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VwGH vom 16.12.2019, Ra 2019/05/0039

VwGH vom 16.12.2019, Ra 2019/05/0039

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision der A GmbH in W, vertreten durch Sauerzopf & Partner Rechtsanwälte in 1010 Wien, Börsegasse 9/3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom , VGW-111/077/11259/2018-4, betreffend Baueinstellung nach § 127 Abs. 8a Bauordnung für Wien (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; weitere Partei: Wiener Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Bundeshauptstadt Wien hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1 Mit dem gegenüber der revisionswerbenden Partei als Bauherrin und Grundeigentümerin erlassenen Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (im Folgenden: Magistrat) vom wurde angeordnet, die Bauführung zum Abbruch des Gebäudes auf einer (näher bezeichneten) Liegenschaft in Wien gemäß § 127 Abs. 8a iVm § 127 Abs. 8 lit. a Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) einzustellen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde (unter Spruchpunkt I.) die von der revisionswerbenden Partei gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde abgewiesen und (unter Spruchpunkt II.) eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt. 3 Dazu führte das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) im Wesentlichen (u.a.) aus, dass die revisionswerbende Partei mit dem Abbruch des Gebäudes, das nicht in einer Schutzzone liege, noch vor dem rechtmäßig begonnen habe und die Abbrucharbeiten für dieses Gebäude aufgrund der bis einschließlich geltenden Rechtslage bewilligungsfrei gewesen seien. Am sei das LGBl. für Wien Nr. 37/2018 in Kraft getreten, mit dem u.a. der Abbruch von Gebäuden, die vor dem errichtet worden seien, einer Bewilligungspflicht unterworfen worden sei. Das gegenständliche Gebäude sei vor dem errichtet worden. Die revisionswerbende Partei habe bisher weder eine Bescheinigung des Magistrates gemäß § 62a Abs. 5a BO darüber, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse bestehe, beantragt noch gemäß § 60 Abs. 1 lit. d leg. cit. um Erteilung einer Abbruchbewilligung für das Gebäude angesucht. Eine Ausnahme vom Bewilligungserfordernis für Abbrucharbeiten, die vor dem rechtmäßig begonnen worden seien, sehe das Gesetz nicht vor. Wenn die revisionswerbende Partei vorbringe, dass diese Arbeiten bereits weit fortgeschritten seien und sie unter anderem bereits Teile des Dachstuhles abgebrochen habe, so sei dazu festzuhalten, dass das Beschwerdeverfahren für eine derartige Abwägung keinen Raum biete. 4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

5 Der Magistrat erstattete eine Revisionsbeantwortung.

II.

6 Die Revision ist in Anbetracht der in der Zulässigkeitsbegründung (§ 28 Abs. 3 VwGG) aufgeworfenen Rechtsfrage, ob vor dem Inkrafttreten des LGBl. für Wien Nr. 37/2018 bereits rechtmäßig begonnene Abbrucharbeiten an vor dem errichteten Gebäuden, wenn eine Bestätigung des Magistrates im Sinne des § 62a Abs. 5a BO nicht vorgelegt werde, einer Bewilligungspflicht unterlägen und mit einem Auftrag zur Baueinstellung vorgegangen werden dürfe oder ob die rechtmäßig begonnenen Abbrucharbeiten weitergeführt werden dürften, zulässig. Ihr kommt auch Berechtigung zu.

7 Mit der Neufassung des § 60 Abs. 1 lit. d BO durch die am in Kraft getretene Novelle LGBl. für Wien Nr. 37/2018 wurde normiert, dass für den Abbruch von Gebäuden, die - wie das hier in Rede stehende Gebäude - vor dem errichtet wurden, dann eine Baubewilligungspflicht gegeben ist, wenn der Anzeige des Abbruches gemäß § 62a Abs. 5a leg. cit. keine Bestätigung des Magistrates angeschlossen ist, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. Auf dem Boden dieser Rechtslage erging der gegenständliche Auftrag zur Baueinstellung wegen fehlender Baubewilligung.

8 Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem Erkenntnis , in einem gleichgelagerten Fall, in dem mit Abbrucharbeiten bereits vor Inkrafttreten der Novelle LGBl. für Wien Nr. 37/2018 begonnen worden war und diese auch im Zeitpunkt der Erlassung des Baueinstellungsbescheides des Magistrates noch nicht abgeschlossen waren, ausgesprochen hat, ist für die Frage, ob eine Baubewilligung erforderlich ist, die Rechtslage, die bei Beginn der Ausführung des Bauvorhabens (hier: des Abbruches) gegolten hat, heranzuziehen. Zur weiteren Begründung wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf dieses Erkenntnis verwiesen.

9 Im vorliegenden Revisionsfall, in dem unbestritten mit den Abbrucharbeiten bereits vor dem begonnen worden war und diese auch bei Erlassung des genannten Bescheides andauerten, bestand im Zeitpunkt des maßgeblichen Beginnes des Abbruches aufgrund des § 60 Abs. 1 BO iVm § 62a leg. cit. in der Fassung vor Inkrafttreten der genannten Novelle keine Baubewilligungspflicht, sodass für den genannten Auftrag zur Baueinstellung keine rechtliche Grundlage bestand (vgl. zum Ganzen nochmals das Erkenntnis ).

10 Das angefochtene Erkenntnis war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

11 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG iVm der Verordnung, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019050039.L00
Schlagworte:
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

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