VwGH vom 25.09.2019, Ra 2019/05/0056

VwGH vom 25.09.2019, Ra 2019/05/0056

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision des Dr. E B in B, vertreten durch die Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gonzagagasse 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-AV-873/001-2018, betreffend einen Abbruchauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde B; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Marktgemeinde B hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Marktgemeinde B. vom wurde dem Revisionswerber und C. H. als Eigentümer der Abbruch der im Spruch näher beschriebenen Objekte 1) bis 4) (betreffend vor allem die Unterstellung von Pferden und die Heulagerung) gemäß § 35 Abs. 2 Z 2 Niederösterreichische Bauordnung 2014 (in der Folge: Nö BauO 2014) innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab Rechtskraft des Bescheides aufgetragen. 2 Gegen diesen Bescheid erhoben der Revisionswerber und C. H. jeweils Berufung, welche mit Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde B. vom als unbegründet abgewiesen wurden.

3 Dazu führte der Gemeindevorstand begründend im Wesentlichen aus, der Revisionswerber und C. H. seien nunmehr Pächter der gegenständlichen Liegenschaft. Hinsichtlich der Frage des Eigentums sei zu prüfen, wer die gegenständlichen Gebäude errichtet habe und in welcher Absicht. Die Berufungswerber hätten die bestehenden Gebäude beziehungsweise Bauwerke adaptiert und das unter Punkt 1) genannte Gebäude neu errichtet. Es sei davon auszugehen, dass die Bauwerke grundsätzlich nur einem zeitlich begrenzten Zweck entsprächen. Der Pachtvertrag aus dem Jahr 2003 enthalte keinen Hinweis auf eine Pferdehaltung und die Ausübung des Pferdesportes. Den beiden Pächtern sei zur ungeteilten Hand die Liegenschaft zum ausschließlichen Zweck der Heugewinnung sowie der Nutzung als Weide verpachtet worden. Daraus ergebe sich aber weder die Pferdehaltung an sich, zumal die Tiere ja auch nur temporär weiden könnten, noch sei ersichtlich, welche Verwendung das gewonnene Heu erfahren sollte. Auch seien die Bauwerke relativ einfach errichtet worden, und es hätten seit Anbeginn immer nur befristete Pachtverhältnisse bestanden. Das Pachtgrundstück sei am Ende der Pachtzeit im entsprechenden Kultur- und Wirtschaftszustand zurückzustellen, was darauf schließen lasse, dass allenfalls errichtete Baulichkeiten wieder zu entfernen seien. Die gegenständlichen Bauwerke seien durch die Pächter entweder errichtet oder adaptiert worden und damit diesen zuzuschreiben. Aus der fehlenden Belassungsabsicht ergebe sich die Tatsache, dass Superädifikate vorlägen. Daher seien die Pächter Eigentümer der Gebäude und somit Adressaten des Abbruchauftrages. 4 Dagegen erhoben der Revisionswerber und C. H. Beschwerden an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (in der Folge: Verwaltungsgericht). Der Revisionswerber führte im Wesentlichen aus, er sei nicht Eigentümer auch nur einer vom Abbruchauftrag umfassten Baulichkeit und komme daher auch nicht als Adressat des baupolizeilichen Abbruchauftrages in Frage. Eine Adaptierung sei nicht einer Errichtung gleichzusetzen. Die gegenständlichen Objekte seien nicht als Superädifikate zu qualifizieren. Die unter 2) bis 4) angeführten Objekte seien in den 1970er Jahren vom vormaligen Pächter der Liegenschaft mit Belassungsabsicht errichtet worden und könnten schon daher keine Superädifikate sein. Da für den ehemaligen Pächter bei Beendigung seines Pachtvertrages keine Intention bestanden habe, die Objekte zu entfernen, und er offensichtlich auch nicht zur Entfernung aufgefordert worden sei, sei eine Belassungsabsicht klar erkennbar. Auch das vom Revisionswerber (und C. H.) errichtete Objekt sei mit Belassungsabsicht errichtet worden. Da die vom Vorpächter erbauten Objekte trotz Pächterwechsels auf dem Grundstück belassen worden seien, sei der Revisionswerber davon ausgegangen, dass auch das von ihm und C. H. errichtete Objekt nach einer allfälligen Beendigung ihres Pachtvertrages auf dem Grundstück verbleiben würde. Die gegenständlichen Objekte würden der Pferdehaltung und der Ganzjahresbeweidung dienen. Sowohl der Vorpächter als auch der Revisionswerber hätten davon ausgehen können, dass in einer derartig pferdeaffinen Gemeinde wie der Marktgemeinde B. der Pferdehaltung dienende Objekte auf Dauer bestehen würden, wie dies in der Marktgemeinde B. auch sonst üblich sei. Warum ein dem Zweck der Pferdehaltung und Ganzjahresbeweidung dienendes Objekt abgerissen werden sollte, sofern ein Wechsel der Bestandnehmer erfolge, könne nicht nachvollzogen werden. Dementsprechend könne auch aus dem Umstand des zeitlich begrenzten Grundnutzungsverhältnisses kein Argument für das Fehlen einer Belassungsabsicht gewonnen werden. 5 Im Pachtvertrag sei von Beweidung die Rede. Eine Offenstallhaltung, wie sie vom Revisionswerber auf der gegenständlichen Liegenschaft betrieben werde, sei eine klassische Form der ganzjährigen Beweidung. Dass die Tiere nur temporär weiden könnten, sei falsch. Wenn die Behörde ausführe, dass der Pachtvertrag nicht einmal einen Hinweis auf eine Pferdehaltung enthalte, sei dies aktenwidrig, und der Vertrag sei genau zu diesem Zweck abgeschlossen worden.

