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VwGH vom 24.06.2020, Ra 2019/05/0016

VwGH vom 24.06.2020, Ra 2019/05/0016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Mag. Rehak, Dr. Leonhartsberger und Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision des Dr. H B in A, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in 4470 Enns, Bräuergasse 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , LVwG-151485/21/RK/FE, betreffend eine Duldungsverpflichtung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde A; mitbeteiligte Partei: M W in A, vertreten durch Mag. Josef Hofinger und Dr. Roland Menschick, LL.M., Rechtsanwälte in 4710 Grieskirchen, Roßmarkt 20; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat der Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1Der Revisionswerber ist - nach Einantwortung vom Jänner 2018 - Alleineigentümer des Grundstückes Nr. 2059/1, KG A.

2Die Mitbeteiligte ist Alleineigentümerin des im Norden an das Grundstück Nr. 2059/1 des Revisionswerbers angrenzenden Grundstückes Nr. 52/2, KG A, mit einer landwirtschaftlichen Nutzfläche im Ausmaß von 405 m2 und sonstiger Nutzung von 1.115 m2, insgesamt somit 1.520 m2.

3Mit Schreiben vom beantragte die Mitbeteiligte die Erlassung eines Bescheides gemäß § 15 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994). Trotz mehrmaligen schriftlichen Ersuchen und diversen Gesprächen sei es nicht möglich gewesen, die Erlaubnis der „Gutsverwaltung“ für die kurzfristige Benützung der Parzelle 2059/1 während der Errichtung einer Grenzmauer an der nördlichen Grundstücksgrenze des Grundstückes Nr. 52/2 einzuholen. Die Errichtung der Mauer ohne Inanspruchnahme des Nachbargrundstückes würde einen unzumutbar hohen Mehraufwand darstellen.

4Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde A vom wurde die Verlassenschaft nach E. B. (im Folgenden: Verlassenschaft) als Eigentümerin des Grundstückes Nr. 2059/1, KG A, gemäß § 15 Abs. 1 Oö. BauO 1994 dazu verpflichtet, die vorübergehende Benützung ihres Grundstückes zur Errichtung einer Stütz- bzw. Einfriedungsmauer auf dem Grundstück Nr. 52/2 der Mitbeteiligten in einer Länge von ca. 25 Metern entlang der gemeinsamen Grundgrenze für Fundamentaushub mit einem Bagger, Versetzen von Fertigteilen mit einem LKW mit Kran sowie Hinterfüllung der Mauer mit einem Bagger zu dulden. Dabei ging die Behörde zunächst davon aus, dass der Umstand, dass es sich bei dem zu benützenden Nachbargrundstück um eine land- und forstwirtschaftliche Fahrfläche handle, nicht zur Folge habe, dass die Oö. BauO 1994 nicht anzuwenden sei, weil bei der Beurteilung auf das zu bebauende Grundstück abzustellen sei und nicht auf jenes, das benützt werden solle. Weiters sei seitens des Eigentümers - sonstige Berechtigte gebe es mangels Eintragung diesbezüglicher Dienstbarkeiten im Grundbuch nicht - keine Zustimmung zur Inanspruchnahme des Nachbargrundes vorgelegen, sodass die Beantragung einer behördlichen Entscheidung darüber zulässig sei. Von einer unverhältnismäßig großen Behinderung des Nachbargrundstückes könne nicht ausgegangen werde, zumal der Baubehörde bekannt sei, dass auf diesem Weg an manchen Tagen gar keine Fahrbewegungen oder aber jedenfalls nur wenige durchgeführt würden. Da - wie vom Sachverständigen bestätigt - die Kosten für die Errichtung der Stütz- bzw. Einfriedungsmauer ohne Inanspruchnahme des Nachbargrundes die Kosten für die Errichtung mit Inanspruchnahme erheblich überstiegen, sei die Duldung auszusprechen gewesen.

5Mit Berufungsbescheid vom 20. November2017 wies der Gemeinderat der Gemeinde A die dagegen erhobene Berufung der Verlassenschaft als unbegründet ab. Dagegen erhob die Verlassenschaft mit Schriftsatz vom Beschwerde.

6Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) diese Beschwerde als unbegründet ab. Weiters sprach es aus, dass die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

7Begründend führte das Verwaltungsgericht zum Sachverhalt im Wesentlichen aus, es komme immer wieder zu größeren Überschwemmungsereignissen von der Schotterstraße des Revisionswerbers auf das Grundstück der Mitbeteiligten. Das Motiv für die Errichtung der Stützmauer sei der bauliche Schutz gegen eindringendes Oberflächenwasser. Die Stützmauer trete auf der Nachbargrundstücksseite des Revisionswerbers mit ca. 60 bis 65 cm Höhe in Erscheinung, markiere eine Länge von ca. 25 m und friede die leicht nordöstlich gewandte Grundgrenze der Mitbeteiligten zur Straße des Revisionswerbers ab. Für die Errichtung dieser Stützmauer müsse bei üblicher Errichtungsart für den Fundamentaushub ein Bagger mit einer Laufwerksseite (Kette) ca. vier bis fünf Stunden am Nachbargrund verweilen. Der Fundamentaushub müsse ca. 10 bis 15 cm über Wandaußenkante ins Nachbargrundstück ausgehoben werden. Im Stadium des Versetzens der Fertigteilwand sei sodann mit ca. fünf bis sechs Stunden zum Versetzen, Einrichten und Fixieren zu rechnen und der Nachbargrund müsse hiezu mit einem LKW mit Kran und einem Betonmischer befahren und vom Personal begangen werden. Die Hinterfüllung und Verdichtung dauere ca. drei bis vier Stunden, wobei das Nachbargrundstück mit einem 5-Tonnen-Bagger befahren werde. Die Arbeiten würden an drei aufeinander folgenden Tagen, jeweils während der Normalarbeitszeit, durchgeführt werden; die Inanspruchnahme von Nachbargrund werde in dieser Zeit wahrscheinlich nicht für den ganzen Tag und nicht außerhalb der Arbeitszeit erfolgen. Ohne Benützung von Nachbargrund würde sich die Kostensumme auf € 16.555,08 und mit Benützung von Nachbargrund auf € 8.218,74 belaufen. Bei allfälliger Inanspruchnahme des Grundstückes des Revisionswerbers sei der Verkehr auf der gegenständlichen Straße während der Zeit der genannten Arbeiten behindert. Auf der Straße gebe es eine vergleichsweise geringe Verkehrshäufigkeit von null bis vier Fahrbewegungen pro Tag und es bestünden Ausweichstrecken. In seiner rechtlichen Beurteilung setzte sich das Verwaltungsgericht sodann mit den Beschwerdeausführungen auseinander, wobei es zu demselben Ergebnis wie die Berufungsbehörde kam.

8Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9Die Revision erweist sich angesichts der in der Revision unter anderem aufgeworfenen Frage, ob die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde nach § 170 Forstgesetz (im Folgenden: ForstG) für die Belange des Waldes und daher auch forstlicher Bringungsanlagen den Ausschluss der Zuständigkeit der Baubehörde gemäß § 1 Abs. 2 und Abs. 3 Z 7 Oö. BauO 1994 bedeute, als zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

10Die maßgeblichen Bestimmungen der Oö. BauO 1994, LGBl. Nr. 66/1994 idF LGBl. Nr. 95/2017, lauten:

§ 1

Geltungsbereich

(1) Dieses Landesgesetz regelt das Bauwesen im Land Oberösterreich, soweit es sich nicht um technische Anforderungen an Bauwerke handelt.

(2) Soweit durch Bestimmungen dieses Landesgesetzes der Zuständigkeitsbereich des Bundes berührt wird, sind sie so auszulegen, daß sich keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung ergibt.

(3) Dieses Landesgesetz gilt nicht für

[...]

bauliche Anlagen, die forstrechtlichen Vorschriften unterliegen, soweit es sich nicht um Gebäude handelt;

[...]

