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VwGH vom 26.01.2012, 2010/21/0409

VwGH vom 26.01.2012, 2010/21/0409

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde der D in S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom , Zl. 1/01-569/1/1- 2010, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine nigerianische Staatsangehörige, reiste am nach Österreich ein und stellte am einen Asylantrag. Dieser wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom abgewiesen; zugleich wurde die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach Nigeria für zulässig erklärt. Eine von ihr dagegen erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom als unbegründet abgewiesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde (Bürgermeister der Landeshauptstadt Salzburg) den Antrag der Beschwerdeführerin vom auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 4 und § 11 Abs. 2 Z. 2 und 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Rechtslage zum Grad der Integration der Beschwerdeführerin aus, diese sei während ihres Aufenthaltes im Bundesgebiet seit dem Jahr 2002 noch nie einer selbständigen oder unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen, sodass "eine arbeitsrechtliche Integration in Österreich" nicht erfolgen könne. Sie sei nicht selbsterhaltungsfähig, verfüge über keinen Arbeitsvorvertrag oder eine Einstellungszusage und habe von Juli 2003 bis Februar 2010 von Sozialhilfe gelebt. Deshalb und auf Grund des Fehlens eines Zuganges zum Arbeitsmarkt sei davon auszugehen, dass sie auch in Zukunft nicht selbsterhaltungsfähig sein werde.

Die Beschwerdeführerin verfüge - so argumentierte die belangte Behörde weiter - über keine schulische oder berufliche Ausbildung, welche auf eine künftige Integration am Arbeitsmarkt schließen ließe. Sie habe erstmals am , also nach rund siebenjährigem Aufenthalt in Österreich, mit einem "Alphabetisierungskurs" begonnen und erst mit Bestätigung vom dargelegt, am Kurs "Deutsch als Fremdsprache, A1-Niveau" teilgenommen zu haben.

Insgesamt seien keine ausreichenden Aspekte von Integration hervorgetreten. Bindungen im Bundesgebiet bestünden lediglich zur berufstätigen Freundin E., um deren fünfjähriges Kind sich die Beschwerdeführerin kümmere. Sie selbst sei ledig und kinderlos, ihre Eltern seien bereits verstorben, andere nahe Verwandte habe sie nicht.

Mit rechtskräftigem Urteil des Bezirksgerichtes Salzburg vom sei die Beschwerdeführerin wegen versuchten Diebstahls zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Außerdem erfülle sie die Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 Z. 2 und 4 NAG nicht. Insgesamt sei der genannte Antrag somit abzuweisen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

§ 44 Abs. 4 NAG in der hier maßgebenden Fassung vor dem FrÄG 2011 lautete:

"Niederlassungsbewilligung - beschränkt

§ 44. …

(4) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine quotenfreie 'Niederlassungsbewilligung - beschränkt' erteilt werden, wenn

1. der Drittstaatsangehörige nachweislich seit dem durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist und

2. mindestens die Hälfte des Zeitraumes des festgestellten durchgängigen Aufenthalts im Bundesgebiet rechtmäßig gewesen ist.

Die Behörde hat dabei den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der Deutschen Sprache, zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z 2 bis 4 kann auch durch Vorlage einer Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 18) erbracht werden. Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen gemäß § 11 Abs. 2 Z 1 und 5 einschließlich fremdenpolizeilicher Maßnahmen hat die Behörde unverzüglich eine begründete Stellungnahme der der zuständigen Fremdenpolizeibehörde übergeordneten Sicherheitsdirektion einzuholen. Bis zum Einlangen dieser Stellungnahme bei der Behörde ist der Ablauf der Fristen gemäß § 74 und § 73 AVG gehemmt. Ein einem bereits rechtskräftig erledigten Antrag nachfolgender weiterer Antrag (Folgeantrag) ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn aus dem begründeten Antragsvorbringen ein maßgeblich geänderter Sachverhalt nicht hervorkommt."

Die belangte Behörde hat die Voraussetzungen nach § 44 Abs. 4 Z. 1 und 2 NAG als erfüllt erachtet. Sie hat den Antrag der Beschwerdeführerin aber unter anderem deshalb abgewiesen, weil sie mangels ausreichender Integration das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles verneinte.

