VwGH vom 26.01.2012, 2010/21/0417
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des O in G, vertreten durch Dr. Helmut Klementschitz, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Friedrichgasse 6, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 153.951/7- III/4/10, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Dem Beschwerdeführer, einem ägyptischen Staatsangehörigen, waren beginnend mit wiederholt Aufenthaltstitel zum Zweck eines Studiums an der Karl Franzens-Universität in Graz erteilt worden. Am beantragte er fristgerecht die Verlängerung der letzten Aufenthaltsbewilligung. Erhebungen an der genannten Universität brachten jedoch zu Tage, dass der Beschwerdeführer keinen Studienerfolg vorweisen konnte. Im Hinblick darauf wurde sein Antrag mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , bestätigt mit Bescheid der belangten Behörde vom , gemäß § 64 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG abgewiesen. Dieser Bescheid ist vor dem Verwaltungsgerichtshof unbekämpft geblieben.
Am hatte der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerin B. geheiratet und - darauf gestützt - am einen weiteren (die Zweckänderung des bestehenden Aufenthaltsrechts anstrebenden) Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gemäß § 47 NAG gestellt.
Behördliche Erhebungen erbrachten Anhaltspunkte dafür, dass die genannte Ehe nur zum Schein abgeschlossen worden war. B. hatte - nach leugnender Verantwortung bei einer Einvernahme am - am zugestanden, den Beschwerdeführer gegen Entgelt nur zum Schein geehelicht zu haben. Die Ehe sei nie vollzogen worden. Tatsächlich habe sie ständig gemeinsam mit ihrem Freund S., von dem sie ein Kind erwarte, gewohnt. S. bestätigte bei einer niederschriftlichen Einvernahme diesen Umstand und erklärte, dass das Kind, welches B. erwarte, von ihm stamme. In der Folge anerkannte er die Vaterschaft zu dem gemeinsamen, am geborenen Sohn.
Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom wurde B. auf Grundlage des dargestellten Sachverhaltes wegen des Vergehens des Eingehens einer Aufenthaltsehe nach § 117 Abs. 2 FPG bestraft.
Mit dem vorliegend angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung des Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG ab.
Begründend führte sie nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage aus, die mit der Österreicherin B. am geschlossene Ehe sei als Aufenthaltsehe zu beurteilen. Demnach sei gemäß § 11 Abs. 1 Z. 4 NAG die Erteilung eines Aufenthaltstitels auf Grund des vom Beschwerdeführer gestellten Zweckänderungsantrages zwingend zu versagen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 775/10-3, ablehnte und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Über die im vorliegenden Verfahren ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich zunächst dagegen, dass seine Eheschließung mit der Österreicherin B. nur zum Schein erfolgt sei. Er macht geltend, B. am aus Liebe geheiratet und mehrere Monate lang mit ihr ein Familienleben geführt zu haben. Dazu verweist er auf seine in diesem Sinn erfolgte, von B. am bestätigte Aussage und auf die Geburt eines ehelichen Sohnes am . Bei richtiger Beweiswürdigung wäre daher dem eigenen Standpunkt (einer Liebesheirat) zu folgen gewesen.
Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die behördlichen Tatsachenannahmen infolge unrichtiger Beweiswürdigung ergangen wären. Es ist nämlich kein Grund dafür zu ersehen, weshalb B. - in ausdrücklicher Abweichung von ihrer ursprünglichen Aussage vom - unrichtigerweise die Begehung einer Straftat gestehen und deshalb eine (letztlich tatsächlich erfolgte) strafgerichtliche Verurteilung in Kauf nehmen sollte. Zu den eindeutigen Angaben der B., aus denen sich eine nur zum Schein geschlossene Ehe mit dem Beschwerdeführer ergibt, kommen die Ausführungen des Zeugen S., mit B. zusammen gewohnt zu haben und Vater des gemeinsamen, am geborenen Kindes zu sein. Der unter Verwertung dieser Beweisergebnisse ergangenen Entscheidung der belangten Behörde liegt somit keine unschlüssige Beweiswürdigung zu Grunde.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, er sei keiner Befragung durch die belangte Behörde unterzogen worden, ist ihm zu entgegnen, dass in Administrativverfahren der gegenständlichen Art kein Recht darauf besteht, unmittelbar von der Behörde mündlich gehört zu werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0261, mwN). Im Verwaltungsverfahren war ihm wiederholt rechtliches Gehör eingeräumt worden, das er auch genützt hat.
Soweit die Beschwerde weitere Mängel des Ermittlungsverfahrens releviert, wird nicht dargestellt, welche Tatsachenfeststellungen weitere Erhebungen und Beweisaufnahmen konkret ermöglicht hätten. Es fehlt daher die Darstellung einer Relevanz für den Ausgang des Verfahrens (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0279, mwN).
Gemäß § 47 Abs. 2 NAG (in der hier noch maßgeblichen Fassung vor dem FrÄG 2011) ist Drittstaatsangehörigen, die Familienangehörige von (u.a.) Österreichern sind, die in Österreich dauernd wohnhaft sind und denen "das Recht auf Freizügigkeit nicht zukommt", ein Aufenthaltstitel "Familienangehöriger" zu erteilen, wenn sie die Voraussetzungen des 1. Teiles des NAG erfüllen. Die zuletzt genannte Bedingung erfasst die im § 11 NAG geregelten allgemeinen Voraussetzungen für Aufenthaltstitel. Der für die Abweisung des vom Beschwerdeführer gestellten Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" herangezogene § 11 Abs. 1 Z 4 NAG und der dort genannte § 30 Abs. 1 NAG (in der Stammfassung) lauten samt Überschrift:
"Allgemeine Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel
§ 11. (1) Aufenthaltstitel dürfen einem Fremden nicht erteilt werden, wenn
...
4. eine Aufenthaltsehe oder Aufenthaltsadoption (§ 30 Abs. 1 oder 2) vorliegt;
Aufenthaltsehe und Aufenthaltsadoption
§ 30. (1) Ehegatten, die ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht führen, dürfen sich für die Erteilung und Beibehaltung von Aufenthaltstiteln nicht auf die Ehe berufen."
Aus den zitierten Bestimmungen ergibt sich, dass ein Aufenthaltstitel bei Vorliegen einer Aufenthaltsehe iSd § 30 Abs. 1 NAG zwingend nicht zu erteilen ist. Bei § 11 Abs. 1 Z 4 NAG handelt es sich um einen absoluten Versagungsgrund (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0537, mwN).
Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie hierauf gestützt den vom Beschwerdeführer gestellten Antrag abgewiesen hat. Ein Anwendungsfall des § 27 Abs. 2 NAG liegt - entgegen der Beschwerde - nicht vor.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am