§ 15

Benützung fremder Grundstücke und baulicher Anlagen

(1) Die Eigentümer und die sonst Berechtigten haben die vorübergehende Benützung von Grundstücken und baulichen Anlagen zur Erstellung der nach diesem Landesgesetz erforderlichen Pläne, zur Ausführung von Bauvorhaben, zu Instandhaltungsarbeiten oder zur Behebung von Baugebrechen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen zu dulden, wenn diese Arbeiten auf andere Weise nicht oder nur unter unzumutbar hohen Kosten durchgeführt werden können und der widmungsgemäße Gebrauch der in Anspruch genommenen Grundstücke oder baulichen Anlagen dadurch keine unverhältnismäßige Behinderung erfährt.

[...]

(4) Die Eigentümer und die sonst Berechtigten sind von einer gemäß Abs. 1 bis 3 beabsichtigten Inanspruchnahme von Grundstücken oder baulichen Anlagen mindestens vier Wochen vorher unter genauer Angabe der Art und Dauer der beabsichtigten Inanspruchnahme von demjenigen schriftlich zu verständigen, der die Inanspruchnahme beabsichtigt. Wird die Inanspruchnahme verweigert, hat die Baubehörde auf Antrag über die Notwendigkeit, die Art, den Umfang und die Dauer der Inanspruchnahme mit Bescheid zu entscheiden. Dies gilt nicht, wenn die Inanspruchnahme nur für die Behebung von Baugebrechen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen notwendig und Gefahr im Verzug ist. Die bescheidmäßig verfügte Inanspruchnahme des Nachbargebäudes im Sinn des Abs. 2 ist auf Antrag des Berechtigten im Grundbuch ersichtlich zu machen.

[...]

(6) Die Inanspruchnahme hat unter möglichster Schonung der Grundstücke und baulichen Anlagen sowie der Rechte der Betroffenen zu erfolgen. Nach Beendigung der Inanspruchnahme ist der frühere Zustand soweit als möglich wieder herzustellen. Für verbleibende Vermögensschäden gebührt eine angemessene Entschädigung, die über Antrag des Geschädigten von der Baubehörde unter sinngemäßer Anwendung des § 14 mit Bescheid festzusetzen ist. Der Antrag auf Festsetzung der Entschädigung ist bei sonstigem Verlust des Anspruches innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Beendigung der Inanspruchnahme bei der Baubehörde einzubringen.

[...]

§ 26

Bewilligungs- und anzeigefreie Bauvorhaben

Weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen die in den § 24 und 25 nicht angeführten Bauvorhaben; dies gilt insbesondere für

[...]

3.Bauvorhaben, die in Entsprechung eines baubehördlichen Auftrages ausgeführt werden;

4.Stützmauern und freistehende Mauern bis zu einer Höhe von 1,50 Meter über dem jeweils tiefer gelegenen Gelände; Einfriedungen, soweit sie nicht unter § 25 Abs. 1 Z 14 fallen; Wild- und Weidezäune;

[...]“

11In der Revision wird vorgebracht, bei der fraglichen Schotterstraße auf dem Grundstück Nr. 2059/1 des Revisionswerbers handle es sich um eine Forststraße, die tatsächlich zur Holzbringung verwendet werde. Die Bringung sei in den § 58 bis 67 ForstG geregelt; die Wegparzelle Nr. 2059/1 unterliege daher dem ForstG, weshalb zuständige Behörde die Bezirksverwaltungsbehörde sei. Gemäß § 1 Abs. 2 der Oö. BauO 1994 seien die Bestimmungen dieses Landesgesetzes, soweit der Zuständigkeitsbereich des Bundes berührt werde, so auszulegen, dass sich keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung ergebe. Nach Abs. 3 Z 7 leg. cit. gelte dieses Landesgesetz nicht für bauliche Anlagen, die forstrechtlichen Vorschriften unterlägen, soweit es sich nicht um Gebäude handle. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass es sich bei der Forststraße um eine forstliche Bringungsanlage nach den § 58 ff ForstG handle, die den forstrechtlichen Vorschriften unterliege, weshalb gemäß § 1 Abs. 2 Oö. BauO 1994, insbesondere aber gemäß Abs. 3 Z 7 leg. cit., die Oö. BauO 1994, weil es sich nicht um ein Gebäude handle, nicht anwendbar sei. Der verfahrensgegenständliche behördliche Eingriff in das Eigentumsrecht des Revisionswerbers stelle eine Einmengung in die Belange der nach dem ForstG zuständigen Behörde dar; genau solche Einmengungen bzw. Interessenskollisionen sollten durch die in § 1 Abs. 3 Oö. BauO 1994 festgelegten Ausnahmen vom Anwendungsbereich der BauO vermieden werden.

