VwGH vom 28.02.2019, Ra 2019/07/0014

VwGH vom 28.02.2019, Ra 2019/07/0014

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revisionen 1. des J H und 2. des P W, beide in H, beide vertreten durch die Rechtsanwaltskanzlei Dr. Wendling GmbH in 6370 Kitzbühel, Obere Gänsbachgasse 7/Kirchplatz 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , Zl. LVwG-2018/37/1767-8, betreffend eine Minderheitenbeschwerde in einer Angelegenheit einer Bringungsgemeinschaft (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG:

Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde; mitbeteiligte Parteien:

1) A S 2) A G, und 3) J S, alle in H), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde (AB) vom wurde gemäß § 14 Abs. 1 des Tiroler Güter- und Seilwege-Landesgesetzes 1970, LGBl. Nr. 40 (GSLG), die Bringungsgemeinschaft A (in weiterer Folge: Bringungsgemeinschaft) gebildet (Spruchpunkt I.) und ihr Satzungen verliehen. Zugunsten jener Grundstücke, deren jeweilige Eigentümer die Bringungsgemeinschaft bildeten, wurde ein land- und forstwirtschaftliches Bringungsrecht mit der Berechtigung zur Ausgestaltung, Erhaltung und Benützung eines nicht-öffentlichen Bringungsweges nach Maßgabe eines näher bezeichneten Projektes auf näher bezeichneten Grundstücken eingeräumt (Spruchpunkt II.) und ein am abgeschlossenes Parteienübereinkommen über die diesbezügliche Kostentragung agrarbehördlich genehmigt (Spruchpunkt III.).

2 In der Begründung dieses Bescheides findet sich der Hinweis auf eine in der Verhandlungsschrift vom abgegebene Erklärung der Grundeigentümer mit folgendem Wortlaut:

"Bereits in der mündlichen Verhandlung haben alle Grundeigentümer die rechtsverbindliche Erklärung abgegeben, dass sie die generelle Zustimmung zur Wegmitbenützung durch Nichtmitglieder geben. Die Modalitäten einer solchen Wegmitbenützung und die generelle Zustimmung durch Nichtmitglieder bleibt einem Beschluss der Vollversammlung ausschließlich überlassen. Die Wegmitbenützung ist daher privatrechtlich zu regeln."

3 Mit Bescheiden der AB vom und vom wurden Berichtigungen bei der Bezeichnung der belasteten Grundstücke vorgenommen und zudem Bringungsrechte zugunsten weiterer Grundstücke eingeräumt; mit Bescheid der AB vom wurde das Anteilsverhältnis am Hauptweg und an einem näher genannten Stichweg neu bestimmt.

4 Auch der Verwaltungsgerichtshof beschäftigte sich bereits mit der verfahrensgegenständlichen Bringungsanlage, und zwar im Zusammenhang mit der Frage der nachträglichen Einbeziehung des Grundstücks 3393/2 bzw. des darauf situierten E-B-Hauses (D-Haus). Aus Anlass dieses Verfahrens sprach der Verwaltungsgerichtshof in einem obiter dictum seines Erkenntnisses vom , 2006/07/0014, im Zusammenhang mit der verfahrensgegenständlichen Bringungsanlage aus:

"5. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass die Mitgliedschaft an einer Bringungsgemeinschaft und die damit verbundene Berechtigung der Benützung der Bringungsanlage inhaltlich darauf beschränkt ist, die Bringungsanlage zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken zu benutzen. Sollte die mitbeteiligte Partei als Eigentümerin des Grundstücks 3392/3 (richtig: 3393/2) in die Bringungsgemeinschaft einbezogen werden, so vermittelte ihr diese Einbeziehung lediglich das Recht der Bringung der für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen und der gewonnenen Erzeugnisse; die Nutzung der Bringungsanlage zB. zu touristischen Zwecken entspräche hingegen nicht dem Gesetz."

5 Am fand eine Vollversammlung der Bringungsgemeinschaft statt, in deren Rahmen zu den folgenden Tagesordnungspunkten (TOP) Mehrheitsbeschlüsse gefasst wurden:

TOP 5: Genehmigung der Lieferungen des Erstrevisionswerbers zum D-Haus

TOP 6: Genehmigung von Fahrten von Gästen des Zweitrevisionswerbers zum Berghaus "U"

TOP 8: Genehmigung der Rechnung des Erstrevisionswerbers vom für durchgeführte Wegeerhaltungsmaßnahmen

Ergänzender TOP: Festsetzung der Kosten je Stunde für den Einsatz eines 12 t-Baggers

6 Gegen diese Beschlüsse erhoben die überstimmten Mitbeteiligten Minderheitenbeschwerde.

7 Mit (dem hier allein relevanten) Spruchpunkt II. des Bescheides vom hob die AB diese Beschlüsse der Vollversammlung auf.

8 Dagegen erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol (LVwG).

9 Das LVwG holte Äußerungen der Verfahrensparteien ein, führte am eine öffentliche mündliche Verhandlung durch und wies mit dem nun angefochtenen Erkenntnis vom die Beschwerde der revisionswerbenden Parteien als unbegründet ab. Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.

10 Dabei traf das LVwG zum Sachverhalt, der den Beschlussfassungen der einzelnen TOPs zugrunde lag, Feststellungen. Zum Beschluss TOP 5 heißt es, dass das Grundstück 3393/2 unverändert nicht in die Bringungsgemeinschaft einbezogen, zwischenzeitig vom Erstrevisionswerber erworben und verpachtet worden sei. Die zum Grundstück gehörenden landwirtschaftlichen Flächen bewirtschafte der Erstrevisionswerber selbst. Der Pächter stelle das D-Haus Gästen zur Verfügung, die diese Hütte zu Fuß erreichten. Ein Transport mit Fahrzeugen dorthin finde nicht statt. Der Erstrevisionswerber führe zur Versorgung Transporte mit Fahrzeugen durch, etwa um Baumaterialien oder Holz anzuliefern.