6 Auch sei keine Urkundenhinterlegung gemäß § 434 f ABGB erfolgt. Eine solche wäre nach sachenrechtlichen Grundsätzen für die Übertragung des Eigentums an Superädifikaten zwingend erforderlich. Ein originärer Erwerb durch Ersitzung scheide in Ermangelung der dafür normierten Voraussetzungen aus. Die Objekte seien Zugehör gemäß § 279 ABGB und würden in das Eigentum der Grundstückseigentümerin (der Gemeinde) fallen, an welche auch der Abbruchauftrag zu richten gewesen wäre.

7 Beantragt werde schließlich die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

8 In Replik auf eine vom Verwaltungsgericht mit Schreiben vom übermittelte Sachverhaltsfeststellung, in welcher dieses (neben zeitlichen Angaben zu den jeweiligen Pachtverhältnissen, einer Wiedergabe der im Spruch des angefochtenen Bescheides erfolgten Beschreibung der vom Abbruchauftrag betroffenen Objekte, dem Fehlen von

Baubewilligungen und Nachweisen der vor Errichtung erteilten Eigentümerzustimmung sowie von Urkundenhinterlegungen) festhielt, das Objekt 1) sei vom Revisionswerber und C. H. "mit" Belassungsabsicht im Jahr 2003 errichtet worden, brachte der Revisionswerber mit Stellungnahme vom - unter anderem - vor, Objekt 1) sei von ihm mit Belassungsabsicht und die Objekte 2) bis 4) seien vom damaligen Pächter mit

Belassungsabsicht errichtet worden. Auch erfolge eine ausdrückliche Bestreitung der Superädifikatsqualifikation und Eigentümerstellung des Revisionswerbers.

9 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde des Revisionswerbers (und jene des C. H.) als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Frist für die Durchführung des Abbruchs mit neun Monaten ab Zustellung des Erkenntnisses festgesetzt wurde. Eine ordentliche Revision wurde für unzulässig erklärt.

10 Das Verwaltungsgericht legte seiner Begründung die Feststellung zugrunde, dass die Objekte 2) bis 4) vom Vorpächter J. H. errichtet sowie vom Vorpächter anlässlich der Beendigung seines Pachtverhältnisses dem Revisionswerber und C. H. unentgeltlich überlassen worden seien. Ein Abbruchauftrag könne nur an den Bauwerkseigentümer erlassen werden.

