VwGH vom 25.08.2020, Ra 2019/05/0231
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak, Dr. Leonhartsberger und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der S E in W, vertreten durch Dr. Bertram Broesigke, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorfer Straße 14, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , VGW-111/005/3139/2018-5, betreffend Versagung einer baurechtlichen Bewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: Dr. I G in W, vertreten durch Dr. Karl Schleinzer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Führichgasse 6; weitere Partei: Wiener Landesregierung) zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Kostenbegehren des Magistrates der Stadt Wien wird abgewiesen.
Begründung
1Mit Antrag vom suchte die Revisionswerberin beim Magistrat der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat) um Erteilung der Baubewilligung für eine „Lüftungsanlage in Garage“ auf der Liegenschaft E-gasse 2 (eine Eckliegenschaft auch mit einer Front an der H-straße) gemäß § 70 und 73 der Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) an.
2Diesem Antrag wurden die Pläne „Auswechslung Garageneinbau“ und „Einreichplan Lüftungsanlage für die Garage“ sowie eine „Technische Beschreibung“ der Lüftungsanlage, verfasst von der D. GmbH, angeschlossen. Im Auswechslungsplan ist die Garage samt Lüftungsanlage in Grundriss, Hofansicht, Schnitt, und Ansicht von der H-straße aus dargestellt. Die Beschreibung betrifft ausschließlich die Lüftungsanlage. Ebenso ist die Versetzung einer Türe zur Garage dargestellt.
3Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin der unmittelbar an die Bauliegenschaft angrenzenden Liegenschaft E-gasse 4.
4In einer Stellungnahme vom legte der Amtssachverständige der Magistratsabteilung (im Folgenden: MA) 36 im Wesentlichen dar, aus lüftungstechnischer Sicht bestehe kein Einwand gegen die Erteilung einer Bewilligung für die gegenständliche mechanische Entlüftung der Garage. Weiters schlug der Amtssachverständige der MA 36 die Vorschreibung mehrerer Auflagen vor.
5In einer Stellungnahme vom legte der Amtssachverständige der MA 22 im Wesentlichen dar, auf der Bauliegenschaft solle im Erdgeschoß eine Garage mit drei PKW Stellplätzen errichtet werden. Die Zu- und Abfahrt lägen in der H-straße. Die Be- und Entlüftung der Garage erfolgten über eine mechanische Abluftanlage. Die Abluftanlage werde bei Betreten der Garage über den Lichtschalter ein- und über eine Zeitschaltuhr ausgeschaltet. Die Ausblasung erfolge in 0,5 m in den Gartenbereich mit einer Abluftmenge von 200 m3/h. Die Zuluftnachströmung erfolge ebenfalls über den Gartenbereich. Bezugnehmend auf die Emissionen der projektspezifischen konventionellen Luftschadstoffe, hervorgerufen durch die Nutzung der Kfz-Stellplätze, sei eine Luftemissionsberechnung vorgelegt worden. Diese sei aus schadstofftechnischer Sicht schlüssig nachvollziehbar. Die Berechnungen seien nach den im Zeitpunkt der Erstellung gültigen Normen und Richtlinien erfolgt. Auf Grund der vorgesehenen Widmung der Stellplätze, der repräsentativen Vorbelastung und der zu erwartenden Stellplatzfrequenzen sei davon auszugehen, dass trotz der zusätzlichen Immissionen an konventionellen Luftschadstoffen bei den nächsten Nachbarn die relevanten Grenz- und Richtwerte eingehalten beziehungsweise nicht relevant überschritten würden.
6Im Unterschied zu klassischen Luftschadstoffen, wie SO2 und NOx, seien bei Geruchswahrnehmungen nicht Halbstundenmittelwerte, sondern kurzfristige Konzentrationsspitzen für die Immissionsbeurteilung von Bedeutung. In der Literatur seien Zeiträume von etwa 3 Sekunden angegeben, in denen die Immissionskonzentration den Geruchsschwellenwert überschreiten müsse, um eine Geruchswahrnehmung hervorzurufen. Dies bedeute, dass bei mittleren Geruchsstoffkonzentrationen unter der Geruchsschwelle dennoch ein anhaltender Geruchseindruck entstehen könne, und zwar in Abhängigkeit davon, wie sehr die Konzentration um den Mittelwert schwanke. Als geruchsbelastet werde eine Stunde üblicherweise dann gezählt, wenn der Zeitanteil mit Geruchswahrnehmungen mindestens 10 % betrage (d.h. 6 Minuten pro Stunde). Die Österreichische Akademie der Wissenschaften empfehle für zumutbare Geruchsbelastungen von stark wahrnehmbaren Gerüchen ein Maß von bis zu 3 % der Jahresstunden (11 Tage, d.h. 263 Stunden) und für eine Gesamtgeruchsbelastung (wahrnehmbar und stark wahrnehmbar) von bis zu 8 % der Jahresstunden (29 Tage, d.h. 701 Stunden).
7Auf Grund der Stellplatzzahl und der gegebenen örtlichen Ausbreitungsbedingungen sei erfahrungsgemäß mit keinen geruchsbelasteten Stunden zu rechnen.