11 Zu TOP 6 stellte das LVwG ua die Lage der dem Zweitrevisionswerber eigentümlichen "U-Berghütte" und der "Alten U-Berghütte" fest. In den beiden Hütten könnten insgesamt fünf Personen übernachten. Im Zeitraum vom bis habe der Zweitrevisionswerber die beiden Hütten vermietet und dafür einen Mietzins bezogen. Auch derzeit stelle er beide Hütten fremden Personen zur Verfügung. Ob er dafür ein Entgelt beziehe, lasse sich nicht feststellen. Die Benützer der beiden Hütten erreichten ihre Unterkunft mit ihren eigenen Fahrzeugen über den Hauptweg und einen Stichweg.

12 Zu TOP 8 und dem "ergänzenden TOP" wurden Feststellungen dahingehend getroffen, dass nach einer erfolgreichen Sanierung im Jahr 2016 der agrarfachliche Amtssachverständige über Ersuchen des Obmannes am neuerlich die Bringungsanlage begutachtet und Instandhaltungsmaßnahmen vorgeschrieben habe. In weiterer Folge habe der Obmann am eine näher genannte Firma mit der Durchführung der Instandhaltungsarbeiten beauftragt. Zum vorgesehenen Termin habe diese Firma die Arbeiten aufgrund der schlechten Witterungsverhältnisse nicht durchgeführt. Im Zeitraum vom 5. bis habe der Erstrevisionswerber mit einem in seinem Eigentum stehenden 12 t-Bagger trotz Schneefalls Erhaltungsarbeiten durchgeführt und dabei Wasserläufe gereinigt und Entwässerungsgräben ausgeräumt. Der Erstrevisionswerber habe den Obmann über die Durchführung dieser Arbeiten nicht informiert und auch nicht das Einverständnis des Obmannes eingeholt.

13 Über die Anfrage des Erstrevisionswerbers habe die E-GmbH mit Schriftsatz vom ein Angebot vorgelegt, laut dem für den Einsatz eines 12 t-Raupenbaggers mit Fahrer Euro 71,-- verrechnet würden. Der Obmann habe bei der Firma Sch ebenfalls ein Anbot eingeholt. Laut diesem Anbot betrage der Stundensatz für einen 23 t-Bagger Euro 72,-- (ohne MwSt), für einen 15 t-Bagger Euro 68,-- (ohne MwSt) und für einen 8 t-Bagger Euro 60,-- (ohne MwSt).

14 Nach Ausführungen zur Beweiswürdigung und Wiedergabe der Rechtsgrundlagen verwies das LVwG im Rahmen seiner rechtlichen Erwägungen zu den Beschlüssen betreffend die TOP 5 und TOP 6 auf § 1 GSLG und meinte, die Mitgliedschaft an einer Bringungsgemeinschaft und die damit verbundene Berechtigung der Benützung der Bringungsanlage sei inhaltlich darauf beschränkt, die Bringungsanlage zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken zu benutzen. Die Mitgliedschaft an der Bringungsgemeinschaft umfasse somit lediglich das Recht der Bringung der für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen und der gewonnenen Erzeugnisse, die Nutzung der Bringungsanlage etwa zu touristischen Zwecken entspreche hingegen nicht dem GSLG (so ausdrücklich ). Das Recht zur Benutzung der Bringungsanlage für andere als land- und forstwirtschaftliche Zwecke lasse sich mit der Mitgliedschaft zur Bringungsgemeinschaft nicht begründen und folglich auch nicht aus § 5 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 GSLG sowie § 3 der geltenden Satzung der Bringungsgemeinschaft ableiten. Für eine derartige Benützung sei jedenfalls die Zustimmung des Grundeigentümers erforderlich (vgl. Schwamberger/Lang, Agrarrecht III, 71).

15 Der Erstrevisionswerber versorge das D-Haus mit Holz und benütze für diese Fahrten die Bringungsanlage der Bringungsgemeinschaft. Über die Bringungsanlage erfolgten auch die Anlieferungen von Baumaterial etc.

16 Die Verpachtung des D-Hauses und dessen Nutzung durch einen Alpenverein zählten nicht zur Land- und Forstwirtschaft gemäß § 2 Abs. 3 GewO 1994 und sei auch nicht als Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft gemäß § 2 Abs. 4 GewO 1994 zu qualifizieren.

17 Der Zweitrevisionswerber stelle die in seinem Eigentum befindlichen Berghütten Dritten zu Zwecken der Erholung zur Verfügung. Laut seinen eigenen Angaben habe jedenfalls vom bis eine Vermietung der beiden genannten Berghütten stattgefunden. Die eben beschriebene Nutzung dieser beiden Berghütten sei entgegen dem Vorbringen des Rechtsvertreters des Zweitrevisionswerbers anlässlich der mündlichen Verhandlung nicht als Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft zu qualifizieren. Den Ziffern 1 bis 10 des § 2 Abs. 4 GewO 1994 sei klar zu entnehmen, dass für die Annahme eines Nebengewerbes der Land- und Forstwirtschaft bei den jeweiligen Tätigkeiten ein Bezug zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb vorhanden sein müsse. Da - bezogen auf beide Hütten - weniger als zehn Fremdenbetten zur Verfügung gestellt würden, sei für diese Form der Beherbergung gemäß § 111 Abs. 2 Z 4 GewO 1994 kein Befähigungsnachweis erforderlich. Dieser Umstand begründe aber nicht die Zuordnung der beschriebenen Nutzung der beiden Hütten zum Nebengewerbe der Land- und Forstwirtschaft gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 bis 10 GewO 1994.

18 Unabhängig von den konkreten Regelungen in der jeweiligen Satzung sei aber auch für die Festlegung des Aufgabenbereichs der einzelnen Organe die bereits dargelegte Beschränkung der Benützung der Bringungsanlage zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken zu berücksichtigen. Regelungen der Benützung der Bringungsanlage zu anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken zählten daher nicht zu den Angelegenheiten, die von den Organen der Bringungsgemeinschaft und damit auch nicht von der Vollversammlung zu entscheiden seien.