11 Voraussetzung für das Vorliegen eines Superädifikates sei, dass dem Erbauer erkennbar die Absicht fehle, dass das Bauwerk stets, also für seine ganze natürliche Lebensdauer, auf dem fremden Grundstück verbleiben solle (fehlende Belassungsabsicht - wird näher ausgeführt). Es stehe fest, dass die Grundeigentümerin im Rahmen des vertraglich vereinbarten Zweckes des Pachtverhältnisses (Heugewinnung sowie Nutzung als Weide) zumindest implizit auch einer typischerweise dem Vertragszweck entsprechenden und hierfür erforderlichen Bebauung des Grundstückes (insbesondere mit Lagerräumen) zugestimmt habe, andernfalls der vereinbarte Vertragszweck durch die jeweiligen Pächter nicht hätte erfüllt werden können. Daraus folge, dass derjenige, der die am gegenständlichen Grundstück errichteten Objekte mit eigenen Materialien erbaut habe, daran originär (d.h. ohne Urkundenhinterlegung) Eigentum erworben habe, zumal auch die übrigen Voraussetzungen, welche für die Annahme eines Superädifikates im Sinne des § 435 ABGB erforderlich seien, vorlägen.

12 Die fehlende Belassungsabsicht ergebe sich jeweils aus dem von vornherein zeitlich begrenzten Grundbenützungsrecht (im Ausmaß von zuletzt 15 Jahren) und der Tatsache, dass das Grundstück nach Beendigung des Pachtverhältnisses "in dem dem Ende der Pachtzeit entsprechenden Kultur- und Wirtschaftszustand" an die Grundeigentümerin zurückzustellen sei (was der Verpflichtung zur Abtragung allfälliger Baulichkeiten entspreche). An der fehlenden Belassungsabsicht könne im Übrigen auch das Vorbringen des Revisionswerbers, dass es sich bei der Marktgemeinde B. um eine pferdeaffine Gemeinde handle und auch der Vorpächter die auf dem Grundstück errichteten Baulichkeiten bei Vertragsbeendigung nicht abgebrochen habe, nichts ändern, zumal hinsichtlich der Belassungsabsicht einzig und allein auf den Zeitpunkt der Errichtung der Baulichkeit und im gegenständlichen Fall überdies darauf abzustellen sei, dass im Zeitpunkt der jeweiligen Errichtung lediglich befristete Grundbenützungsverhältnisse vorgelegen seien, deren Dauer die natürliche Bestandsdauer der Baulichkeiten bei weitem unterschreite, weshalb hinsichtlich sämtlicher Abbruchobjekte jedenfalls die Superädifikatseigenschaft zu bejahen sei.

13 Strittig sei die Rechtsfrage des Eigentumsrechtes an den Abbruchobjekten. Hinsichtlich des Objektes 1) stehe unbestrittenermaßen fest, dass dieses durch den Revisionswerber und C. H. im Jahr 2003 errichtet worden sei. Sie hätten daher originär durch Bauführung, ohne dass die Hinterlegung einer Urkunde notwendig gewesen wäre, Eigentum erworben. Hinsichtlich der Objekte 2) bis 4) sei keine Urkundenhinterlegung erfolgt. Gemäß § 1466 ABGB werde das Eigentumsrecht an beweglichen Sachen - so auch bei Superädifikaten - durch einen dreijährigen rechtlichen Besitz ersessen. Unter rechtlichem Besitz im Sinn des § 1466 ABGB sei der rechtmäßige, redliche und echte Besitz zu verstehen. Ein solcher Besitz sei beim Revisionswerber (und C. H.) hinsichtlich der Objekte 2) bis 4) jedenfalls gegeben, zumal insbesondere der Besitzwille im gesamten Verfahren zu keiner Zeit bestritten worden sei. Da seit dem Erwerb der Objekte 2) bis 4) drei Jahre verstrichen seien, habe der Vorpächter J. H. sein Eigentumsrecht an diesen Superädifikaten jedenfalls und unabhängig davon, ob eine Urkundenhinterlegung erfolgt sei, infolge der vollendeten Ersitzung verloren und sei dieses auf den Revisionswerber und C. H. übergegangen.

14 Von einer mündlichen Beschwerdeverhandlung habe gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden können, weil die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lasse und ausschließlich Rechtsfragen zu beurteilen seien, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten sei.

15 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

16 Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

17 Die Revision ist in Anbetracht der Frage der Rechtmäßigkeit des Unterlassens einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zulässig.

18 § 24 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG) in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, lautet auszugsweise:

"Verhandlung

§24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben oder die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig zu erklären ist oder

  1. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist;

  2. wenn die Rechtssache durch einen Rechtspfleger erledigt

  3. wird.

