VwGH vom 27.07.2015, 2013/08/0114

VwGH vom 27.07.2015, 2013/08/0114

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des J P in S, vertreten durch Dr. Peter Perner, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Karolingerstraße 1, gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Salzburg vom , Zl. 20305-V/14.553/27-2013, betreffend Beitragspflicht nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei:

Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft - Landesstelle Salzburg in 5020 Salzburg, Auerspergstraße 24), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Zur Vorgeschichte ist auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/08/0043, zu verweisen. Demnach hat die belangte Behörde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom den Beschwerdeführer verpflichtet, für den Zeitraum vom bis zum näher angeführte Beiträge in der Pensions- und Krankenversicherung (§ 27 GSVG) sowie in der Unfallversicherung (§ 74 Abs. 1 ASVG) zu entrichten.

Mit dem genannten Erkenntnis vom wurde dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. In den Entscheidungsgründen legte der Verwaltungsgerichtshof dar, dass eine Überprüfung der angeführten Beiträge nicht möglich sei, weil weder aus dem Akteninhalt noch aus dem angefochtenen Bescheid hervorgehe, welche konkreten Daten vom Finanzamt übermittelt worden seien. Der erstinstanzliche Bescheid führe dazu lediglich aus, dass auf Grund des Datenaustausches mit dem Finanzamt "die entsprechenden Einkünfte der im Spruch angeführten Zeiträume" übermittelt worden seien und sich daraus die in der Folge angegebenen Beitragsgrundlagen ergeben würden. Vom Beschwerdeführer sei die mangelnde Nachvollziehbarkeit dieser Angaben gerügt worden. Dessen ungeachtet habe die belangte Behörde zwar die rechtlichen Grundlagen des Datenaustausches dargelegt und auf die Bindungswirkung abgabenbehördlicher Bescheide verwiesen, es jedoch unterlassen, die tatsächlich der Beitragsermittlung zugrunde gelegten Einkünfte zu ermitteln und nachvollziehbar darzustellen.

Zudem führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass es in Hinblick auf den unbestimmt gehaltenen Antrag des Beschwerdeführers auf "bescheidmäßige Erledigung" der mitbeteiligten Sozialversicherungsanstalt zwar freistehe, auch die Beiträge in einer der Rechtskraft fähigen Weise festzustellen. Vor dem Hintergrund des weiteren in diesem Schreiben enthaltenen Vorbringens wäre die erstinstanzliche Behörde jedoch gehalten, auch über die noch aushaftenden Beträge unter Einrechnung der bereits geleisteten Zahlungen zu entscheiden. Der Beschwerdeführer habe in seinem Einspruch gerügt, dass die "Beitragsleistung, wie im (erstinstanzlichen) Bescheid vom angeführt", nicht aushafte und Kosten und Verzugszinsen nicht aufgegliedert worden seien. Auch damit habe der Beschwerdeführer deutlich gemacht, dass er jedenfalls nicht bloß eine Feststellung der Beitragshöhe, sondern des aushaftenden Betrags anstrebte. In Verkennung der rechtlichen Verpflichtung, wonach über einen derartigen Antrag mit einem Leistungsbescheid abzusprechen sei, habe sich die belangte Behörde mit diesem Vorbringen nicht weiter auseinandergesetzt und mit der Bestätigung des erstinstanzlichen Ausspruchs erkennbar bloß die Verpflichtung zur Leistung der darin bestimmten jeweiligen monatlichen Beiträge festgestellt. Soweit der Abspruch aber dahin zu verstehen sein sollte, dass auf die darin angeführten Beiträge noch keinerlei Zahlungen - etwa durch Einbehaltung von Teilen des Pensionsbezugs - geleistet worden wären und zudem keine vom Beschwerdeführer zu tragenden Zinsen oder Kosten offen seien, stehe dies - ohne Begründung - nicht nur mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers, sondern auch mit dem Inhalt des Verwaltungsaktes nicht im Einklang.

1.2. Mit dem nunmehr ergangenen angefochtenen Ersatzbescheid vom hat die belangte Behörde entschieden, dass der Beschwerdeführer gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG im Zeitraum vom bis zum in der Kranken- und Pensionsversicherung pflichtversichert sei und dass er für diesen Zeitraum näher angeführte Beiträge in der Pensions-, Kranken- und Unfallversicherung zu entrichten habe.

