüglich des zur Ausübung erforderlichen Aufwandes im Sinne des § 35 Abs. 2 erster Satz StELG 1983 angesehen werden. Der dritte Wert wurde anhand der Vergleichswertmethode berechnet und ermöglicht damit die Berücksichtigung abweichender wertbestimmender Kriterien im Sinne des § 35 Abs. 2 zweiter Satz StELG 1983.
69Unter Heranziehung der oben dargestellten Grundsätze der Bewertung, wonach der Ausgangspunkt weiterhin in der Ermittlung des kapitalisierten Nutzungswertes liegt, und dieser allenfalls durch Berücksichtigung von Vergleichswerten anzupassen ist, ist in diesem Vorgehen keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifende Überschreitung des dem Verwaltungsgericht bzw. der Agrarbehörde im Einzelfall eingeräumten Entscheidungsspielraumes zu erblicken.
70Keinen Bedenken begegnet insbesondere die Nichtheranziehung der Berechnung nach der Durchführungsverordnung der Kärntner Landesregierung, Kärntner LGBl. Nr. 22/2010, weil dieser bei der Ermittlung der Futtermenge durch die Heranziehung eines konkret festgelegten Energiebedarfs ein anderes Konzept zugrunde liegt, als es § 29 Abs. 3 StELG 1983 vorgibt (wonach ein täglicher Weidefutterbedarf von 15 kg Mittelheu für ein Normalrind zu Grunde zu legen ist). Ebensowenig ist die Nichtberücksichtigung der Ablösesätze der Österreichischen Bundesforste zu beanstanden, weil es sich bei diesen nach den Ausführungen des Amtssachverständigen lediglich um jene Werte handelt, die von den Österreichischen Bundesforsten angeboten werden, und nicht festgestellt wurde, dass diese bei tatsächlichen vergleichbaren Transaktionen auch zur Anwendung gekommen wären.
5.5. Bewertungsstichtag
71Nach Ansicht der Revisionswerberin sei es unklar, von welchem Bewertungsstichtag für die Ermittlung des Ablösungsbetrages auszugehen sei.
72Es entspricht gefestigter Rechtsprechung, dass das Verwaltungsgericht, entscheidet es in der Sache selbst, seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten hat (vgl. etwa , mwN). Das StELG 1983 enthält diesbezüglich auch keine abweichende Regelung. Maßgeblich ist somit der Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidung.
73Die Revisionswerberin bringt in diesem Zusammenhang vor, dass angesichts des aus dem Amtssachverständigengutachten vom hervorgehenden Bewertungsstichtages und des „seither vergangenen langen Zeitraums bis zur Entscheidung“ zumindest geklärt hätte werden müssen, ob es seither nicht nachteilige Veränderungen zu Lasten der Revisionswerberin in den Wertverhältnissen gegeben habe.
74Die Revision macht damit, indem sie das Unterbleiben weiterer - amtswegiger - Ermittlungen rügt, einen Verfahrensmangel geltend. Mit dem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen, dass eine Überprüfung auf möglicherweise nachteilige Veränderungen geboten gewesen wäre, legt sie jedoch - mangels konkreter Darstellung der möglichen Ergebnisse der vermissten Ermittlungen - nicht dar, dass das Verwaltungsgericht bei Einhaltung der behauptetermaßen verletzten Verfahrensvorschriften zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können, weshalb damit nicht ein zur Aufhebung des Erkenntnisses führender Verfahrensmangel aufgezeigt wird.
5.6. Kapitalisierungszinsfuß
75§ 35 Abs. 2 erster Satz StELG 1983 sieht die Kapitalisierung der ermittelten Jahreswerte mittels eines Zinsfußes, „welcher den jeweils herrschenden allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen entspricht“, vor.
76Den Berechnungen des Amtssachverständigen, auf denen die Festlegung des Ablösungsbetrags im vor dem Verwaltungsgericht bekämpften Bescheid der belangten Behörde vom beruht, liegt ein Kapitalisierungszinsfuß von 3,3 % zu Grunde.