19 In diesem Zusammenhang hätten die beiden Revisionswerber auf die (oben in Rz 3 wörtlich wiedergegebenen) Ausführungen im Bescheid der Agrarbehörde vom verwiesen. Eine Festlegung ähnlichen Inhalts enthalte bereits die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am . Die wiedergegebenen Darlegungen im genannten Bescheid seien nicht geeignet, die bereits beschriebene, sich aus der Mitgliedschaft zu einer Bringungsgemeinschaft ergebende inhaltliche Beschränkung der Berechtigung zur Benützung der Bringungsanlage ausschließlich zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken aufzuheben. Aufgrund der wiedergegebenen Passage bleibe auch völlig offen, welchen Nicht-Mitgliedern zu welchen Zwecken die Mitbenützung gestattet werden solle.

20 Werde daher die Bringungsanlage zu anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt, sei eine derartige Benützung von den Betroffenen im Wege des Zivilrechts zu regeln, wobei die Bringungsgemeinschaft als solche in eine derartige Regelung einzubeziehen sei. Die vom Erstrevisionswerber durchgeführten Fahrten zur Versorgung des D-Hauses sowie die Fahrten jener Personen, denen der Zweitrevisionswerber seine Berghütten zur Verfügung stelle, dienten keinen land- und forstwirtschaftlichen Zwecken. Die Vollversammlung sei daher zur Fassung der Beschlüsse zu TOP 5 und 6 nicht zuständig.

21 Zu den Beschlüssen TOP 8 und ergänzender TOP hielt das LVwG fest, dass Zweck der Bringungsgemeinschaft ua die Erhaltung der Bringungsanlage (Hauptweg samt Nebenwege) sei. Die Vollversammlung habe im Rahmen des von ihr zu beschließenden Jahresvoranschlages den Erhaltungskostenaufwand für das laufende Jahr festzusetzen. Aufgabe des Obmannes sei es, die ordnungsgemäße Instandhaltung der Bringungsanlage zu überwachen.

22 Der Erstrevisionswerber habe in der Zeit vom 5. bis ohne Rücksprache mit dem Obmann und folglich nicht in dessen Auftrag Erhaltungsarbeiten durchgeführt. Sofern der Erstrevisionswerber vorbringe, der Obmann sei seiner Verpflichtung nicht nachgekommen, sei auf § 18 Abs. 2 GSLG zu verweisen, demzufolge im Falle der Vernachlässigung der Bringungsanlage die Agrarbehörde deren Instandsetzung oder Wartung innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen habe. Zudem habe der Obmann die im Jahr 2016 erforderliche Sanierung in Auftrag gegeben und auch ausführen lassen. Im Jahr 2017 habe der Obmann ebenfalls Sanierungsaufträge nachweislich in Auftrag gegeben. Die beauftragte Firma habe diese lediglich aufgrund ungünstiger Witterungsverhältnisse Anfang November 2017 nicht durchgeführt. Zu einem späteren Zeitpunkt sei die Durchführung unterblieben, da in der Zwischenzeit der Erstrevisionswerber selbst Arbeiten durchgeführt habe.

23 Mit dem zu TOP 8 getroffenen Beschluss habe die Vollversammlung dem Erstrevisionswerber Kosten zuerkannt, die für dessen Arbeiten an der Bringungsanlage angefallen seien. Diese Arbeiten habe der Obmann aber weder in Auftrag gegeben noch seien diese mit ihm abgesprochen gewesen. Eine Zusammenschau der § 2, 9 und 10 der geltenden Satzung mache deutlich, dass es der Vollversammlung verwehrt sei, die Bringungsgemeinschaft zum Kostenersatz für Instandhaltungsmaßnahmen zu verpflichten, die - von wem auch immer - ohne Einvernehmen mit dem Obmann und daher auch nicht in dessen Auftrag durchgeführt worden seien.

24 Unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände sei die Vollversammlung am nicht berechtigt gewesen, mit dem zu TOP 8 ergangenen Beschluss die Bringungsgemeinschaft zum Ersatz jener Kosten zu verpflichten, die der Erstrevisionswerber für die von ihm eigenmächtig durchgeführten Arbeiten an der Bringungsanlage geltend gemacht habe.

25 Der Beschluss über die Höhe der Entlohnung für den Einsatz eines 12 t-Baggers stehe in einem sachlichen Zusammenhang mit der Instandhaltung und Wartung der Bringungsanlage. Dieser Beschluss greife in die sich aus der Satzung ergebenden Zuständigkeiten der Bringungsgemeinschaft und des Obmannes ein, weil beide - Bringungsgemeinschaft und Obmann - bei der Umsetzung ihrer Verpflichtungen zur Instandhaltung der Bringungsanlage an die festgesetzte Preisvorgabe gebunden und folglich auch eingeschränkt seien. Der Beschluss könne auch dahingehend interpretiert werden, dass es zukünftig jedem Mitglied der Bringungsgemeinschaft erlaubt sei, zum festgesetzten Tarif mit einem derartigen Gerät Arbeiten zur Wegerhaltung durchzuführen. Die Vollversammlung sei nicht berechtigt, durch die näher umschriebene Preisfestsetzung in die Zuständigkeit der Bringungsgemeinschaft und des Obmannes einzugreifen und deren Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung ihrer Verpflichtungen zur Erhaltung der Bringungsanlage zu schmälern. Damit widerspreche dieser Beschluss der geltenden Satzung.

26 Als Ergebnis hielt das LVwG fest, dass die Vollversammlung zur Beschlussfassung betreffend die TOP 5 und 6 nicht zuständig gewesen sei. Die zu TOP 8 und zu einem weiteren TOP gefassten Beschlüsse widersprächen den § 2, 9 und 10 der Satzung, insbesondere den darin festgelegten Regelungen betreffend die Erhaltung der Bringungsanlage. Die belangte Behörde habe daher zu Recht die verfahrensgegenständlichen, dem GSLG sowie der geltenden Satzung widersprechenden Beschlüsse aufgehoben.