In der Beschwerde wird demgegenüber zusammenfassend auf den langen Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich (seit ), auf die Teilnahme am öffentlichen Leben, Tätigkeiten im Rahmen der christlichen Kirche, ihre Beteiligung an Veranstaltungen und "sonstigen Freizeitbeschäftigungen" sowie auf Kontakte zu verschiedenen österreichischen Freunden verwiesen. Insbesondere helfe sie ihrer Freundin E. im Haushalt und betreue regelmäßig deren fünfjähriges Kind. Einer Arbeit sei sie nur deshalb nicht nachgegangen, weil für sie seit dem Jahr 2002 keine Beschäftigungsbewilligungen erteilt worden seien. Allerdings habe sie ihren Analphabetismus überwunden und sei bemüht, die deutsche Sprache zu erlernen.

Was den letztgenannten Gesichtspunkt anlangt, so räumt die Beschwerde allerdings selbst ein, dass die Beschwerdeführerin noch im April 2010 - also nach mehr als siebenjährigem Aufenthalt im Bundesgebiet - Analphabetin war, erst danach ihre Alphabetisierung in Angriff genommen und erstmals einen Kurs zum Erlernen der deutschen Sprache besucht hatte. Unbestritten bleibt auch das Fehlen jeglicher Berufstätigkeit, wobei die Mithilfe im Haushalt der Freundin E. und bei der Betreuung deren fünfjährigen Kindes eine berufliche Integration nicht begründet (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0382).

Auf eine über die erwähnten Kurse hinausgehende Aus- oder Weiterbildung beruft sich die Beschwerdeführerin, die den geringen Umfang ihrer Deutschkenntnisse nicht bestreitet und sich selbst insgesamt als "unausgebildete Frau" bezeichnet, nicht. Somit erreichen die im Beschwerdefall vorliegenden integrationsbegründenden Umstände aber - auch unter Bedachtnahme auf die Aufenthaltsdauer und die geltend gemachten sozialen Kontakte innerhalb Österreichs - noch keinen solchen Grad, dass von einem besonders berücksichtigungswürdigen Fall auszugehen wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0535). Auf den in der Beschwerde angesprochenen "unsicheren Aufenthalt" der Beschwerdeführerin hat sich die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides zu Recht gar nicht berufen. Ebenso hat ihr die belangte Behörde die Dauer des Asylverfahrens nicht zum Vorwurf gemacht.

Von daher braucht auf die Erteilungsvoraussetzungen nach § 11 Abs. 2 Z. 2 und 4 NAG, insbesondere das Ausreichen der dazu vorgelegten Patenschaftserklärung, nicht eingegangen zu werden. Auch dadurch könnte nämlich fallbezogen die dargestellte geringe berufliche und soziale Integration der Beschwerdeführerin im Bundesgebiet nicht maßgeblich erhöht und nicht das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles begründet werden. Ebenso reicht der langjährige - nicht für nennenswerte Integrationsschritte genützte - Aufenthalt im Bundesgebiet dafür nicht aus (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/21/0309, und vom , Zl. 2011/22/0164).

Auch kommt es im Verfahren zur Erteilung der beantragten Niederlassungsbewilligung auf die Gefährdungslage im Herkunftsland nicht an (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/21/0522, und vom , Zl.2011/22/0065).

Schließlich vertritt die Beschwerdeführerin die Ansicht, es fehle jede Rechtsgrundlage für die - im Verfahren vor der belangten Behörde aber erfolgte - Einholung einer Stellungnahme der Sicherheitsdirektion Salzburg, sodass deren "absolute Unzuständigkeit" vorliege und deren dennoch abgegebene Äußerung der Entscheidung nicht zu Grunde zu legen gewesen wäre.

Dem ist zu entgegnen, dass die im Zuge des Verfahrens erfolgte Einholung einer Stellungnahme der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg dem wiedergegebenen Wortlaut des § 44 Abs. 4 NAG entspricht (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2010/21/0382, und Zl. 2010/21/0535).

Die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin ist somit nicht zu beanstanden, weshalb die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
HAAAE-81578