77Die Revisionswerberin hat dagegen in ihrer Beschwerde vorgebracht, dass die Behörde lediglich den im Erkenntnis des Oberste Agrarsenates vom , OAS.1.1.1/0058-OAS/06, angeführten Zinsfuß „bestätigt“ habe, ohne eigene nachvollziehbare Ausführungen dazu zu machen. Es hätte im gegenständlichen Verfahren auf sachverständiger Basis ein Zinsfuß ermittelt werden müssen, der sich an die damals (vom Obersten Agrarsenat) erörterte Obergrenze von 4 % annähere. Dazu führte die Revisionswerberin eine Reihe von Argumenten an, die einem im damaligen Verfahren vor dem Obersten Agrarsenat vorgelegten Privatgutachten entnommen seien, wie das Ergebnis einer Herleitung nach dem Zinssatz der Sekundärmarktrendite, die (damals) zu 3,8 % geführt habe, schweizerische Richtlinien und eine deutsche Praxis, den Berechnungsansatz für den Einheitswert nach dem Bewertungsgesetz, die angebliche Haltlosigkeit eines Abschlages für die durchschnittliche Inflationsrate udgl.
78Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die belangte Behörde (in der Begründung ihres im ersten Rechtsgang ergangenen Bescheides vom ) den Zinsfuß in Anlehnung an die erwähnte Entscheidung des Obersten Agrarsenates festgelegt habe. Dieser habe die Annahme dieses Zinsfußes mit dem vom Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen im Jahr 2005 empfohlenen Kapitalisierungszinsfuß zwischen 2 % und 4 % unter Beachtung des „derzeit“ herrschenden niedrigen Zinsniveaus festgelegt. Eine Rechtswidrigkeit dieser auch hier getroffenen Annahme könne durch die allgemein gehaltene Behauptung, es sei ein höherer Kapitalisierungszinsfuß in Annäherung an 4 % vorzugeben, nicht aufgezeigt werden. Der Revisionswerberin sei es nicht gelungen, Änderungen in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen seit der Erlassung des Erkenntnisses des Obersten Agrarsenates vom aufzuzeigen. Es habe sich vielmehr die Zinsspirale weiter nach unten gedreht, sodass ein Zinsfuß von 3,3 % nur durch einen entsprechend langen Beobachtungszeitraum gerechtfertigt werden könne.
79In der Revision wiederholt die Revisionswerberin ihr (inhaltliches) Beschwerdevorbringen und rügt erneut, dass die Frage des Kapitalisierungszinsfußes nicht unter Hinweis auf das Erkenntnis des Obersten Agrarsenates erledigt werden könne, sondern unter Beiziehung eines Sachverständigen - zur Ermittlung eines Zinsfußes von „annähernd“ 4 % - zur zu klären sei.
80Aus dem Wortlaut des § 35 Abs. 2 erster Satz StELG (wie auch dessen Grundlage, § 22 Abs. 2 WWSGG) ergeben sich für die Ermittlung des Kapitalisierungszinsfußes - abgesehen von der Vorgabe, dass dieser den jeweils herrschenden allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu entsprechen hat - keine weiteren Anhaltspunkte.
81Die Gesetzesmaterialien (zur Neufassung des § 22 Abs. 2 erster Satz WWSGG mit dem Agrarrechtsänderungsgesetz 2000, BGBl. I Nr. 39/2000: ErläutRV 107 BlgNR 21. GP 67, und gleichlautend zur Ausführung im StELG 1983 mit dem Gesetz vom , LGBl. 78/2001: XIV. GPStLT RV EZ 233/1; 31) führen jedoch aus, dass die in § 5 Liegenschaftsbewertungsgesetz normierten Grundsätze auch für die Entschädigungsermittlung nach § 22 Abs. 2 (nunmehr: erster Satz) WWSGG anzuwenden seien.
