VwGH vom 09.06.2015, 2013/08/0082
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätinnen Dr. Julcher und Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Mag. Berger als Richterinnen und Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gruber, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in Wien, vertreten durch Dr. Eva-Maria Bachmann-Lang und Dr. Christian Bachmann, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Opernring 8, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK-427723/0001- II/A/3/2012, betreffend Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG (mitbeteiligte Partei: Mag. Dr. R H in O), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom stellte die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt gemäß § 194 GSVG iVm § 410 ASVG auf Antrag der Mitbeteiligten fest, dass diese im Zeitraum von 1. Jänner bis der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliege (Spruchpunkt I). Im Zeitraum von bis laufend unterliege sie der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG (Spruchpunkt II).
Begründend führte die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt hinsichtlich Spruchpunkt I aus, die Mitbeteiligte habe in der Versicherungserklärung vom angegeben, dass sie ab Juli 2001 eine selbständige Erwerbstätigkeit im Bereich "soziologische Forschung" ausüben werde. In einer weiteren Versicherungserklärung vom habe sie angegeben, dass sie ab eine selbständige Erwerbstätigkeit als "Soziologin und Wissenschaftlerin" ausüben werde und ihre Einkünfte im Jahr 2011 die relevante Versicherungsgrenze überschreiten würden. Mit Schreiben vom habe sie diese Anmeldung zur Pflichtversicherung zurückgezogen und bekannt gegeben, dass sie über eine Gewerbeberechtigung verfüge. Seit sei sie Inhaberin der Gewerbeberechtigung "Organisation von Schulungen und Seminaren" und als solche Mitglied der Wirtschaftskammer Niederösterreich.
Im Telefonat vom habe der Steuerberater der Mitbeteiligten erstmals bekannt gegeben, dass sie die selbständige Erwerbstätigkeit im Bereich "soziologische Forschung" seit dem Jahr 2003 nicht mehr ausübe, jedoch vergessen habe, dies der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt bekannt zu geben.
Da die Mitbeteiligte im Jahr 2011 eine weitere selbständige Erwerbstätigkeit als Inhaberin der Gewerbeberechtigung "Organisation von Schulungen und Seminaren" ausgeübt habe, betrage die maßgebliche Versicherungsgrenze der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt zufolge gemäß § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG für das Jahr 2011 EUR 4.488,24.
Gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 GSVG beginne die Pflichtversicherung der Mitbeteiligten in der Kranken- und Pensionsversicherung am . In den Jahren 2003 bis 2010 sei sie von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ausgenommen gewesen, da ihre Einkünfte in diesen Kalenderjahren die relevante Versicherungsgrenze nicht überschritten hätten. Gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 GSVG ende die Pflichtversicherung der Mitbeteiligten in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG vorläufig mit . Sie unterliege daher im Zeitraum von 1. Jänner bis der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG.
Zu Spruchpunkt II führte die belangte Behörde aus, die Mitbeteiligte unterliege ab , dem Tag der Erlangung der die Pflichtversicherung begründenden Berechtigung gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 und Abs. 3 Z 1 GSVG der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG.
Im gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch führte die Mitbeteiligte aus, sie habe es übersehen, die Beendigung der Tätigkeit als neue Selbständige gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG mit zu melden. Diese Meldung hole sie hiermit nach. Sie ersuche, die Beendigung dieser Tätigkeit mit nachträglich zu akzeptieren.
Ihre Tätigkeit als Soziologin, die sie seit 2003 im Dienstverhältnis, zuletzt an der Wirtschaftsuniversität Wien, ausgeübt habe, habe sie mit beendet; danach sei sie bis zum arbeitslos gemeldet gewesen. In dieser Zeit habe sie keine maßgeblichen Einnahmen aus einer aktiven Tätigkeit erzielt. Durch das Beharren der beschwedeführenden Sozialversicherungsanstalt auf einer ununterbrochenen Versicherung als neue Selbständige drohe ihr die Rückzahlung des Arbeitslosengeldes, obwohl sie im maßgeblichen Zeitraum arbeitslos gewesen und keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Sie sei seit April 2011 wieder aktiv erwerbstätig und habe im April 2011 das Gewerbe "Organisation von Schulungen und Seminaren" angemeldet.
