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VwGH vom 26.02.2020, Ra 2019/05/0047

VwGH vom 26.02.2020, Ra 2019/05/0047

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak und Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der Gemeinde G, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , LVwG-2018/37/2358-6, betreffend eine Bewilligung nach dem AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck; mitbeteiligte Partei: E GmbH in M, vertreten durch Ing. Dr. Joachim Stock, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Museumstraße 8), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Mit Eingabe vom beantragte die mitbeteiligte Partei die Genehmigung einer näher bezeichneten Bodenaushubdeponie.

2Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom wurde für diese Deponie gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1 in Verbindung mit den § 38, 43, 48 Abs. 4 und 50 Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idF Nr. 70/2017 (AWG 2002), die beantragte abfallrechtliche Genehmigung erteilt (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. wurde eine naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung erteilt.

3Mit Spruchpunkt III. wurden die Einwendungen u.a. der Revisionswerberin, soweit vorgebracht worden war, dass das vereinfachte Verfahren im Sinne des § 50 AWG 2002 zu Unrecht angewendet worden sei, als unbegründet abgewiesen. Im Übrigen wurden die Einwendungen mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen.

4Spruchpunkt IV. enthält Nebenbestimmungen.

5Zu dem revisionsrelevanten Spruchpunkt III. wurde begründend im Wesentlichen ausgeführt, dass das Genehmigungsverfahren im vereinfachten Verfahren nach § 37 Abs. 3 Z 1 in Verbindung mit § 50 AWG 2002 durchzuführen gewesen sei (wurde näher dargelegt). Der Revisionswerberin als Standortgemeinde komme im vereinfachten Genehmigungsverfahren keine Parteistellung zu mit Ausnahme zur Frage, ob die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben seien, was zu bejahen sei. In Anbetracht dessen seien die übrigen Einwendungen der Revisionswerberin als unzulässig zurückzuweisen.

6Gegen diesen Bescheid erhob u.a. die Revisionswerberin Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol.

7Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol u.a. die Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab. Begründend wurde, soweit revisionsrelevant, im Wesentlichen ausgeführt, das vereinfachte Verfahren sei anzuwenden (wurde näher dargestellt). Aus § 50 Abs. 4 AWG 2002 ergebe sich, dass im vereinfachten Genehmigungsverfahren (anders als im regulären Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 1 AWG 2002) u.a. der Standortgemeinde keine Parteistellung zukomme. Es bestehe lediglich eine eingeschränkte Parteistellung zur Frage, ob überhaupt die Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens gegeben seien, was hier zu bejahen sei.

8Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen sei weiters festzuhalten, dass Art. 9 Abs. 3 des Aarhus-Übereinkommens (AÜ) festlege, dass „Mitglieder der Öffentlichkeit“, sofern sie etwaige innerstaatliche Kriterien erfüllten, Zugang zu einem verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben sollten, um Verstöße gegen innerstaatliche Umweltrechtsvorschriften durch Privatpersonen oder Behörden anzufechten. Dieser Vorgabe entsprechend habe bei Genehmigungsverfahren nach § 37 Abs. 1 AWG 2002 der in § 42 Abs. 1 AWG 2002 genannte Personenkreis (unter anderem die Standortgemeinde) Parteistellung. Für die in § 37 Abs. 3 Z 1 bis 4 AWG 2002 umschriebenen Abfallbehandlungsanlagen sehe der Gesetzgeber aber das vereinfachte Verfahren gemäß § 50 AWG 2002 vor und schränke den Parteienkreis ein. Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (Hinweis auf ) sei dem Gesetzgeber bei der Einräumung der Parteistellung und der Ausgestaltung der Parteienrechte ein rechtspolitischer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Dieser Auffassung habe sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2008/07/0012, ausdrücklich angeschlossen. Die zitierten höchstgerichtlichen Entscheidungen seien nach der Ratifizierung des AÜ im Jahr 2005 ergangen.

9Diesen rechtspolitischen Gestaltungsspielraum habe das AÜ (Hinweis insbesondere auf Art. 9 Abs. 2 zweiter Unterabsatz AÜ) nicht beseitigt. Davon ausgehend sei es auch unter Berücksichtigung des Art. 9 Abs. 3 AÜ dem Gesetzgeber nicht verwehrt, für genau definierte Anlagen Verfahrenserleichterungen vorzusehen und dabei die Parteistellung sowie die Ausgestaltung der Parteienrechte gesondert zu regeln. Darüber hinaus komme u.a. der Standortgemeinde Parteistellung bei der Frage zu, ob das vereinfachte Verfahren zu Recht angewendet worden sei.

10Durch das Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 73/2018, sei § 50 AWG 2002 unverändert geblieben. Aus Art. 9 Abs. 3 AÜ lasse sich die von der Revisionswerberin als Standortgemeinde behauptete Parteistellung im vereinfachten Verfahren gemäß § 50 AWG 2002 nicht begründen.

11Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

12Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet mit dem Antrag, die Revision kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13Die Revision ist in Anbetracht der Frage, ob der Revisionswerberin als Standortgemeinde im vereinfachten Verfahren gemäß § 50 AWG 2002 auf Grund des AÜ Parteistellung zukommt, zulässig.

14In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, die Revisionswerberin sei Mitglied und Repräsentantin der von der Bodenaushubdeponie selbst und dem Transport des dort zu lagernden Materials betroffenen Öffentlichkeit. Gemäß Art. 2 Z 4 AÜ gehörten zur Öffentlichkeit auch juristische Personen, die als Vereinigungen oder Organisationen der Öffentlichkeit anzusehen und nach den Voraussetzungen des nationalen Rechts ordnungsgemäß gegründet worden und tätig seien (Verweis auf , im Folgenden: Protect-Urteil). Diese Voraussetzungen träfen nicht nur auf Umweltorganisationen, sondern erst recht auf Gemeinden zu, deren Organe nach rechtsstaatlich gebildeten und überprüfbaren Regeln demokratisch gewählt würden und die daher in erster Linie dazu legitimiert seien, Interessen der Öffentlichkeit zu repräsentieren und geltend zu machen. Es wäre daher unsachlich und gleichheitswidrig, wenn jene Rechte, die nunmehr auf Grund des Protect-Urteils Umweltorganisationen zukämen, nicht auch den betroffenen Gemeinden gewährt würden. Schon aus der Verpflichtung zur gleichheitskonformen Auslegung ergebe sich daher, dass die Gemeinden ebenfalls zur Öffentlichkeit im Sinne des Art. 2 Z 4 AÜ zählten.