12Dazu ist vorweg festzuhalten, dass für die Beurteilung, ob ein Ausnahmefall des § 1 bs. 3 Oö. BauO 1994, insbesondere der Z 7 leg. cit., vorliegt, auf das zu verwirklichende Bauvorhaben abzustellen ist. Dies ergibt sich im Anwendungsbereich des § 15 Oö. BauO 1994 schon aus dem Zweck der Bestimmung. Hintergrund für dessen Einführung war, dass sowohl die Erstellung der erforderlichen Pläne als auch die Ausführung eines Bauvorhabens es unter Umständen notwendig machen, fremden Grund zu betreten und in beschränktem Umfang zu benützen (vgl. zu § 16 Oö. BauO [Vorgängerbestimmung des § 15 Oö. BauO 1994] AB 140/1976 BlgOöLT 21. GP 7f). Das Ziel dieser Bestimmung ist daher, zu ermöglichen, dass unter bestimmten Umständen fremde Grundstücke zu baurelevanten Zwecken, die somit den Ausgangspunkt der Betrachtung darstellen, benützt werden dürfen. Es bedarf zunächst eines projektierten Bauvorhabens, damit überhaupt eine allfällige, daran anknüpfende Duldungspflicht ausgelöst werden kann. Dementsprechend gibt auch die Überschrift des § 15 Oö. BauO 1994 einen deutlichen Hinweis darauf, dass nicht das zu benützende Grundstück baurechtlicher Anknüpfungspunkt sein soll, indem es dieses als „fremd“ bezeichnet. Damit werden die zu benützenden Grundstücke in Gegensatz zu jenen gesetzt, auf die sich die in § 15 leg. cit. umschriebenen Handlungen beziehen.

13Für die Anwendbarkeit des § 15 Oö. BauO 1994 ist daher nur entscheidend, ob sich die dort genannten Handlungen auf Bauvorhaben nach diesem Landesgesetz beziehen. Dies ist bei der fallbezogen zu beurteilenden Errichtung einer Stütz- bzw. Einfriedungsmauer der Fall.

14Die Anwendbarkeit der Oö. BauO 1994 ist daher auch nicht im Grunde des § 1 Abs. 3 Z 7 leg. cit. ausgeschlossen, weil das konkrete Bauvorhaben den maßgeblichen Anknüpfungspunkt darstellt, nicht jedoch das von der Duldung betroffene Grundstück. Allerdings ist diesbezüglich auch das vom Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung entwickelte Berücksichtigungsgebot zu beachten, wonach es dem Gesetzgeber der einen Gebietskörperschaft verboten ist, die vom Gesetzgeber der anderen Gebietskörperschaft wahrgenommenen Interessen zu negieren und dessen gesetzliche Regelungen damit zu unterlaufen. Diese Pflicht verhält den Gesetzgeber dazu, eine zu einem angemessenen Ausgleich führende Abwägung der eigenen Interessen mit jenen der anderen Gebietskörperschaft vorzunehmen und nur eine Regelung zu treffen, die zu einem solchen Interessenausgleich führt (vgl. VfSlg. 10.292). Nichts anderes ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Oö. BauO 1994, der zur Abgrenzung der Kompetenzbereiche eine verfassungskonforme Interpretation vor Augen hat (vgl. AB 434 BlgLT 24. GP 4; vgl. zu Bestimmungen solchen Inhalts auch ).