Da sie seit 2003 keiner Versicherungspflicht gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterlegen und im Jahr 2011 keiner Tätigkeit gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG nachgegangen sei, beantrage sie, von einer Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG für das Jahr 2011 abzusehen.
Mit Bescheid vom gab der Landeshauptmann von Niederösterreich dem Einspruch keine Folge und führte - soweit hier von Bedeutung - aus, dass die Mitbeteiligte erst im Telefonat vom die Einstellung der Ausübung der selbständigen Erwerbstätigkeit im Bereich "soziologische Forschung" im Wege ihres Steuerberaters mitgeteilt habe. Damit habe die Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG erst mit beendet werden können. Aufgrund ihrer Erklärung vom , wonach ihre Einkünfte im Jahr 2011 die relevante Versicherungsgrenze übersteigen würden, sei im Zeitraum von 1. Jänner bis die Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG festzustellen gewesen.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde - in Abänderung des bekämpften Bescheides - fest, dass die Mitbeteiligte in der Zeit von 1. bis der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliege. Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und der Rechtslage stellte sie fest, dass die Mitbeteiligte seit dem Jahr 2003 bis in einem Dienstverhältnis zur Wirtschaftsuniversität Wien gestanden und danach bis arbeitslos gemeldet gewesen sei. Die vorliegenden Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2010 wiesen folgende Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus: 2003: EUR 425,00, 2004: EUR 2.455,84, 2005: EUR 843,80, 2006: EUR -279,50, 2007: EUR 168,52, 2008: EUR 2.208,05, 2009: EUR 1.380,64 und 2010: EUR 428,00. Der Einkommensteuerbescheid 2011 weise Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von EUR 297,44 und Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von EUR 13.613,16 aus.
In einer Versicherungserklärung vom habe die Mitbeteiligte angegeben, dass sie ab eine selbständige Erwerbstätigkeit als "Soziologin und Wissenschaftlerin" ausüben und im Jahr 2011 die relevante Versicherungsgrenze überschreiten werde. Mit Schreiben vom habe sie diese Anmeldung zur Pflichtversicherung "zurückgezogen" und bekanntgegeben, dass sie mittlerweile einen Gewerbeschein im Bereich Unternehmensberatung gelöst habe und in Hinkunft aus diesem Titel der GSVG Pflichtversicherung unterliegen werde. Seit sei sie Inhaberin einer Gewerbeberechtigung "Organisation von Schulungen und Seminaren" und als solche Mitglied der Wirtschaftskammer Niederösterreich.
In der gegenständlichen Berufung werde die Feststellung des Bestehens einer Pflichtversicherung der Mitbeteiligten nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG im Zeitraum vom 1. Jänner bis bekämpft. Nicht bekämpft werde das Bestehen einer Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG ab dem .
Nach den aufgrund der Aktenlage zu treffenden Sachverhaltsfeststellungen habe die Mitbeteiligte (was ihr im Jahr 2011 offenbar nicht mehr erinnerlich gewesen und von den Behörden offenbar übersehen worden sei) der beschwerdeführenden Sozialversicherungsanstalt am 9. und tatsächlich bekannt gegeben, dass ihre Einkünfte ab 2003 aus der selbständigen Erwerbstätigkeit "soziologische Forschung" die Versicherungsgrenze nicht überschreiten würden und um Beendigung ihrer Pflichtversicherung per ersucht. Daraufhin habe ihr die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt am mitgeteilt, dass ihre Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG mit ende.