15Eine andere Auffassung würde auch gegen das demokratische Prinzip verstoßen. Hätten die nicht-demokratisch legitimierten Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzten, mehr Rechte zur Vertretung der Öffentlichkeit als die demokratisch gewählten Gemeindeorgane, würde die Stellung der demokratisch gewählten Organe als Repräsentanten des Volkes und somit der Öffentlichkeit wesentlich ausgehöhlt und entwertet. Nichtregierungsorganisationen würden dann nicht nur rechtsstaatlich und demokratisch gewählte Vertreter der Öffentlichkeit ergänzen, sondern sie erhielten in wichtigen Belangen ein Monopol zur Repräsentanz des mit der Öffentlichkeit mehr oder weniger gleichzusetzenden Volkes. Die Bevölkerung könnte sich dann zur Durchsetzung ihrer Interessen nicht mehr an die von ihr gewählten Organe wenden, sondern nur an Personen, die bestimmte öffentliche Interessen gewissermaßen als Geschäftsführer ohne Auftrag wahrnähmen, solange sie dazu bereit wären. Dies wäre eine grundlegende Änderung der Staatsform, die eines Verfassungsgesetzes, wahrscheinlich sogar einer Volksabstimmung bedürfte.

16Die im AÜ enthaltenen Definitionen der Öffentlichkeit und der betroffenen Öffentlichkeit seien für die im Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) geregelten Verfahren gemäß Art. 9 Abs. 2 AÜ dieselben wie für Verfahren nach dem hier maßgeblichen Art. 9 Abs. 3 AÜ. Aus dem Umstand, dass in § 19 Abs. 3 UVP-Gesetz auch der Standortgemeinde und den an diese unmittelbar angrenzenden österreichischen Gemeinden, die von wesentlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt betroffen sein könnten, Parteistellung eingeräumt sei, lasse sich schließen, dass auch der österreichische Gesetzgeber den im AÜ (und daraus wörtlich übernommen in der UVP-Richtlinie) verwendeten Begriff der betroffenen Öffentlichkeit so verstanden habe, dass die Standortgemeinde und die daran unmittelbar angrenzenden Gemeinden dazugehörten.

17Da für Gemeinden (anders als für Umweltorganisationen) keine nur auf die Anfechtungsmöglichkeit gemäß Art. 9 Abs. 3 AÜ beschränkte verfahrensrechtliche Stellung geschaffen worden sei, komme ihnen vollwertige Parteistellung zu, weil nach dem System des österreichischen Verwaltungsrechts das Recht zur Anfechtung von Bescheiden nur Parteien zustehe und das aus Art. 9 Abs. 3 AÜ und aus Art. 47 GRC resultierende Recht auf gerichtlichen Rechtsschutz keine praktische Wirksamkeit hätte, wenn die Revisionswerberin keine Parteistellung hätte (Verweis auf ).

18Da weder Art. 9 Abs. 3 AÜ noch Art. 47 GRC vorsehe, dass der nationale Gesetzgeber bestimmte Vorhaben von den in diesen Bestimmungen gewährleisteten Rechten ausnehmen könne, müssten die in § 50 Abs. 4 AWG 2002 enthaltenen Bestimmungen betreffend die Parteistellung im vereinfachten Verfahren, soweit es um mögliche Schädigungen der Umwelt oder der menschlichen Gesundheit gehe, entweder vollständig unangewendet bleiben oder nicht als erschöpfende, sondern lediglich demonstrative Aufzählung angesehen werden.

19Im vorliegenden Fall bestehe eine Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch den Transport der Abfälle, insbesondere im Hinblick auf die Straßenbeschaffenheit und die Verkehrsverhältnisse (wurde näher ausgeführt). Darüber hinaus erfolge eine Schädigung der Umwelt durch den Transport des Deponiematerials (wurde näher ausgeführt). Ferner lägen eine Verletzung der FFH-Richtlinie durch die Abfalltransporte und eine Schädigung der Umwelt durch die Deponie selbst vor (wurde näher ausgeführt).

20§ 37 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idF Nr. 73/2018, lautet auszugsweise:

„Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen

§ 37. (1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde. Die Genehmigungspflicht gilt auch für ein Sanierungskonzept gemäß § 57 Abs. 4.

...

(3) Folgende Behandlungsanlagen - sofern es sich nicht um IPPC-Behandlungsanlagen oder Seveso-Betriebe handelt - und Änderungen einer Behandlungsanlage sind nach dem vereinfachten Verfahren (§ 50) zu genehmigen:

1.Deponien, in denen ausschließlich Bodenaushub- und Abraummaterial, welches durch Ausheben oder Abräumen von im Wesentlichen natürlich gewachsenem Boden oder Untergrund anfällt, abgelagert werden, sofern das Gesamtvolumen der Deponie unter 100 000 m3 liegt;

2.Verbrennungs- oder Mitverbrennungsanlagen zur thermischen Verwertung für nicht gefährliche Abfälle mit einer thermischen Leistung bis zu 2,8 Megawatt;

3.sonstige Behandlungsanlagen für nicht gefährliche Abfälle, ausgenommen Deponien, mit einer Kapazität von weniger als 10 000 Tonnen pro Jahr;

4.a) Behandlungsanlagen zur Zerlegung von Altfahrzeugen,

b)Behandlungsanlagen zur Zerlegung von Elektro- und Elektronikgeräten, die gefährliche Abfälle darstellen,

c)Lager von gefährlichen Abfällen

mit einer Kapazität von weniger als 1 000 Tonnen pro Jahr und

5.eine Änderung, die nach den gemäß § 38 mitanzuwendenden Vorschriften oder nach dem Baurecht des jeweiligen Bundeslandes genehmigungspflichtig ist und keine wesentliche Änderung darstellt.