Die belangte Behörde führte in ihrer Begründung zunächst zum Bestehen der Pflichtversicherung nach dem GSVG aus, der Beschwerdeführer habe bis dato kein Tatsachenvorbringen erstattet, das ungeachtet der als beendet gemeldeten (geringfügigen) Beschäftigung auf den Fortbestand einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit hinweisen hätte können. Dass die Beteiligung an der ausländischen Gesellschaft null Prozent betrage und der Beschwerdeführer auf diese Gesellschaft keinen Einfluss gehabt habe, sei für den gegenständlichen Sachverhalt unerheblich, weshalb feststehe, dass der Beschwerdeführer ab bis der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 3 GSVG unterliege.

Zu der vom Beschwerdeführer behaupteten Verjährung hielt die belangte Behörde fest, dass die inhaltlich nicht näher nachvollziehbaren Verweise auf ein Klagsverfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht nicht dazu geeignet seien, im vorliegenden Verwaltungsverfahren nähere Erkenntnisse für eine Beitragsverjährung zu liefern. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt (SVA) sei den Ausführungen des Beschwerdeführers im erstinstanzlichen Verfahren jeweils mit fristgerecht erfolgten Eintreibungsmaßnahmen entgegengetreten. Die diesbezüglichen Postaufträge und Einzahlungsaufforderungen im Februar 1999, Juni 2000, Juni 2002, März 2004, September 2005 und April 2007 habe der Beschwerdeführer allerdings nachweislich nicht angenommen bzw. nicht behoben. All dies ergebe sich aus dem Akteninhalt und den schlüssigen und in sich widerspruchsfreien Angaben. Die Beiträge seien daher gemäß § 40 GSVG nicht verjährt.

Hinsichtlich der Beitragsgrundlagen wies die belangte Behörde darauf hin, dass im vorliegenden Fall keine Einkommensteuerbescheide für die betreffenden Jahre erstellt worden seien. Folglich habe man die Mindestbeitragsgrundlagen mit dem im Gesetz jeweils festgelegten und nachvollziehbaren Betrag vorgeschrieben.

1.3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

1.4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, die mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid festgesetzten Beiträge seien verjährt. Es komme im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf an, wann die SVA die Beiträge vorgeschrieben habe, sondern auf jenen Zeitpunkt, zu dem auf Grund der Verfügbarkeit der Lohnsteuerdaten und des Einkommensteuerbescheides eine Feststellung der endgültigen Beitragsgrundlage möglich gewesen wäre. Wann die mitbeteiligte SVA den dafür notwendigen Datenaustausch hätte vornehmen können bzw. im gegenständlichen Fall feststellen müssen, dass die Einkommensteuerbescheide gar nicht vorliegen, habe die belangte Behörde unter Beachtung des Laufes und der Dauer der Verjährungsfrist nicht festgestellt. Es sei davon auszugehen, dass dies innerhalb der Verjährungsfrist des § 40 GSVG möglich gewesen wäre, weshalb die nunmehrige Feststellung der Mindestbeitragsgrundlage und somit die Festsetzung der Mindestbeiträge (fast 20 Jahre nach Fälligkeit) verjährt sei. Die Fälligkeit gemäß § 35 GSVG sei bereits lange vor Ablauf der Verjährungsfrist vorgelegen. Die Beiträge im Kalenderjahr 1994 seien spätestens mit verjährt gewesen, für die folgenden Jahre gelte die Verjährung entsprechend (für das Kalenderjahr 1995 verjährt am , für das Kalenderjahr 1996 verjährt am etc.).

2.2. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf:

§ 40 Abs. 1 GSVG lautet:

"§ 40. (1) Das Recht auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen verjährt binnen drei Jahren vom Tag der Fälligkeit der Beiträge. Diese Verjährungsfrist der Feststellung verlängert sich jedoch auf fünf Jahre, wenn der Versicherte die Erstattung einer Anmeldung bzw. Änderungsmeldung oder Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge unterlassen oder unrichtige Angaben über das Versicherungsverhältnis bzw. über die Grundlagen für die Berechnung der Beiträge gemacht hat, die er bei gehöriger Sorgfalt als unrichtig hätte erkennen müssen. Die Verjährung des Feststellungsrechtes wird durch jede zum Zwecke der Feststellung getroffene Maßnahme in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem der Zahlungspflichtige hievon in Kenntnis gesetzt wird. Die Verjährung ist gehemmt, solange ein Verfahren in Verwaltungssachen bzw. vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes über das Bestehen der Pflichtversicherung oder die Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen anhängig ist."

