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VwGH vom 24.02.2011, 2010/21/0460

VwGH vom 24.02.2011, 2010/21/0460

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde der R, vertreten durch Dr. Manfred Fuchsbichler, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Traungasse 14, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 156.249/5- III/4/10, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die 1987 geborene Beschwerdeführerin ist türkische Staatsangehörige. Am heiratete sie in der Türkei D., der gleichfalls türkischer Staatsangehöriger ist und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EG" verfügt.

Den unter Bezugnahme auf ihren Ehegatten als Zusammenführenden bei der Österreichischen Botschaft Ankara gestellten Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" wies die Bundesministerin für Inneres (die belangte Behörde) mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom gemäß § 11 Abs. 1 Z 5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) ab.

Die belangte Behörde stellte den Verfahrensgang - auszugsweise - wie folgt dar:

"Unter Berücksichtigung … wurde Ihr Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung von der ÖB Ankara an den zuständigen Landeshauptmann von Wien übermittelt …

Aufgrund der vorgelegten Unterlagen ist das Amt der Wiener Landesregierung, die Magistratsabteilung 35, zu dem Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen zur Erteilung der beantragten Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck 'beschränkt' gegeben sind, weshalb die ÖB Ankara angewiesen wurde, Ihnen ein Visum D auszustellen.

Am wurde Ihnen von der ÖB Ankara ein bis gültiges Visum D ausgestellt, mit dem Sie zunächst legal nach Österreich eingereist sind.

Unter Berücksichtigung, dass sowohl Ihr Gatte als auch Sie mit Ihren Wohnsitz nach 4840 Vöcklabruck … verlegt haben, ist mit diesem Tag die Zuständigkeit zur Entscheidung über Ihren Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung 'beschränkt' an den Landeshauptmann von Oberösterreich übergegangen und konnte Ihnen aus diesem Grund vom Amt der Wiener Landesregierung, der Magistratsabteilung 35, eine Niederlassungsbewilligung 'beschränkt' mangels Zuständigkeit nicht mehr ausgefolgt werden.

Seitens der nunmehr zuständigen erstinstanzlichen Behörde, der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, wurden in weiterer Folge neuerlich die Voraussetzungen zur Erteilung der von Ihnen beantragten Niederlassungsbewilligung 'beschränkt' überprüft. …

Trotz der vorgelegten Unterlagen hat die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, als vom Landeshauptmann von Oberösterreich ermächtigte Behörde, mit Bescheid vom … Ihren Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung 'beschränkt' gemäß §§ 11 Abs. 2 Z 1 iVm Abs. 4 sowie §§ 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG abgewiesen.

Innerhalb der (von der Berufungsbehörde) gewährten Frist hat Ihr rechtsfreundlicher Vertreter eine komplette Kopie Ihres Reisedokumentes, Lohnbestätigungen Ihres Gatten für die Monate Mai, Juni und Juli 2010 über EUR 1.200,-- bzw. EUR 1.579,75 bzw. EUR 1.200,-- sowie Nachweise, dass die Mietkosten durch Ihre Schwiegereltern getragen werden, vorgelegt.

Hinsichtlich der insbesondere im April 2010 aufgetretenen Ungereimtheiten beim Einkommen Ihres Gatten hat Ihr Rechtsvertreter mitgeteilt, dass diese offensichtlich auf Kommunikationsprobleme, vielleicht aus sprachlichen Gründen, zwischen dem Arbeitgeber Ihres Gatten und dessen Steuerberater, zurückzuführen sind.

Auch wenn diese Erklärung nach Ansicht der erkennenden Behörde dürftig erscheint, muss seitens der Berufungsbehörde festgestellt werden, dass Ihr Gatte aufgrund der vorgelegten Lohnbestätigungen über ein ausreichendes Einkommen verfügt, weshalb der Versagungsgrund des § 11 Abs. 2 Z 4 iVm § 11 Abs. 5 zur Abweisung Ihres Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nicht mehr herangezogen werden kann."