...“

21§ 42 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idF Nr. 73/2018, lautet auszugsweise:

Parteistellung und nachträgliches Überprüfungsrecht

§ 42. (1) Parteistellung in einem Genehmigungsverfahren gemäß § 37 Abs. 1 haben

1.der Antragsteller,

2.die Eigentümer der Liegenschaften, auf denen die Anlage errichtet werden soll,

3.Nachbarn,

4.derjenige, der zu einer Duldung verpflichtet werden soll,

5.die Inhaber rechtmäßig geübter Wassernutzungen gemäß § 12 Abs. 2 WRG 1959,

6.die Gemeinde des Standortes und die unmittelbar an die Liegenschaft der Behandlungsanlage angrenzende Gemeinde,

7.das Arbeitsinspektorat gemäß dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993, BGBl. Nr. 27/1993,

8.der Umweltanwalt; der Umweltanwalt kann die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften im Verfahren geltend machen; dem Umweltanwalt wird das Recht eingeräumt, Rechtsmittel zu ergreifen, einschließlich Beschwerde an das Verwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben,

9.Gemeinden oder Wasserversorgungsunternehmen zur Wahrung der Versorgung ihrer Bürger oder Kunden mit Trinkwasser hinsichtlich der Genehmigungsvoraussetzungen gemäß § 43 Abs. 2 Z 5,

10.diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen gemäß den § 34 Abs. 6 oder 35 WRG 1959 gefährdet werden könnten,

11.diejenigen, deren wasserwirtschaftliche Interessen durch eine wasserwirtschaftliche Rahmenverfügung als rechtliche Interessen anerkannt wurden, und

12.das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung seiner Aufgaben,

13.Umweltorganisationen, die gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannt sind, jeweils im Rahmen ihrer örtlichen Anerkennung, in Verfahren betreffend IPPC-Behandlungsanlagen oder Seveso-Betriebe, soweit sie während der Auflagefrist gemäß § 40 schriftliche Einwendungen erhoben haben; die Umweltorganisationen können die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend machen und Rechtsmittel ergreifen,

14.Umweltorganisationen aus einem anderen Staat,

...“

22§ 50 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 idF Nr. 97/2013, lautet:

„Vereinfachtes Verfahren

§ 50. (1) Im vereinfachten Verfahren sind die § 38, 39, 43 und 46 bis 49 nach Maßgabe der folgenden Absätze anzuwenden.

(2) Die Behörde hat einen Antrag für eine Genehmigung gemäß § 37 Abs. 3 vier Wochen aufzulegen. Die Auflage ist in geeigneter Weise, wie Anschlag in der Standortgemeinde oder Veröffentlichung auf der Internetseite der Behörde, bekannt zu geben. Die Nachbarn können innerhalb der Auflagefrist Einsicht nehmen und sich zum geplanten Projekt äußern. Die Behörde hat bei der Genehmigung auf die eingelangten Äußerungen Bedacht zu nehmen.

(3) Ein Bescheid ist innerhalb von vier Monaten nach Einlangen des Antrags zu erlassen.

(4) Parteistellung im vereinfachten Verfahren hat der Antragsteller, derjenige, der zu einer Duldung verpflichtet werden soll, das Arbeitsinspektorat gemäß dem Arbeitsinspektionsgesetz 1993, das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung seiner Aufgaben und der Umweltanwalt mit dem Recht, die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften und hinsichtlich der Verfahren gemäß § 37 Abs. 3 Z 2 bis 4 die Wahrung der öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 bis 4 im Verfahren geltend zu machen. Dem Umweltanwalt wird das Recht eingeräumt, Rechtsmittel zu ergreifen, einschließlich Beschwerde an das Verwaltungsgericht sowie Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.“

23Das AÜ, BGBl. III Nr. 88/2005, lautet auszugsweise:

„ÜBEREINKOMMEN ÜBER DEN ZUGANG ZU INFORMATIONEN, DIE ÖFFENTLICHKEITSBETEILIGUNG AN ENTSCHEIDUNGSVERFAHREN UND DEN ZUGANG ZU GERICHTEN IN UMWELTANGELEGENHEITEN

Die Vertragsparteien dieses Übereinkommens -

unter Hinweis auf Grundsatz 1 der Erklärung von Stockholm über die Umwelt des Menschen;

auch unter Hinweis auf Grundsatz 10 der Erklärung von Rio über Umwelt und Entwicklung;

ferner unter Hinweis auf die Resolution 37/7 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom über die Weltcharta für die Natur und auf die Resolution 45/94 der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom über die Notwendigkeit, eine gesunde Umwelt für das Wohl der Menschen zu sichern;

unter Hinweis auf die Europäische Charta Umwelt und Gesundheit, die am auf der ersten Europäischen Konferenz über Umwelt und Gesundheit der Weltgesundheitsorganisation in Frankfurt am Main (Deutschland) verabschiedet wurde;

in Bekräftigung der Notwendigkeit, den Zustand der Umwelt zu schützen, zu erhalten und zu verbessern und eine nachhaltige und umweltverträgliche Entwicklung zu gewährleisten;

in der Erkenntnis, dass ein angemessener Schutz der Umwelt für das menschliche Wohlbefinden und die Ausübung grundlegender Menschenrechte, einschließlich des Rechts auf Leben, unabdingbar ist;

ferner in der Erkenntnis, dass jeder Mensch das Recht hat, in einer seiner Gesundheit und seinem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt zu leben, und dass er sowohl als Einzelperson als auch in Gemeinschaft mit anderen die Pflicht hat, die Umwelt zum Wohle gegenwärtiger und künftiger Generationen zu schützen und zu verbessern;

in Erwägung dessen, dass Bürger zur Wahrnehmung dieses Rechts und zur Erfüllung dieser Pflicht Zugang zu Informationen, ein Recht auf Beteiligung an Entscheidungsverfahren und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten haben müssen, und in Anbetracht der Tatsache, dass sie in dieser Hinsicht gegebenenfalls Unterstützung benötigen, um ihre Rechte wahrnehmen zu können;

in der Erkenntnis, dass im Umweltbereich ein verbesserter Zugang zu Informationen und eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren die Qualität und die Umsetzung von Entscheidungen verbessern, zum Bewusstsein der Öffentlichkeit in Umweltangelegenheiten beitragen, der Öffentlichkeit die Möglichkeit geben, ihre Anliegen zum Ausdruck zu bringen, und es den Behörden ermöglichen, diese Anliegen angemessen zu berücksichtigen;

