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VwGH vom 05.11.2019, Ra 2019/06/0107

VwGH vom 05.11.2019, Ra 2019/06/0107

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, Hofrätin Mag.a Merl und Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber BA, über die Revision 1. des DI S P und 2. des F K, beide S, sowie 3. der N K in E, alle vertreten durch die Dr. Harald Skrube Rechtsanwalt GmbH in 9500 Villach, Peraustraße 33, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom , KLVwG-2190-2192/16/2018, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde Schiefling am Wörthersee; mitbeteiligte Partei: H H in K; weitere Partei:

Kärntner Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Marktgemeinde Schiefling am Wörthersee hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde S. vom wurde der Mitbeteiligten die Bewilligung zur Errichtung einer Pferdezucht- und Vorführhalle auf den Parzellen Nr. X und Y, KG. S, unter Auflagen erteilt.

2 Die revisionswerbenden Parteien erhoben in der mündlichen Verhandlung Einwendungen. Sie brachten unter anderem vor, sie wären mit massiven Immissionen, insbesondere Geruchs- und Lärmbelästigungen, konfrontiert.

Feststellungen dazu, aufgrund welcher Umstände die revisionswerbenden Parteien Anrainer gemäß § 23 Abs. 2 Kärntner Bauordnung 1996 (K-BO) sind, enthält keine der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidungen. In der Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) führte die Mitbeteiligte aus, die Grundstücke der revisionswerbenden Parteien seien etwa

130 - 150 m vom Bauvorhaben entfernt. Die Baubehörden sowie das

LVwG gingen offenbar von einer Parteistellung der revisionswerbenden Parteien gemäß § 23 Abs. 2 lit. a K-BO aus, ohne dies zu begründen.

3 Der Gemeindevorstand der Marktgemeinde S. wies mit Bescheid vom die Berufung der revisionswerbenden Parteien ab.

4 Dagegen erhoben die revisionswerbenden Parteien Beschwerde an das LVwG, das diese mit dem angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abwies. Eine ordentliche Revision wurde als unzulässig erklärt.

In den Entscheidungsgründen werden der Bescheid vom , die Beschwerde und die Ausführungen der verschiedenen Amtssachverständigen wörtlich wiedergegeben und die Berufung, die Berufungsentscheidung, die Stellungnahmen der Parteien und das Vorbringen in den beiden mündlichen Verhandlungen inhaltlich dargestellt.

Zum als erwiesen angenommenen Sachverhalt führte das LVwG aus, der Mitbeteiligten sei die Bewilligung zur Errichtung einer Pferdezucht- und Vorführhalle auf den Parzellen Nr. X und Y, KG. S, unter Auflagen erteilt worden. Die für die Errichtung des Bauvorhabens vorgesehenen Flächen seien im Flächenwidmungsplan als "Grünland - für die Land- und Forstwirtschaft bestimmte Flächen" ausgewiesen. Die zu errichtende Pferdezucht- und Vorführhalle sei für den von der Mitbeteiligten angestrebten Zweck als erforderlich und spezifisch für die beabsichtigte Nutzung zu beurteilen. Die Mitbeteiligte beabsichtige, den Betrieb als Nebenerwerbsbetrieb zu führen; dabei handle es sich um eine landwirtschaftliche Tätigkeit. Das lukrierte Einkommen stelle einen nennenswerten Beitrag zu ihrem Lebensunterhalt dar, daher sei die beabsichtigte Pferdezucht als landwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen.

In der folgenden Beweiswürdigung stützte sich das LVwG auf die Aussagen der Sachverständigen und der Mitbeteiligten.

In seiner rechtlichen Beurteilung wiederholte das LVwG, dass der gegenständliche Betrieb als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb zu qualifizieren sei, welchen die Mitbeteiligte nebenberuflich (neben einem Gewerbebetrieb) betreiben werde. Die zu errichtenden baulichen Anlagen seien für den beabsichtigten Betrieb einer Pferdezucht jedenfalls unbedingt erforderlich. Aufgrund der Betriebsgröße und des Bewirtschaftungskonzeptes sei davon auszugehen, dass nennenswerte Einkünfte erzielt werden könnten. Der Umstand, dass der Betrieb finanzielle Zuschüsse seitens der Betreiberin benötige und es wirtschaftlich nicht möglich sein werde, bezahlte Arbeitskräfte einzusetzen, ändere daran nichts. Das beantragte Projekt sei somit widmungskonform (Hinweis auf ). Im Übrigen weise nichts darauf hin, dass durch den Betrieb eine Beeinträchtigung der Nachbarn durch Geruch zu erwarten sei; diesbezüglich werde auf die gutachterlichen Stellungnahmen der dem Verfahren beigezogenen Sachverständigen verwiesen. Auch eine Beeinträchtigung durch Oberflächenwässer sei nicht gegeben.