Die belangte Behörde setzte fort, dass die Beschwerdeführerin (aber) nach Ablauf des von der Österreichischen Botschaft Ankara erteilten Visums mit spätestens am das Bundesgebiet wieder hätte verlassen müssen. Das habe sie nicht getan, weshalb sie sich seither illegal im Bundesgebiet aufhalte und den absoluten Versagungsgrund des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG verwirkliche. "Unbeschadet der Nichtzugänglichkeit eines absoluten Versagungsgrundes einer Beurteilung nach Art. 8 EMRK" - so die belangte Behörde weiter - werde festgehalten, dass gemäß § 11 Abs. 3 NAG ein Aufenthaltstitel trotz Ermangelung einer Voraussetzung gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 erteilt werden könne, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinne des Art. 8 der EMRK geboten sei. Im Fall der Beschwerdeführerin sei zwar zu berücksichtigen, dass sie seit mit dem rechtmäßig in Österreich niedergelassenen türkischen Staatsbürger D. verheiratet sei und dass sie und ihr Ehemann nunmehr ein gemeinsames Kind erwarteten. Es "mag" somit ein berechtigtes privates Interesse der Beschwerdeführerin an der Führung eines Familienlebens bestehen. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass sie dieses Familienleben während ihres zwar noch legalen, aber dennoch unsicheren weiteren Aufenthalts in Österreich begründet habe und es nunmehr durch Fortsetzen ihres weiteren unrechtmäßigen Aufenthalts durch die bevorstehende Geburt ihres Kindes vertiefen möchte. Ihre sozialen Bindungen im Bundesgebiet seien daher nicht von solchem Gewicht, dass sie "das besagte öffentliche Interesse" überwiegen würden, weshalb die Versagung des beantragten Aufenthaltstitels keine Verletzung des Art. 8 EMRK zur Folge habe. Daran vermöge auch die Unbescholtenheit der Beschwerdeführerin nichts zu ändern. Ihr unrechtmäßiger Aufenthalt nach Ablauf ihres erlaubten Aufenthalts mit beeinträchtige vielmehr das maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukomme. Die "aus obangeführten Gründen nicht besonders ausgeprägten Interessen" an einem Verbleib in Österreich müssten demgegenüber in den Hintergrund treten. In einer Gesamtbetrachtung lägen keine derart außergewöhnlichen Umstände vor, dass der Beschwerdeführerin ein direkt aus Art. 8 EMRK ableitbares Recht auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zugestanden werden müsste.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Die belangte Behörde hat den Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 Z 5 NAG ("Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn eine Überschreitung der Dauer des erlaubten sichtvermerksfreien oder sichtvermerkspflichtigen Aufenthalts im Zusammenhang mit § 21 Abs. 6 vorliegt") herangezogen. Dabei hat sie allerdings übersehen, dass dieser Versagungsgrund nur bei solchen Personen zum Tragen kommen kann, die - zunächst - zur Inlandsantragstellung berechtigt waren. Das ergibt sich klar aus der Bezugnahme in § 11 Abs. 1 Z 5 NAG auf § 21 Abs. 6 desselben Gesetzes, wo ausdrücklich auf die Fälle einer Inlandsantragstellung nach § 21 Abs. 2 Z 1 und Z 4 bis 6, Abs. 3 und Abs. 5 abgestellt wird, und wird auch in den ErläutRV sowohl zur Stammfassung des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG als auch zu der hier anzuwendenden Fassung nach dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009, BGBl. I Nr. 122, zum Ausdruck gebracht. So heißt es in 952 BlgNR 22. GP 121, "in Z 5 (des § 11 Abs. 1 NAG) sollen jene Fälle erfasst werden, die zwar zur Inlandsantragstellung berechtigt sind, aber dann rechtswidrig länger im Bundesgebiet bleiben, um das Ergebnis des Niederlassungsverfahrens abzuwarten". Zur Änderung des § 11 Abs. 1 Z 5 NAG durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 wird in 330 BlgNR 24. GP 43, erläutert, durch die Anpassungen solle klargestellt werden, "dass eine Inlandsantragstellung nach § 21 Abs. 2 Z 1 und Z 4 bis 6, Abs. 3 und 5 auch kein über einen erlaubten sichtvermerkspflichtigen Aufenthalt hinausgehendes Bleiberecht schafft und die Überschreitung der Dauer des erlaubten sichtvermerkspflichtigen Aufenthalts in diesen Fällen ebenfalls einen Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 Z 5 darstellt".

Im vorliegenden Fall ist keine Konstellation ersichtlich, die die Beschwerdeführerin im Sinn der in § 21 Abs. 6 NAG genannten Tatbestände zur Inlandsantragstellung berechtigt hätte. Tatsächlich hat sie den gegenständlichen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" (nach § 46 Abs. 4 NAG) auch bei der Österreichischen Botschaft in Ankara gestellt und ist erst auf Basis des ihr von dieser Botschaft nach § 24 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 erteilten Visums D nach Österreich eingereist. Richtig ist, dass sie nach Ablauf der Gültigkeitsdauer dieses Visums in Österreich verblieben ist, den Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 Z 5 NAG hat sie dadurch aber - ungeachtet der Neufassung dieser Bestimmung durch das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 - nicht erfüllt.