mit dem Ziel, die Verantwortlichkeit und Transparenz bei Entscheidungsverfahren zu fördern und die öffentliche Unterstützung für Entscheidungen über die Umwelt zu stärken;

in der Erkenntnis, dass es wünschenswert ist, Transparenz in allen Bereichen der öffentlichen Verwaltung zu erzielen, und mit der Aufforderung an die gesetzgebenden Körperschaften, die Grundsätze dieses Übereinkommens in ihren Verfahren umzusetzen;

auch in der Erkenntnis, dass sich die Öffentlichkeit der Verfahren zur Öffentlichkeitsbeteiligung an umweltbezogenen Entscheidungen bewusst sein, freien Zugang zu ihnen haben und wissen muss, wie sie genutzt werden können;

ferner in der Erkenntnis der wichtigen Rolle, die einzelne Bürger, Nichtregierungsorganisationen und der private Sektor im Umweltschutz spielen können;

in dem Wunsch, die Umwelterziehung zu fördern, um das Verständnis für die Umwelt und eine nachhaltige Entwicklung zu vertiefen und um das Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit für Entscheidungen, die Auswirkungen auf die Umwelt und eine nachhaltige Entwicklung haben, zu schärfen sowie deren Beteiligung an diesen Entscheidungen zu unterstützen;

in Kenntnis der Wichtigkeit, in diesem Zusammenhang von den Medien und von elektronischen oder anderen, künftigen Kommunikationsformen Gebrauch zu machen;

in der Erkenntnis der Bedeutung einer vollständigen Einbeziehung umweltbezogener Überlegungen in staatliche Entscheidungsverfahren und der daraus folgenden Notwendigkeit, dass Behörden über genaue, umfassende und aktuelle Informationen über die Umwelt verfügen;

in Anerkennung dessen, dass Behörden über Informationen über die Umwelt im öffentlichen Interesse verfügen;

mit dem Anliegen, dass die Öffentlichkeit, einschließlich Organisationen, Zugang zu wirkungsvollen gerichtlichen Mechanismen haben soll, damit ihre berechtigten Interessen geschützt werden und das Recht durchgesetzt wird;

in Kenntnis der Wichtigkeit, den Verbrauchern geeignete Produktinformationen zu geben, damit sie eine sachkundige, am Umweltschutz orientierte Auswahl treffen können;

in Anerkennung der Sorge der Öffentlichkeit über die absichtliche Freisetzung gentechnisch veränderter Organismen in die Umwelt und in Erkenntnis der Notwendigkeit einer größeren Transparenz und stärkeren Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren in diesem Bereich;

in der Überzeugung, dass die Durchführung dieses Übereinkommens zur Stärkung der Demokratie in der Region der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (ECE) beitragen wird;

im Bewusstsein der Rolle, welche die ECE hierbei spielt, und unter Hinweis unter anderem auf die ECE-Leitlinien über den Zugang zu Informationen über die Umwelt und die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren im Umweltbereich, die in der auf der dritten Ministerkonferenz ‚Umwelt für Europa‘ am in Sofia (Bulgarien) angenommenen Ministererklärung gebilligt wurden;

eingedenk der einschlägigen Bestimmungen des Übereinkommens über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen, das am in Espoo (Finnland) beschlossen wurde, des Übereinkommens über die grenzüberschreitenden Auswirkungen von Industrieunfällen und des Übereinkommens zum Schutz und zur Nutzung grenzüberschreitender Wasserläufe und internationaler Seen, die beide am in Helsinki (Finnland) beschlossen wurden, sowie anderer regionaler Übereinkünfte;

in dem Bewusstsein, dass die Annahme dieses Übereinkommens einen Beitrag zur weiteren Stärkung des Prozesses ‚Umwelt für Europa‘ und zu den Ergebnissen der im Juni 1998 in Aarhus (Dänemark) stattfindenden vierten Ministerkonferenz geleistet haben wird -

sind wie folgt übereingekommen:

Artikel 1

Ziel

Um zum Schutz des Rechts jeder männlichen/weiblichen Person gegenwärtiger und künftiger Generationen auf ein Leben in einer seiner/ihrer Gesundheit und seinem/ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt beizutragen, gewährleistet jede Vertragspartei das Recht auf Zugang zu Informationen, auf Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen.

Artikel 2

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Übereinkommens

...

2.bedeutet ‚Behörde‘

a)eine Stelle der öffentlichen Verwaltung auf nationaler, regionaler und anderer Ebene;

b)natürliche oder juristische Personen, die aufgrund innerstaatlichen Rechts Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, einschließlich bestimmter Pflichten, Tätigkeiten oder Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Umwelt, wahrnehmen;

c)sonstige natürliche oder juristische Personen, die unter der Kontrolle einer unter Buchstabe a oder Buchstabe b genannten Stelle oder einer dort genannten Person im Zusammenhang mit der Umwelt öffentliche Zuständigkeiten haben, öffentliche Aufgaben wahrnehmen oder öffentliche Dienstleistungen erbringen;

d)die Einrichtungen aller in Artikel 17 näher bestimmten Organisationen der regionalen Wirtschaftsintegration, die Vertragsparteien dieses Übereinkommens sind.

Diese Begriffsbestimmung umfasst keine Gremien oder Einrichtungen, die in gerichtlicher oder gesetzgebender Eigenschaft handeln;

...

4.bedeutet ‚Öffentlichkeit‘ eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen;

5.bedeutet ‚betroffene Öffentlichkeit‘ die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran; im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse.

Artikel 3

Allgemeine Bestimmungen

...

(2) Jede Vertragspartei bemüht sich, sicherzustellen, dass öffentlich Bedienstete und Behörden der Öffentlichkeit Unterstützung und Orientierungshilfe für den Zugang zu Informationen, zur Erleichterung der Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und für den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten geben.

(3) Jede Vertragspartei fördert die Umwelterziehung und das Umweltbewusstsein der Öffentlichkeit insbesondere in Bezug auf die Möglichkeiten, Zugang zu Informationen zu erhalten, sich an Entscheidungsverfahren zu beteiligen und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten zu erhalten.

