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VwGH vom 22.09.2011, 2008/18/0614

VwGH vom 22.09.2011, 2008/18/0614

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und die Hofräte Mag. Haunold und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des A K in W, vertreten durch Dr. Brigitte Victor-Granzer, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Heinrichsgasse 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 2030/05, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erließ die belangte Behörde gegen den Beschwerdeführer, einen syrischen Staatsangehörigen, gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am illegal in das Bundesgebiet eingereist und habe einen Asylantrag eingebracht, der


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rechtskräftig am nach Zurückziehung der Berufung gegen den negativen erstinstanzlichen Bescheid - abgewiesen worden sei. Ebenfalls am habe er einen Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner österreichischen Ehefrau A K., die er am in Wien geheiratet habe, eingebracht. Nachdem ein erster Erhebungsbericht (vom ) den Verdacht des Vorliegens einer Aufenthaltsehe nicht bestätigt habe, sei dem Beschwerdeführer eine Erstniederlassungsbewilligung mit einer Gültigkeit bis erteilt worden.

Einem weiteren Bericht (der Bundespolizeidirektion Wien) vom sei jedoch zu entnehmen, dass im Zuge weiterer Hauserhebungen "mehrere Hausparteien" unabhängig voneinander angegeben hätten, der Beschwerdeführer sei kurz nach der Hochzeit im August 2004 mit seiner Ehefrau nur ein einziges Mal in der Hausanlage aufhältig gewesen. Es habe den Anschein erweckt, er habe sich mit seiner Ehefrau "außenwirksam" in der Hausanlage zeigen wollen. Am sei die Heimhilfe der körperlich behinderten Ehefrau des Beschwerdeführers, D B., vernommen worden. Diese habe A K. zwischen September und Dezember 2004 fünfmal wöchentlich je zwei Stunden betreut, den Beschwerdeführer habe sie jedoch nie kennengelernt. Der geschiedene Ehemann von A K. sei jedoch immer anwesend gewesen und habe anscheinend in dieser Wohnung gewohnt. Am habe auch die ehemalige Heimhilfe, EB., bestätigt, dass der geschiedene Ehemann von A K. bis Februar 2005 in deren Wohnung gewohnt habe. Diese habe gegenüber E B. auch angegeben, im Jahr 2004 einen Syrer geheiratet und für die Eheschließung EUR 7.000,-- erhalten zu haben; sie sei zu diesem Zeitpunkt schwer verschuldet gewesen und deshalb die Aufenthaltsehe eingegangen; der Beschwerdeführer komme nur manchmal vorbei, wohne aber nicht bei ihr. Da der Beschwerdeführer


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so E B. - nichts verdiene, erhalte A K. zusätzlich eine Ausgleichszulage von der Pensionsversicherung. Seit März 2005 habe
A K. einen neuen Freund, der vier Tage pro Woche bei ihr sei.
A K. habe bei ihrer Vernehmung am das Eingehen einer Aufenthaltsehe eingestanden. Die Ehe sei von ihrer Heimhilfe vermittelt worden und sie habe dafür EUR 1.000,-- bei der Aufgebotsbestellung und EUR 4.000,-- unmittelbar nach der Trauung erhalten. Der Beschwerdeführer wohne bei seinem Bruder; er habe zwar einige Male bei ihr geschlafen und sie ins Spital begleitet, wenn sie Termine gehabt habe, es habe aber "sonst keine Beziehung zwischen ihnen gegeben" und es handle sich um eine reine Scheinehe, damit der Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel bekomme.

Der Beschwerdeführer habe das Eingehen einer Aufenthaltsehe stets bestritten.

Beweiswürdigend führte die belangte Behörde aus, aus ihrer Sicht bestehe kein Anlass, an der Richtigkeit der Zeugenaussagen der ehemaligen Heimhilfen und der Ehefrau des Beschwerdeführers zu zweifeln. Letztere habe nachvollziehbar dargelegt, wie es zu der Ehe gekommen sei, dass sie mit dem Beschwerdeführer nie im gemeinsamen Haushalt gelebt habe und auch keine Lebensgemeinschaft zwischen ihnen bestehe. Nachdem sie die Scheidung eingereicht und vor Gericht angegeben habe, dass es sich um eine Aufenthaltsehe handle, habe der Beschwerdeführer mehrmals auf sie einzuwirken versucht und ihr sogar Geld dafür angeboten, damit sie diese Angaben widerrufe.

Auch wenn A K. - so die belangte Behörde - die Scheidungsklage zurückgezogen habe, stelle dies kein Indiz dafür dar, dass keine Aufenthaltsehe vorliege.