8Im Regelfall des Betriebes von Kraftfahrzeugen sei der Kaltstart als die problematische Phase für die Geruchsentwicklung anzusehen. Auf Grund der baulichen Gegebenheiten und der örtlichen Ausbreitungssituation sei davon auszugehen, dass die Verbrennungsabgase durch die mechanische Lüftung und infolge meteorologischer Einflüsse (z.B. Lufttemperaturdifferenz, Winddruck) beziehungsweise bedingt durch Fahrzeugbewegungen (Turbulenzen) bei der Ein- und Ausfahrt abgeleitet würden. Bei Erreichen des Halbstundenmittelwertes für Stickstoffoxid von 0,2 mg/m3 seien kurzzeitige Geruchsempfindungen nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
9In einer weiteren Stellungnahme vom legte der Amtssachverständige der MA 22 im Wesentlichen dar, laut Einreichunterlagen solle eine CO-Lüftung für die Garage errichtet werden. Zur Reduzierung der Schallimmissionen seien in der Abluftleitung drei Schalldämpfer nach dem Ventilator eingebaut. Auf Grund der Entfernung zur nächstgelegenen Grundgrenze errechne sich unter Berücksichtigung der Schallleistung des Ventilators und der Schalldämpfer eine Schallimmission in der Höhe von rund 20 dB, A-bewertet, an der Grundgrenze. Dieser Wert liege sowohl zur Tages- als auch zur Nachtzeit innerhalb der ortsüblichen Schallimmissionen und innerhalb der Planungsrichtwerte nach der Flächenwidmungskategorie. Eine Überschreitung des Widmungsmaßes und eine Erhöhung der ortsüblichen Schallimmissionen sei daher nicht gegeben.
10Mit Schreiben vom erhob die mitbeteiligte Partei gegen das Bauvorhaben Einwendungen betreffend Immissionen.
11In einer Stellungnahme vom legte der Amtssachverständige der MA 15 im Wesentlichen dar, aus der Stellungnahme der MA 22 vom gehe hervor, dass trotz der zusätzlichen Immissionen an konventionellen Luftschadstoffen die relevanten Grenz- und Richtwerte bei den nächsten Nachbarn eingehalten beziehungsweise nicht relevant erhöht würden. Weiters werde von der MA 22 ausgeführt, dass mit keinen geruchsbelasteten Stunden durch den projektbedingten Zusatzverkehr zu rechnen sei, kurzzeitige Geruchsempfindungen bei Erreichen des Halbstundenmittelwertes für Stickstoffdioxid könnten jedoch nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Bei Einhaltung der wirkungsbezogenen Grenz- und Richtwerte trotz zusätzlicher Immissionen an konventionellen Luftschadstoffen seien aus medizinischer Sicht keine gesundheitlichen Auswirkungen durch die Zusatzimmissionen bei den nächsten Nachbarn zu erwarten.
12Die Anzahl der Geruchsstunden überschreite nicht den von der Österreichischen Akademie für Wissenschaften im Rahmen des nationalen Umweltplanes empfohlenen Wert für zumutbare Geruchsbelastungen, sodass eine erhebliche, das Wohlbefinden störende oder das ortsübliche Ausmaß übersteigende Geruchsbelästigung nicht zu erwarten sei. Gesundheitliche Auswirkungen bei den Nachbarn durch die beschriebenen möglichen kurzzeitigen Geruchswahrnehmungen seien aus medizinischer Sicht nicht zu erwarten.
13Die MA 22 habe weiters ausgeführt, dass, ausgehend von der Garagenlüftung und unter Berücksichtigung der Schallleistung des Ventilators und der Schalldämpfer, eine Schallimmission in der Höhe von rund 20 dB, A-bewertet, an der Grundgrenze zu erwarten sei. Dieser Schallpegel liege deutlich unter dem energieäquivalenten Dauerschallpegel, straßenseitig und gartenseitig, zur Tages-, Abend- und Nachtzeit und auch deutlich unter dem örtlichen Basispegel zur Tages-, Abend- und Nachtzeit. Auch werde von der MA 22 keine Erhöhung der ortsüblichen Schallimmissionen prognostiziert.
14Aus medizinischer Sicht seien daher keine von der Garagenlüftung ausgehenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen in der Nachbarschaft zu erwarten.
15Die mitbeteiligte Partei legte fachliche Stellungnahmen des Zivilingenieurs für technische Chemie DI R. vom sowie des Zivilingenieurs für technische Physik DI Dr. B. vom vor (siehe hierzu Rzlen. 30 und 31).
16In einer ergänzenden Stellungnahme des Amtssachverständigen der MA 22 vom wurde im Wesentlichen dargelegt, es sei auf Grund der vorgelegten Schadstoffberechnung unter Einbeziehung von eigenen Ermittlungsschritten und Erfahrungen möglich, eine zusammenfassende beziehungsweise abschließende Beurteilung aus luftreinhaltetechnischer Sicht abzugeben. Aus den Berechnungen sei zu schließen, dass einerseits aufgrund der zu erwartenden Emissionen, hervorgerufen durch die Nutzung der drei Kfz-Stellplätze, und andererseits aufgrund der repräsentativen Vorbelastung im Untersuchungsgebiet die relevanten Grenz- und Richtwerte der Leitsubstanzen NO2, PM10 und CO an der Grenze zum Nachbargrundstück eingehalten beziehungsweise nicht relevant erhöht würden.
17In einer weiteren Stellungnahme des Amtssachverständigen der MA 22 vom wurde im Wesentlichen dargelegt, die Stellungnahme vom bleibe weiterhin aufrecht. Seitens der MA 22 sei keine medizinische Stellungnahme abgegeben worden. Es seien lediglich die Schallpegelwerte der gemessenen örtlichen akustischen Situation mit jenen der in den Unterlagen angegebenen Schallimmissionen, die von der Lüftungsanlage ausgehen, verglichen worden.
18Mit Bescheid des Magistrates vom wurde der Revisionswerberin die Bewilligung erteilt, gemäß § 70 und § 73 in Verbindung mit § 68 Abs. 1 BO und in Anwendung des Wiener Garagengesetzes 2008 (im Folgenden: Garagengesetz) auf der betreffenden Liegenschaft - abweichend von dem (mit näher bezeichnetem Bescheid) bewilligten Bauvorhaben - nachstehende Änderungen, nämlich den Einbau von Zuluftöffnungen in den Garagentoren, den Einbau jeweils einer Zuluft- und einer Abluftöffnung in die hofseitige Fassadenfront der E-gasse sowie die Versetzung einer Türe zur Garage im Souterrain, durchzuführen (Spruchpunkt I.), sowie gemäß § 70 BO in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Z 5 Garagengesetz in der Garage die Herstellung einer Luftleitungsanlage zur Be- und Entlüftung herzustellen (Spruchpunkt II.), jeweils unter Vorschreibung von Auflagen. Zu den Einwendungen der mitbeteiligten Partei wurde in der Begründung ausgeführt, aus den Stellungnahmen der MA 15, 22 und 36 könnten für die Garagenentlüftungsanlage für drei Kfz keine den geltenden gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere des § 6 Abs. 6 BO, entgegenstehenden Faktoren erkannt werden.
19Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde an das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht), welches mit dem angefochtenen Erkenntnis aussprach: „Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG wird der Beschwerde stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und der Antrag auf Erteilung der Baubewilligung ... abgewiesen“. Eine ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.
20Das Verwaltungsgericht führte nach Wiedergabe des Verfahrensganges begründend im Wesentlichen aus, beim bestehenden Gebäude E-gasse 2 (ident mit H-straße 110) handle es sich um ein mehrgeschossiges Wohnhaus mit ausgebautem Dachgeschoss in offener Bauweise mit insgesamt neun Wohnungen. Ehemalige Lokalflächen (68,30 m2) im Souterrain sollten zu einer Garage für drei Kfz umgestaltet werden. Die Zufahrt zur Garage solle von der H-straße aus erfolgen, eine Zuluftöffnung solle im Garagentor an der H-straße eingebaut werden, eine weitere Zuluftöffnung sowie zwei Abluftöffnungen sollten in die hofseitige Außenmauer, die ca. 4,50 m von der Grundgrenze der angrenzenden Liegenschaft der mitbeteiligten Partei E-gasse 4 entfernt sei, eingebaut werden. Der Abstand der Abluftöffnung zum bebaubaren Bereich der Liegenschaft der mitbeteiligten Partei betrage ca. 8 m.
21Für die Bauliegenschaft gelte die Widmung Bauland-Wohngebiet. Die bebaubare Fläche sei durch Baufluchtlinien ausgewiesen, dahinter angrenzend sei die gärtnerische Ausgestaltung festgelegt.
22Vom Magistrat sei ein umfangreiches Ermittlungsverfahren durchgeführt worden, welches eine mündliche Verhandlung beinhaltet habe und in dem die Stellungnahmen der MA 22 hinsichtlich der zu erwartenden Luftschadstoffe und der zu erwartenden Lärmemissionen und der MA 15 hinsichtlich allfälliger gesundheitlicher Beeinträchtigungen eingeholt worden seien. Von der Revisionswerberin seien die Stellungnahme des Zivilingenieurs für technische Chemie, DI R., und eine gutachterliche Stellungnahme des Zivilingenieurs für Technische Physik, DI Dr. B., eingeholt worden.
23Vom Magistrat seien dann neuerlich Stellungnahmen der MA 22 zu den Schadstoffemissionen und den Schallemissionen eingeholt worden, und dieser komme zum Schluss, dass aus den vorliegenden, nachvollziehbaren Stellungnahmen der Amtssachverständigen der MA 22, 15 und 36 für die Garagenlüftungsanlage für drei Kfz im Souterrain des Wohnhauses keine den gesetzlichen Bestimmungen entgegenstehenden Faktoren erkannt werden könnten.
24Nach Wiedergabe von Rechtsvorschriften führte das Verwaltungsgericht weiter im Wesentlichen aus, die mitbeteiligte Partei sei Nachbarin im Sinne des § 134 Abs. 3 BO. Im Hinblick auf die Formulierung ihrer Einwände bereits in der Stellungnahme vom sei davon auszugehen, dass sich die Beschwerde gegen beide Spruchpunkte des Bescheides richte.
25Soweit die mitbeteiligte Partei vorbringe, für das gegenständliche Projekt sei eine Bewilligung gemäß § 61 BO erforderlich, sei diesem Vorbringen der klare Wortlaut des § 3 Abs. 1 Z 5 Garagengesetz entgegenzuhalten, wonach für die Bewilligung der Lüftungsanlage in der Garage eine Baubewilligung gemäß § 70 und 73 BO erforderlich sei. Genau dieses Verfahren sei vom Magistrat durchgeführt worden.
26Die mitbeteiligte Partei habe bereits im Verfahren vor dem Magistrat (rechtzeitig) eingewendet, dass die mit der geplanten Garagenlüftung eintretenden Lärm- und Luftschadstoffemissionen unzulässig seien. Dass im gegenständlichen Fall lediglich Pflichtstellplätze geschaffen werden sollten und es sich somit um Immissionen handle, die gemäß § 134a Abs. 1 lit. e zweiter Satz BO nicht geltend gemacht werden könnten, wie von der Revisionswerberin vorgebracht worden sei, sei nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes insoweit unerheblich, als es sich nicht um die baubehördliche Bewilligung der Garagenplätze, sondern um die Bewilligung der Lüftungsanlage handle.
27Im Verfahren seien - ausgehend von der technischen Beschreibung der D. GmbH - basierend auf unterschiedlichen Gutachten zwei verschiedene Standpunkte vertreten worden: Einerseits der Standpunkt der Revisionswerberin, wonach es sich bei der Errichtung der mechanischen Lüftungsanlage in der Garage um ein Bauwerk handle, welches nicht den den Nachbarn gemäß § 134a BO eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechten widerspreche, und andererseits der Standpunkt der mitbeteiligten Partei, wonach es durch den Betrieb dieser Garagenlüftungsanlage zu unzulässigen Emissionen im Sinne des § 134a Abs. 1 lit. e BO komme.
28Es sei somit zu prüfen gewesen, ob anhand der vorliegenden Unterlagen ausreichend festgestellt werden könne, ob die mitbeteiligte Partei durch die Garagenlüftung in einem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht beeinträchtig sei oder nicht.