Aufgrund der Aktenklage könne daher von einem "Versäumnis" der Mitbeteiligten in Bezug auf die Mitteilung der Beendigung ihrer versicherungspflichtigen Tätigkeit nicht ausgegangen werden. In den folgenden Kalenderjahren 2003 bis 2011 seien nach den vorliegenden Einkommensteuerbescheiden Einkünfte aus selbständiger Arbeit unter der jeweils geltenden Versicherungsgrenze nach § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG vorgelegen.
In Bezug auf den (neuerlichen) Beginn der Versicherungspflicht der Mitbeteiligten im Jahr 2011 sei Folgendes auszuführen:
Sie habe die selbständige Erwerbstätigkeit als "Soziologin und Wissenschaftlerin" entsprechend ihrer Versicherungserklärung vom am aufgenommen. Diese Erklärung, wonach ihre Einkünfte aus dieser Tätigkeit ab April 2011 die maßgebliche Versicherungsgrenze übersteigen würden, löse nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG ("übersteigen werden") nur für die Zukunft die Rechtsfolge des Bestehens einer Pflichtversicherung - unabhängig von der Höhe des erzielten Einkommens - aus. Diese Erklärung sei auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes für den Beginn der Pflichtversicherung im Jahr 2011 maßgeblich. Ein (rückwirkender) Widerruf der entsprechenden Versicherungserklärung sei nach der Judikatur jedoch nicht wirksam. Die Mitbeteiligte unterliege daher ab dem der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG.
Seit sei die Mitbeteiligte Mitglied der Wirtschaftskammer Österreich und unterliege ab diesem Zeitpunkt der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG. Die diesbezügliche Feststellung im Bescheid der Einspruchsbehörde sei in der vorliegenden Berufung nicht bekämpft worden; sie sei daher nicht Gegenstand dieses Verfahrens und bereits in Rechtskraft erwachsen.
Ab komme die (nach dem Gesetzeswortlaut subsidiäre) Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG für dieselbe Tätigkeit nicht in Frage. Wie aus dem Vorbringen der Mitbeteiligten insgesamt unzweifelhaft hervorgehe, habe sie die Anmeldung des Gewerbes für dieselbe selbständige Erwerbstätigkeit vorgenommen, die sie vor der Gewerbeanmeldung ohne Gewerbeschein ausgeübt habe. Die Pflichtversicherung der Mitbeteiligten nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG endete daher mit Ablauf des .
Aufgrund dieser Subsidiarität der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sei auch auf Grund des - mittlerweile vorliegenden -Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2011 keine (über das auf Grund der Versicherungserklärung für den Zeitraum vor Erlangung der Gewerbeberechtigung festgestellte Ausmaß hinausgehende) Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG festzustellen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG sind selbständig erwerbstätige Personen, die auf Grund einer betrieblichen Tätigkeit Einkünfte iSd §§ 22 Z 1 bis 3 und 5 und (oder) 23 EStG 1988 erzielen, nach dem GSVG in der Krankenversicherung und in der Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn auf Grund dieser betrieblichen Tätigkeit nicht bereits Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz oder einem anderen Bundesgesetz in dem (den) entsprechenden Versicherungszweig(en) eingetreten ist.