82§ 5 Liegenschaftsbewertungsgesetz regelt das Ertragswertverfahren. Abs. 1 sieht grundsätzlich eine Kapitalisierung „zum angemessenen Zinssatz“ vor. Sein Abs. 4 lautet: „Der Zinssatz zur Ermittlung des Ertragswertes richtet sich nach der bei Sachen dieser Art üblicherweise erzielbaren Kapitalverzinsung.“
83Die Literatur zum Liegenschaftsbewertungsgesetz (etwa Stabentheiner, Liegenschaftsbewertungsgesetz² [2005] § 5 Anm. 16) weist diesbezüglich auf die Methoden hin, die nach Punkt 5.3.4.2 der ÖNorm B 1802 in Betracht kommen. Nach Punkt 5.3.4.3 könne zur Begründung der Wahl des Kapitalisierungszinssatzes auch auf anerkannte Veröffentlichungen von Richtwerten Bezug genommen werden, zu welchen insbesondere jene des Hauptverbandes der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Österreichs gehöre.
84Die ordnungsgemäße Begründung einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung erfordert eine argumentative Auseinandersetzung mit (relevantem) Beschwerdevorbringen, auch - und gerade -, wenn das Verwaltungsgericht eine in der Beschwerde in Frage gestellte Beurteilung der belangten Behörde teilt (vgl. etwa bis 0036, III.B.5.5., Rn 198).
85Wie die obigen Ausführungen zeigen, erfordert die Ermittlung eines geeigneten Kapitalisierungszinsfußes entsprechenden Sachverstand. Es ist nicht ausreichend, dem inhaltlich substantiierten - und auf eine Beurteilung durch einen Sachverständigen abzielenden - Beschwerdevorbringen lediglich entgegen zu halten, es sei keine Änderung des Sachverhaltes (der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen) seit der - im vorliegenden Verfahren nicht bindenden - Entscheidung des Obersten Agrarsenates vom aufgezeigt worden. Selbst wenn die von der Revisionswerberin angeführten Argumente in der seinerzeitigen Entscheidung des Obersten Agrarsenates abgehandelt worden sein sollten, dispensiert dies nicht von einer entsprechenden Auseinandersetzung im gegenständlichen Verfahren mit den hier betroffenen Verfahrensparteien. Der Hinweis auf die vom Hauptverband der allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen im Jahr 2005 empfohlenen Werte vermag allein die Annahme eines konkreten Wertes schon deshalb nicht zu tragen, als dieser eine Bandbreite vorgegeben hat. Auch beruhen die Annahmen zum allgemeinen („damaligen“ und derzeitigen) Zinsniveau auf keinen begründeten Sachverhaltsfeststellungen.
86Es liegt damit ein Begründungsmangel vor, dessen mögliche Relevanz für das Verfahrensergebnis (durch maßgeblichen Einfluss des Kapitalisierungszinsfußes auf die Ermittlung des Ablösungsbetrages) aufgezeigt wurde und der daher zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung führt. Im fortgesetzten Verfahren wird sich das Verwaltungsgericht mit dem inhaltlichen Beschwerdevorbringen der Revisionswerberin zum Kapitalisierungszinsfuß - gegebenenfalls unter Beiziehung von geeigneten Sachverständigen - zu befassen haben.
6. Bau- und Elementarholz
87Der vor dem Verwaltungsgericht bekämpfte Bescheid der belangten Behörde umfasst als abzulösende Rechte auch den näher umschriebenen Brunnen- und Zaunholzbezug. Zum davon zu unterscheidenden Bauholzbezug führt er wörtlich aus (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
„Eine weitere mit Regulierungsvergleich Nr. 1178/1860 geregelte Berechtigung ist das Recht der Bauholzentnahme für die Instandhaltung der Almgebäude auf der oberhalb angrenzend an das belastete Gebiet gelegenen F.-Alm. Diese Bauholzbezugsrechte werden von den dort berechtigten weiterhin benötigt, stehen außerdem mit den verfahrensgegenständlichen Weiderechten und dazugehörigen Nebenrechten in keinem sachlichen Zusammenhang, und bleiben daher unverändert aufrecht.“
88Die Revisionswerberin hat in der Beschwerde dazu ausgeführt, die Annahme, dass diese Rechte unabhängig von den eingeräumten Weiderechten eingeräumt worden seien, sei nicht nachvollziehbar begründet. Die Bauholzrechte seien in der Regulierungsurkunde in einem Satz mit den Weiderechten und übrigen Nebenrechten genannt worden. Eine Alpenhütte samt Viehstallung könne nur im Zusammenhang mit einem Nebenrecht zu einem Weiderecht verstanden werden. Diese Rechte seien daher akzessorisch und mitabzulösen.
