VwGH vom 20.03.2014, 2013/08/0076

VwGH vom 20.03.2014, 2013/08/0076

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des G W in L, vertreten durch Dr. Nicole Fischer, Rechtsanwältin in 4020 Linz, Landstraße 9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Ges-180236/6-2012/Bb/Gu, betreffend Befreiung von der Kostenbeteiligung und der Rezeptgebühr (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 4010 Linz, Mozartstraße 41), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0158, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde ein Bescheid der belangten Behörde betreffend die Abweisung eines Antrags auf Befreiung von der Kostenbeteiligung und der Rezeptgebühr (für das Jahr 2009) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben, weil es die belangte Behörde unterlassen hatte, zu der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren behaupteten Diät und den daraus entstehenden Kosten nähere Feststellungen zu treffen.

Im fortgesetzten Verfahren erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid, mit dem sie die erstinstanzliche Abweisung des Antrags des Beschwerdeführers neuerlich bestätigte.

Begründend führte die belangte Behörde nach der Darstellung des Verfahrensgangs und der Rechtslage im Wesentlichen aus, die Summe der außerordentlichen monatlichen Belastungen des Beschwerdeführers im Jahr 2009 betrage durchschnittlich EUR 24,81, wobei auf die Rezeptgebühren ein Aufwand von EUR 21,23 entfalle (der Restaufwand von EUR 3,58 betreffe die Kostenbeteiligung). Diese monatlichen Aufwendungen ließen es nicht zu, von einer unzumutbaren finanziellen Belastung auszugehen.

Der Beschwerdeführer habe im Zuge des Verwaltungsverfahrens vorgebracht, dass er an einer Stoffwechselerkrankung leide und daher eine strenge Diät halten müsse, womit erhebliche Mehrkosten verbunden seien. Dem Verfahrensakt sei eine ärztliche Bestätigung von Frau Dr. W. vom zu entnehmen, woraus hervorgehe, dass der Beschwerdeführer an einer Gräserpollenallergie und einer Hyperuricämie leide und daher erhöhte Aufwendungen in Bezug auf Arzt- bzw. Diätkosten zu leisten seien. Weiters bestätige Herr Dr. P. am als behandelnder Hausarzt, dass der Beschwerdeführer an Hyperuricämie leide und deshalb lebenslänglich eine Diät auf Harnsäurefreiheit einhalten müsse. Schließlich sei dem Verfahrensakt ein Hinweis (des Beschwerdeführers) auf einen Mehraufwand durch ständige strenge Diät mit einem Tagessatz von EUR 17,-- zu entnehmen.

Eine Nachfrage bei zwei Ernährungsberaterinnen des Landes Oberösterreich habe ergeben, dass es - genau genommen - keine Diät auf Harnsäurefreiheit gebe, sondern vielmehr oft von einer purinarmen oder streng purinarmen Kost (zB weniger Fleischprodukte, keine Innereien, kein Alkohol...) gesprochen werden müsse, die aber keinesfalls einen Mehraufwand pro Tag von auch nur annähernd EUR 17,-- verursachen könne. Bei der Hyperuricämie handle es sich um eine Stoffwechselerkrankung, die des Öfteren vorkomme, aber als "nicht so schwerwiegend" zu erachten sei und durch eine gezielte Kostumstellung, die ohne den angesprochenen täglichen Mehraufwand zu bewerkstelligen sei, durchaus in den Griff zu bekommen sei.

Überdies scheine eine diesbezüglich angestellte Kostenaufstellung "nichts mit dem Vorbringen des (Beschwerdeführers) gemein zu haben". Unter der Annahme einer monatlichen Nettopension von EUR 987,80 und Abzügen von Belastungen der allgemeinen Lebensführung von ca. EUR 300,--, Rezeptgebühren von ca. EUR 25,--, Diätkosten von angegebenen EUR 510,-- und eventuell Exekutionskosten von ca. EUR 300,-- ergäbe sich ein monatliches Minus von etwa EUR 200,-- und nicht ein zur Verfügung stehender Restbetrag von EUR 300,-- (wie vom Beschwerdeführer angegeben). Selbst bei einer nicht berücksichtigten Exekution stimme die Rechnung des Beschwerdeführers nicht. Auch diese beispielhafte Berechnung zeige, dass die Diätkosten in der Praxis eine völlig andere (geringere) Dimension aufwiesen, als vom Beschwerdeführer angegeben worden sei.

Aus diesen Gründen könne nicht von einer besonderen sozialen Schutzbedürftigkeit "im Sinne der Richtlinien" gesprochen werden, da sich die anzusetzenden monatlichen Diätkosten in einem Rahmen bewegten, der "als Mehraufwand durchaus zumutbar" sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Die Beschwerde beruft sich zwar mehrfach auf "hohe Diätkosten", konkretisiert aber weder diese Kosten, noch tritt sie der Annahme der belangten Behörde, wonach die Diät bei Hyperuricämie in einer purinarmen oder streng purinarmen Kost (insbesondere in einer Reduktion des Fleisch- und Alkoholkonsums) besteht, substantiiert entgegen. Auch den beiden bereits im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren vorgelegten ärztlichen Bestätigungen, die nur allgemein auf "erhöhte Aufwendungen in Bezug auf Arzt- bzw. Diätkosten" bzw. auf eine "Diät auf Harnsäurefreiheit" verweisen, lässt sich insofern nichts Gegenteiliges entnehmen. Vor diesem Hintergrund ist auch nicht ersichtlich, zu welchem anderen Ergebnis das vom Beschwerdeführer vermisste Sachverständigengutachten hätte führen sollen.

Ausgehend davon, dass Hyperuricämie im Wesentlichen den Verzicht auf bestimmte Lebensmittel erfordert, ist aber die Beurteilung, dass dies noch keine erhöhten finanziellen Aufwendungen bewirkt, schlüssig. Dass der Beschwerdeführer jedoch, wie er vorbringt, einen Teil seines Diätplans durch den Verzehr biologischer Lebensmittel erfüllt, liegt in seinem Ermessen und stellt keine Belastung dar, die bei der Prüfung der sozialen Schutzbedürftigkeit (im Sinn des § 86 Abs. 6 lit. d GSVG bzw. des § 5 der Richtlinien für die Befreiung von der Rezeptgebühr) zu berücksichtigen wäre.

Das Gleiche gilt für den erstmals in der Beschwerde ins Treffen geführten Bezug homöopathischer Arzneimittel und den regelmäßigen Besuch eines Energetikers. Mag auch beides "positiven Einfluss auf sein Wohlbefinden sowie seinen allgemeinen Gesundheitszustand" gehabt haben, handelt es sich doch nicht um Behandlungen, die für den Beschwerdeführer medizinisch geboten waren und die daher für die Befreiung von der Kostenbeteiligung und der Rezeptgebühr - letztlich zulasten der Versichertengemeinschaft - ausschlaggebend sein konnten.

Da somit die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH - Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014 weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am