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VwGH vom 28.03.2022, Ra 2019/06/0061

VwGH vom 28.03.2022, Ra 2019/06/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Mag. Rehak sowie den Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der A AG in W, vertreten durch die Dr. Peter Lösch Rechtsanwalt GmbH in 1010 Wien, Neuer Markt 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom , KLVwG-2450/11/2018, betreffend Abweisung eines Bauansuchens (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Gemeinde Ruden; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die Gemeinde Ruden hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Mit Bescheid vom wies der Bürgermeister der Gemeinde R. den Antrag der revisionswerbenden Partei auf Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für den Neubau eines Antennentragmastes neben einem Wählamtsgebäude und die Erweiterung der Systemtechnik im Technikraum dieses Gebäudes auf einer näher bezeichneten Liegenschaft ab und verwies begründend auf das Gutachten der Ortsbildpflegekommission.

2Die dagegen erhobene Berufung der revisionswerbenden Partei wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom als unbegründet abgewiesen. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf das im Berufungsverfahren eingeholte, ergänzende Gutachten der Ortsbildpflegekommission.

3Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei als unbegründet abgewiesen. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

4Begründend erfolgte zunächst eine umfangreiche Darstellung des Verfahrensganges sowie eine wörtliche Wiedergabe des im Beschwerdeverfahren eingeholten Gutachtens des hochbautechnischen Amtssachverständigen. In seinen „Feststellungen“ schilderte das Verwaltungsgericht wiederum den Verfahrensgang, in der „Beweiswürdigung“ stellte das Verwaltungsgericht fest, dass der beigezogene Amtssachverständige über die notwendigen Fachkenntnisse verfüge, dessen ergänzende Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung erörtert und ihm der gesamte Bauakt übermittelt worden sei, und gelangte zu dem Schluss, das Gutachten sei methodisch einwandfrei, fachlich fundiert, vollständig, schlüssig und nachvollziehbar. Den Einwänden der revisionswerbenden Partei und dem von ihr vorgelegten Gutachten eines Privatsachverständigen hielt das Verwaltungsgericht die dazu ergangenen Ausführungen des Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung entgegen. In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Verwaltungsgericht zunächst aus, dass die Befassung der Ortsbildpflegekommission im Vorprüfungsverfahren rechtmäßig gewesen sei und der seitens des Verwaltungsgerichtes beauftragte Amtssachverständige in nachvollziehbarer und schlüssiger Weise dargelegt habe, dass die von der Ortsbildpflegekommission geäußerte ablehnende Beurteilung aufrechterhalten werde, was mit ergänzenden Betrachtungen des Ortsbildcharakters und dessen zeitlicher Entwicklung unterlegt worden sei. Selbst wenn vom derzeitigen Erscheinungsbild auszugehen sei und künftige Veränderungen unberücksichtigt zu bleiben hätten, gelange der Amtssachverständige zu dem Schluss, dass ein nur unzureichender Sichtschutz durch diesen Bewuchs gegeben sei. Die von der revisionswerbenden Partei monierte Befangenheit des Bürgermeisters sei nicht gegeben (wird näher ausgeführt). Nach neuerlicher Darstellung des Inhaltes der mündlichen Verhandlung führte das Verwaltungsgericht wiederum aus, dass das Gutachten des Amtssachverständigen in sich schlüssig und objektiv nachvollziehbar sei. Für das Verwaltungsgericht ergebe sich daraus, dass ein Antennentragmast in der beantragten Höhe im gegenständlichen Dorfgefüge ohne die in der näher bezeichneten Stellungnahme des Amtssachverständigen angeführten Projektmodifikationen nicht ortsbildverträglich sei. Das Verwaltungsgericht gelange zu dem Schluss, dass die eingeholte hochbautechnische Stellungnahme methodisch einwandfrei, vollständig, schlüssig und nachvollziehbar sowie dem Stand der einschlägigen Technik entspreche. Das gegenständliche Bauvorhaben könne auf Grund des erfolgten Ortsaugenscheines, der erstellten Fotodokumentation sowie der eingereichten Pläne und Beschreibungen ausreichend beurteilt werden. Nachdem die revisionswerbende Partei mitgeteilt habe, die vom Amtssachverständigen vorgeschlagenen Projektmodifikationen in das gegenständliche Projekt nicht einzuarbeiten, seien die Voraussetzungen für die Erteilung der Baubewilligung aus Sicht des Verwaltungsgerichtes nicht gegeben. Auf Grund der vorliegenden, ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme des hochbautechnischen Amtssachverständigen und der durchgeführten mündlichen Verhandlung sei die bescheidmäßige Abweisung und Versagung der beantragten Baubewilligung durch die Behörde auszusprechen gewesen.

5Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Begehren, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit kostenpflichtig aufzuheben.

6Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

7Die Revision erweist sich angesichts des in der Zulässigkeitsbegründung aufgezeigten Abweichens von der hg. Rechtsprechung zur Begründung von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte als zulässig.

8Gemäß § 29 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG sind die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichts zu begründen. Diese Begründung hat, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, jenen Anforderungen zu entsprechen, die in seiner Rechtsprechung zu den §§ 58 und 60 AVG entwickelt wurden. Demnach sind in der Begründung eines Erkenntnisses die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgeblichen Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erfordert dies im ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhaltes, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche das Verwaltungsgericht im Fall des Vorliegens wiederstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch der Entscheidung geführt haben. Diesen Erfordernissen werden die Verwaltungsgerichte zudem (nur) dann gerecht, wenn sich die ihre Entscheidungen tragenden Überlegungen zum maßgebenden Sachverhalt, zur Beweiswürdigung sowie zur rechtlichen Beurteilung aus den verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen selbst ergeben. Weiters sprach der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt aus, dass die bloße Zitierung von Beweisergebnissen nicht hinreichend ist, um den Anforderungen an die Begründungspflicht gerecht zu werden. Auch die Darstellung des Verwaltungsgeschehens vermag die fehlende Begründung der Entscheidung eines Verwaltungsgerichts nicht zu ersetzen (vgl. zum Ganzen , mwN).

9Nach der auch nach der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, aufrecht erhaltenen hg. Rechtsprechung führt ein Begründungsmangel zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und in weiterer Folge zur Aufhebung durch den Verwaltungsgerichtshof, wenn er entweder die Parteien des Verwaltungsverfahrens und des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens an der Verfolgung ihrer Rechte oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung der angefochtenen Entscheidung auf deren inhaltliche Rechtmäßigkeit hindert. Wird das Verwaltungsgericht den sich aus § 29 Abs. 1 VwGVG ergebenden Anforderungen an die Begründung von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte nicht gerecht, so liegt ein Begründungsmangel vor, welcher einen revisiblen Verfahrensmangel darstellt (vgl. etwa , mwN).

Den dargelegten Anforderungen an die Begründung wird das angefochtene Erkenntnis nicht gerecht:

10Das Erkenntnis erschöpft sich weitgehend in der Wiedergabe der einzelnen Verfahrensschritte sowie der Ausführungen des Amtssachverständigen und sonstiger Stellungnahmen in der mündlichen Verhandlung, was jedoch - wie oben dargelegt - für eine ordnungsgemäße Begründung nicht hinreichend ist. Das Verwaltungsgericht hat keinerlei Feststellungen getroffen, die das von ihm erzielte rechtliche Ergebnis stützen könnten. So fehlt schon die konkrete Feststellung zur Charakteristik des als schützenswert zu qualifizierenden Ortsbildes (vgl. dazu , mwN). Ebenso fehlt es an einer eigenständigen Auseinandersetzung mit den Einwendungen der revisionswerbenden Partei gegen das Gutachten des Amtssachverständigen durch das Verwaltungsgericht. Infolge seiner mangelhaften Begründung vermag das angefochtene Erkenntnis die Beurteilung, der gegenständliche Antennentragmast sei nicht ortsbildverträglich, nicht zu stützen. Im Übrigen ist die Frage, ob das Ortsbild gestört oder beeinträchtigt wird, eine Rechtsfrage, weshalb es nicht darauf ankommt, ob der Amtssachverständige in seinen Darlegungen ausdrücklich von einer Störung oder Beeinträchtigung des Ortsbildes gesprochen hat. Es ist Aufgabe des Verwaltungsgerichtes, aus den Ausführungen des Amtssachverständigen abzuleiten, ob dem Bauvorhaben Interessen des Schutzes des Ortsbildes entgegenstehen (vgl. etwa , mwN).

11Da sich das angefochtene Erkenntnis somit einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof auf dessen inhaltliche Rechtmäßigkeit entzieht, war es gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

12Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019060061.L00

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