Voraussetzung für die Verjährung des Rechts auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung von Beiträgen ist daher, dass die Fälligkeit der Beiträge eingetreten ist. Die Fälligkeit der Beiträge ergibt sich aus den in § 35 GSVG getroffenen Regelungen, die - soweit hier maßgeblich - folgenden Wortlaut haben:

"§ 35. (1) Die Beiträge sind, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, mit dem Ablauf des Kalendermonates fällig, für den sie zu leisten sind. Der Beitragsschuldner hat auf seine Gefahr und Kosten die Beiträge an den Versicherungsträger unaufgefordert einzuzahlen. Sie bilden mit den Beiträgen zur Unfallversicherung eine einheitliche Schuld. Soweit der Versicherungsträger Beiträge für die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (§ 250) einhebt, wird er auch dann als deren Vertreter tätig, wenn er alle Beitragsforderungen in einem Betrag geltend macht. Dies gilt auch für die Einhebung von Verzugszinsen, sonstigen Nebengebühren (§ 37 Abs. 2), Gerichts- und Justizverwaltungsgebühren sowie im Verfahren vor Gerichten und Verwaltungsbehörden. Teilzahlungen werden anteilsmäßig und bei Beitragsrückständen auf den jeweils ältesten Rückstand angerechnet.

(2) Werden die Beiträge durch den Versicherungsträger für die Beitragsmonate eines Kalendervierteljahres gemeinsam vorgeschrieben, so sind diese Beiträge mit dem Ablauf des zweiten Monates des betreffenden Kalendervierteljahres fällig. Werden Beiträge auf Grund einer nachträglichen Feststellung der Einkünfte des Versicherten durch die Finanzbehörden vorgeschrieben, so sind sie mit dem Letzten des zweiten Monates des Kalendervierteljahres fällig, in dem die Vorschreibung erfolgt."

Unter einer die Feststellungsverjährung unterbrechenden Maßnahme ist die nach außen hin in Erscheinung tretende und dem Schuldner zur Kenntnis gebrachte Tätigkeit des zuständigen Versicherungsträgers zu verstehen, die der rechtswirksamen Feststellung der Beiträge dient. Entsprechend dem Regelungszweck des § 40 Abs. 1 GSVG, nach dem immer dann (aber nur dann) eine Verjährung des Rechtes auf Feststellung der Verpflichtung zur Zahlung eintreten soll, wenn gegenüber dem Schuldner innerhalb der gesetzten Fristen keine auf die Verpflichtung zur Zahlung gerichtete Maßnahme gesetzt wird, sind aber auch andere objektiv dem Feststellungsziel dienende Aktivitäten des Sozialversicherungsträgers, wie zB die Übersendung von Kontoauszügen über die Rückstände an bestimmten Beiträgen durch den Versicherungsträger, als Maßnahmen im Sinn des § 40 Abs. 1 GSVG zu werten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/08/0177, mwN).

Wie sich aus den - vom Beschwerdeführer nicht bestrittenen - Ausführungen im angefochtenen Bescheid und aus den in den vorgelegten Verwaltungsakten befindlichen Postauftragsscheinen und Einzahlaufforderungen vom Februar 1999, Juni 2000, Juni 2002, März 2004, September 2005 und April 2007 ergibt, hat die mitbeteiligte SVA durch diese gegenüber dem Beschwerdeführer gesetzten Maßnahmen die Verjährungsfrist im Sinne der obigen Ausführungen noch vor deren Ablauf unterbrochen, sodass dieser Einwand des Beschwerdeführers nicht verfängt. Im Weiteren ist diese Frist sowohl durch das mit dem Vorerkenntnis 2009/08/0043 abgeschlossene als auch durch das gegenständliche Verfahren beim Verwaltungsgerichtshof gehemmt worden.

2.3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am