27 Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen, zumal der Verwaltungsgerichtshof die Einschränkung des mit der Mitgliedschaft an einer Bringungsgemeinschaft verbundenen Rechtes auf die Benützung der Bringungsanlage für land- und forstwirtschaftliche Zwecke bereits im Erkenntnis vom , 2006/07/0014, klargestellt habe. Die Erörterung der weiteren Rechtsfragen sei aufgrund der eindeutigen Bestimmungen des GSLG in Verbindung mit der für die Bringungsgemeinschaft geltenden Satzung erfolgt. Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung seien somit nicht zu klären gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

28 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision machen die Revisionswerber Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

29 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

30 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

31 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

32 Die außerordentliche Revision macht als Zulassungsbegründung geltend, die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses könne einer näheren Überprüfung nicht standhalten; aus dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 2006/07/0014 könnten die vom LVwG gezogenen Rückschlüsse nicht abgeleitet werden. Die Begründung des LVwG, wonach die Vollversammlung für die Beschlüsse nicht zuständig sei bzw. diese den Bestimmungen des GSLG und der Satzung widersprächen, wirke konstruiert.

33 Im Zusammenhang mit der Unzuständigkeit stütze sich das LVwG mitunter auf einzelne Bestimmungen der GewO; diese Bestimmungen könnten jedoch nicht als Interpretationshilfe herangezogen werden, wenn es um die Beurteilung der vorliegenden Beschlussfassung gehe. Die "Land- und Forstwirtschaft" könne nämlich nicht unter dem Gesichtspunkten der Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie geregelt werden, sondern unterliege der Regelungskompetenz der Länder. Die gegenständlichen Gästezufahrten seien nicht als landwirtschaftliches Nebengewerbe zu qualifizieren - es handle sich in Wahrheit um eine landwirtschaftliche Nebentätigkeit und nicht um einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb, welcher eventuell als Gewerbe betrachtet werden könne.

34 Eine Abgrenzung dieser Begriffe führe zu den abgaben- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften. Das Bundesministerium für Finanzen habe in einem Erlass aus dem Jahr 1977 eine Reihe von Beispielen für eine land- und forstwirtschaftliche Nebentätigkeit angeführt, worunter auch die Privatzimmervermietung bis zu zehn Fremdenbetten fiele.

35 Auch die Ansicht, die Vollversammlung wäre für einen Beschluss betreffend das Entlohnungsregime für von Mitgliedern erbrachte Arbeitsleistungen nicht zuständig, sei nicht nachvollziehbar. Der Beschluss der Festlegung eines Tarifs wäre gerade deshalb erforderlich gewesen, um einzelne Leistungen in der Vergangenheit korrekt abrechnen zu können und auch und gerade, um in Zukunft ein klares und unmissverständliches Entlohnungsregime für alle Mitglieder zu schaffen. Aus der Satzung ergebe sich vielmehr eine subsidiäre Zuständigkeit in allen Angelegenheiten der Bringungsgemeinschaft, die nicht Sache des Obmanns seien.

36 Die Frage der "Zuständigkeit" der Vollversammlung sei in Wahrheit mehrschichtig und eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung:

37 * Erstens stelle sich die Frage, inwiefern die Beschlussfassung zu TOP 5 und 6 eine Nutzung der Bringungsanlage als "gewerblich" bedeuten würde. Der Erstrevisionswerber führe nur Fahrten zur Instandhaltung des D-Hauses durch (= landwirtschaftliche Nebentätigkeit); der Zweitrevisionswerber vermiete lediglich insgesamt fünf Gästebetten (= landwirtschaftliche Nebentätigkeit). Inwiefern diese Nebentätigkeiten eine gewerbliche Nutzung der Bringungsanlage darstellten, könne nicht nachvollzogen werden.

38 * Zweitens sei zu hinterfragen, aus welchem Grund die Vollversammlung zur Genehmigung von Rechnungen und zur Festlegung von Entlohnungstarifen nicht zuständig sein solle, handle es sich dabei doch geradezu um Paradefälle der Zuständigkeit der Vollversammlung.

39 Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist allerdings nicht begründet.

40 Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des GSLG lauten

samt Überschriften auszugsweise wie folgt:

"Benützerkreis

§ 5. (1) Auf Seilwegen, deren Ausstattung den für die Personenbeförderung gemäß § 4 Abs. 2 erlassenen Vorschriften entspricht, dürfen nur folgende Personen befördert werden:

a) Eigentümer, Pächter oder Fruchtnießer der berechtigten

Grundstücke, sonstige Nutzungsberechtigte sowie Hausangehörige und Arbeitskräfte dieser Personen;

b) Personen, welche die in lit. a angeführten Personen zu sich kommen lassen, soweit es sich nicht um Gäste von Gast- und Schankgewerbebetrieben handelt;

c) Personen, deren Beförderung im öffentlichen Interesse,

insbesondere für Zwecke des Gesundheits- und Veterinärwesens, geboten erscheint.

(2) Die Beförderung von Personen hat unentgeltlich zu erfolgen.

(3) Das Recht zur Benützung von Güterwegen auf Grundflächen, die nicht eingelöst oder nicht enteignet wurden, steht ohne Zustimmung des Grundeigentümers nur den im Abs. 1 genannten Personen zu.

Bildung von Bringungsgemeinschaften

§ 14. (1) Wird ein Bringungsrecht, das die Berechtigung zur Errichtung einer Bringungsanlage (§ 1 Abs. 2 lit. a) oder zur Benützung einer fremden Bringungsanlage (§ 1 Abs. 2 lit. b) umfasst, zugunsten mehrerer Grundstücke von mindestens drei verschiedenen Eigentümern gemeinsam eingeräumt, so bilden die Eigentümer dieser Grundstücke eine Bringungsgemeinschaft.

(2) ...