(4) Jede Vertragspartei sorgt für angemessene Anerkennung und Unterstützung von Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen, die sich für den Umweltschutz einsetzen, und stellt sicher, dass ihr innerstaatliches Rechtssystem mit dieser Verpflichtung vereinbar ist.

(5) Dieses Übereinkommen lässt das Recht einer Vertragspartei unberührt, Maßnahmen beizubehalten oder zu ergreifen, die einen weitergehenden Zugang zu Informationen, eine umfangreichere Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und einen weitergehenden Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten ermöglichen, als dies aufgrund dieses Übereinkommens erforderlich ist.

...

(9) Im Rahmen der einschlägigen Bestimmungen dieses Übereinkommens hat die Öffentlichkeit Zugang zu Informationen, die Möglichkeit, an Entscheidungsverfahren teilzunehmen, und Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten, ohne dabei wegen Staatsangehörigkeit, Volkszugehörigkeit oder Wohnsitz benachteiligt zu werden; eine juristische Person darf nicht aufgrund ihres eingetragenen Sitzes oder aufgrund des tatsächlichen Mittelpunkts ihrer Geschäftstätigkeit benachteiligt werden.

Artikel 4

Zugang zu Informationen über die Umwelt

(1) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Behörden nach Maßgabe der folgenden Absätze dieses Artikels und im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Öffentlichkeit Informationen über die Umwelt auf Antrag zur Verfügung stellen; hierzu gehören, wenn dies beantragt wird und nach Maßgabe des Buchstaben b, auch Kopien der eigentlichen Unterlagen, die derartige Informationen enthalten oder die aus diesen Informationen bestehen; dies geschieht

a)ohne Nachweis eines Interesses;

b)in der erwünschten Form, es sei denn,

i)es erscheint der Behörde angemessen, die Informationen in anderer Form zur Verfügung zu stellen, was zu begründen ist, oder

ii)die Informationen stehen der Öffentlichkeit bereits in anderer Form zur Verfügung.

...

Artikel 5

Erhebung und Verbreitung von Informationen über die Umwelt

...

(2) Jede Vertragspartei stellt sicher, dass die Behörden im Rahmen der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Öffentlichkeit Informationen über die Umwelt auf transparente Art und Weise zur Verfügung stellen und dass ein effektiver Zugang zu Informationen über die Umwelt besteht; dazu gehört unter anderem, dass

a)sie die Öffentlichkeit ausreichend über Art und Umfang der den zuständigen Behörden vorliegenden Informationen über die Umwelt, über die grundlegenden Bedingungen, unter denen diese zur Verfügung gestellt und zugänglich gemacht werden, und über das für deren Erlangung maßgebliche Verfahren informiert;

b)sie praktische Vorkehrungen trifft und beibehält wie zum Beispiel

i)das Führen öffentlich zugänglicher Listen, Register oder Datensammlungen;

ii)die Verpflichtung öffentlich Bediensteter, die Öffentlichkeit in dem Bemühen um Zugang zu Informationen aufgrund dieses Übereinkommens zu unterstützen, sowie

iii)die Benennung von Kontaktstellen und

c)sie gebührenfreien Zugang zu den Informationen über die Umwelt gewährt, die in den unter Buchstabe b Ziffer i genannten Listen, Registern oder Datensammlungen enthalten sind.

...

(7) Jede Vertragspartei

...

c)stellt in geeigneter Form Informationen über die Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben oder die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Umwelt durch alle Ebenen der öffentlichen Verwaltung zur Verfügung.

...

Artikel 8

Öffentlichkeitsbeteiligung während der Vorbereitung exekutiver Vorschriften und/oder allgemein anwendbarer rechtsverbindlicher normativer Instrumente

Jede Vertragspartei bemüht sich, zu einem passenden Zeitpunkt und solange Optionen noch offen sind eine effektive Öffentlichkeitsbeteiligung während der durch Behörden erfolgenden Vorbereitung exekutiver Vorschriften und sonstiger allgemein anwendbarer rechtsverbindlicher Bestimmungen, die eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben können, zu fördern. Zu diesem Zweck sollten folgende Maßnahmen ergriffen werden:

a)Für eine effektive Beteiligung ausreichende zeitliche Rahmen sollten festgelegt werden;

b)Vorschriftenentwürfe sollten veröffentlicht oder anderweitig öffentlich zugänglich gemacht werden, und

c)die Öffentlichkeit sollte unmittelbar oder über sie vertretende und beratende Stellen die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten.

Das Ergebnis der Öffentlichkeitsbeteiligung wird so weit wie möglich berücksichtigt.

Artikel 9

Zugang zu Gerichten

(1) Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass jede Person, die der Ansicht ist, dass ihr nach Artikel 4 gestellter Antrag auf Informationen nicht beachtet, fälschlicherweise ganz oder teilweise abgelehnt, unzulänglich beantwortet oder auf andere Weise nicht in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel bearbeitet worden ist, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle hat.

Für den Fall, dass eine Vertragspartei eine derartige Überprüfung durch ein Gericht vorsieht, stellt sie sicher, dass die betreffende Person auch Zugang zu einem schnellen, gesetzlich festgelegten sowie gebührenfreien oder nicht kostenaufwendigen Überprüfungsverfahren durch eine Behörde oder Zugang zu einer Überprüfung durch eine unabhängige und unparteiische Stelle, die kein Gericht ist, hat.

Nach Absatz 1 getroffene endgültige Entscheidungen sind für die Behörde, die über die Informationen verfügt, verbindlich. Gründe werden in Schriftform dargelegt, zumindest dann, wenn der Zugang zu Informationen nach diesem Absatz abgelehnt wird.

(2) Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit,

(a)die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

(b)eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Artikel 6 und - sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 - sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten.

Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmt sich nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen dieses Übereinkommens einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne des Buchstaben a. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne des Buchstaben b verletzt werden können.

Absatz 2 schließt die Möglichkeit eines vorangehenden Überprüfungsverfahrens vor einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis der Ausschöpfung verwaltungsbehördlicher Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.

(3) Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

...“

24Gemäß Art. 116 Abs. 1 B-VG gliedert sich jedes Land in Gemeinden. Die Gemeinde ist Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung und zugleich Verwaltungssprengel. Jedes Grundstück muss zu einer Gemeinde gehören.