15§ 15 Abs. 1 Oö. BauO 1994 sieht eine etwaige Duldungsverpflichtung für den Fall vor, dass der widmungsgemäße Gebrauch der in Anspruch genommenen Grundstücke oder baulichen Anlagen keine unterverhältnismäßige Beeinträchtigung erfährt. Diese Bestimmung lässt die geforderte Berücksichtigung kompetenzfremder Interessen daher zu. Dass die im vorliegenden Fall erfolgte Verhältnismäßigkeitsprüfung unvertretbar wäre, behauptet der Revisionswerber nicht.

16Weiters geht die Revision davon aus, bewilligungs- und anzeigefreie Bauvorhaben - wie hier vorliegend - fielen nicht in das Regelungsregime der Oö. BauO 1994. Sowohl das Baubewilligungs- als auch das -anzeigeverfahren hätten die Gewährleistung der Übereinstimmung des Bauvorhabens mit den von der Baubehörde wahrzunehmenden gesetzlichen Bestimmungen zum Inhalt; eine solche Vorgabe fehle hinsichtlich bewilligungs- und anzeigefreier Bauvorhaben, sodass die Oö. BauO 1994, sohin auch § 15 leg. cit., auf das gegenständliche Bauvorhaben nicht anwendbar sei.

17Dazu ist auszuführen, dass § 15 Oö. BauO 1994 nicht nur für bewilligungspflichtige Bauvorhaben, sondern für alle baulichen Anlagen, die der Oö. BauO 1994 unterliegen, gilt (vgl. Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht [2014] § 15 Oö. BauO 1994 Rz 2). Dies ergibt sich schon daraus, dass in § 15 leg. cit. als Anwendungsbereich ausdrücklich die Behebung von Baugebrechen genannt ist; Bauvorhaben, die in Entsprechung eines baubehördlichen Auftrages ausgeführt werden, bedürfen gemäß § 26 Z 3 Oö. BauO 1994 weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige. Somit ist dem Gesetz kein notwendiger Konnex mit einem Baubewilligungs- oder Bauanzeigeverfahren zu entnehmen.

18In der Revision wird weiters vorgebracht, gemäß § 15 Abs. 4 Oö. BauO 1994 seien die Eigentümer und die sonstigen Berechtigten von einer beabsichtigten Inanspruchnahme von Grundstücken oder baulichen Anlagen mindestens vier Wochen vor Inanspruchnahme zu verständigen. Hierbei handle es sich um eine zwingende Verpflichtung; die Verweigerung der Zustimmung des Grundeigentümers könne den Mangel der Verständigung der sonst Berechtigten nicht sanieren.

19Im Hinblick auf die Frage, ob sonst Berechtigte hätten verständigt werden müssen, obwohl schon der Grundeigentümer der Grundinanspruchnahme nicht zugestimmt hat, ist nicht erkennbar, inwiefern der Beantwortung dieser Frage fallbezogen Bedeutung zukommen sollte. Das Verwaltungsgericht ist in seinen Feststellungen nicht nur vom Alleineigentum des Revisionswerbers an dem zu benützenden Grundstück ausgegangen, sondern auch vom Nichtbestehen einschlägiger Dienstbarkeiten. Weder wird dieser Sachverhalt in der Revision konkret bestritten noch legt die Revision dar, welche sonst Berechtigten, die sich jedenfalls nicht aus den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes ergeben, zu verständigen gewesen wären. Ausgehend davon kann dem Verwaltungsgericht nicht entgegengetreten werden, wenn es den Antrag auf bescheidmäßigen Abspruch über die Duldungspflicht schon mangels Vorliegens der Zustimmung des Grundeigentümers zur Grundinanspruchnahme als zulässig beurteilte.

20Die Revision erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

21Die Kostenentscheidung stützt sich auf die § 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Darin findet das Mehrbegehren auf Zuspruch von Umsatzsteuer keine Deckung.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019050016.L00
Schlagworte:
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Auslegung Gesetzeskonforme Auslegung von Verordnungen Verfassungskonforme Auslegung von Gesetzen VwRallg3/3

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