5 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Der Gemeindevorstand der Marktgemeinde S. gab eine Revisionsbeantwortung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7 In ihrer Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision vor, das LVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinsichtlich der Begründungspflicht von Erkenntnissen abgewichen. Das LVwG habe sich unzureichend mit den Einwendungen betreffend Schlüssigkeit, Nachvollziehbarkeit und Vollständigkeit des Betriebskonzeptes auseinandergesetzt, seiner Entscheidung unvollständige und nicht nachvollziehbare Ausführungen des (gemeint wohl: landwirtschaftlichen) Amtssachverständigen zugrunde gelegt und daher maßgebliche Feststellungen des Sachverhaltes unterlassen. An die "Erforderlichkeit" gemäß § 5 Abs. 5 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 (K-GplG 1995) sei ein strenger Maßstab anzulegen (Hinweis auf ) und die "Notwendigkeit" sei an objektiven Gesichtspunkten zu messen (Hinweis auf ).

8 Die Revision ist angesichts dieses Vorbringens zulässig und auch begründet.

9 Gemäß § 5 Abs. 5 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 (K-GplG 1995), LGBl. Nr. 23/1995 idF LGBl. Nr. 24/2016, ist das Grünland - unbeschadet hier nicht vorliegender Ausnahmen - nur zur Errichtung derjenigen Gebäude und sonstigen baulichen Anlagen bestimmt, die nach Art, Größe und insbesondere auch in Hinblick auf ihre Situierung erforderlich und spezifisch sind, und zwar (lit. a) für eine Nutzung als Grünland, das für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt ist (mit hier nicht relevanten Ausnahmen hinsichtlich der Prüfung der Erforderlichkeit), (lit. b) für eine der - fallbezogen nicht vorliegende - gesondert festgelegten Nutzungsarten. Nachbarn gemäß § 23 Abs. 2 lit. a K-BO können die widmungsgemäße Verwendung des Baugrundstückes als subjektivöffentliches Recht geltend machen (§ 23 Abs. 3 lit. a K-BO).

10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Begründung einer Entscheidung eines Verwaltungsgerichts auf dem Boden des § 29 VwGVG mit Blick auf § 17 leg. cit. den Anforderungen zu entsprechen, die in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den § 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Weiter sprach der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt aus, dass die bloße Zitierung von Beweisergebnissen - wie vorliegend die Äußerungen der Sachverständigen - nicht hinreichend ist, um den Anforderungen an die Begründungspflicht gerecht zu werden. Auch die Darstellung des Verwaltungsgeschehens vermag die fehlende Begründung der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts nicht zu ersetzen (vgl. etwa , mwN).

11 Das angefochtene Erkenntnis genügt den dargestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung nicht und entzieht sich dadurch der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes. Das Erkenntnis erschöpft sich weitgehend in der Wiedergabe der einzelnen Verfahrensschritte, der Äußerungen der Sachverständigen und sonstiger Stellungnahmen, was jedoch - wie oben dargelegt - für eine ordnungsgemäße Begründung nicht hinreichend ist. Konkrete Feststellungen des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts hinsichtlich der charakteristischen Unterscheidungsmerkmale im Sinn des § 5 Abs. 5 K-GplG 1995 zwischen einem landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetrieb und einem Bauwerk, das lediglich der Ausübung eines Hobbys dient, fehlen. Ebenso fehlt eine nachvollziehbare rechtliche Beurteilung des LVwG einschließlich einer Auseinandersetzung mit den in der Beschwerde gerügten Verfahrensmängeln und der dazu zitierten hg. Rechtsprechung zum Vorliegen eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes. Beispielsweise wurde in der Beschwerde vorgebracht, dass eine negative Einnahmen-Ausgabenbilanz gegen die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebenerwerbsbetriebes spreche (Hinweis etwa auf ) und sich die Notwendigkeit einer Baulichkeit für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung gemäß § 5 Abs. 5 K-GplG 1995 im jeweiligen Einzelfall nach objektiven Gesichtspunkten ergeben müsse (Hinweis auf VwGH 2013/06/0076); die Mitbeteiligte müsse jedoch - wie vom LVwG festgestellt - jährlich EUR 72.285,-- zuschießen. Inwiefern das vom LVwG in diesem Zusammenhang zitierte hg. Erkenntnis vom , Ra 2016/06/0102 (betreffend die Abweisung eines Bauansuchens wegen Widerspruch zum Flächenwidmungsplan mangels Nachweis eines landwirtschaftlichen Betriebes, wobei die Zurückweisung der Revision schon aufgrund einer tragfähigen Alternativbegründung vorgenommen wurde, zur Schlüssigkeit des Gutachtens aber gar nicht Stellung genommen wurde), die vom LVwG vertretene Rechtsansicht stützen könnte, ist nicht ersichtlich.

12 Da der Verwaltungsgerichtshof im vorliegenden Fall mangels ordnungsgemäßer Begründung des angefochtenen Erkenntnisses gehindert ist, seine Rechtskontrollaufgabe im Sinne des § 41 VwGG wahrzunehmen, war das angefochtene Erkenntnis bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

13 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20

14.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019060107.L00
Schlagworte:
Begründung Begründungsmangel Spruch und Begründung

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