Verstoßen hat die Beschwerdeführerin allerdings gegen die in § 21 Abs. 1 zweiter Satz NAG normierte Verpflichtung, die Entscheidung über ihren Erstniederlassungsbewilligungsantrag in der Folge im Ausland abzuwarten. Insofern käme die Abweisung ihres Antrages grundsätzlich in Betracht. Dennoch wird sie durch den bekämpften Bescheid aus den nachstehend angeführten Gründen jedenfalls in Rechten verletzt.

Zunächst ist festzuhalten, dass die Ansicht der belangten Behörde, § 11 Abs. 1 Z 5 NAG sei einer Beurteilung nach Art. 8 EMRK - und damit einer Überprüfung nach § 11 Abs. 3 NAG - nicht zugänglich, seit der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 nunmehr auch zum ausdrücklichen Gesetzeswortlaut in Widerspruch steht (vgl. zum insoweit bloß klarstellenden Charakter der besagten Novelle aber etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/18/0395). Davon abgesehen kann der belangten Behörde nicht darin beigepflichtet werden, eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG müsse zum Nachteil der Beschwerdeführerin ausfallen, weil ihre Interessen an einem Verbleib in Österreich "nicht besonders ausgeprägt" seien. Einer derartigen Beurteilung steht zunächst die Bindung zu ihrem über einen Titel "Daueraufenthalt - EG" verfügenden Ehemann entgegen (vgl. zur Bedeutung dieses Gesichtspunkts auch § 66 Abs. 3 Fremdenpolizeigesetz 2005). Dass das Familienleben mit dem Ehemann - wie die belangte Behörde ausführt - erst ab Jänner 2010 in Österreich begründet worden sei, trifft schon im Hinblick auf die Eheschließung im Jänner 2007 nicht zu. Die Schwangerschaft der Beschwerdeführerin verstärkt deren familiäre Interessen an einem Verbleib in Österreich, und zwar zunächst jedenfalls bis zur Geburt des Kindes, was den der Beschwerdeführerin vorwerfbaren Aufenthalt in Österreich über die Gültigkeitsdauer ihres Visums hinaus relativiert. Vor allem ist zu Gunsten der Beschwerdeführerin aber der konkrete Verfahrensablauf (siehe dazu die oben wörtlich wiedergegebene Darstellung im bekämpften Bescheid) miteinzubeziehen, der unter Beachtung der Parameter nach § 11 Abs. 3 Z 1, 7 und 8 NAG hier den Ausschlag geben muss:

Die Beschwerdeführerin hat den im NAG vorgezeichneten Weg zur Erlangung des beabsichtigten Aufenthaltstitels eingehalten. Ihr wurde nach Prüfung der Voraussetzungen durch die damals zuständige erstinstanzliche Behörde die Erteilung dieses Titels in Aussicht gestellt und zur Empfangnahme desselben ein Visum D mit viermonatiger Gültigkeitsdauer ausgestellt. Auf Basis dieses Visums reiste die Beschwerdeführerin nach Österreich ein, wo ihr der begehrte Titel, wie die belangte Behörde selbst dargestellt hat, lediglich wegen eines Wohnsitzwechsels und des damit einhergehenden Zuständigkeitsübergangs nicht mehr ausgefolgt werden konnte. Dass die zuständig gewordene Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck neuerdings eine Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen vornahm, ist zwar nicht zu beanstanden. Es kann aber kein Zweifel bestehen, dass die Beschwerdeführerin auf Grund des bis dahin abgewickelten Verfahrens die berechtigte Erwartung hegen durfte, ihr werde der beantragte Aufenthaltstitel ehebaldigst erteilt werden. Von daher erweist sich auch die im bekämpften Bescheid vertretene Ansicht, die Beschwerdeführerin habe ihr Familienleben während ihres "unsicheren weiteren Aufenthalts in Österreich" begründet, als verfehlt. Weiters ist dann zu bedenken, dass die noch während der Gültigkeitsdauer des Visums ergangene abweisende erstinstanzliche Entscheidung auf der Annahme eines Versagungsgrundes beruhte, der von der belangten Behörde nicht mehr herangezogen werden konnte. Es mag dahinstehen, wie es zu der besagten abweisenden erstinstanzlichen Entscheidung gekommen ist und inwieweit sie auf allfällige Mängel im Vorbringen der Beschwerdeführerin zurückzuführen ist. Festzuhalten bleibt, dass der ursprünglich herangezogene Versagungsgrund - die Erstbehörde subsumierte das von ihr angenommene Fehlen ausreichender Unterhaltsmittel sowohl unter die Z 1 als auch unter die Z 4 des § 11 Abs. 2 NAG - letztlich nicht vorlag, weshalb der im weiteren Verbleib der Beschwerdeführerin im Inland nach Ablauf der Gültigkeitsdauer ihres Visums liegende Verstoß gegen die öffentliche Ordnung im Bereich des Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts ein weiteres Mal in seinem Gewicht wesentlich gemindert wird. Insgesamt hätte eine Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG daher zu Gunsten der Beschwerdeführerin ausfallen müssen.

