VwGH vom 17.12.2019, Ra 2019/04/0122
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Dr. Mayr und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision der C H in K, vertreten durch Mag. Peter Freiberger, Rechtsanwalt in 8680 Mürzzuschlag, Wienerstraße 50-54, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom , Zl. LVwG 30.30-1380/2019-12, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag),
Spruch
1. zu Recht erkannt:
Der Revision wird, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde gegen die Spruchpunkte 2. und 3. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag vom , GZ BHBM-15.1-12460/2018, richtet, Folge gegeben.
Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses wird - in teilweiser Stattgebung der Beschwerde - dahingehend abgeändert, dass die Spruchpunkte 2. und 3. des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag vom , GZ BHBM-15.1-12460/2018, behoben werden, das Strafverfahren insoweit eingestellt wird, der der Revisionswerberin im Straferkenntnis auferlegte Verfahrenskostenbeitrag auf EUR 60,-
reduziert wird und die Beschwerde im Übrigen - soweit sie sich gegen Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses richtet - als unbegründet abgewiesen wird.
Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses wird dahingehend abgeändert, dass der Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens mit EUR 120,- festgesetzt wird.
2. den Beschluss gefasst:
Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
3. Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1. Die Revisionswerberin ist gewerberechtliche Geschäftsführerin der C GmbH, die wiederum an einem näher bezeichneten Standort in K einen Gastgewerbebetrieb betreibt. 2 Mit Bescheid vom verfügte die Bezirkshauptmannschaft Bruck-Mürzzuschlag (belangte Behörde) gemäß § 360 Abs. 4 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) für diesen Gastgewerbebetrieb mehrere Maßnahmen. Konkret wurde verfügt, es dürften auf einem näher umschriebenen Parkplatz (Parkplatz 1) keine Kraftfahrzeuge von Gästen bzw. Kunden des Gastgewerbebetriebes abgestellt werden (Maßnahmenpunkt 1), auf einem weiteren, näher umschriebenen Parkplatz (Parkplatz 2) dürften in der Zeit von 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr keine Kraftfahrzeuge von Gästen bzw. Kunden des Gastgewerbebetriebes abgestellt werden (Maßnahmenpunkt 2) und eine näher umschriebene Tür dürfe während der Öffnungszeiten nur als Fluchttüre benutzt werden (Maßnahmenpunkt 3).
3 Auf Grund der dagegen erhobenen Beschwerde der Revisionswerberin änderte das Landesverwaltungsgericht Steiermark mit Erkenntnis vom den Maßnahmenpunkt 1 dieses Bescheides dahingehend ab, dass das Verbot des Abstellens von Kraftfahrzeugen auf dem Parkplatz 1 auf den Zeitraum 22.00 Uhr bis 06.00 Uhr eingeschränkt wurde. Im Übrigen wurde die Beschwerde abgewiesen.
4 2. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom wurden der Revisionswerberin als gewerberechtlicher Geschäftsführerin der C GmbH drei Verwaltungsübertretungen vorgeworfen. Die Revisionswerberin habe es zu verantworten, dass die Betriebsanlage nach einer Änderung im Sinn des § 81 Abs. 1 GewO 1994 ohne die erforderliche Genehmigung betrieben worden sei (Spruchpunkt 1.). Dem sei zugrunde gelegen, dass zu näher festgestellten Tatzeitpunkten im Zeitraum von bis ein näher bezeichneter Parkplatz (Parkplatz 4) von Gästen bzw. Kunden des Gastgewerbebetriebes verwendet worden sei, obwohl dafür keine Betriebsanlagengenehmigung vorgelegen sei. Weiters habe es die Revisionswerberin zu verantworten, dass der im Bescheid der belangten Behörde vom in Maßnahmenpunkt 1 vorgeschriebene Auftrag nicht eingehalten worden sei, weil zu näher festgestellten Tatzeitpunkten im Zeitraum von bis auf dem Parkplatz 1 Kraftfahrzeuge von Gästen bzw. Kunden des Gastgewerbebetriebes abgestellt worden seien (Spruchpunkt 2.). Schließlich habe es die Revisionswerberin zu verantworten, dass der im Bescheid der belangten Behörde vom in Maßnahmenpunkt 2 vorgeschriebene Auftrag nicht eingehalten worden sei, weil zu näher festgestellten Tatzeitpunkten im Zeitraum von bis auf dem Parkplatz 2 Kraftfahrzeuge von Gästen bzw. Kunden des Gastgewerbebetriebes abgestellt worden seien (Spruchpunkt 3.).