29Zur Frage der Vorgangsweise bei Vorliegen einander widersprechender Gutachten habe der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Behörde auf Grund eigener Überlegungen mit entsprechender Begründung einem Gutachten wegen dessen größerer Glaubwürdigkeit beziehungsweise Schlüssigkeit den Vorzug geben könne. Sei die Behörde dazu nicht in der Lage, so könne sie den von ihr bestellten Sachverständigen auffordern, sich mit den Aussagen des anderen, insbesondere des (Privat-)Sachverständigen - gegebenenfalls unter neuerlicher Gewährung von Parteiengehör - im Detail auseinanderzusetzen. Die Aussagen von Amts- und Privatsachverständigen hätten grundsätzlich den gleichen verfahrensrechtlichen Beweiswert.
30Das Verwaltungsgericht gebe auf Grund eigener Überlegungen den von der mitbeteiligten Partei vorgelegten Stellungnahmen und Gutachten wegen deren größeren Schlüssigkeit den Vorzug:
31Ausgehend von der technischen Beschreibung der D. GmbH habe der Sachverständige DI R. in seiner Stellungnahme vom ausgeführt, dass er im technischen Bericht des Planers keinen Durchmesser der Ausblasöffnung sehen könne, sodass die Strömungsgeschwindigkeit dort nicht ermittelt werden könne. Eine Immissionsberechnung sei aus diesem Grund nicht möglich, aber auch deshalb, weil bei den üblichen Berechnungsmethoden, etwa ADAS, MISKAM oder der ÖNorm M 9440, immer von senkrechter Ausblasung über Dach ausgegangen werde. Weiters habe der Sachverständige DI R. ausgeführt, dass die unter Punkt 3 angeführten Emissionen auf einer geringen Gleichzeitigkeit und somit mittleren Anzahl von Stauereignissen bei der Ausfahrt beruhten. Es sei nicht auszuschließen, dass es nicht nur bei den Ausfahrten während des Öffnens der Rolltore, sondern auch durch die Konstruktion mit der verschiebbaren Parkplatte und dahinterliegendem Parkplatz zu vermehrten Stauereignissen und damit erhöhten Emissionen und somit auch Immissionen kommen könne. Es sei daher dringend anzuraten, die Abluft über Dach auszublasen, wie es auch in der ÖNorm H 6003:2012, Kapitel 6.1, für mechanische Entlüftungen empfohlen werde.
32Dieser Stellungnahme seien zwar nur Empfehlungen zu entnehmen, der Sachverständige DI B. führe jedoch in seinem Gutachten ebenfalls aus, dass eine Abluftführung waagrecht ins Freie - im Übrigen in unmittelbarer Umgebung der Zuluftöffnung - einerseits zu einem Luftkurzschluss zwischen Zu- und Abluft führe und andererseits der Ventilator nicht nur durch Betätigen des Lichtschalters bei Betreten der Garage in Betrieb genommen werde, sondern auch bei CO-Alarm. Kohlenmonoxid sei kein „konventioneller“ Luftschadstoff, wie es der Amtssachverständige behaupte, sondern ein hochgiftiges Gas, welches direkt in den Garten der mitbeteiligten Partei ausgeblasen werde. Es sei zwar etwas, aber nur minimal leichter als Luft, die Verbreitung hänge aber auch von den mikrometeorologischen Verhältnissen, den Druck- und Windverhältnissen, den Temperaturen und relativen Feuchten ab, somit auch davon, in welcher Höhe das ausgeblasene Gas bei waagrechter Ausblasung das Grundstück der mitbeteiligten Partei erreiche. Die Abluftführung müsse aus diesem Grund unbedingt senkrecht über Dach erfolgen, wobei sichergestellt sein müsse, dass eine Abgasgeschwindigkeit von 7 m/s und somit eine geeignete Abgasfahnenüberhöhung erzielt werde.
33Dem Amtssachverständigen der MA 22 sei dies zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden. Der Amtssachverständige habe in seiner Stellungnahme vom jedoch lediglich ausgeführt, dass es aufgrund der vorgelegten Schadstoffberechnung unter Einbeziehung von eigenen Ermittlungsschritten und Erfahrungen möglich sei, eine zusammenfassende beziehungsweise abschließende Beurteilung aus luftreinhaltetechnischer Sicht abzugeben. Aus den Berechnungen sei zu schließen, dass einerseits aufgrund der zu erwartenden Emissionen, hervorgerufen durch die Nutzung der drei Kfz-Stellplätze, und andererseits aufgrund der repräsentativen Vorbelastung im Untersuchungsgebiet die relevanten Grenz- und Richtwerte der Leitsubstanzen NO2, PM10 und CO an der Grenze zum Nachbargrundstück eingehalten beziehungsweise nicht relevant erhöht würden.
34Mit der aufgeworfenen Problematik, dass hochgiftiges CO Gas in 0,5 m Höhe auf das Grundstück der mitbeteiligten Partei geblasen werde und aus diesem Grund jedenfalls die Abluft senkrecht nach oben, 3 m über den First mit einer geeigneten Abgasfahnenüberhöhung zu erfolgen habe, habe sich der Amtssachverständige in keiner Weise auseinandergesetzt. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, um davon ausgehen zu können, dass der Amtssachverständige den Ausführungen des Privatsachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten sei. Da dies jedoch nicht erfolgt sei, sei davon auszugehen gewesen, dass durch den Betrieb der gegenständlichen Garagenlüftungsanlage die mitbeteiligte Partei in ihrem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht gemäß § 134a Abs. 1 lit. e BO verletzt sei.
35Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
36Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.
37Die Revisionswerberin replizierte.
38Die belangte Behörde erstattete eine „Revisionsbeantwortung“, in welcher sie sich den rechtlichen Ausführungen der Revisionswerberin vollinhaltlich anschloss und einen Antrag auf Zuerkennung von Schriftsatzaufwand stellte.
39Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
40Die Revision erweist sich in Anbetracht der Frage des Vorliegens eines Begründungsmangels als zulässig.
41In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, der geplante Betrieb der Garagenlüftungsanlage führe zu keiner Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten im Sinne des § 134a Abs. 1 lit. e BO. Seitens der Amtssachverständigen sei wiederholt festgehalten worden, dass gegen die Garagenlüftungsanlage aus technischer und gesundheitlicher Sicht keine Bedenken bestünden und die relevanten Grenz- und Richtwerte eingehalten würden, weswegen auch von keiner relevanten Belastung mit Luftschadstoffen auszugehen sei.
42Die eingeholten Privatsachverständigengutachten könnten diese Feststellungen keineswegs entkräften. Zum Gutachten von DI R. sei auszuführen, dass dieser lediglich, ohne nähere Erläuterung, ausgeführt habe, dass vermehrte Stauereignisse und damit erhöhte Emissionen nicht auszuschließen seien und es daher dringend anzuraten sei, die Abluft über das Dach abzublasen. Hieraus ergebe sich jedoch einerseits in keiner Weise, dass es sich bei den Immissionen um giftige Gase handle, welche aufgrund möglicher gesundheitlicher Auswirkungen über das Dach abzublasen wären. Ferner sei hervorzuheben, dass der Amtssachverständige der MA 22 in seiner Stellungnahme vom explizit auch unter dem Punkt „Gutachten“ auf die zu erwartende Stellplatzfrequenz Bezug genommen und festgehalten habe, dass die Grenz- und Richtwerte der Immissionen auf Grund der erfolgten Luftemissionsberechnung eingehalten würden. Der Amtssachverständige habe somit bei der Berechnung auch auf mögliche zu erwartende Stauereignisse Bedacht genommen. Andererseits seien seitens des Sachverständigen DI R. lediglich Empfehlungen geäußert worden, da dieser vorgebracht habe, dass es „anzuraten“ sei, die Abluft über das Dach abzublasen.
43Auch aus dem Gutachten von DI B. lasse sich nicht der Schluss ziehen, dass die geplante Garagenlüftungsanlage zu Immissionen führe, welche die Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten im Sinne des § 134a Abs. 1 lit. e BO zur Folge hätten. So führe der Privatsachverständige aus, dass es sich entgegen den Feststellungen der Amtssachverständigen bei Kohlenmonoxid um keinen konventionellen Luftschadstoff, sondern um ein hochgiftiges Gas handle, ohne dies jedoch (bis auf einen Verweis auf „wikipedia“) näher auszuführen. Die Amtssachverständigen, zuletzt der Amtssachverständige der MA 22 mit Stellungnahme vom , hätten jedoch wiederholt festgehalten, dass die Grenz- und Richtwerte der Leitsubstanzen, unter anderem ausdrücklich Kohlenmonoxid, eingehalten würden und eine relevante Erhöhung der Luftschadstoffe gerade nicht vorliege. Alleine aufgrund der chemischen Eigenschaft von Kohlenmonoxid dürfe eine Versagung nicht erfolgen; dies insbesondere, wenn in den vorgenommenen Abgasmessungen die Einhaltung der Grenz- und Richtwerte überprüft und bejaht worden sei.
44Wenn das Verwaltungsgericht nunmehr festhalte, dass sich die Amtssachverständigen mit der seitens DI B. aufgeworfenen Problematik, wonach giftiges CO Gas auf das Grundstück der mitbeteiligten Partei geblasen werde, überhaupt nicht auseinandergesetzt hätten, übersehe es offenkundig, dass, wenn die relevanten Grenz- und Richtwerte bereits an der Grenze zum Grundstück der mitbeteiligten Partei eingehalten würden, wie die Amtssachverständigen festgehalten hätten, dies erst recht auch für das Grundstück selbst gelten müsse.
45Schließlich halte der Sachverständige DI B. fest, dass die Problematik darin liege, wie und in welcher Höhe das ausgeblasene Gas bei waagrechter Ausblasung das Grundstück der mitbeteiligten Partei erreiche. Wenn jedoch bereits an der Grenze keine über der Norm liegende Belastung gegeben sei, stelle das Gas, welches das Grundstück tatsächlich erreiche, jedenfalls keine Immission im Sinne des § 134a BO dar. Vielmehr befänden sich die Immissionen jedenfalls im ortsüblichen Bereich und seien daher von der mitbeteiligten Partei als Nachbarin zu dulden. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass in einer Großstadt immer mit einer gewissen Belastung durch den Autoverkehr und dessen Immissionen zu rechnen sei. Im Ergebnis würden vom geplanten Bauvorhaben keine Immissionen im Sinne des § 134a BO ausgehen.
46Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung sei gefordert, dass das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung und die rechtliche Beurteilung des durch den Sachverständigen festgestellten Sachverhaltes vornehme. Alleiniges Zitieren des durch den Privatsachverständigen festgestellten Sachverhaltes mit Subsumption desselben unter die Norm entspreche nicht den durch die höchstgerichtliche Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätzen. Aus der freien Beweiswürdigung ergebe sich für das Verwaltungsgericht die unabdingbare Pflicht, in der Entscheidung die Erwägungen, von denen es sich bei der Würdigung habe leiten lassen, darzulegen. Eine solche Begründung bestehe in der Aufdeckung der Gedankengänge und Eindrücke, die dafür maßgeblich gewesen seien, dass eine Tatsache für wahr oder unwahr gehalten worden sei. Das Verwaltungsgericht entspreche mit der bloßen Darstellung des Gutachtens des Sachverständigen, ohne die bei seiner Würdigung maßgebenden Erwägung und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage (klar und übersichtlich) zusammenzufassen, nicht der ihm obliegenden Begründungspflicht.