89Dem hat das Verwaltungsgericht entgegnet, dass das Servitut der Holzung für Alpenhütten und erforderliche Viehstallungen die Gebäude auf dem Gebiet der Agrargemeinschaft F. und nicht die Revisionswerberin betreffe. Es hat also seiner Entscheidung erkennbar die Sachverhaltsannahmen der belangten Behörde zu Grunde gelegt, wonach es sich um das Recht auf Bauholz für ein Gebäude handle, das außerhalb des mit Weiderechten belasteten Gebietes der Revisionswerberin liege, damit auch nicht sachlich diesem Weiderecht zugehörig, sondern davon unabhängig sei und daher auch von den Berechtigen - trotz der Entbehrlichkeit der Weiderechte - weiterhin benötigt werde.
90In der Revision wiederholt die Revisionswerberin lediglich ihr diesbezügliches Beschwerdevorbringen, ohne auf diese Sachverhaltsannahmen einzugehen oder sie zu bekämpfen. Da sie somit nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, legt sie damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses dar.
7. Neuregulierung statt Ablösung der Rechte der EZ 15
91Zur Frage, ob die Weide- und Nebenrechte (nur) der Eigentümer der Liegenschaft EZ 15 (das sind die 25.- und 26.- mitbeteiligten Parteien) weiter bestehen bleiben können und lediglich neu zu regulieren oder ob sie ebenfalls in Geld abzulösen seien, sind folgende Bestimmungen des StELG 1983 in den Blick zu nehmen:
„III. Abschnitt
Ablösung von Nutzungsrechten (Einforstungsrechten)
Voraussetzungen und Formen der Ablösung
§ 26 (1) Die Ablösung kann durch Abtretung von Grund oder von Anteilsrechten des Verpflichteten an agrargemeinschaftlichen Grundstücken oder durch Zahlung eines Ablösungskapitals erfolgen. Die Ablösung ist unzulässig, wenn hiedurch allgemeine Interessen der Landeskultur oder volkswirtschaftliche Interessen oder der ordentliche Wirtschaftsbetrieb des berechtigten oder der Hauptwirtschaftsbetrieb des verpflichteten Gutes gefährdet werden oder wenn sie übereinstimmend vom Berechtigten und Verpflichteten abgelehnt wird.
(2) Die Jagd ist als Hauptwirtschaftsbetrieb bei dem verpflichteten Gute nicht anzusehen.
(3) Ist die Ablösung nur rücksichtlich eines Teiles der Nutzungsrechte zulässig, so kann sie bei gleichzeitiger Neuregulierung (Regulierung) der verbleibenden Nutzungsrechte erfolgen.
(4) Leistungen, welche bisher vom Verpflichteten getragen wurden, sind bei der Ablösung entsprechend zu berücksichtigen.