5 Auf Grund dessen habe die Revisionswerberin (hinsichtlich Spruchpunkt 1.) § 366 Abs. 1 Z 3 bzw. (hinsichtlich der Spruchpunkte 2. und 3.) § 368 GewO 1994 verletzt. Über sie wurden Geldstrafen in der Höhe von (zu Spruchpunkt 1.) EUR 600,- bzw. von (zu den Spruchpunkten 2. und 3.) jeweils EUR 300,- verhängt und ihr ein Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von EUR 120,- (10% der Summe der verhängten Geldstrafen) auferlegt.
6 3. Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom wies das Landesverwaltungsgericht Steiermark die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Der Revisionswerberin wurde ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 240,-
vorgeschrieben (Spruchpunkt II.). Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG wurde für unzulässig erklärt (Spruchpunkt III.).
7 Das Verwaltungsgericht legte zunächst dar, weshalb es als erwiesen ansah, dass die auf den Parkplätzen (1, 2 und 4) abgestellten Kraftfahrzeuge den Gästen der hier gegenständlichen Gastgewerbebetriebsanlage zuzuordnen seien. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes wäre für die Revisionswerberin auch dann nichts zu gewinnen, wenn die Parkplätze nicht ausschließlich für den Gewerbebetrieb zur Verfügung stünden (sondern auch von der Allgemeinheit genutzt würden), weil bei einer "Mischnutzung" (eine fehlende räumliche und zeitliche Trennung vorausgesetzt) im Hinblick auf den Grundsatz der Einheit der Betriebsanlage die gesamte Betriebsanlage der gewerberechtlichen Genehmigungspflicht unterliege. Die gegenständlichen Parkplätze seien den Gästen des Gastgewerbebetriebes zur Verfügung gestanden und daher als Teil der Betriebsanlage anzusehen. Daher habe die Revisionswerberin die ihr vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten. Abschließend erfolgten Ausführungen zur subjektiven Verantwortung und zur Strafbemessung.
8 4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
10 5. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in
nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer
außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. 11 Mit der vorliegenden Revision wird das angefochtene Erkenntnis - seinem Begehren nach - zwar "zur Gänze" angefochten. Das Zulässigkeitsvorbringen (siehe die Darstellung in Pkt. 6.) enthält aber keine Ausführungen zum Vorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung hinsichtlich der Abweisung der Beschwerde der Revisionswerberin betreffend Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses vom . Ausgehend davon war die Revision, soweit sie sich gegen die Abweisung der Beschwerde betreffend diesen Spruchpunkt des Straferkenntnisses richtet, wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
12 6. Die Revisionswerberin verweist zur Zulässigkeit auf näher zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, der zufolge eine Maßnahme nach § 360 Abs. 4 GewO 1994 nach Ablauf eines Jahres (ab Erlassung des Bescheides der Behörde erster Instanz) außer Kraft trete. Das angefochtene Erkenntnis widerspreche dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. 13 Auf Grund dieses Vorbringens ist die Revision hinsichtlich der damit angesprochenen Abweisung der Beschwerde der Revisionswerberin betreffend die Spruchpunkte 2. und 3. des Straferkenntnisses vom zulässig und auch begründet. 14 7. Die maßgeblichen Regelungen des § 360 Gewerbeordnung 1994
(GewO 1994), BGBl. Nr. 194 in der Fassung BGBl. I Nr. 85/2013, lauten auszugsweise:
"j) Einstweilige Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen
§ 360. (...)