47Insbesondere sei hierbei hervorzuheben, dass der Privatsachverständige DI B. seine gutachterliche Stellungnahme am abgegeben habe und die Amtssachverständigen der MA 22 daraufhin nachträglich mit gutachterlichen Stellungnahmen vom und (gemeint wohl: ) auf die von den Privatgutachtern aufgeworfene Problematik Bezug genommen hätten. Ein Begründungsmangel sei somit insbesondere dadurch gegeben, dass das Verwaltungsgericht ohne nähere Begründung quasi wortgleich an den Feststellungen des Privatsachverständigen DI B. festhalte, obwohl anschließend auf dessen gutachterliche Äußerung die MA 22 in zwei Stellungnahmen Bezug genommen habe. Somit hätte das Verwaltungsgericht die anschließend erfolgten Stellungnahmen der MA 22 in die Würdigung und Begründung miteinfließen lassen müssen. Der Begründungsmangel sei auch wesentlich, da die Amtssachverständigen festgehalten hätten, dass die relevanten Grenz- und Richtwerte eingehalten würden.
48Ferner sei die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes mit Aktenwidrigkeit behaftet. Der Amtssachverständige der MA 22 habe mit Stellungnahme vom festgehalten, dass die relevanten Grenz- und Richtwerte der Leitsubstanzen NO2, PM10 und CO an der Grenze zum Nachbargrundstück eingehalten beziehungsweise nicht relevant erhöht würden. Wenn das Verwaltungsgericht ausführe, dass sich der Amtssachverständige mit der von DI B. aufgeworfenen Problematik, namentlich dem Ausblasen von Kohlenmonoxid an der Grenze zum Grundstück der mitbeteiligten Partei, gar nicht auseinandergesetzt habe, sei dem entgegenzuhalten, dass der Amtssachverständige sehr wohl festgehalten habe, dass die relevanten Richtwerte an Kohlenmonoxid an der Grenze zum Grundstück der mitbeteiligten Partei eingehalten würden. Wenn die Richt- und Grenzwerte jedoch bereits an der Grenze eingehalten werden würden, könne dies nur bedeuten, dass die Grenz- und Richtwerte hinsichtlich des auf das Grundstück abgeblasenen Gases jedenfalls eingehalten würden. Der Amtssachverständige habe sich somit sehr wohl mit dieser Problematik auseinandergesetzt und diese verneint. Aufgrund dieser Aktenwidrigkeit komme das Verwaltungsgericht zu dem irrigen Schluss, dass sich die Gutachten nicht auf gleicher fachlicher Ebene begegnet seien, obwohl die Problematik hinsichtlich des CO Gases jedenfalls von den Amtssachverständigen wiederholt geprüft worden sei.
49Weiters hätte das Verwaltungsgericht eine Entscheidung nicht ohne erneute Beiziehung eines Sachverständigen treffen dürfen. Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes seien besondere Fachkenntnisse erforderlich und sei die Beiziehung von Sachverständigen verpflichtend, wenn die Organwalter der Behörde nicht über das notwendige Sachwissen verfügten. Die Behörde dürfe Fachfragen nur dann selbst beurteilen, wenn sie die Kenntnisse und Erfahrungen habe, die für die selbstständige fachliche Beurteilung von Fragen eines Wissensgebietes vorausgesetzt würden. Habe die Behörde jedoch, obwohl es erforderlich gewesen wäre, auf die Beiziehung eines Sachverständigen verzichtet, liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor. Wenn das Verwaltungsgericht festhalte, dass aufgrund der aufgeworfenen Problematik des DI B. das Bauvorhaben nicht zu bewilligen sei, da die Abgase über das Dach abzublasen wären, obwohl die Amtssachverständigen in einer anschließenden Stellungnahme vom dies verneint hätten, hätte das Verwaltungsgericht in Ermangelung des notwendigen Fachwissens jedenfalls erneut ein Sachverständigengutachten zu diesem Fragenkomplex einholen oder die Amtssachverständigen konkret mit der Frage der Notwendigkeit des Abblasens über dem Dach konfrontieren müssen. Es hätte diese Frage mangels Sachverstandes nicht selbst lösen dürfen.
50Ferner sei darauf hinzuweisen, dass erwartungsgemäß Privatsachverständigengutachten aufgrund der Tätigkeit für den Auftraggeber zu einem Ergebnis gelangten, welches tendenziell den Standpunkt des Auftraggebers stütze, während Amtssachverständige zur Objektivität verpflichtet seien und auch naturgemäß kein wirtschaftliches oder sonstiges Interesse daran hätten, dass der Standpunkt des Bauwerbers gestützt würde. Schließlich gälten für Amtssachverständige die Befangenheitsvorgaben des § 7 AVG, welche bei Privatsachverständigen keine Anwendung fänden. Auf diesen Umstand müsse Bedacht genommen werden, und es könne dieses unstrittige Faktum nicht einfach dadurch abgetan werden, dass Privat- und Amtssachverständige grundsätzlich den gleichen verfahrensrechtlichen „Beweiswert“ hätten. Es entspreche schließlich dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung, dass die einzelnen Beweismittel objektiv gleichwertig seien, somit sei dieser Grundsatz nicht bloß im Verhältnis von Privatsachverständigen zu Amtssachverständigen zu sehen, sondern ergebe sich vielmehr notwendig aus dem Wesen der freien Beweiswürdigung. Dies bedeute jedoch keinesfalls, dass der Umstand, dass die Privatsachverständigen eben nicht objektiv, sondern im Auftrag der mitbeteiligten Partei tätig geworden seien, durch das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall außer Acht gelassen werden könne. Vielmehr hätte es aufgrund dieses Umstandes darlegen müssen, weswegen aus objektiver Sicht anhand der Feststellungen der Privatsachverständigen entgegen den Feststellungen der Amtssachverständigen von Immissionen im Sinne des § 134a BO auszugehen sei. Die ohne genauere inhaltliche Begründung erfolgte Übernahme der Feststellungen des Privatsachverständigen sei hier jedenfalls nicht ausreichend.
