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VwGH vom 19.04.2012, 2010/21/0369

VwGH vom 19.04.2012, 2010/21/0369

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde des A, vertreten durch Kocher Bucher Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Friedrichgasse 31, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom , Zl. E1/7396-2009, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, reiste am in das Bundesgebiet ein und stellte hier einen Asylantrag. Das Bundesasylamt wies diesen Antrag mit Bescheid vom ab und stellte fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig sei. Der dagegen erhobenen Berufung gab der Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom keine Folge. Die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde lehnte der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom ab.

Ein vom Beschwerdeführer sodann am gestellter Antrag auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels nach § 44 Abs. 4 NAG wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom rechtskräftig abgewiesen.

In der Folge wies die Bundepolizeidirektion Graz den Beschwerdeführer mit Bescheid vom gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich aus. Der dagegen erhobenen Berufung gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark (die belangte Behörde) mit Bescheid vom keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:

Unter der Überschrift "Ausweisung Fremder ohne Aufenthaltstitel" ordnet § 53 Abs. 1 FPG (in der hier noch maßgeblichen Fassung vor dem FrÄG 2011) an, dass Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden können, wenn sie sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. In der Beschwerde wird zugestanden, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers rechtskräftig beendet ist. Die behördliche Annahme, der genannte Ausweisungstatbestand sei im vorliegenden Fall verwirklicht, ist daher zutreffend und wird auch in der Beschwerde nicht bestritten.

Würde durch eine Ausweisung in das Privat- oder Familienleben eines Fremden eingegriffen, so ist sie gemäß § 66 Abs. 1 FPG (in der eben genannten Fassung) nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei dieser Beurteilung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der im § 66 Abs. 2 FPG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 66 Abs. 3 FPG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Bei einer Entscheidung über eine Ausweisung ist der Behörde Ermessen eingeräumt (siehe unter vielen etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/23/0465, mwN).

Unter diesem Gesichtspunkt wird in der Beschwerde auf die Dauer des Aufenthalts des Beschwerdeführers in Österreich von mehr als acht Jahren und auf das Bestehen eines weitreichenden Freundes- und Bekanntenkreises verwiesen. Von einigen Freunden werde er auch finanziell unterstützt und eine näher genannte Bekannte habe im Aufenthaltstitelverfahren eine Patenschaftserklärung abgegeben. Weiters führt der Beschwerdeführer seine Unbescholtenheit, die Erwerbstätigkeit als Zeitungsverteiler auf Werkvertragsbasis und seine Deutschkenntnisse, die ihm eine "Alltagskommunikation" ermöglichten, ins Treffen.

All das hat die belangte Behörde jedoch im Wesentlichen im Rahmen der Interessenabwägung und bei ihrer Ermessensübung ohnehin berücksichtigt, weshalb sie erkennbar auch von einem Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers ausgegangen ist. Entgegen der Meinung in der Beschwerde liegt daher diesbezüglich - auch wenn die Überlegungen der belangten Behörde übersichtlicher dargestellt und entbehrliche Wiederholungen vermieden hätten werden können - kein relevanter Begründungsmangel vor. Dem steht - anders als die Beschwerde meint - nicht entgegen, dass die belangte Behörde in ihrer Entscheidung davon ausging, der Beschwerdeführer sei bisher keiner "legalen" Beschäftigung nachgegangen, hat doch der Beschwerdeführer bei seiner Vernehmung am zu seinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen befragt angegeben, nur einem Freund bei der Tätigkeit als Zeitungsausträger zu helfen und selbst kein eigenes "Gebiet" zu haben. Den daraufhin im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer bisher keiner "legalen" Beschäftigung nachgegangen sei, ist die Berufung nicht entgegen getreten; vielmehr wurde nur entgegnet, eine geregelte Beschäftigung wäre dem Beschwerdeführer während des Asylverfahrens nicht möglich gewesen. Angesichts dessen durfte auch die belangte Behörde, die sich nicht nur auf die Angaben des Beschwerdeführers, sondern überdies auf den keine Beschäftigung ausweisenden Sozialversicherungsdatenauszug stützte, ihrer Entscheidung zugrunde legen, der Beschwerdeführer habe ohne beschäftigungsrechtliche Bewilligung bloße Hilfstätigkeiten vorgenommen. Die Ausübung einer (selbständigen) Tätigkeit als Zeitungsausträger auf Werkvertragsbasis wird erstmals in der Beschwerde behauptet und verletzt somit das Neuerungsverbot. Im Übrigen wäre auch dann nicht von einer nachhaltigen, maßgebliches Gewicht aufweisenden beruflichen Integration des Beschwerdeführers auszugehen gewesen. Soweit noch hinsichtlich der Beziehungen des Beschwerdeführers zu seinen Freunden und Bekannten Ermittlungsmängel behauptet werden, fehlt es aber in der Beschwerde an einer ausreichenden Relevanzdarstellung.

Wenn die belangte Behörde bei der Interessenabwägung zu dem Ergebnis gelangte, der erwähnte Eingriff sei zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens dringend geboten, so kann ihr ebenfalls nicht mit Erfolg entgegen getreten werden:

Einerseits trifft es im Sinn der behördlichen Ausführungen nämlich zu, dass den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Normen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das schon genannte Erkenntnis vom , Zl. 2011/23/0465). Gegen diese Normen verstoßen Fremde, die - wie der Beschwerdeführer - nach negativem Abschluss ihres Asylverfahrens in Österreich unrechtmäßig verbleiben, was nach dem eben Ausgeführten eine maßgebliche Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses an einem geordneten Fremdenwesen darstellt.

Andererseits erreichen die vom Beschwerdeführer angesprochenen Gesichtspunkte aber nicht ein derartiges Gewicht, dass der Verstoß gegen die Fremdenrechtsordnung im Hinblick auf seine persönlichen Interessen akzeptiert werden müsste. In diesem Zusammenhang ist - wie auch die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführt - darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer auf Grundlage der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung, die ihm während des Asylverfahrens zugekommen war, nicht damit rechnen durfte, er werde dauernd in Österreich verbleiben können. Das gilt insbesondere für den Zeitraum ab der erstinstanzlicher Abweisung seines Asylantrages bereits im November 2002, was das Gewicht der seither erlangten Integration entscheidend relativiert (siehe dazu des Näheren mit weiteren Judikaturnachweisen zuletzt das Erkenntnis vom , Zlen. 2010/21/0471 bis 0475, mwH). Im vorliegenden Fall wird im Übrigen durch die Ausweisung nicht in ein Familienleben, sondern nur in das Privatleben des Beschwerdeführers eingegriffen. Insgesamt liegen daher keine derart außergewöhnlichen Umstände vor, dass dem Beschwerdeführer ein direkt aus Art. 8 EMRK ableitbares Aufenthaltsrecht zugestanden werden müsste.

Zusammenfassend vermag der Beschwerdeführer somit die Richtigkeit der von der belangten Behörde vorgenommenen Interessenabwägung nicht erfolgreich in Frage zu stellen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der Durchführung der in der Beschwerde beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
EAAAE-81501