(4) Die Bringungsgemeinschaft ist eine Körperschaft öffentlichen Rechts. Sie hat die Bringungsanlage zu errichten, auszugestalten, zu erhalten und zu verwalten sowie die hiefür erforderlichen Sach-, Arbeits- und Geldaufwendungen zu leisten und auf ihre Mitglieder umzulegen.

(5) ...

Die Organe der Bringungsgemeinschaft

§ 16. (1) Die Organe der Bringungsgemeinschaft sind

a) die Vollversammlung;

b) der Ausschuß;

c) der Obmann. (...)

(6) Von der Wahl des Ausschusses ist abzusehen, wenn die

Bringungsgemeinschaft weniger als 15 Mitglieder umfaßt; in diesem

Fall ist der Obmann (Obmannstellvertreter) von der Vollversammlung

zu wählen. (...)

Satzungen

§ 17. (1) Die Agrarbehörde hat die Einrichtung und Tätigkeit

der Bringungsgemeinschaft mit Bescheid durch eine Satzung zu

regeln. Diese hat insbesondere Bestimmungen zu enthalten über

a) Namen, Sitz und Zweck der Bringungsgemeinschaft;

b) Rechte und Pflichten der Mitglieder nach diesem Gesetz;

c) den Aufgabenbereich der Organe nach diesem Gesetz;

d) das Abstimmungsverhältnis bei Beschlußfassung in der

Vollversammlung und im Ausschuß, wobei bei jenen Beschlüssen, die die ordentliche Verwaltung übersteigen (wie die Aufnahme von Darlehen), die Genehmigung durch die Agrarbehörde vorzusehen ist.

(2) Die Genehmigung nach Abs. 1 lit. d darf nicht erteilt werden, wenn ein Beschluß gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt oder aus wirtschaftlichen Gründen unzweckmäßig ist.

(3) ...

Behördliche Aufsicht über Bringungsgemeinschaften und Bringungsanlagen

§ 18. (1) Unterlässt eine Bringungsgemeinschaft die Bestellung der Organe oder vernachlässigen die Organe ihre satzungsmäßigen Aufgaben, so kann die Agrarbehörde einen Sachwalter bestellen und diesen mit den Befugnissen der Organe auf Kosten der Bringungsgemeinschaft betrauen.

(2) Vernachlässigen Bringungsberechtigte oder eine Bringungsgemeinschaft die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Wartung der Bringungsanlage, so hat ihnen die Agrarbehörde, sobald sie davon Kenntnis erlangt, deren Instandsetzung oder Wartung innerhalb einer angemessen festzusetzenden Frist aufzutragen.

(3) ...

Zuständigkeit der Agrarbehörde

§ 19. (1) Agrarbehörde ist die Landesregierung. Die

Agrarbehörde hat neben den ihr in diesem Gesetz ausdrücklich

übertragenen Aufgaben auf Antrag unter Ausschluss des Rechtsweges

über Streitigkeiten zu entscheiden, die

a) Bestand, Inhalt, Umfang und Ausübung eines

Bringungsrechtes betreffen,

b) Entschädigungs- oder Beitragsleistungen nach diesem

Gesetz betreffen oder

c) zwischen einer Bringungsgemeinschaft und ihren

Mitgliedern oder den Mitgliedern untereinander aus dem Gemeinschaftsverhältnis entstehen.

(2) ..."

41 Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen der Satzung der Bringungsgemeinschaft lauten:

"§ 2. Der Zweck der Bringungsgemeinschaft besteht darin, einen nichtöffentlichen Weg (Güterweg), nach Maßgabe des generellen Projektes gemeinschaftlich zu errichten, auszugestalten, zu erhalten und zu verwalten sowie die hierfür erforderlichen Sach-, Arbeits- und Geldaufwendungen zu leisten und auf ihre Mitglieder umzulegen.

§ 3. (1) Das Recht der Benützung der Bringungsanlage steht den Eigentümern, Pächtern und Fruchtnießern der an der Bringungsgemeinschaft beteiligten Liegenschaften, sonstigen Nutzungsberechtigten, Hausangehörigen und Arbeitskräften dieser Personen, sowie all jenen Personen zu, welche die Vorangeführten zu sich kommen lassen, soweit es sich nicht um Gäste von Gast- und Schankgewerbebetrieben handelt.

(2) ...

§ 4. Die Organe der Bringungsgemeinschaft sind:

a) die Vollversammlung

b) der Obmann (Obmannstellvertreter)

c) ...

§ 8. (1) ...

(5) Gegen Vollversammlungsbeschlüsse können überstimmte Mitglieder binnen einer Woche an die Agrarbehörde schriftlich Einspruch erheben.

Mitgliedern, die einer Vollversammlung ferngeblieben sind, steht gegen Beschlüsse der versäumten Vollversammlung kein Einspruchsrecht zu.

(6) ...

§ 9. Der Wirkungskreis der Vollversammlung umfaßt alle Angelegenheiten, die nicht ausdrücklich dem Obmann vorbehalten sind, insbesonders:

(1) ...

(2) die Beschlußfassung über den Jahresvoranschlag, insbesondere die Festlegung des Bauvolumens bzw. des Erhaltungskostenaufwandes für das laufende Jahr und die Genehmigung des Jahresrechnungsabschlusses, sowie allfällige Änderungen des Voranschlages bei unvorhergesehenen Ausgaben.

(3) die Beschaffung der erforderlichen Geldmittel

a) durch Umlage auf die Mitglieder der

Bringungsgemeinschaft nach Maßgabe des festgelegten Anteilsverhältnisse, sowie Festsetzung eines Zeitpunktes für die Einzahlung der aufgrund des Bauvolumens bzw. des Erhaltungskostenaufwandes und des Anteilsverhältnisses errechneten Beitragsleistungen der Mitglieder

b) ...

§ 10. (1) Der Obmann ist zur Leitung der Bringungsgemeinschaft nach Maßgabe der Beschlüsse der Vollversammlung berufen. Er hat die Tagesordnung für eine Vollversammlung festzulegen. Anträge sind in der Reihenfolge ihres Einlangens auf die Tagesordnung zu setzen und zur Abstimmung zu bringen.