Im vorliegenden Fall war nach dem eingangs Gesagten § 11 Abs. 1 Z 5 NAG - und damit auch § 11 Abs. 3 NAG in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich - aber gar nicht in Erwägung zu ziehen. Die Beurteilung des vorliegenden Falles hätte vielmehr unter Bedachtnahme auf § 21 Abs. 1 NAG erfolgen müssen. Wie schon erwähnt, hat die Beschwerdeführerin nämlich letztlich gegen die sich aus dieser Bestimmung ergebende Verpflichtung, die Entscheidung über ihren Antrag im Ausland abzuwarten, verstoßen. Auch in diesem Zusammenhang kommt aber im Ergebnis der dargestellten Beurteilung nach § 11 Abs. 3 NAG maßgebliche Bedeutung zu. Dazu ist auf § 21 Abs. 3 NAG zu verweisen, welche Bestimmung seit der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 folgenden Wortlaut hat:

"(3) Abweichend von Abs. 1 kann die Behörde auf begründeten Antrag die Antragstellung im Inland zulassen, wenn kein Erteilungshindernis gemäß § 11 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet zum Zweck der Antragstellung nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist:

1. im Fall eines unbegleiteten Minderjährigen (§ 2 Abs. 1 Z 17) zur Wahrung des Kindeswohls oder

2. zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK (§ 11 Abs. 3).

Die Stellung eines solchen Antrages ist nur bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides zulässig. Über diesen Umstand ist der Fremde zu belehren."

Gemäß § 21 Abs. 3 Z 2 NAG "kann" also die "Inlandsantragstellung" - worunter im Sinne eines Größenschlusses auch die Befugnis zu verstehen ist, die Entscheidung im Inland abzuwarten - zugelassen werden, wenn, wie im vorliegenden Fall, keines der genannten Erteilungshindernisse vorliegt und die Ausreise des Fremden aus dem Bundesgebiet "zum Zweck der Antragstellung" - worunter auch der an die Antragstellung anschließende Auslandsaufenthalt fallen muss - im Hinblick auf die gebotene Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK "nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar ist". In diesem Zusammenhang verweist der Gesetzgeber ausdrücklich auf § 11 Abs. 3 NAG, weshalb die obigen Überlegungen auch in diesem Kontext zum Tragen kommen müssen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2009/22/0270, ausgesprochen, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 Z 2 NAG ungeachtet der Verwendung des Wortes "kann" die Antragstellung im Inland zuzulassen ist.

Zwar knüpft § 21 Abs. 3 NAG die Zulassung der "Inlandsantragstellung" an einen nur bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides möglichen Antrag, worüber der Fremde zu belehren ist. Dieses Erfordernis konnte fallbezogen allerdings nicht schlagend werden, weil die erstinstanzliche Entscheidung zu einem Zeitpunkt erging, zu dem die Zulässigkeit der "Inlandsantragstellung" noch kein Thema war, war doch die Beschwerdeführerin auf Grund ihres Visums jedenfalls noch zum Aufenthalt im Inland berechtigt. Die aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotene Abwägung muss auch in einer derartigen Konstellation möglich sein.

Zusammenfassend ergibt sich nach dem Gesagten, dass die belangte Behörde nicht nur verfehlt den Versagungsgrund nach § 11 Abs. 1 Z 5 NAG zur Anwendung brachte, sondern den Antrag der Beschwerdeführerin auch unter Bezugnahme auf § 21 Abs. 1 NAG nicht ohne Weiteres hätte abweisen dürfen. Der bekämpfte Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am