Angesichts dieser Erhebungsergebnisse stehe für die belangte Behörde fest, dass der Beschwerdeführer die Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin geschlossen und sich für die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf diese Ehe berufen habe, ohne mit seiner Ehefrau ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt zu haben. In ihrer rechtlichen Folgerung stellte die belangte Behörde darauf ab, der Missbrauch des Rechtsinstitutes der Ehe zur Erlangung fremdenrechtlich bedeutsamer Vorteile stelle eine Gefährdung im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG dar.

Auch im Rahmen der gemäß § 66 Abs. 1 und 2 FPG gebotenen Interessenabwägung sei die Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes zu bejahen. Der Beschwerdeführer befinde sich seit Dezember 2002 im Bundesgebiet und weise keine Sorgepflichten auf. Im Hinblick auf seine Beschäftigung, auf Grund der bisher verstrichenen Aufenthaltsdauer im Bundesgebiet und für den Fall, dass er tatsächlich bei seinem Bruder wohne, sei von einem Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen, der jedoch zulässig sei, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Der Beschwerdeführer habe erst auf Grund des Eingehens einer Aufenthaltsehe im Bundesgebiet Fuß fassen können. Die durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe bewirkte Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens überwiege die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib im Bundesgebiet.

II.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Annahme der belangten Behörde hinsichtlich des Vorliegens einer Aufenthaltsehe und bringt dazu im Wesentlichen vor, er habe seiner Ehefrau die EUR 5.000,-- nicht für das Eingehen einer Ehe übergeben, sondern um einen Beitrag für die Ersteinrichtung des gemeinsamen Haushaltes zu leisten. Auch der Umstand, dass seine Ehefrau am die Scheidungsklage aus freien Stücken zurückgezogen habe, zeige, dass jedenfalls keine Aufenthaltsehe vorliege.

Damit gelingt es der Beschwerde jedoch nicht, eine Unschlüssigkeit der behördlichen Beweiswürdigung oder einen Verfahrensfehler, der von Relevanz für den Verfahrensausgang hätte sein können, aufzuzeigen.

Die Beschwerde geht insbesondere nicht auf die der Beweiswürdigung der belangten Behörde zu Grunde liegende Aussage von A K. vom ein, worin diese detailliert und nachvollziehbar das Zustandekommen der Aufenthaltsehe geschildert und ihre Beweggründe dafür dargelegt hat. Dieser Aussage zufolge gab es auch nie einen gemeinsamen Haushalt und keine Lebensgemeinschaft zwischen ihr und dem Beschwerdeführer. Diese Angaben stehen im Einklang mit den Aussagen der Zeuginnen D B. und E B. sowie dem Ergebnis der Erhebungen der Bundespolizeidirektion Wien. Demgegenüber bestreitet der Beschwerdeführer nur allgemein das Vorliegen einer Aufenthaltsehe, ohne jedoch konkrete Beweisergebnisse zu nennen, die seinen Standpunkt stützen könnten.

Das Beschwerdevorbringen, bei der Aussage der Zeugin E B. vom handle es sich wohl um eine Racheaktion, weil der Beschwerdeführer erwogen habe, eine Anzeige wegen Schwarzarbeit zu erstatten, widerspricht dem in Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG).

Die Beweiswürdigung der belangten Behörde begegnet daher im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Überprüfungsbefugnis keinen Bedenken. Im Einklang mit der hg. Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0572, mwN) hat sie anhand des Verhaltens des Beschwerdeführers auch zutreffend das Bestehen einer Gefährdung im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG bejaht.

Der hier vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich auch wesentlich von jenem, der dem in der Beschwerde zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0003, zu Grunde lag, hat doch die belangte Behörde im vorliegenden Fall auf Basis der getroffenen Feststellungen - denen sich entgegen der Auffassung in der Beschwerde auch in ausreichender Weise eine "Missbrauchsabsicht" des Beschwerdeführers entnehmen lässt - festgestellt, dass der Beschwerdeführer mit seiner Ehefrau nie ein Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt hat.

Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 66 FPG hat die belangte Behörde berücksichtigt, dass die durch den - bei Erlassung des angefochtenen Bescheides etwa fünfeinhalbjährigen - Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet erzielte Integration auf Grund des Eingehens einer Aufenthaltsehe und die daraus bewirkte Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an der Aufrechterhaltung des geordneten Fremdenwesens wesentlich gemindert wurde. Die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten und zulässig im Sinn des § 66 FPG sei, kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden, hat doch der Beschwerdeführer, der sich auf seine unselbständige Erwerbstätigkeit beruft, den Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt nur auf Grund des verpönten Verhaltens erhalten.

Da dem angefochtenen Bescheid sohin die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
KAAAE-81726