(2) Er erstellt den Jahresvoranschlag gemeinsam mit dem Kassier.

(3) ...

(6) Ihm obliegen die Aufnahme und Entlohnung der erforderlichen Arbeitskräfte, die Arbeitsanweisung und Arbeitsaufsicht.

(7) ...

(9) Er hat die ordnungsgemäße Instandhaltung der Bringungsanlage zu überwachen."

42 1. Allgemeines

43 1.1. Im vorliegenden Fall geht es um eine Minderheitenbeschwerde ("Einspruch") der Mitbeteiligten gemäß § 8 Abs. 5 der Satzung, die sich gegen eine Beschlussfassung der Vollversammlung richtet. Dies stellt nach § 19 GSLG bzw. § 16 der Satzung eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis dar, über die die Agrarbehörde zu entscheiden hat.

44 Das Einspruchsrecht gegen Vollversammlungsbeschlüsse gibt der überstimmten Minderheit die Möglichkeit, sich gegen ihrer Meinung nach unrichtige Entscheidungen der Mehrheit zur Wehr zu setzen. Die Agrarbehörde hat auf Grund des Einspruchs zu überprüfen, ob die Beschlussfassung unter Einhaltung der Bestimmungen der Satzungen und des GSLG erfolgt ist und ob die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Maßnahmen beachtet wurde (vgl. Schwamberger/Lang, aaO, S. 131).

45 1.2. Die Vorschriften der Bodenreform zielen im Wesentlichen auf eine Verbesserung der Agrarstruktur ab; damit soll eine ökonomisch sinnvolle Nutzung von landwirtschaftlichem Boden erreicht werden. Hinter der gesetzlichen Verweisung jener Normen, welche die Einräumung land- und forstwirtschaftlicher Bringungsrechte regeln, in den Kreis des öffentlichen Rechtes steht der Gedanke, dass solche Bringungsrechte nicht bloß dem privaten Interesse der Eigentümer zu berechtigender Liegenschaften dienen sollen, sondern dabei auch das volkswirtschaftliche öffentliche Interesse an der Sicherung einer leistungsfähigen Land- und Forstwirtschaft zu fördern haben (; , 92/07/0036).

46 Land- und forstwirtschaftliche Bringungsrechte als Rechtsinstitute der in Art. 12 Abs. 1 Z 3 B-VG aufgezählten Materie der Bodenreform dienen nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich dem Interesse an der Erhaltung und Stärkung einer leistungsfähigen Landwirtschaft und dürfen nicht landwirtschaftsfremden Interessen dienstbar gemacht werden (; , 97/07/0217).

47 Dies hat der Verwaltungsgerichtshof auch in seinem zur verfahrensgegenständlichen Bringungsanlage ergangenen Erkenntnis vom , 2006/07/0014, zum Ausdruck gebracht, in dem er darauf verwies, dass die Mitgliedschaft an einer Bringungsgemeinschaft und die damit verbundene Berechtigung der Benützung der Bringungsanlage inhaltlich darauf beschränkt ist, die Bringungsanlage zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken zu benutzen. Die Einbeziehung als berechtigtes Grundstück vermittelt lediglich das Recht der Bringung der für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung erforderlichen Personen oder Sachen und der gewonnenen Erzeugnisse; die Nutzung der Bringungsanlage zB. zu touristischen Zwecken entspricht hingegen nicht dem Gesetz (vgl. zur Unzulässigkeit von Zufahrten zu Erholungszwecken auch schon ).

48 2. Zu den unter TOP 5 und 6 gefassten Beschlüssen der Vollversammlung:

49 2.1. Im vorliegenden Fall steht die Bringungsanlage nicht im Eigentum der Bringungsgemeinschaft, sondern der jeweiligen Grundeigentümer, über deren Grundstücke die Anlage verläuft.

50 Nach § 5 Abs. 3 GSLG und § 3 der Satzung steht das Recht zur Benützung von Güterwegen auf Grundflächen, die - wie hier - nicht eingelöst oder nicht enteignet wurden, ohne Zustimmung des Grundeigentümers nur den im Abs. 1 genannten Personen, das sind Eigentümer, Pächter oder Fruchtnießer der berechtigten Grundstücke, sonstige Nutzungsberechtigte sowie Hausangehörige und Arbeitskräfte dieser Personen und Personen, welche der genannte Personenkreis zu sich kommen lässt, soweit es sich nicht um Gäste von Gast- und Schankgewerbebetrieben handelt, sowie Personen, deren Beförderung im öffentlichen Interesse, insbesondere für Zwecke des Gesundheits- und Veterinärwesens, geboten erscheint, offen.

51 2.2. Die Revision bringt im Zusammenhang mit der Frage der Lieferungen des Erstrevisionswerbers zum D-Haus und der Genehmigung von Gästefahrten des Zweitrevisionswerbers zu seinen Berghütten vor, die gegenständlichen Gästezufahrten seien nicht als landwirtschaftliches Nebengewerbe (Nebenbetrieb) sondern als eine landwirtschaftliche Nebentätigkeit zu qualifizieren. Eine Abgrenzung dieser Begriffe führe zu den abgaben- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften, was ein Verweis auf einen Erlass des Bundesministeriums für Finanzen aus dem Jahr 1977 zeige.

52 2.2.1. Unstrittig zählt das Grundstück, auf dem sich das D-Haus befindet, nicht zu den in die Bringungsgemeinschaft einbezogenen Grundstücken. Bei der Versorgungsfahrt zu diesem Haus handelt es sich damit nicht um eine Fahrt eines Eigentümers eines berechtigten Grundstückes, die ohne Zustimmung des Grundeigentümers hätte erfolgen dürfen. Die Genehmigung von Lieferungen des Erstrevisionswerbers zum D-Haus durch den Mehrheitsbeschluss der Vollversammlung war daher ohne Zustimmung der Grundeigentümer nicht möglich; eine solche Zustimmung lag aber nicht vor.