Die Pflichtversicherung der in § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Personen endet gemäß § 7 Abs. 4 Z 1 GSVG mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt; hat der Versicherte die Abmeldung nicht innerhalb der Frist gemäß § 18 GSVG erstattet, mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem die Beendigung der betrieblichen Tätigkeiten erfolgt, es sei denn, der Versicherte macht glaubhaft, dass er die betrieblichen Tätigkeiten zu einem früheren Zeitpunkt beendet hat. Gemäß § 7 Abs. 4 Z 2 GSVG endet die Pflichtversicherung weiters mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem die berufsrechtliche Berechtigung wegfällt, gemäß § 7 Abs. 4 Z 3 GSVG mit dem Letzten des Kalendermonats, in dem der Versicherte erklärt, dass seine Einkünfte entgegen der Erklärung im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz GSVG die in Betracht kommende Versicherungsgrenze (§ 4 Abs. 1 Z 5 oder Z 6 GSVG) nicht übersteigen werden. Schließlich endet diese Pflichtversicherung gemäß § 7 Abs. 4 Z 4 GSVG mit dem Letzten des Kalendermonats in dem ein Ausnahmegrund eintritt.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 und Z 6 GSVG in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 92/2010 sind von der Pflichtversicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung ausgenommen:
"5. Personen gemäß § 2 Abs. 1 Z 4, deren Beitragsgrundlagen (§ 25) im Kalenderjahr das 12fache des Betrages gemäß § 25 Abs. 4 Z 2 lit. a aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach § 2 Abs. 1 Z 4 unterliegenden Tätigkeiten nicht übersteigen, wenn sie im betreffenden Kalenderjahr ausschließlich diese Erwerbstätigkeit(en) ausüben und keine in Z 6 lit. b angeführte Leistung beziehen; dies gilt nicht für Personen, die eine Erklärung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz abgegeben haben;
6. Personen hinsichtlich ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 4, deren Beitragsgrundlagen (§ 25) im Kalenderjahr das 12fache des Betrages gemäß § 25 Abs. 4 Z 2 lit. b aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten nicht übersteigen, wenn sie im betreffenden Kalenderjahr
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a) | sonstige Erwerbstätigkeiten ausüben, oder |
b) | eine Pension nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz, einen Ruhe- oder Versorgungsgenuß, eine Versorgungsleistung einer gesetzlichen beruflichen Vertretung (Kammer), Kranken- oder Wochengeld, Karenzgeld nach dem Karenzgeldgesetz, BGBl. I Nr. 47/1997, Kinderbetreuungsgeld nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz, Sonderunterstützung nach dem Sonderunterstützungsgesetz, BGBl. Nr. 642/1973, oder Geldleistungen nach dem AlVG 1977, BGBl. Nr. 609, beziehen; dies gilt nicht für Personen, die eine Erklärung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 zweiter Satz abgegeben haben;" |
Für das Jahr 2011 betrug der Wert nach § 25 Abs. 4 Z 2 lit. a GSVG EUR 537,78 (das Zwölffache daher: EUR 6.453,36), jener nach lit. b leg. cit EUR 374,02 (das Zwölffache daher: EUR 4.488,24). | |
Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass sich die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG grundsätzlich nach der Einkommensteuerpflicht richtet. Bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem die Versicherungsgrenzen übersteigende Einkünfte der im § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, besteht nach dieser Bestimmung Versicherungspflicht, sofern die zu Grunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum (weiter) ausgeübt wurde und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits die Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2011/08/0351). Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist, ist im Verfahren betreffend die Pflichtversicherung nach dem GSVG nicht (mehr) zu prüfen (vgl. etwa das Erkenntnis vom , 2013/08/0012, mwN). | |
2. | Strittig ist im Beschwerdefall, ob die Mitbeteiligte im Zeitraum bis der Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterlag. |
Die Beschwerde führt dazu aus, dass die Mitbeteiligte auch nach Beendigung der Pflichtversicherung im Jahr 2002 weiterhin selbständig erwerbstätig gewesen und daher von einer durchgehend ausgeübten Tätigkeit (bis in das Jahr 2011 hineinreichend) auszugehen sei. Unter Heranziehung des § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG sei die Pflichtversicherung dann festzustellen, wenn die Beitragsgrundlagen im Kalenderjahr das Zwölffache des Betrages gemäß § 25 Abs. 4 Z 2 lit. b GSVG aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeiten (im vorliegenden Fall auch unter Berücksichtigung der Einkünfte aus der gewerblichen Tätigkeit) übersteigen. Da die Mitbeteiligte im Jahr 2011 bis 28. Februar und ab 1. Oktober durchgehend auch in einem Dienstverhältnis gestanden sei und die Beitragsgrundlagen aus den selbständigen Erwerbstätigkeiten den genannten Grenzbetrag übersteigen würden, sei folglich im streitgegenständlichen Zeitraum die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG festzustellen gewesen. |
3.1. Nach den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde hat die Mitbeteiligte in den Kalenderjahren 2003 bis 2011 Einkünfte aus selbständiger Arbeit jeweils unter der geltenden Versicherungsgrenze nach § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG erzielt. Ab hat sie entsprechend ihrer Versicherungserklärung eine selbständige Erwerbstätigkeit nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG als Soziologin und Wissenschaftlerin ausgeübt, ab ging sie als Inhaberin einer Gewerbeberechtigung einer selbständigen Tätigkeit iSd § 2 Abs. 1 Z 1 GSVG nach. Weiters hat sie auch eine "sonstige Erwerbstätigkeit" iSd lit. a des § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG ausgeübt, indem sie in den Monaten Jänner und Februar 2011 bei der Wirtschaftsuniversität Wien beschäftigt war, und im März 2011 iSd lit. b leg cit Geldleistungen nach dem AlVG 1977 bezogen.
