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VwGH vom 21.11.2011, 2008/18/0625

VwGH vom 21.11.2011, 2008/18/0625

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des ZI in W, vertreten durch Mag. Robert Bitsche, Rechtsanwalt in 1050 Wien, Nikolsdorfergasse 7-11/2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/320.838/2007, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den im Jahr 1988 geborenen Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, ein auf § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) gestütztes, auf die Dauer von zehn Jahren befristetes, Aufenthaltsverbot.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Student/Schüler" (nach dem damals geltenden Fremdengesetz 1997 - FrG) eingebracht. Dieser Antrag sei mit Bescheid vom abgewiesen worden. In weiterer Folge sei der Beschwerdeführer mit einem "Touristensichtvermerk" in Österreich eingereist. Danach habe er die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen beantragt. Eine solche sei ihm aber nicht erteilt worden. Daraufhin habe der Beschwerdeführer am das Bundesgebiet verlassen.

Der Beschwerdeführer habe dann neuerlich einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels für den Aufenthaltszweck "Schüler" gestellt. Dieser Antrag sei abermals nicht bewilligt worden. Daraufhin sei der Beschwerdeführer mit einem vom 14. August bis gültigen Reisevisum neuerlich in das Bundesgebiet eingereist. Nach Ablauf der Gültigkeit des Visums habe er das Bundesgebiet nicht verlassen. Am habe der Beschwerdeführer wieder die Erteilung eines Aufenthaltstitels, diesmal für den Zweck "begünstigter Drittsta. - Ö., § 49 Abs. 1 FrG" beantragt. Dieser Antrag sei im Instanzenzug abgewiesen worden.

Am sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten Diebstahls durch Einbruch (in mehrere Kraftfahrzeuge) zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden, die zur Gänze bedingt nachgesehen worden sei. Sodann verwies die belangte Behörde auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils, welches einen Bestandteil des angefochtenen Bescheides bildete.

In ihrer rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, es könne auf Grund der Verurteilung kein Zweifel bestehen, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG erfüllt sei. Das "dargestellte Gesamt(fehl)verhalten" des Beschwerdeführers beeinträchtige die öffentliche Ordnung und Sicherheit in erheblichem Ausmaß, sodass vom Vorliegen der Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Grunde des § 60 Abs. 1 FPG auszugehen sei.

Im Weiteren legte die belangte Behörde noch dar, weshalb ihrer Ansicht nach im vorliegenden Fall der im § 86 Abs. 1 FPG enthaltene Gefährdungsmaßstab nicht zur Anwendung zu bringen sei und sich das Aufenthaltsverbot auch aus dem Blickwinkel des § 66 FPG als zulässig erweise.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die von der belangten Behörde nach § 60 Abs. 1 FPG vorgenommene Gefährdungsprognose und macht - mit näherer Begründung - geltend, die diesbezügliche Beurteilung der belangten Behörde sei unzureichend. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen Rechtsprechung hinsichtlich der Prüfung der Zulässigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes für die nach § 60 Abs. 1 FPG vorzunehmende Gefährdungsprognose darauf hingewiesen, dass dabei nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zugrunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen ist (vgl. statt vieler etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0831).

Die belangte Behörde verwies hinsichtlich des vom Beschwerdeführer zu vertretenden Verhaltens pauschal auf das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom , dessen Inhalt sie sich im Rahmen ihrer Bescheidbegründung zu eigen machte. Mit den sich demnach ergebenden Feststellungen hat sich die belangte Behörde aber im Rahmen ihrer rechtlichen Beurteilung überhaupt nicht auseinandergesetzt. Zutreffend verweist der Beschwerdeführer darauf, dass er im Zeitpunkt der Tatbegehung noch minderjährig gewesen sei und - nach den Urteilsgründen und demnach sohin auch nach den behördlichen Feststellungen - lediglich eine einmal sich bietende Gelegenheit (das Strafgericht ging dabei erkennbar davon aus, dass alle Straftaten vom Beschwerdeführer - bis auf eine - in einer einzigen Nacht begangen wurden, und hat in seinem Fall deshalb sowie auf Grund des Umstandes, dass in seinem Fall auch eine professionelle Vorgangsweise nicht festgestellt werden konnte, ausdrücklich das Vorliegen von Gewerbsmäßigkeit verneint) ausgenutzt habe, um sein Einkommen aufzubessern. Darüber hinaus macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe bei ihrer Beurteilung sein mittlerweile drei Jahre währendes Wohlverhalten nicht miteinbezogen.

Wenngleich die Begehung von Einbruchsdiebstählen in Autos keinesfalls zu verharmlosen ist, kann dem - bereits im Verwaltungsverfahren erstatteten - Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach es sich bei dem der Verurteilung zugrundeliegenden Fehlverhalten lediglich um eine einmalige, nicht wiederkehrende Jugenddelinquenz gehandelt habe, die zudem nur deswegen begangen worden sei, weil sich der Beschwerdeführer damals in einem nicht adäquaten Umfeld aufgehalten habe, und dies auch durch die Zeit des nunmehrigen Wohlverhaltens belegt werde, die Relevanz für den Verfahrensausgang nicht abgesprochen werden. Dies gilt sinngemäß auch für die in den Verwaltungsakten enthaltenen Stellungnahmen der Bewährungshilfe, wonach - nach Beleuchtung seiner "sozialen Situation" - nichts darauf hindeute, der Beschwerdeführer könnte gefährdet sein, neuerlich straffällig zu werden.

Weder geht der angefochtene Bescheid auf diese Umstände ein noch sind ihm dazu umfassende Feststellungen, die die gebotene Beurteilung in gesetzmäßiger Weise ermöglicht hätten, zu entnehmen.

Der angefochtene Bescheid war sohin gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
BAAAE-81755