53 Diesen Fahrten zur Instandhaltung des D-Hauses fehlt auch jeglicher Bezug zur Landwirtschaft oder zum landwirtschaftlichen Betrieb des Erstrevisionswerbers. Die Aufhebung des zu diesem Tagesordnungspunkt gefassten Beschlusses steht daher in Übereinstimmung mit der Rechtslage.

54 2.2.2. Was die Zufahrt von Gästen zu den Berghütten des Zweitrevisionswerbers betrifft, so handelt es sich dabei um keine Benutzung der Bringungsanlage zu land- und forstwirtschaftlichen, sondern zu landwirtschaftsfremden Zwecken.

55 Die Vermietung der Berghütten bezeichnet der Zweitrevisionswerber in der Revision - diesbezüglich in Übereinstimmung mit der Rechtsansicht des LVwG - nicht als land- und forstwirtschaftlichen Nebenbetrieb im Sinne der GewO. Er geht vielmehr von einer "land- und forstwirtschaftlichen Nebentätigkeit" aus, ohne diesen Begriff in irgendeiner Weise näher zu definieren. Er verweist diesbezüglich lediglich auf finanz- und sozialversicherungsrechtliche Vorschriften und einen Erlass des Bundesministers für Finanzen aus dem Jahr 1977.

56 Damit übersieht er aber, dass es bei der Zuordnung einer Tätigkeit zur Land- und Forstwirtschaft im Verständnis des GSLG auf steuerrechtliche Gesichtspunkte nicht ankommt (vgl. dazu ); dies gilt ebenfalls für sozialversicherungsrechtliche Aspekte. Schon aus diesem Grund geht dieses Vorbringen der Revision ins Leere.

57 Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im hg. Erkenntnis vom , 2009/07/0166, mit der Frage beschäftigt, welche Nutzung eines Grundstückes durch seinen Eigentümer Land- oder Forstwirtschaft ist, und dabei die Ansicht vertreten, dass diese Frage nach streng objektiven Kriterien zu lösen ist. Ob das, was der Grundeigentümer mit dem Grundstück vorhat, land- oder forstwirtschaftliche Nutzung ist, hat die Behörde in Auslegung der Begriffe Land- und Forstwirtschaft zu prüfen. Betrachtet man die historischen Hintergründe der Grundsatzgesetzgebung auf dem Gebiet des Güter- und Seilwegerechtes näher, so stellen bereits die Erläuterungen zum Güter- und Seilwege-Grundsatzgesetz (GSGG 1932), BGBl. Nr. 259 (IV. GP, 311 der Beilagen), auf die "Förderung der landwirtschaftlichen Urproduktion" als Ziel des Gesetzes ab.

58 Mangels Bestehens einer gesetzlichen Definition des Begriffes von Land- oder Forstwirtschaft im Sinne der Vorschriften des Bringungsrechtes ist die Frage, ob eine bestimmte Nutzung eines Grundstückes als solche der Land- oder Forstwirtschaft angesehen werden kann, danach zu beurteilen, ob die geplante Nutzung einerseits eine Hervorbringung und Gewinnung pflanzlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte oder das Halten von Nutztieren zur Zucht, Mästung oder Gewinnung tierischer Erzeugnisse darstellt und ob die geplante Nutzung andererseits mit einer grundsätzlich auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Nachhaltigkeit ausgeübt werden kann (; , 2004/07/0194). Es muss sich also zum einen um Urproduktion (von Pflanzen oder Tieren) und zum anderen um eine nachhaltig auf die Erzielung von Einkünften ausgerichtete Tätigkeit handeln.

59 Im vorhin genannten Erkenntnis vom , 96/07/0075, legte der Verwaltungsgerichtshof weiters näher begründet dar, dass die Nutzung einer Bringungsanlage für Tätigkeiten, die zwar selbst nicht zur Land- und Forstwirtschaft zählen, aber dennoch dem Kernbereich landwirtschaftlicher Tätigkeit zuzuordnen sind, wie etwa der Ab-Hof-Verkauf von im eigenen Betrieb gewonnenen land- oder forstwirtschaftlichen Produkten vom Bringungsrecht umfasst ist.

60 Tätigkeiten, die mit der Urproduktion in keinem Zusammenhang stehen, also nicht zum Kernbereich landwirtschaftlicher Tätigkeit zählen, rechtfertigen hingegen weder die Einräumung eines Bringungsrechts noch die Benutzung einer Bringungsanlage nach dem GSLG.

61 Nun zählt die Beherbergung von Gästen auf Berghütten nicht zu diesem Kernbereich land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit. Der Beschluss der Vollversammlung, Gäste auf der Bringungsanlage zu den Berghütten des Zweitrevisionswerbers zufahren zu lassen, widersprach somit dem Gesetz und der Satzung.

62 2.3. Was den Passus im Gründungsbescheid betrifft, wonach alle Grundeigentümer die rechtsverbindliche Erklärung zu einer generellen Zustimmung zur Wegmitbenützung durch Nichtmitglieder gegeben haben (vgl. oben Rz 3), ist vorweg zu bemerken, dass diesem Begründungsteil des Gründungsbescheides weiters zu entnehmen ist, dass die Modalitäten einer solchen Wegmitbenützung und die "generelle Zustimmung durch Nichtmitglieder" ausschließlich einem Beschluss der Vollversammlung überlassen bleibt und dass die Wegmitbenützung daher privatrechtlich zu regeln sei.

63 Diese Passage im Gründungsbescheid vermag schon deshalb keine Verbindlichkeit im Sinne einer normativen generellen Erlaubnis zur Nutzung der Bringungsanlage durch Nichtmitglieder zu entfalten, weil sie nur einen Teil der Begründung des Bescheides, nicht aber des (allein verbindlichen) Spruches des Bescheides darstellt. Schon aus diesem Grund kann darin keine Rechtsgrundlage für die Gestattung der Zufahrt durch die Gäste des Zweitrevisionswerbers erblickt werden.