51Aus den Stellungnahmen der (gemeint wohl: Privat-) Sachverständigen, in denen diese wiederholt ausführten, dass gewisse Umstände nicht ausgeschlossen werden könnten, respektive es sich bei Kohlenmonoxid aufgrund seiner chemischen Eigenschaft um ein giftiges Gas handle, ergebe sich, dass die Privatsachverständigen offenkundig bemüht seien, ein für den Standpunkt der mitbeteiligten Partei günstiges Bild darzulegen. Im Ergebnis sei auf Grund der schlüssigen Feststellungen der Amtssachverständigen davon auszugehen, dass keine Verletzung von subjektiv-öffentlichen Nachbarrechten zu befürchten sei und die Bewilligung des Bauvorhabens somit zu Recht erteilt worden sei.
52§ 6 BO, LGBl. Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. Nr. 25/2014, lautet auszugsweise:
„Zulässige Nutzungen
§6.
...
(6) In Wohngebieten dürfen nur Wohngebäude und Bauwerke, die religiösen, kulturellen oder sozialen Zwecken oder der öffentlichen Verwaltung dienen, errichtet werden. Die Errichtung von Gast-, Beherbergungs-, Versammlungs- und Vergnügungsstätten, von Büro- und Geschäftsbauwerken sowie die Unterbringung von Lagerräumen, Werkstätten oder Pferdestallungen kleineren Umfanges und von Büro- und Geschäftsräumen in Wohngebäuden ist dann zulässig, wenn sichergestellt ist, daß sie nicht durch Rauch, Ruß, Staub, schädliche oder üble Dünste, Niederschläge aus Dämpfen oder Abgasen, Geräusche, Wärme, Erschütterungen oder sonstige Einwirkungen, Gefahren oder den Wohnzweck beeinträchtigende Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen geeignet sind.
...“
53§ 134a BO, LGBl. Nr. 11/1930 in der Fassung LGBl. Nr. 25/2014, lautet auszugsweise:
„Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte
§ 134a. (1) Subjektiv-öffentliche Nachbarrechte, deren Verletzung die Eigentümer (Miteigentümer) benachbarter Liegenschaften (§ 134 Abs. 3) im Baubewilligungsverfahren geltend machen können, werden durch folgende Bestimmungen, sofern sie ihrem Schutze dienen, begründet:
...
e)Bestimmungen, die den Schutz vor Immissionen, die sich aus der widmungsgemäßen Benützung eines Bauwerkes ergeben können, zum Inhalt haben. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, die sich aus der Benützung eines Bauwerkes zu Wohnzwecken, für Schulen oder Kinderbetreuungseinrichtungen oder für Stellplätze im gesetzlich vorgeschriebenen Ausmaß ergibt, kann jedoch nicht geltend gemacht werden;
...“
54§ 1 Garagengesetz, LGBl. Nr. 34/2009 in der Fassung LGBl. Nr. 26/2014, lautet auszugsweise:
„Anwendungsbereich
§ 1. (1) Unter die Bestimmungen dieses Gesetzes fallen:
1.Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen,
2.kraftbetriebene Parkeinrichtungen und
3.Tankstellen.
(2) Soweit dieses Gesetz keine abweichenden Vorschriften enthält, gelten für die in Abs. 1 bezeichneten Bauwerke und Anlagen die Bestimmungen der Bauordnung für Wien.
...“
55§ 2 Garagengesetz, LGBl. Nr. 34/2009, in der Fassung LGBl. Nr. 26/2014, lautet auszugsweise:
„Begriffsbestimmungen
§ 2.
...
(2) Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen sind Stellplätze und überdachte Stellplätze, Parkdecks, Garagen sowie Garagengebäude.
(3) Stellplatz heißt jene Fläche, die dem Abstellen des einzelnen Kraftfahrzeuges dient.
...
(6) Garagen sind Räume oder Teile eines Gebäudes, welche zum Einstellen von Kraftfahrzeugen bestimmt sind.
...“
56§ 3 Garagengesetz, LGBl. Nr. 34/2009, in der Fassung LGBl. Nr. 26/2014, lautet auszugsweise:
„Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen - Allgemeines
§ 3. (1) Sofern nicht § 62 oder § 62a der Bauordnung für Wien zur Anwendung kommt, bedürfen einer baubehördlichen Bewilligung im Sinne der § 60 und 70, 70a, 71 oder 73 der Bauordnung für Wien:
1.Neu- und Zubauten von Bauwerken zum Einstellen von Kraftfahrzeugen;
2.die Verwendung von Flächen oder Räumen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen, ohne dass eine Bauführung erfolgt, soweit hiefür eine baubehördliche Bewilligung noch nicht vorliegt;
3.wesentliche bauliche Änderungen von Bauwerken zum Einstellen von Kraftfahrzeugen sowie ebensolche Abweichungen von Bauplänen, die nach diesem Gesetz ausgeführt werden dürfen (Abweichungen von bewilligten Bauvorhaben);
...
5.die Errichtung oder wesentliche Änderung von mechanischen Anlagen für die Be- und Entlüftung sowie für Rauch- und Wärmeabzugsanlagen von Garagen.
(2) Als wesentlich gelten Änderungen von Anlagen und Bauwerken, wenn sie von Einfluss auf die Festigkeit, die Feuersicherheit oder die Verkehrsverhältnisse sind oder geeignet sind, Gefährdungen oder unzumutbare Belästigungen im Sinne des § 6 herbeizuführen.
