VwGH vom 09.11.2010, 2010/21/0421
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des H, vertreten durch Mag. Michael-Thomas Reichenvater, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 13/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom , Zl. E 1/7548/2009, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Anhand der Beschwerde sowie der mit ihr vorgelegten Kopie des angefochtenen Bescheides ergibt sich Folgendes:
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus.
Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei am mit dem Flugzeug über den Flughafen Wien-Schwechat in das Bundesgebiet eingereist. In der Folge habe er einen Asylantrag gestellt, über den am zweitinstanzlich "rechtskräftig negativ entschieden" worden sei. Seit halte sich der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, weil er über keine "Bewilligung nach dem Asyl- oder Fremdengesetz" verfüge.
Bereits ein mehrmonatiger unrechtmäßiger Aufenthalt gefährde die öffentliche Ordnung in hohem Maße. Die Ausweisung sei demnach zur Wahrung der öffentlichen Ordnung dringend geboten. Die Übertretung fremdenpolizeilicher Vorschriften stelle einen gravierenden Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung dar. Der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Im gegenständlichen Fall komme noch hinzu, dass der Beschwerdeführer am mit einer österreichischen Staatsbürgerin eine Aufenthaltsehe eingegangen sei. Ein gemeinsames Familienleben habe er mit seiner Ehefrau nie geführt. Aus diesem Grund sei auch gegen den Beschwerdeführer ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Rückkehrverbot erlassen worden. Einer gegen den diesbezüglichen Bescheid eingebrachten Beschwerde habe der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0002, keine Folge gegeben. Die Erlassung der gegenständlichen Ausweisung sei sohin auch erforderlich, um das Rückkehrverbot durchzusetzen, so dass es gemäß § 62 Abs. 4 FPG als Aufenthaltsverbot gelte.
Durch die Erlassung der Ausweisung komme es zu einem relevanten Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers. In Österreich hielten sich vier Cousins und zwei Brüder von ihm auf. Einer von ihnen sei österreichischer Staatsbürger. Er pflege zu diesen - seinen eigenen Angaben zufolge - engen familiären Kontakt. Allerdings hielten sich in der Türkei die Mutter, eine Schwester und ein weiterer Bruder des Beschwerdeführers auf. Sohin könne davon ausgegangen werden, dass er auch in seinem Heimatland über familiäre Beziehungen verfüge. Der Beschwerdeführer halte sich bereits seit geraumer Zeit im Bundesgebiet auf. Derzeit gehe er keiner legalen Beschäftigung nach. Das Arbeitsmarktservice Graz habe bestätigt, dass die "aktuelle Beschäftigungsbewilligung" bis Mai 2010 Gültigkeit gehabt hätte.
Die öffentlichen Interessen an der Erlassung der Ausweisung und die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung derselben wögen unverhältnismäßig schwerer als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers, zumal er am eine Aufenthaltsehe eingegangen sei und er trotz Abweisung seines Asylantrages unerlaubt weiter im Bundesgebiet aufhältig sei. Weiters sei darauf hinzuweisen, dass bereits im Rahmen der Erlassung des Rückkehrverbotes eine Beurteilung nach § 66 FPG vorzunehmen gewesen sei, die zu Lasten des Beschwerdeführers ausgefallen sei. Die nunmehr neuerliche Beurteilung nach § 66 FPG lasse nicht erkennen, dass mit der Ausweisung ein unzulässiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden wäre. Er sei mittlerweile geschieden, gehe keiner legalen Beschäftigung im Bundesgebiet nach und habe familiäre Bindungen im Heimatstaat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erwogen:
Hinsichtlich der Vorgeschichte wird auf das den Beschwerdeführer betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 2007/21/0002, verwiesen, mit dem der Verwaltungsgerichtshof seine Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom betreffend Erlassung eines befristeten Rückkehrverbotes abgewiesen hat.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, sich unrechtmäßig im Bundesgebiet aufzuhalten. Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch sonst keine Hinweise dafür zu erkennen, dass die Ansicht der belangten Behörde, der Ausweisungstatbestand nach § 53 Abs. 1 FPG sei erfüllt, rechtswidrig wäre.
Der Beschwerdeführer bekämpft den Bescheid der belangten Behörde ausschließlich unter dem Blickwinkel des § 66 FPG. Er bringt in diesem Zusammenhang vor, es habe sich bei der von ihm geschlossenen Ehe um keine Aufenthaltsehe gehandelt, weil ansonsten ein Ehenichtigkeitsverfahren eingeleitet worden und die Ehe nicht, so wie geschehen, im Einvernehmen nach § 55a Ehegesetz geschieden worden wäre. Dazu ist er auf das bereits erwähnte (ihn betreffende) Erkenntnis vom hinzuweisen, wonach dieses Argument schon im Verfahren zur Erlassung des Rückkehrverbotes, das sich auf das Eingehen einer Aufenthaltsehe stützte, als nicht ausreichend angesehen wurde, um die Ansicht der belangten Behörde, es habe eine Aufenthaltsehe vorgelegen, erfolgreich in Frage stellen zu können.
Des Weiteren verweist der Beschwerdeführer auf seinen seit Oktober 2002 durchgehenden Aufenthalt, seine seit dem Jahr 2005 "mit kurzfristigen Unterbrechungen" erfolgte Beschäftigung und seine im Bundesgebiet aufhältigen Verwandten, die ihn finanziell unterstützten. Es sei - so das Vorbringen weiter - ihm überdies nicht zum Nachteil anzurechnen, dass er seit Abschluss des Asylverfahrens keine Möglichkeit mehr habe, einer legalen Beschäftigung nachzugehen.
Dazu ist auszuführen, dass die belangte Behörde diese Umstände bei ihrer Abwägung berücksichtigt hat. Zutreffend hat die belangte Behörde aber auch darauf hingewiesen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung - und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses - ein hoher Stellenwert zukommt. Dagegen verstoßen Fremde - wie auch der Beschwerdeführer - , die trotz negativen Abschlusses ihres Asylverfahrens unrechtmäßig im Bundesgebiet verbleiben, was eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0149). Unter Berücksichtigung, dass der Beschwerdeführer zudem trachtete, sich durch das Eingehen einer Aufenthaltsehe in Österreich ein (dauerhaftes) Aufenthaltsrecht zu verschaffen, kann die Ansicht der belangten Behörde, die Interessenabwägung sei zu Lasten des Beschwerdeführers zu treffen, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Die zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände sind in Anbetracht dessen in ihrer Gesamtheit betrachtet nicht von einem solchen Gewicht, dass sie eine Unverhältnismäßigkeit der Ausweisung begründen könnten, zumal sein bisheriger Aufenthalt lediglich auf einen unbegründeten Asylantrag zurückzuführen war. Die mit der Wiedereingliederung in sein Heimatland verbundenen Schwierigkeiten hat der Beschwerdeführer im öffentlichen Interesse in Kauf zu nehmen. Dass er in seinem Heimatland gänzlich entwurzelt wäre, hat er selbst nicht vorgebracht. Die Feststellungen der belangten Behörde, dass in der Türkei noch seine Mutter, eine Schwester und ein weiterer Bruder lebten, wurden von ihm nicht bestritten. Dass der Beschwerdeführer unbescholten ist, vermag hingegen eine entscheidungswesentliche Stärkung seiner persönlichen Interessen nicht herbeizuführen.
Da sohin bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.
Wien, am
Fundstelle(n):
EAAAE-81608