64 Dazu kommt, dass es darin zwar um die Benutzung der Bringungsanlage durch Nichtmitglieder geht; dass diese Benutzung aber anderen als land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken offen stehen sollte, geht aus dieser Formulierung nicht hervor. Für den Standpunkt der revisionswerbenden Parteien, die jeweils Zufahrten zu nicht land- oder forstwirtschaftlichen Zwecken im Blickpunkt haben, ist daraus auch unter diesem Aspekt nichts zu gewinnen.

65 2.4. Das LVwG vertrat die Ansicht, die Vollversammlung sei zur Fassung der genannten Beschlüsse TOP 5 und 6 gar nicht zuständig gewesen, weil die strittigen Fahrten keinen land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienten.

66 Es kann dahin stehen, ob diese Ansicht zutrifft oder nicht. Verletzten die genannten Beschlüsse der Vollversammlung Vorschriften des GSLG bzw. der Satzung, war die AB nämlich berechtigt und verpflichtet, solche Beschlüsse wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben. Es ist nicht erkennbar, dass die revisionswerbenden Parteien dadurch in Rechten verletzt wurden, dass diese Aufhebung der Vollversammlungsbeschlüsse wegen Unzuständigkeit statt wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit erfolgte.

67 3. Zu dem unter TOP 8 gefassten Beschluss der Vollversammlung:

68 3.1. Die Revision wirft in diesem Zusammenhang die Frage auf, aus welchem Grund die Vollversammlung zur Genehmigung von Rechnungen und Festlegung von Entlohnungstarifen nicht zuständig sein solle, handle es sich dabei doch geradezu um Paradefälle der Zuständigkeit der Vollversammlung.

69 Damit übersehen die revisionswerbenden Parteien aber den Umstand, dass das LVwG bei der Fassung des Beschlusses TOP 8 nicht die (abstrakt) fehlende Zuständigkeit der Vollversammlung ins Treffen führte, sondern die Ansicht vertrat, der Vollversammlung sei es (inhaltlich) nicht erlaubt gewesen, die Bringungsgemeinschaft zum Kostenersatz für Instandhaltungsmaßnahmen zu verpflichten, die ohne Einvernehmen mit dem Obmann und nicht in dessen Auftrag durchgeführt worden seien.

70 Unstrittig wurden die Instandhaltungsmaßnahmen seitens des Erstrevisionswerbers eigenmächtig vorgenommen. Der vorgelegten und mit Beschluss der Vollversammlung genehmigten Rechnung lagen daher Arbeiten zu Grunde, die weder vom Obmann als dafür zuständiges Organ der Bringungsgemeinschaft (vgl. § 10 Abs. 6 der Satzung) noch - im Falle der Vernachlässigung der Instandhaltung der Anlage - von der Agrarbehörde nach § 18 Abs. 2 GSLG in Auftrag gegeben wurden. Die Durchführung der Arbeiten kam der bereits geplanten und seitens des Obmanns in Auftrag gegebenen Sanierung der Bringungsanlage zuvor. Dem Ersatz der Kosten für die vom Erstrevisionswerber verrichteten Arbeiten fehlt es an einer notwendigen, der Bringungsgemeinschaft zurechenbaren Anordnung, die - wie dargestellt - entweder durch den Obmann oder durch die AB erfolgen hätte können.

71 Damit fehlt es dem Erstrevisionswerber aber an einem Anspruch auf Kostenersatz; die Aufhebung des diesbezüglichen Vollversammlungsbeschlusses verletzte ihn daher nicht in Rechten.

72 Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit des Zweitrevisionswerbers scheidet schon deshalb aus, weil es bei dieser Beschlussfassung nicht um ihm erwachsene Kosten ging.

73 4. Zu dem zum ergänzenden TOP gefassten Beschluss der Vollversammlung:

74 Der ergänzende Beschluss der Vollversammlung lautete - nach dem im Akt erliegenden Protokoll - auf "12 t-Bagger mit 70 EUR/h verrechnet wird". Darin liegt - ungeachtet eines offenkundigen Zusammenhangs mit der Tätigkeit des Erstrevisionswerbers - eine rein abstrakte Festlegung auf einen bestimmten Betrag, der für den Einsatz eines solchen Baggers von der Bringungsgemeinschaft zu leisten wäre.

75 Für eine solche abstrakte Festlegung durch die Vollversammlung fehlt es aber an der Rechtsgrundlage. Weder im GSLG noch in der Satzung finden sich Bestimmungen, die der Vollversammlung die Kompetenz zur abstrakten und in die Zukunft weisenden Festlegung der Höhe allfällig zu verrechnender Beträge für Baggereinsätze zuweist.

76 Aus den Bestimmungen der Satzung ergibt sich vielmehr, dass die Begleichung konkreten Arbeitsaufwandes (Entlohnung der erforderlichen Arbeitskräfte) in den Zuständigkeitsbereich des Obmannes fällt; selbst wenn man die Ansicht vertreten wollte, die Begleichung von Kosten für andere geleistete Arbeiten, wie Maschineneinsatz, falle - mangels konkreter Zuweisung dieser Aufgabe an den Obmann - in die Zuständigkeit der Vollversammlung, so könnte es sich dabei nur um konkret angefallene Arbeiten und die Begleichung der diesbezüglichen Kosten handeln. Für eine generell abstrakte Regelung durch die Vollversammlung - wie im ergänzenden TOP beschlossen - bietet die Satzung keine Rechtsgrundlage.

77 Die Aufhebung dieses Tagesordnungspunktes verletzte daher ebenfalls keine Rechte der revisionswerbenden Parteien.

78 5. Die Revision, deren Inhalt bereits erkennen ließ, dass die von den revisionswerbenden Parteien behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war daher ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

79 6. Von der Durchführung der von den revisionswerbenden Parteien beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Art. 6 MRK stand dem nicht entgegen, weil die Revisionswerber schon Gelegenheit hatten, ihren Standpunkt im Rahmen einer mündlichen Verhandlung vor dem VwG vorzutragen (vgl. ; , Ra 2014/07/0067).

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019070014.L00
Schlagworte:
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.