...“
57§ 6 Garagengesetz, LGBl. Nr. 34/2009, in der Fassung LGBl. Nr. 26/2014 lautet auszugsweise:
„Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen - Bauliche Anforderungen
§ 6. (1) Anlagen zum Einstellen von Kraftfahrzeugen müssen so geplant und ausgeführt sein, dass eine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Menschen oder eine Gefährdung des Eigentums oder sonstiger dinglicher Rechte nicht zu erwarten ist und Belästigungen von Nachbarn (wie Geruch, Lärm, Erschütterung, Wärme, Schwingungen und dergleichen) auf ein zumutbares Maß beschränkt bleiben. Unter einer Gefährdung des Eigentums ist die Möglichkeit einer bloßen Minderung des Verkehrswertes des Eigentums nicht zu verstehen. Ob Belästigungen der Nachbarn zumutbar sind, ist danach zu beurteilen, wie sich die durch das Bauwerk zum Einstellen von Kraftfahrzeugen verursachten Änderungen der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und auf einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen auswirken.
...“
58Die Revisionswerberin hat mit ihrem Antrag vom um die Bewilligung einer Lüftungsanlage, wie sich diese aus den beiliegenden Plänen ergibt, angesucht. Eine solche bedarf als Errichtung einer mechanischen Anlage für die Be- und Entlüftung von Garagen gemäß § 3 Abs. 1 Z 5 Garagengesetz einer Baubewilligung nach der BO und stellt ein sowohl von der Garage, in der die Lüftungsanlage verwirklicht werden soll (siehe § 3 Abs. 1 Z 1 leg. cit.), als auch von der Schaffung von Kfz-Stellplätzen (siehe § 3 Abs. 1 Z 2 leg. cit.) zu unterscheidendes und eigenständig zu beurteilendes Vorhaben dar (vgl. , mwN).
59Im Falle eines Baubewilligungsverfahrens für ein Vorhaben nach § 3 Abs. 1 Garagengesetz ergeben sich Nachbarrechte gemäß § 1 Abs. 2 Garagengesetz in Verbindung mit § 134a BO, modifiziert durch vorgehende Regelungen des Garagengesetzes wie etwa § 6 Abs. 1 leg. cit., der eine solche lex specialis, insbesondere zu § 6 Abs. 6 BO, darstellt (vgl. bereits zum Wiener Garagengesetz 1957 , mwN; ferner Moritz, BauO für Wien6 (2019), Anm. zu § 3 Abs. 1 GaragenG, 545).
60Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits zum Wiener Garagengesetz 1957 in der - mit § 3 Abs. 1 lit. e leg. cit. bereits einen eigenen Bewilligungstatbestand für die Errichtung oder Änderung von Anlagen für die Be- und Entlüftung von Garagen vorsehenden - Fassung LGBl. Nr. 7/2002 festgehalten, dass Nachbarn in einem solchen Bewilligungsverfahren geltend machen können, dass bei der widmungsgemäßen Nutzung der Anlage ein § 6 Abs. 1 leg. cit. hinsichtlich des Immissionsschutzes widersprechender Zustand herbeigeführt würde (vgl. erneut ).
61Dies gilt gleichermaßen für Vorhaben nach (nunmehr) § 3 Abs. 1 Z 5 Garagengesetz. Auch hier hat das Verwaltungsgericht daher eine Prüfung nach § 6 Garagengesetz durchzuführen. Dies selbst dann, wenn die vom Betrieb der Lüftungsanlage ausgehenden Immissionen von Pflichtstellplätzen stammen sollten: Es geht hier eben nicht um die Schaffung und die Benützung von Stellplätzen, sondern um eine Lüftungsanlage einer Garage.
62Abgesehen davon, dass sich der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht entnehmen lässt, auf Grundlage welcher den Nachbarn schützenden Norm das Verwaltungsgericht die Verletzung der mitbeteiligten Partei in ihrem Nachbarrecht auf Immissionsschutz gemäß § 134a Abs. 1 lit. e BO angenommen hat, hat es die Notwendigkeit einer Prüfung nach § 6 Garagengesetz verkannt.
63Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, wobei es sich erübrigt, auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen.
64Für das weitere Verfahren wird bemerkt, dass das Verwaltungsgericht (vgl. zur grundsätzlichen Entscheidungspflicht in der Sache durch das Verwaltungsgericht etwa , mwN) Feststellungen hinsichtlich der Immissionsbelastung der Liegenschaft des Nachbarn (vgl. hierzu ; , Ra 2015/05/0051), auch unter Berücksichtigung der zu erwartenden Fahrzeugbewegungen (vgl. hierzu , mwN), zu treffen haben wird. Ebenso wird es im Hinblick auf § 6 Abs. 1 Garagengesetz Feststellungen hinsichtlich der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse und ihrer Änderungen durch das gegenständliche Vorhaben sowie Feststellungen der Auswirkungen dieser Änderungen auf ein gesundes, normal empfindendes Kind und einen gesunden, normal empfindenden Erwachsenen zu treffen haben. Schon angesichts dieser Tatsachenfeststellungen wird es eine mündliche Verhandlung durchzuführen haben (vgl. hierzu etwa , 0049, mwN). Weiters wird das Verwaltungsgericht, ausgehend von diesen zu treffenden Feststellungen, die Rechtsfrage zu klären haben, ob durch die Garagenlüftungsanlage eine Gefährdung von Leben, Gesundheit, Eigentum oder anderer dinglicher Rechte verwirklicht wird bzw. ob eine Zumutbarkeit der Belästigungen für Nachbarn gegeben ist.
65Von der von der mitbeteiligten Partei beantragten mündlichen Verhandlung konnte bei der hier gegebenen Verfahrenslage gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil vorliegend vom Verwaltungsgerichtshof ausschließlich Rechtsfragen ohne besondere Komplexität zu lösen waren (vgl. , mwN zur Rechtsprechung des EGMR).
66Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
67Anderen Parteien als dem Revisionswerber (so insbesondere der belangten Behörde im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, wenn diese nicht selbst Revision erhebt) steht auch dann, wenn sie beantragen, der Revision stattzugeben, bei Aufhebung der angefochtenen Entscheidung kein Kostenersatz zu, da ein Beitritt als Streithelfer auf Seiten des Revisionswerbers im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof im Gesetz nicht vorgesehen ist (vgl. , mwN).
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019050231.L00 |
Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.