3.2. Dies führt dazu, dass auch im Fall der Mitbeteiligten die niedrige Versicherungsgrenze gemäß § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG heranzuziehen ist (vgl. zur Anwendung der Versicherungsgrenze des § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG bei Zusammentreffen einer Erwerbstätigkeit iSd
§ 2 Abs. 1 Z 1 GSVG und einer Erwerbstätigkeit iSd § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG Scheiber in Sonntag (Hrsg), GSVG4, Rz 99a zu
§ 2 GSVG).
Die Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG tritt nur ein, wenn die Summe der Beitragsgrundlagen der Mitbeteiligten des Jahres 2011 aus sämtlichen der Pflichtversicherung nach dem GSVG unterliegenden Tätigkeiten die maßgebliche Versicherungsgrenze überschreitet (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 2008/08/0212).
Für das Jahr 2011 wies der Einkommensteuerbescheid Einkünfte aus selbständiger Arbeit von EUR 297,44 und aus Gewerbebetrieb von EUR 13.613,16 aus.
Unberührt bleibt auch bei Überschreiten der Versicherungsgrenze im Kalenderjahr das Vorliegen der Voraussetzung für die Pflichtversicherung, dass im zu beurteilenden Zeitraum eine betriebliche Tätigkeit (noch) vorliegt, und damit auch, dass eine betriebliche Tätigkeit überhaupt aufgenommen wurde.
3.3. Während die Versicherungspflicht ab unbekämpft ist, lassen aber die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen zum entscheidungsrelevanten Zeitraum Jänner bis März 2011 noch keine Beurteilung zu, ob die Mitbeteiligte auch für diesen Zeitraum unter Anwendung des § 4 Abs. 1 Z 6 GSVG der Pflichtversicherung unterliegt.
Die behördlichen Feststellungen erweisen sich in diesem Punkt als unvollständig bzw. unpräzise, weil die belangte Behörde offensichtlich die im Jahr 2002 erfolgte Beendigung der Pflichtversicherung wegen Nichterreichen der Versicherungsgrenze mit der Beendigung der versicherungspflichtigen Tätigkeit "Soziologische Forschung" gleichsetzt. In der Folge stellt sie aber fest, dass die Mitbeteiligte in den Folgejahren 2003 bis 2011 Einkünfte aus selbständiger Arbeit gehabt habe.
3.4. Zu prüfen ist, ob es sich tatsächlich um eine durchgehend ausgeübte selbständige Tätigkeit der Mitbeteiligten - auch im Jänner bis März 2011 - gehandelt hat, die gegebenenfalls der Versicherungspflicht nach § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG unterliegen würde.
Es müssen daher entsprechende Feststellungen zur tatsächlich ausgeübten selbständigen Tätigkeit für den relevanten Zeitraum erfolgen.
4. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
5. Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am