25Art. 116 Abs. 2 B-VG sieht vor, dass die Gemeinde selbständiger Wirtschaftskörper ist. Sie hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Bundes- und Landesgesetze Vermögen aller Art zu besitzen, zu erwerben und darüber zu verfügen, wirtschaftliche Unternehmungen zu betreiben sowie im Rahmen der Finanzverfassung ihren Haushalt selbständig zu führen und Abgaben auszuschreiben.

26Der Wirkungsbereich der Gemeinde ist gemäß Art. 118 Abs. 1 B-VG ein eigener und ein vom Bund oder Land übertragener.

27Gemäß Art. 118 Abs. 2 B-VG umfasst der eigene Wirkungsbereich neben den im Art. 116 Abs. 2 B-VG angeführten Angelegenheiten alle Angelegenheiten, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet sind, durch die Gemeinschaft innerhalb ihren örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Die Gesetze haben derartige Angelegenheiten ausdrücklich als solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde zu bezeichnen.

28Der Gemeinde sind zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich die behördlichen Aufgaben insbesondere in den in Art. 118 Abs. 3 B-VG angeführten Angelegenheiten gewährleistet (darunter u.a. die örtliche Raumplanung gemäß Art. 118 Abs. 3 Z 9 B-VG).

29Die Gemeinde hat gemäß Art. 118 Abs. 4 B-VG die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen und unter Ausschluss eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches besteht ein zweistufiger Instanzenzug. Dieser kann gesetzlich ausgeschlossen werden. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches kommt dem Bund und dem Land ein Aufsichtsrecht über die Gemeinde zu.

30Der Bürgermeister, die Mitglieder des Gemeindevorstandes (Stadtrates, Stadtsenates) und allenfalls bestellte andere Organe der Gemeinde sind für die Erfüllung ihrer dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zugehörigen Aufgaben gemäß Art. 118 Abs. 5 B-VG dem Gemeinderat verantwortlich.

31In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches hat die Gemeinde gemäß Art. 118 Abs. 6 B-VG das Recht, ortspolizeiliche Verordnungen nach freier Selbstbestimmung zur Abwehr unmittelbar zu erwartender oder zur Beseitigung bestehender, das örtliche Gemeinschaftsleben störender Missstände zu erlassen sowie deren Nichtbefolgung als Verwaltungsübertretung zu erklären. Solche Verordnungen dürfen nicht gegen bestehende Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes verstoßen.

32Gemäß § 3 Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Nachhaltigkeit, den Tierschutz, den umfassenden Umweltschutz, die Sicherstellung der Wasser- und Lebensmittelversorgung und die Forschung, BGBl. I Nr. 111/2013 idF Nr. 82/2019, bekennt sich die Republik Österreich (Bund, Länder und Gemeinden) zum umfassenden Umweltschutz. Umfassender Umweltschutz ist gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. die Bewahrung der natürlichen Umwelt als Lebensgrundlage des Menschen vor schädlichen Einwirkungen. Der umfassende Umweltschutz besteht insbesondere in Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft, des Wassers und des Bodens sowie zur Vermeidung von Störungen durch Lärm.

33Unstrittig ist im vorliegenden Fall, dass es um eine Behandlungsanlage im Sinne des § 37 Abs. 3 AWG 2002 geht, die im vereinfachten Verfahren nach § 50 AWG 2002 zu genehmigen ist. Die Revisionswerberin ist Standortgemeinde. Auf Grund des § 50 Abs. 4 AWG 2002 hat die Standortgemeinde im vereinfachten Genehmigungsverfahren keine Parteistellung.

34Im Protect-Urteil kam der EuGH zu dem Schluss, dass, soweit innerstaatliche Vorschriften Umweltorganisationen eine Anfechtung eines Bewilligungsbescheides (dort: ein Bescheid, mit dem ein möglicherweise gegen die Verpflichtung aus Art. 4 der Richtlinie 2000/60, eine Verschlechterung des Zustands der Wasserkörper zu verhindern, verstoßendes Vorhaben bewilligt wird) gänzlich verwehren, die betreffenden nationalen Rechtsvorschriften nicht den Anforderungen des Art. 9 Abs. 3 AÜ in Verbindung mit Art. 47 GRC genügen.

35Im Hinblick auf die Richtlinie 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie) wurde in der Folge mit dem Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018, BGBl. I Nr. 73, das AWG 2002 geändert, um den Anforderungen nach dem Protect-Urteil gerecht zu werden (vgl. 270 BlgNR. XXVI. GP). § 50 AWG 2002 erfuhr dabei allerdings keine Änderung. Auch die Umweltorganisationen finden in § 50 Abs. 4 AWG 2002 nach wie vor keine Erwähnung.

36An dieser Stelle ist allerdings zu bemerken, dass alle innerstaatlichen Verfahrensarten den Vorgaben des Unionrechts entsprechen müssen. Wenn daher unionsrechtlich Art. 9 Abs. 2 oder 3 AÜ (in Verbindung mit Art. 47 GRC) zum Tragen kommt, sind gegebenenfalls alle innerstaatlichen Rechtsvorschriften, die dem entgegenstehen, außer Acht zu lassen (vgl. dazu auch Schulev-Steindl, Das Aarhus-Beteiligungsgesetz - Ende gut, alles gut? ÖZW 2019, S 21).

37Der damit angesprochenen Problematik könnte im vorliegenden Fall aber nur dann Bedeutung zukommen, wenn die Standortgemeinde überhaupt unter den Begriff „Öffentlichkeit“ (Art. 2 Z 4 AÜ) und eventuell in weiterer Folge unter den Begriff „betroffene Öffentlichkeit“ (Art. 2 Z 5 AÜ) fiele (diese Frage konnte in , noch offen bleiben).

