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VwGH vom 24.01.2012, 2008/18/0569

VwGH vom 24.01.2012, 2008/18/0569

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Dr. Robl, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des M K in W, vertreten durch Dr. Lennart Binder, LL.M., Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/413.842/2007, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom , Zl. E1/231.776/2008, betreffend Ausweisung gemäß § 53 FPG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen indischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG aus dem Bundesgebiet aus.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei im Jänner 2001 mit einem Visum C nach Österreich eingereist und habe nur etwa zwei Monate später eine österreichische Staatsbürgerin geheiratet sowie die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt.

Mit Bescheid vom sei gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden, weil der Beschwerdeführer eine Aufenthaltsehe geschlossen habe, ohne ein gemeinsames Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK geführt zu haben. Die dagegen erhobene Beschwerde sei vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom als unbegründet abgewiesen worden. Einem am vom Beschwerdeführer gestellten Antrag auf Aufhebung des Aufenthaltsverbotes habe letztlich die Erstbehörde mit Bescheid vom stattgegeben. Die Abweisung eines am gestellten Asylantrages des Beschwerdeführers sei am in Rechtskraft erwachsen. Damit sei seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz beendet und er verfüge seither über keinen Aufenthaltstitel.

Der Beschwerdeführer sei zwar mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, doch handle es sich dabei um eine Aufenthaltsehe. Der Beschwerdeführer sei vom Bezirksgericht Josefstadt zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Wochen verurteilt worden, weil er seine Ehefrau zu einer falschen Zeugenaussage betreffend Aufenthaltsehe bestimmt habe. Angesichts seiner familiären Bindungen zu einer im Bundesgebiet lebenden Schwester, der bereits die österreichische Staatsbürgerschaft verliehen worden sei, und des Vorliegens ausreichender Unterhaltsmittel durch eigene Arbeit sei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen, der jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele - hier: zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens - dringend geboten und zulässig sei. Der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein besonders hoher Stellenwert zu. Gegen dieses Interesse verstoße das dargelegte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers jedoch gravierend.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Zu der behaupteten Unzuständigkeit der belangten Behörde führt die Beschwerde aus, dem Beschwerdeführer komme durch die aufrechte Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin der Status eines "begünstigten Drittstaatsangehörigen" zu. Es sei daher nach der entsprechenden EU-Richtlinie bei einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie der gegenständlichen Ausweisung, die Entscheidung durch eine tribunalähnliche Instanz vorzunehmen.

Dem ist zu erwidern, dass sich weder aus der Beschwerde noch aus dem Verwaltungsakt Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die österreichische Ehefrau des Beschwerdeführers ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen hätte und der Beschwerdeführer somit allenfalls ein begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG sei. Gegen die Zuständigkeit der belangten Behörde für die Erlassung des angefochtenen Bescheides gemäß § 9 Abs. 1 Z. 2 FPG bestehen daher schon aus diesem Grund keine Bedenken (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/18/0174, mwN).

Gemäß § 53 Abs. 1 FPG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) können Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten.

Soweit der Beschwerdeführer bemängelt, ihm sei die Möglichkeit genommen worden, in einem gerichtsähnlichen Verfahren der Aufenthaltsehe entgegenzutreten, ist er auf die schon dargestellte Zuständigkeit der belangten Behörde für die hier gegenständliche Ausweisung und auf die im Rahmen der Berufung ausreichend eingeräumte Gelegenheit, sich zu diesem Thema rechtliches Gehör zu verschaffen, zu verweisen. Im Übrigen begegnete im bereits oben genannten, die Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes gegen den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom , Zl. 2002/18/0145, die Beweiswürdigung keinen Bedenken, und es wurde die aus den Feststellungen gezogene Schlussfolgerung des Vorliegens einer Aufenthaltsehe nicht als rechtswidrig erkannt.

Auf das vom Beschwerdeführer angesprochene Ehenichtigkeitsverfahren kommt es nicht an, weil die fremdenpolizeiliche Feststellung hinsichtlich des Vorliegens einer Aufenthaltsehe die Nichtigerklärung der Ehe nicht voraussetzt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0147, mwN). Ebenso wenig ist aus der gemäß § 138 Abs. 1 ABGB abzuleitenden, widerleglichen Vermutung der Ehelichkeit des am geborenen Kindes der Ehefrau des Beschwerdeführers zu gewinnen, weil sich diese Rechtsfolge allein aus dem - hier unstrittigen - formalen Bestand der Ehe und dem Tag der Geburt ergibt (vgl. das schon genannte Erkenntnis vom , Zl. 2002/18/0145, mwN).

Von einem gemeinsamen Familienleben des Beschwerdeführers und seiner österreichischen Ehefrau sowie dem Kind gehen weder der angefochtene Bescheid noch die Beschwerde aus, sodass weder nach der vom Beschwerdeführer zitierten Entscheidung des EGMR vom , Nr. 50.435/99, Rodrigues da Silva und Hoogkamer gegen die Niederlande, aus der EMRK, noch im Hinblick auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom , C-256/11, Rs. Dereci u.a., aus dem Unionsrecht die Gewährung eines Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet geboten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/18/0189).

Mit dem Beschwerdehinweis auf den siebenjährigen Aufenthalt in Österreich sowie die sprachliche, soziale und berufliche Integration des Beschwerdeführers werden keine Gründe ins Treffen geführt, welche die belangte Behörde bei ihrer Interessenabwägung gemäß § 66 FPG nicht schon ausreichend berücksichtigt hätte.

Da somit dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
MAAAE-81627