(3) Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.

..."

19 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, es liege bei keiner der verfahrensgegenständlichen Baulichkeiten Superädifikatseigenschaft vor. Vielmehr seien die Gebäude in Belassungsabsicht errichtet worden, dies unter der impliziten Zustimmung der Verpächterin. Das Verwaltungsgericht gehe erstmalig auf die konkreten Voraussetzungen für das Vorliegen einer Superädifikatseigenschaft in der rechtlichen Beurteilung des bekämpften Erkenntnisses ein. Hätte das Verwaltungsgericht die vom Revisionswerber beantragte mündliche Verhandlung durchgeführt, hätte dieser die Möglichkeit gehabt, den Vorhalt zum Vorliegen der Voraussetzungen für die Annahme der Superädifikatseigenschaft zu erörtern. Dieser Mangel sei auch wesentlich, zumal im Zuge einer mündlichen Verhandlung der Revisionswerber begründet hätte darlegen können, dass Belassungsabsicht im Zeitpunkt der Errichtung der Baulichkeiten vorgelegen sei, was eine entscheidungswesentliche Frage darstelle. Für die vom Verwaltungsgericht erstmalig angenommene Ersitzung sei Voraussetzung, dass dieser Besitz rechtmäßig, redlich und echt sei. Keines dieser Tatbestandselemente werde vom Sachverhalt gedeckt, geschweige denn fänden sich hierzu Feststellungen im bekämpften Erkenntnis. Selbst im Vorhalt des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht sei kein Hinweis auf die Annahme, dass die sachverhaltsmäßigen Voraussetzungen einer Ersitzung vorlägen, gegeben worden. Im bekämpften Erkenntnis fänden sich keinerlei Feststellungen zur Frage der Ersitzung, und es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt zu dieser Frage feststehe. Der gegenständliche baupolizeiliche Abbruchauftrag betreffe civil rights, und es wäre aus diesem Grund jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen. Dem Revisionswerber wäre bei einer mündlichen Verhandlung die Möglichkeit eröffnet gewesen, dem Verwaltungsgericht darzulegen, dass etwa keinesfalls die Voraussetzungen einer Ersitzung vorlägen.

20 Ein Auftrag nach § 35 Abs. 2 Z 2 Nö BauO 2014 ist dem Eigentümer des betroffenen Gebäudes oder der Baulichkeit zu erteilen (vgl. bereits zur Vorgängerbestimmung des § 35 Abs. 2 Z 3 Nö BauO 1996 , mwN).

21 Ein baupolizeilicher Beseitigungsauftrag betrifft "civil rights" im Sinne des Art. 6 EMRK; eine Prüfung der Relevanz der Unterlassung einer mündlichen Verhandlung ist daher nicht durchzuführen (vgl. , mwN). 22 In Bezug auf § 24 Abs. 4 VwGVG hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt festgehalten, dass der Gesetzgeber als Zweck der mündlichen Verhandlung die Klärung des Sachverhaltes und die Einräumung von Parteiengehör sowie darüber hinaus auch die mündliche Erörterung einer nach der Aktenlage strittigen Rechtsfrage zwischen den Parteien und dem Gericht vor Augen gehabt hat. Ferner kommt eine ergänzende Beweiswürdigung durch das Verwaltungsgericht regelmäßig erst nach einer mündlichen Verhandlung in Frage. Bei sachverhaltsbezogenem Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien ist ebenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen, dies sogar dann, wenn kein Antrag auf eine solche gestellt worden ist (vgl. zum Ganzen etwa , mwN).

23 Der Revisionswerber hat in seiner Beschwerde sachverhaltsbezogenes Vorbringen in Bezug auf die Eigentümerstellung erstattet. Das Verwaltungsgericht hat auch die strittige Frage der Qualifizierung der vom Abbruchauftrag betroffenen Objekte als Superädifikate und jene der Eigentümerstellung an diesen, auch unter Annahme der Erfüllung der Voraussetzungen für eine Ersitzung, beantwortet. Angesichts dessen wäre jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen gewesen. 24 Das angefochtene Erkenntnis war somit schon wegen Unterlassung der mündlichen Verhandlung gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei es sich erübrigt, auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen. 25 Die Kostenentscheidung beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050056.L01

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