38Hier ist zunächst zu bemerken, dass der Gemeinde nach dem B-VG einerseits die Befugnis zukommt, im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung zu handeln (Art. 116 Abs. 2 B-VG), dass die Gemeinde aber andererseits jedenfalls auch hoheitliche (staatliche) Aufgaben wahrzunehmen hat (vgl. Art. 118 B-VG). Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang nun, dass Art. 2 Z 2 AÜ einerseits die „Behörde“ definiert, wozu gemäß lit. a dieser Bestimmung jedenfalls eine Stelle der öffentlichen Verwaltung auf nationaler, regionaler und anderer Ebene zählt, und andererseits in Z 4 und 5 die Öffentlichkeit bzw. betroffene Öffentlichkeit definiert werden. Das AÜ stellt in weiterer Folge der „Behörde“ regelmäßig die „Öffentlichkeit“ gegenüber, es unterscheidet also zwischen der „Behörde“ und der „Öffentlichkeit“ und lässt eine Vermengung in keiner Weise erkennen (vgl. z.B. Art. 3 Abs. 2, Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 2 und schließlich auch Art. 9 Abs. 3 AÜ; vgl. ferner auch den Erwägungsgrund 9 der Präambel). Die Präambel des AÜ zeigt ferner eindeutig, dass es dem AÜ bei der Öffentlichkeitsbeteiligung um nicht-staatliche Einrichtungen bzw. Personen geht (vgl. die Erwägungsgründe 8, 13 und 18 der Präambel).

39Es ist daher davon auszugehen, dass eine Organisationseinheit, die zwingend als staatliche eingerichtet ist, wie eben die Gemeinde, nicht unter den Begriff der „Öffentlichkeit“ (und damit auch nicht unter den Begriff der „betroffenen Öffentlichkeit“) im Sinne des AÜ fällt - vgl. in diesem Sinne auch Schulev-Steindl, Rechtliche Optionen zur Verbesserung des Zugangs zu Gerichten im österreichischen Umweltrecht gemäß der Aarhus-Konvention (Art. 9 Abs. 3), 2009, S 22 f; Bachl, Die (betroffene) Öffentlichkeit im UVP-Verfahren (2015), S 55; Goby, Rechtsschutz in Umweltangelegenheiten im Lichte der Aarhus-Konvention (2015), S 87 f; vgl. weiters ECE, The Aarhus Convention: An implementation guide (2000), S 130, wo in Bezug auf Art. 9 Abs. 3 AÜ ausdrücklich von „citizen enforcement“ gesprochen wird; vgl. weiters S 32, wonach „Public authority“ im Sinne des Art. 2 lit. a AÜ „government“ einschließt, ein Begriff, der „agencies, institutions, departments, bodies etc. of political power at all geographical or administrative levels“ umfasst; ebenso ECE, The Aarhus Convention: An implementation guide, 2. Auflage, 2014, S 46.

40In der Entscheidung des Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) vom , ACCC/C/2012/68, wurde zwar in Bezug auf „Community Councils“ in Schottland ausgesprochen, dass diese unter den Begriff der „Öffentlichkeit“ gemäß Art. 2 Z 4 AÜ fallen. Allerdings wurde betont, dass sie keine hoheitliche Entscheidungsgewalt haben („no regulatory decision-making functions“) und ihre Mitglieder ehrenamtlich tätig sind („operate on a voluntary basis and do not recieve payment for their services“). Abgesehen von der Frage der ehrenamtlichen Tätigkeit kann die genannte Entscheidung für die Rechtslage in Österreich schon angesichts der Stellung des Gemeinderates als oberstes Organ der Gemeinde (Art. 118 Abs. 5 B-VG) mit entsprechender hoheitlicher Weisungsberechtigung gegenüber allen Gemeindeorganen (vgl. dazu z.B. Mayer/Muzak, B-VG, 5. Auflage, S 405) nicht vergleichbar sein. Es bedürfte, abgesehen von der Ehrenamtlichkeit, angesichts des Art. 118 Abs. 5 B-VG zumindest einer verfassungsgesetzlichen Weisungsfreistellung von Einrichtungen auf Ebene der Gemeinde, damit allenfalls im Sinne der genannten Entscheidung diese Einrichtungen als Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Art. 2 Abs. 4 AÜ angesehen werden könnten. Derartiges ist nicht gegeben - vgl. in diesem Zusammenhang etwa auch die Stellung der Landesumweltanwälte, bei denen - trotz grundsätzlicher Weisungsfreistellung - davon ausgegangen wird, dass sie jedenfalls nicht ausreichen, um die der „Öffentlichkeit“ nach dem AÜ gegebenen Berechtigungen zu erfüllen, und dass ihre Verfahrensbeteiligung allenfalls nur als eine über den Mindeststandard hinausgehende Maßnahme im Sinne des Art. 3 Abs. 5 AÜ angesehen werden kann - Schulev-Steindl, Optionen, S 29; Bachl, aaO, S 234, die auch betont, dass das AÜ nicht vorsieht, dass die Interessen der Öffentlichkeit mediatisiert durch einen „Sachwalter“ geschützt werden können, sondern fordert, dass die Mitglieder der (betroffenen) Öffentlichkeit direkt im Verfahren einbezogen werden und unmittelbar einen Zugang zu Gericht haben; vgl. in diesem Zusammenhang auch ACCC/C/2011/63 vom , wo es nicht als ausreichend angesehen wird, wenn die (vom Umweltanwalt zu unterscheidende) Öffentlichkeit an ihn herantreten kann; Goby, aaO, S 320 ff.

41Zusammenfassend ergibt sich somit, dass eine Gemeinde, auch eine Standortgemeinde wie die Revisionswerberin, selbst nicht zur Öffentlichkeit im Sinne des Art. 2 Abs. 4 AÜ zählt und ihr daher auch auf Grund des Art. 9 Abs. 2 und 3 AÜ kein Zugang zu einem Gericht zusteht. Die Revisionswerberin hat daher auch dann, wenn man von der Verdrängung entgegenstehender innerstaatlicher Rechtsvorschriften im Sinne des Protect-Urteiles ausgeht, kein Recht auf Grund des AÜ zum Gerichtszugang, und es ist daher auch nicht erforderlich, ihr Parteistellung im Verfahren nach § 50 AWG 2002 einzuräumen.

42Die Revisionswerberin beruft sich allerdings auch darauf, dass dann, wenn Umweltorganisationen Parteistellung bzw. Beschwerderecht an die Verwaltungsgerichte zukommen sollte, eine innerstaatliche Verfassungswidrigkeit vorläge, wenn diese Rechte der Standortgemeinde abgesprochen werden sollten.