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Ablösung in Geld; Zulässigkeit
§ 34 Die Ablösung der Nutzungsrechte in Geld ist nur dann zulässig, wenn und insoweit
1.das belastete Grundstück dauernd außerstande ist, die Bezüge zu decken und die Heranziehung eines bisher nicht belasteten Ersatzgrundstückes aus dem Grundbesitz des Verpflichteten unzulässig ist oder durch die Zuweisung eines solchen Grundstückes ein wesentliches Wirtschaftserschwernis für den Berechtigten eintreten würde. Soweit diese Unfähigkeit eines belasteten Grundstückes ausschließlich auf vom Verpflichteten nicht verschuldete Ursachen zurückzuführen ist, zum Beispiel auf Elementarereignisse, kann die Ablösung nicht begehrt werden;
2.die Rechte für das berechtigte Gut dauernd entbehrlich sind;
3.die Rechte durch Eintritt eines dauernden Ersatzes für das berechtigte Gut nicht mehr notwendig sind.“
92Diese Bestimmungen entsprechen im Wesentlichen den früheren §§ 13 und 21 WWSGG. Zum Verhältnis dieser Bestimmungen zueinander ist daher die Rechtsprechung zu den entsprechenden Bestimmungen des Tiroler Wald- und Weideservitutengesetzes (Tir WWSG) übertragbar. Demnach ist bei der Prüfung der Zulässigkeit einer Ablöse von Nutzungsrechten sowohl auf das Nichtvorliegen der Umstände des § 18 Abs. 2 (und 3) Tir WWSG (entspricht § 26 Abs. 1 StELG 1983) als auch auf die Voraussetzungen der die jeweilige Ablöseart regelnden Bestimmungen (zB. § 19 Tir WWSG [entspricht § 14 StELG 1983] - Abtretung von Grund oder Anteilsrechten, § 26 Tir WWSG [entspricht § 34 StELG 1983] - Ablösung in Geld) zu achten ().
93Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof zu § 34 StELG 1983 bereits ausgesprochen, dass es sich bei den darin genannten drei Voraussetzungen um alternative Tatbestände handelt (vgl. , Pkt. II.2.4. der Entscheidungsgründe).
94Der vor dem Verwaltungsgericht bekämpfte Bescheid der belangten Behörde enthält keine Begründung dafür, warum hinsichtlich der Rechte der EZ 15 keine Ablösung in Geld, sondern eine Neuregulierung vorgenommen wurde.
95Zum Beschwerdevorbringen der Revisionswerberin, wonach die Ablösung auch dieser Rechte in Geld entgegen der Ansicht der belangten Behörde zulässig sei, führt das Verwaltungsgericht wörtlich aus (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
„Hinsichtlich der Neuregulierung ‚G.‘ ist dem Vorbringen, wonach die Agrarbehörde verpflichtet wäre, auch die neu regulierten Nutzungsrechte in Geld abzulösen, entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde bloß verpflichtet ist, gemäß § 26 Abs 1 StELG von einer Ablösung abzusehen, wenn eine solche übereinstimmend abgelehnt wird.“
96Damit bringt das Verwaltungsgericht - soweit nachvollziehbar - zum Ausdruck, dass die Ablösung der fraglichen Rechte (insbesondere in Geld) unzulässig sei, weil sie übereinstimmend abgelehnt worden sei. Eine andere Begründung für das Absehen von der Ablösung dieser Rechte ist dem Erkenntnis nicht zu entnehmen.
97Feststellungen, aus denen sich die vom Verwaltungsgericht angenommene übereinstimmende Ablehnung (nämlich durch den Berechtigten und den Verpflichteten) ergeben würden, wurden jedoch nicht getroffen. Das Erkenntnis leidet daher an diesem Punkt an einem Begründungsmangel. Die Revisionswerberin hat auch eine Relevanz dieses Begründungsmangels für das rechtliche Ergebnis dargelegt, weil sie - in Übereinstimmung mit der Aktenlage - darlegt, dass sie im Verfahren mehrfach ausdrücklich die Ablösung auch der Rechte der EZ 15 in Geld beantragt, und damit gerade nicht „abgelehnt“ hat. Im Übrigen wäre die Annahme der Ablehnung einer Ablösung schon logisch nicht vereinbar mit einem Beschwerdevorbringen des Verpflichteten, in dem die Ablösung ausdrücklich als zulässig angesehen und gefordert wird.