(4) Um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit oder durch Nichtbeachtung von Anforderungen an Maschinen, Geräte und Ausrüstungen (§ 71) verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, hat die Behörde, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stillegung von Maschinen, Geräten oder Ausrüstungen oder deren Nichtverwendung oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen.
(...)
(5) Die Bescheide gemäß Abs. 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 sind sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.
(...)"
15 8. Mit den Spruchpunkten 2. und 3. des - mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigten - Straferkenntnisses wurde der Revisionswerberin vorgeworfen, zwei mit Bescheid der belangten Behörde vom gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 verfügte Maßnahmen betreffend die Parkplätze 1 und 2 der gegenständlichen Gastgewerbebetriebsanlage missachtet zu haben. Der angesprochene Maßnahmenbescheid wurde laut den vorliegenden Verwaltungsakten am erlassen.
16 Gemäß § 360 Abs. 5 GewO 1994 sind Bescheide gemäß § 360 Abs. 4 GewO 1994 sofort vollstreckbar und treten mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, beginnt diese Jahresfrist auch dann bereits mit der Erlassung des die Maßnahme verfügenden Bescheides zu laufen, wenn durch das Verwaltungsgericht eine teilweise Abänderung dieses Bescheides erfolgt (vgl. , Rn. 4, mwN). 17 Ausgehend davon ist der den Spruchpunkten 2. und 3. des Straferkenntnisses vom zugrunde liegende Maßnahmenbescheid der belangten Behörde nach § 360 Abs. 4 GewO 1994 mit ex lege außer Wirksamkeit getreten und hat zu den in den Spruchpunkten 2. und 3. des Straferkenntnisses genannten Tatzeiträumen im Oktober bzw. November 2018 keine Rechtswirkungen mehr entfaltet (vgl. - zu einem in § 360 Abs. 5 GewO 1994 ebenfalls angesprochenen Bescheid nach § 360 Abs. 1 zweiter Satz GewO 1994 - ). 18 Daher hat das Verwaltungsgericht zu Unrecht einen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Einhaltung der mit Bescheid vom angeordneten Maßnahmen angenommen und sein Erkenntnis, soweit es damit die Beschwerde der Revisionswerberin auch insoweit abgewiesen hat, als sich diese gegen die Spruchpunkte 2. und 3. des Straferkenntnisses vom richtete, mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet. 19 9. Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Dies trifft im vorliegenden Fall zu (vgl. , mwN).
20 Das angefochtene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes war im Umfang seiner Rechtswidrigkeit (siehe zur Voraussetzung der Rechtswidrigkeit für eine Entscheidung in der Sache , mwN) dahingehend abzuändern, dass die Spruchpunkte 2. und 3. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom zu beheben waren und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Revisionswerberin insoweit mangels Strafbarkeit des angelasteten Verhaltens zum vorgehaltenen Tatzeitpunkt einzustellen war. Dementsprechend war auch der auferlegte Verfahrenskostenbeitrag nach § 64 VStG auf EUR 60,-
(10% der in Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses verhängten Geldstrafe in der Höhe von EUR 600,-) zu reduzieren. 21 Gemäß § 52 Abs. 8 VwGVG sind dem Beschwerdeführer die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht aufzuerlegen, wenn der Beschwerde auch nur teilweise Folge gegeben worden ist. Allerdings führt der Erfolg einer Beschwerde hinsichtlich einer von mehreren in einem Straferkenntnis geahndeten Verwaltungsübertretungen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zur Anwendung des § 52 Abs. 8 VwGVG auch hinsichtlich der übrigen Verwaltungsübertretungen (siehe , 0713, Rn. 8, mwN zur alten Rechtslage nach § 65 VStG). Ausgehend davon war Spruchpunkt II. des angefochtenen Erkenntnisses dahingehend abzuändern, dass ein Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens lediglich betreffend Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses vom , hinsichtlich dessen der Beschwerde der Revisionswerberin nicht Folge zu geben war, im Ausmaß von EUR 120,- (20 % der in diesem Spruchpunkt verhängten Geldstrafe in der Höhe von EUR 600,-) aufzuerlegen war. 22 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019040122.L00 |
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