VwGH vom 19.05.2011, 2010/21/0442
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Ö, vertreten durch Mag. Klaudius May, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Franz-Josef-Straße 41, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Salzburg vom , Zl. 1/01- 536/1/1-2010, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am in das Bundesgebiet ein und beantragte hier die Gewährung von Asyl. Dieser Antrag wurde erstinstanzlich mit Bescheid vom abgewiesen, der dagegen erhobenen Beschwerde gab der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom keine Folge. Der Beschwerdeführer stellte daraufhin einen (weiteren) Antrag auf internationalen Schutz, der jedoch ebenfalls erfolglos blieb; das Bundesasylamt wies den Antrag unangefochten mit Bescheid vom gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück und verfügte zugleich gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die Ausweisung des Beschwerdeführers aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Türkei.
Bereits am stellte der Beschwerdeführer hierauf den Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nach § 44 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG).
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies der Bürgermeister der Stadt Salzburg (die belangte Behörde) diesen Antrag ab. Das wurde im Bescheid im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer zwar die Voraussetzungen des § 44 Abs. 4 Z 1 und 2 NAG erfülle. Der Grad der Integration des Beschwerdeführers reiche jedoch nicht aus, um nach § 44 Abs. 4 NAG einen besonders berücksichtigungswürdigen Fall zu begründen "bzw. sind keine besonderen Aspekte von Integration hervorgetreten". Im Einzelnen führte die belangte Behörde dazu aus, dass der Beschwerdeführer seit seiner Einreise ins Bundesgebiet noch nie selbsterhaltungsfähig gewesen sei, sondern Lebensunterhalt, Miete, Heizung und Bekleidung ausschließlich durch Leistungen aus der Sozialhilfe bestritten habe. Diese Leistungen hätten bis bereits ein Ausmaß in Höhe von über EUR 53.000,-- erreicht. Nunmehr habe der Beschwerdeführer eine Haftungserklärung seines in Eisenerz wohnhaften Vaters, eines österreichischen Staatsbürgers, vorgelegt. Dieser verfüge über ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von EUR 1.703,41. Laut "Sozialhilfe-Kostenblatt" sei der Beschwerdeführer von seinem Vater bis Ende 2009 jedoch nie finanziell unterstützt worden, obwohl er nach eigenen Angaben einen engen persönlichen Kontakt zu seinem Vater habe. Obwohl sich der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde weiter - bereits seit über acht Jahren im Bundesgebiet aufhalte, könne er weder eine schulische noch eine berufliche Aus-, Weiter- oder Fortbildung nachweisen. Er sei auch bislang noch nie erwerbstätig gewesen und habe ungeachtet seiner Angaben, über Kenntnisse der deutschen Sprache zu verfügen, keinen Nachweis über die Teilnahme an Deutschsprachkursen beigebracht. Er lebe schließlich nicht in Lebensgemeinschaft mit einer Österreicherin oder dauernd aufenthaltsberechtigten Fremden, was zu einer Aufenthaltsverfestigung führen könnte. Durch den Bezug von Sozialhilfeleistungen zwischen 2004 und 2009 habe er "eindrucksvoll dokumentiert", dass er als "selbsterhaltungsunfähig" zu bezeichnen sei und relativiere sich daher auch die Tragfähigkeit der für ihn abgegebenen Haftungserklärung. Seine Beschäftigungslosigkeit bzw. "Selbsterhaltungsunfähigkeit", seine nicht vorhandene berufliche Ausbildung und das Fehlen von Deutschkenntnissen wiesen ebenfalls auf eine schwache Integration in Österreich hin.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:
Gemäß § 44 Abs. 4 NAG kann im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine quotenfreie "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige nachweislich seit dem durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist und
2. mindestens die Hälfte des Zeitraumes des festgestellten durchgängigen Aufenthalts im Bundesgebiet rechtmäßig gewesen ist.
Die Behörde hat dabei den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der deutschen Sprache, zu berücksichtigen.
Der Beschwerdeführer führt gegen die Auffassung der belangten Behörde, bei ihm liege kein "besonders berücksichtigungswürdiger Fall" vor, im Ergebnis ins Treffen, er sei - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - selbsterhaltungsfähig und verfüge über umfassende Deutschkenntnisse. Außerdem hätte beachtet werden müssen, dass sein Vater, ein österreichischer Staatsbürger, im Inland lebe.
Was zunächst den letztgenannten Gesichtspunkt anlangt, so steht allerdings fest, dass mit dem Vater kein gemeinsamer Haushalt besteht. Außerdem lässt der - 1978 geborene - Beschwerdeführer unbestritten, dass er bis Ende 2009 von seinem Vater keine Unterstützungsleistungen erhalten hat und Sozialhilfe bezog. Davon ausgehend kann der belangten Behörde aber nicht entgegengetreten werden, wenn sie allein in Anbetracht des österreichischen Vaters des volljährigen Beschwerdeführers in familiärer Hinsicht "keine besonderen Aspekte von Integration" zu erkennen vermochte.
In ihre Beurteilung bezog die belangte Behörde im Übrigen zutreffend mit ein, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet noch nie einer Beschäftigung nachgegangen ist und hier keine spezifische schulische oder berufliche Ausbildung genossen hat. Von daher ist es dann aber letztlich nicht mehr entscheidend, ob der Beschwerdeführer, wie in der Beschwerde vertreten, nunmehr als selbsterhaltungsfähig zu beurteilen ist und ob er über "umfassende Deutschkenntnisse" - im Verwaltungsverfahren war demgegenüber schlichtweg von "Deutschkenntnissen" die Rede - verfügt. Insgesamt liegt damit jedenfalls noch nicht ein solcher Integrationsgrad vor, dass von einem "besonders berücksichtigungswürdigen Fall" gesprochen werden könnte (vgl. zu einer ähnlich gelagerten Konstellation das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0270). Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
UAAAE-81646