98Auch der Umstand, dass das gegenständliche Einforstungsverfahren auf Grund eines Antrags der Berechtigten eröffnet wurde und - wie sich aus dem Akteninhalt erschließt - die 25.- und 26.- mitbeteiligten Parteien als Berechtigte hinsichtlich der EZ 15 nunmehr eine Neuregulierung an Stelle einer Ablösung in Geld anstreben, beschränkt nicht schon das mögliche Ergebnis des Verfahrens:
99Nach § 13 Abs. 1 StELG 1983 sind sowohl der Eigentümer der verpflichteten Liegenschaft als auch jener der berechtigten Liegenschaft antragsberechtigt, wobei sich diese Berechtigung nur auf die Einbringung eines Antrages auf Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung erstreckt. Ob eine Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung durchzuführen ist und ob die Ablösung durch Abtretung von Grund oder in Geld erfolgt, entzieht sich dem Einfluss des Antragstellers, was sich aus § 49 Abs. 1 StELG 1983 ergibt.
Nach § 49 Abs. 1 StELG 1983 ist das Verfahren zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung durch Bescheid der Agrarbehörde allgemein als Einforstungsverfahren einzuleiten und ebenso abzuschließen. Ob eine Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung durchzuführen ist, wird von der Agrarbehörde (nicht im Einleitungsbescheid, sondern) auf Grund der Ergebnisse ihrer Erhebungen und Verhandlungen bestimmt. Die Anordnung, dass das Verfahren zur Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung allgemein als Einforstungsverfahren einzuleiten ist und dass die Entscheidung darüber, ob eine Neuregulierung, Regulierung oder Ablösung durchzuführen ist, nicht im Einleitungsbescheid, sondern auf Grund der Ergebnisse und Verhandlungen der Agrarbehörde bestimmt wird, verbietet die Annahme, der Antragsteller könne durch einen bestimmten Antragsinhalt das Einforstungsverfahren und dessen Ergebnis bestimmen und auf einzelne Teilaspekte beschränken (vgl. so bereits zur insoweit vergleichbaren Salzburger Rechtslage ; und entsprechend zur Tiroler Rechtslage ).
100Sofern das Verwaltungsgericht im fortgesetzten Verfahren zum Ergebnis kommt, dass keine der in § 26 Abs. 1 StELG 1983 genannten Ausschlussgründe für eine Ablösung vorliegen, wird es auf Basis geeigneter Feststellungen zu beurteilen haben, ob eine der alternativen Voraussetzungen für die Ablösung in Geld nach § 34 StELG 1983 vorliegen. Das Verwaltungsgericht hat hinsichtlich der übrigen abzulösenden Weiderechte - wenn auch ohne sachverhaltsmäßige Grundlage - ausdrücklich das Vorliegen der Voraussetzung der Z 1 (mangelnde Bedeckbarkeit) angenommen, und dies für die Rechte (nur) der EZ 15 möglicherweise nicht als gegeben angesehen. Es wird sich aber in diesem Zusammenhang auch mit den Ausführungen des Amtssachverständigen im Befund und Gutachten vom auseinanderzusetzen haben, auf welche die Revisionswerberin verweist, wonach die Rechte (auch) für die Eigentümer der EZ 15 im Sinne des § 34 Z 2 StELG 1983 dauernd entbehrlich seien und deren vorrangiges Ziel ein (nicht im Einforstungsverfahren erreichbarer) Eintausch der Weiderechte gegen ein Fahrtrecht für gewerbliche Zwecke sei.