43In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass darin, dass die Standortgemeinde im vereinfachten Verfahren auf Grund des § 50 Abs. 4 AWG 2002 (anders als im sonstigen Verfahren aufgrund des § 42 Abs. 1 AWG 2002) keine Parteistellung hat, keine Verfassungswidrigkeit erblickt werden kann (vgl. ; ). In der Revision wird auch nicht geltend gemacht, dass die Abgrenzung zwischen Anlagen, die im vereinfachten Genehmigungsverfahren zu bewilligen sind, und solchen, die dem regulären Genehmigungsverfahren unterliegen, verfassungswidrig wäre. Derartiges ist auch nicht ersichtlich und wurde auch in den soeben genannten Entscheidungen nicht in Überlegung gezogen.

44Von Bedeutung ist allerdings, dass eine „doppelte Bindung“ des Gesetzgebers besteht, wonach nicht nur das Unionsrecht, sondern auch das innerstaatliche Verfassungsrecht zu beachten ist. Wenn dem Unionsrecht Genüge getan ist (was auch durch den Anwendungsvorrang bewerkstelligt werden könnte), bedeutet dies nicht gleichsam automatisch, dass damit auch dem österreichischen Verfassungsrecht entsprochen wäre (vgl. z.B. , mwN). Sollte daher auf Grund des Unionsrechts Umweltorganisationen Parteistellung bzw. das Recht der Anrufung des Verwaltungsgerichtes im vereinfachten Verfahren zukommen, so wäre zu prüfen, ob angesichts dessen der diesbezügliche Ausschluss der Standortgemeinde im vereinfachten Verfahren nicht verfassungswidrig, weil unsachlich und damit gleichheitswidrig, wäre. Auch vor dem Hintergrund dieser Problematik erübrigt es sich aber darauf einzugehen, ob Umweltorganisationen im vereinfachten Verfahren gemäß § 50 AWG 2002 auf Grund des Unionsrechtes und trotz des Aarhus-Beteiligungsgesetzes 2018 Parteistellung zukommt, weil selbst bejahendenfalls keine Verfassungswidrigkeit darin erblickt werden kann, dass die Standortgemeinde diese Stellung im vereinfachten Verfahren nicht hat:

45Zunächst ist festzuhalten, dass es im gegebenen Zusammenhang nicht darauf ankommt, welche konkrete Interessenlage in einem einzelnen Verfahren (wie etwa auch im hier gegenständlichen Verfahren) vorliegt. Ausschlaggebend ist vielmehr, dass Umweltorganisationen (ebenso wie die - allerdings nur nach dem UVP-G 2000 - eine besondere Rechtsstellung genießenden Bürgerinitiativen - vgl. dazu ; ; Berl, Bürgerinitiativen in UVP-Verfahren - quo vadis? ÖZW 2019, S 62 ff; kritisch Holzer, VwGH verirrt sich in Aarhus, ecolex 2019, S 991 ff) voraussetzungsgemäß (bzw. typischerweise) die Interessen des Umweltschutzes verfolgen, während es bei einer Gemeinde schon im Hinblick auf Art. 116 Abs. 2 B-VG durchaus ebenso in Betracht kommt, dass andere Interessen, wie z.B. ökonomische, allgemein raumplanerische oder auch solche der Wechselbeziehungen zu Nachbargemeinden, allenfalls auch zum Land oder zum Bund, auf Grund politischer Entscheidungen im Einzelfall im Vordergrund stehen. Das Bekenntnis zum umfassenden Umweltschutz nach dem Bundesverfassungsgesetz BGBl. I Nr. 111/2013 idF Nr. 82/2019 vermag daran nichts zu ändern, zumal in einem rechtsstaatlichen Verfahren ohnedies davon auszugehen ist, dass die Behörde den einschlägigen gesetzlichen Verpflichtungen zur Beachtung des Umweltschutzes entspricht. Es tritt hinzu, dass Umweltorganisationen insbesondere aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz und des bei ihnen vorhandenen Fachwissens ihre besondere verfahrensrechtliche Stellung zukommt (vgl. Berl, aaO, 63), wohingegen nicht angenommen werden kann, dass entsprechendes Fachwissen in der typischen Gemeinde („abstrakten Einheitsgemeinde“ - vgl. A 7/80; , B 747/03) vorhanden ist. Dies würde viel eher noch bei den Gebietskörperschaften Land und Bund vorliegen.

46Gerade im Hinblick darauf, dass die Gemeindeorgane demokratisch legitimiert sind, sich also regelmäßig Wahlen stellen müssen, und dass die jeweils zu verfolgenden politischen Interessen, die in der Regel von der Mehrheit des Gemeinderates bestimmt werden, keineswegs in einem Ausmaß auf den Umweltschutz zielgerichtet sein müssen wie bei Umweltorganisationen, kann angesichts des rechtspolitischen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Regelung der Parteistellung (vgl. z.B. ) keine Verfassungswidrigkeit darin gesehen werden, wenn er in Verfolgung des Zieles einer effizienteren Verfahrensgestaltung durch Einführung eines vereinfachten Verfahrens im AWG 2002 (vgl. 984 BlgNR XXI. GP, 66) der Standortgemeinde in diesem vereinfachten Verfahren keine Parteistellung einräumt, und zwar auch dann nicht, wenn Umweltorganisationen eine solche (nach Unionsrecht) zustehen sollte. Entgegen der Anspielung in der Revision mit dem Hinweis auf eine allenfalls notwendige Volksabstimmung kann hier auch keine Beeinträchtigung des demokratischen Prinzips der österreichischen Bundesverfassung (vgl. dazu z.B. Mayer/Kucsko-Stadlmayer/Stöger, Bundesverfassungsrecht, 11. Auflage, S 79 ff) erblickt werden, zumal es hier nicht um die Erlassung von Rechtsnormen durch die Verfahrensparteien geht. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich somit insgesamt auch nicht veranlasst, einen Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

47Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei es sich erübrigte, auf das weitere Revisionsvorbringen näher einzugehen.

48Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung Nr. 8/2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019050047.L00
Schlagworte:
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1 Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4

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