101Der aufgezeigte relevante Begründungsmangel betrifft zwar unmittelbar nur die Neuregulierung der Rechte der EZ 15. Im Hinblick auf den Berufungsbescheid des Landesagrarsenates vom nach § 66 Abs. 2 AVG, an dessen tragende Gründe und die für die Behebung maßgebliche Rechtsansicht im fortgesetzten Verfahren auch der Verwaltungsgerichtshof gebunden ist (vgl. bis 0335, mwN), hat die Entscheidung über eine (Teil-)Ablöse und gegebenenfalls teilweise Neuregulierung auf Grund der Bestimmung des § 26 Abs. 2 StELG 1983 „gleichzeitig“, also in einem einheitlichen Bescheid bzw. Erkenntnis zu erfolgen (vgl. in diesem Sinne bereits , zur vergleichbaren Salzburger Rechtslage). Die vom Verwaltungsgericht zu entscheidende Sache ist daher unteilbar, sodass die aufgezeigte Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften das gesamte Erkenntnis umfasst.
102Im Hinblick darauf, dass bereits die Vornahme der Neuregulierung der Rechte der EZ 15 an sich mit einem relevanten Begründungsmangel behaftet ist, erübrigt sich ein Eingehen auf das weitere Revisionsvorbringen zu den konkreten Inhalten der Neuregulierung.
8. Nichteinbeziehung der Grundstücke Nrn. 902 und 903 sowie Nichtbeiziehung ihres Eigentümers als Partei
103Die belangte Behörde hat den Eigentümer der Grundstücke Nrn. 902 und 903 - das ist jener Teil des Weidegebietes und ehemaligen Communalbesitzes, der von der Agrargemeinschaft im Jahr 1967 „lastenfrei“ an einen Dritten veräußert worden war - dem Verfahren nicht als Partei beigezogen und ihm insbesondere den Bescheid im ersten Rechtsgang vom nicht zugestellt, ohne dies weiter zu begründen.
104Der Landesagrarsenat hat im Berufungsbescheid vom ausgeführt, dass dem Einforstungsverfahren die Eigentümer sämtlicher verpflichteter Liegenschaften, somit neben der Revisionswerberin und der Agrargemeinschaft auch der Eigentümer der Grundstücke Nrn. 902 und 903 beizuziehen sei, wobei auch dies nicht weiter begründet wurde.
105Der vor dem Verwaltungsgericht bekämpfte Bescheid stellt als bisher belastetes Gebiet ausschließlich die im Eigentum der Revisionswerberin stehenden Liegenschaften dar, nicht jedoch jene Teile des Weidegebiets, die im Eigentum der Agrargemeinschaft stehen und auch nicht die vormals in ihrem Eigentum stehenden Grundstücke Nrn. 902 und 903. Der Bescheid wurde gemäß § 7 Abs. 2 AgrVG 1950 durch öffentliche Auflage erlassen, wobei dem Eigentümer der Grundstücke Nrn. 902 und 903 Dauer und Ort der Einsicht nicht im Sinne dieser Bestimmung schriftlich bekannt gegeben wurde.
106Die Revisionswerberin rügte in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht die Nichtbeiziehung dieses Eigentümers und begründete dies ausschließlich damit, dass der Landesagrarsenat im Berufungsbescheid ausgeführt habe, dass dieser beizuziehen sei.
107Das Verwaltungsgericht führte zu diesem Beschwerdevorbringen aus, dass die Grundstücke Nrn. 902 und 903 mangels Anführung im angefochtenen Bescheid nicht von diesem umfasst seien und die Revisionswerberin nicht aufzeige, warum die Darstellung der bisher belasteten Fläche rechtswidrig sei.
108Diese Begründung des Verwaltungsgerichtes greift zu kurz. Es trifft zwar zu, dass keine Bindung an die betreffende - überdies nicht näher begründete - Ansicht des Landesagrarsenats bestand (vgl. ). Das Verwaltungsgericht ist jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Prüfung der ihm vorliegenden Sache aufgrund der Beschwerde in seiner rechtlichen Beurteilung nicht an das Beschwerdevorbringen gebunden. Es darf und muss vielmehr seiner Entscheidung sämtliche aktenkundigen bzw. im Beschwerdeverfahren hervorgekommenen Sachverhaltselemente zugrunde legen (vgl. , mwN).
109Dazu bringt die Revision vor, dass bereits der von der belangten Behörde eingeholte Erhebungsbericht des agrartechnischen Amtssachverständigen vom ausführte, dass der Kauf- und Tauschvertrag vom , mit dem die Agrargemeinschaft F. die Grundstücke Nrn. 902 und 903 - welche mit Bescheid vom in das Weidegebiet einbezogen worden waren - verkauft habe, von der Agrarbehörde nur nach den Bestimmungen des Flurverfassungslandesgesetzes 1963 (als Veräußerung eines agrargemeinschaftlichen Grundstückes) agrarbehördlich genehmigt worden sei, nicht jedoch nach § 5 Abs. 1 Wald- und Weideservitutenlandesgesetz 1956 (nunmehr StELG 1983) wegen einer damit allenfalls verbundenen Entlastung von Einforstungsrechten. Allerdings hätten die Vertragsparteien ausdrücklich die Haftung für einen lastenfreien Eigentumsübergang und die Verpflichtung zur Lastenfreistellung auf eigene Kosten übernommen. Es sei daher - so der Amtssachverständige - von der Rechtsabteilung zu klären, ob die fraglichen Grundstücke noch mit Einforstungsrechten belastet seien oder nicht.
110Allerdings hat ein weiterer Amtssachverständiger in seinem ergänzenden Gutachten zur Bewertung vom - offenbar in Reaktion auf die Ausführungen des Landesagrarsenats im Berufungsbescheid - ausgeführt, dass dem Gutachten nur die im Eigentum der Revisionswerberin liegenden Liegenschaften als belastetes Gut zu Grunde gelegt würde. Der Begriff des Weidegebietes, wie er im Bescheid vom verwendet werde, sei nicht mit jenem des belasteten Gebietes im Sinne des StELG 1983 vergleichbar. Die Eigentümer bzw. Mitglieder der Agrargemeinschaft benötigten für die Ausübung von Weiderechten auf Eigenflächen kein Einforstungsrecht, sondern allenfalls bloß ein Benützungsrecht im Sinne des Agrargemeinschaftenrechts. Damit sei die Agrargemeinschaft auch berechtigt gewesen, Flächen des ursprünglich gemeinsamen Weidegebiets lastenfrei zu veräußern, wofür auch die erforderliche Genehmigung nach dem FLG 1963 erteilt worden sei. Der Umstand, dass das gemeinsame Weidegebiet neben belasteten Flächen auch Eigenflächen umfasse, führe nur dazu, dass die Revisionswerberin lediglich mit einem entsprechenden Anteil (nämlich laut Bescheid vom zu 68%) an den insgesamt regulierten Weiderechten belastet sei und die Berechtigten zu 32% selbst für die Weidebedeckung vorzusorgen hätten.
111Weder der Bescheid der belangten Behörde vom noch das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes enthalten Sachverhaltsfeststellungen oder rechtliche Erwägungen zum Umfang des mit den abzulösenden Einforstungsrechten belasteten Gebietes bzw. des dem Regulierungsverfahren zu Grunde liegenden Gebietes. Solche Feststellungen wären aber vor dem Hintergrund des Einleitungsbescheides der Agrarbezirksbehörde vom und ihres (nicht im Akt erliegenden) Bescheides vom zu treffen gewesen, um die Frage der Parteistellung des Eigentümers der Grundstücke Nrn. 902 und 903 beantworten zu können.
112Damit liegt auch insofern ein Begründungsmangel vor, dessen Relevanz für den Verfahrensausgang nicht ausgeschlossen werden kann.
9. Ergebnis
113Das Verfahren des Verwaltungsgerichts ist aus den dargestellten Gründen (in der Begründung des Kapitalisierungszinsfußes, der Neuregulierung der Rechte der EZ 15 sowie der Nichteinbeziehung der Grundstücke Nrn. 902 und 903) mangelhaft geblieben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Verwaltungsgericht bei Vermeidung der Verfahrensmängel zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, sodass ihnen auch nicht von vornherein die Relevanz abgesprochen werden kann.
114Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
115Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019070065.L00 |
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