zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 25.06.2013, 2013/08/0061

VwGH vom 25.06.2013, 2013/08/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer, Dr. Lehofer und MMag. Maislinger als Richter sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des Dr. J L, Rechtsanwalt in E, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Ges-180844/3-2012-K, betreffend Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung (mitbeteiligte Partei:

Oberösterreichische Gebietskrankenkasse in 4010 Linz, Gruberstraße 77), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Kostenbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom verpflichtete die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse den Beschwerdeführer zur Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von EUR 9.318,12 für rückständige Sozialversicherungsbeiträge. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Einspruch, in dem er die Vorschreibung der Verzugszinsen insbesondere mit dem Argument bekämpfte, dass er bereits zur Zahlung eines Beitragszuschlags nach § 113 Abs. 1 ASVG verpflichtet worden sei. Er beantragte, dem Einspruch aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Diesen Antrag wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 412 Abs. 6 ASVG ab.

Begründend führte sie nach der Wiedergabe des § 412 Abs. 6 ASVG Folgendes aus:

"Aufgrund des bisherigen Aktengeschehens steht fest, dass für den ehemaligen Dienstnehmer, Herrn Mag. C.S., für den Zeitraum bis einerseits die Versicherungspflicht und andererseits die Beitragspflicht rechtskräftig festgestellt wurden. Eine im Pflichtversicherungsverfahren erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis (2007/08/0312) vom als unbegründet abgewiesen. Eine im Beitragsverfahren erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Erkenntnis (2007/08/0045) vom als unbegründet abgewiesen.

Aufgrund der seit diesen höchstgerichtlichen Erkenntnissen klar entschiedenen und unmissverständlich feststehenden Rechtslage erscheint der Einspruch nicht erfolgversprechend. Das Verhalten des Ew zielt der Intention seiner Eingaben nach zudem auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit der Sozialversicherungsbeiträge durch Verjährung ab.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1548/12-4, ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof verwies die belangte Behörde darauf, dass die Aktenvorlage bereits zur hg. Zl. 2012/08/0036 erfolgt sei, und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse - eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 412 Abs. 6 ASVG idF BGBl. Nr. 411/1996 hat ein Einspruch keine aufschiebende Wirkung; der Landeshauptmann kann jedoch dem Einspruch auf Antrag aufschiebende Wirkung dann zuerkennen, wenn 1. der Einspruch nach Lage des Falles erfolgversprechend erscheint oder 2. das Verhalten des Einspruchswerbers nicht auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit von Sozialversicherungsbeiträgen gerichtet ist.

Für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach dieser Bestimmung reicht es demnach aus, dass der Einspruch entweder erfolgversprechend ist oder dass das Verhalten des Einspruchswerbers nicht auf eine Gefährdung der Einbringlichkeit gerichtet ist (vgl. in diesem Sinn - zur insofern übereinstimmenden Fassung BGBl. Nr. 335/1993 - auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/08/0039). Somit genügt es für die Versagung der aufschiebenden Wirkung nicht, dass nur eine der beiden Voraussetzungen verneint wird (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/08/0159, in dem die Verneinung der Voraussetzung des § 412 Abs. 6 Z 2 ASVG unbeanstandet blieb, die mangelhaft begründete Verneinung der Voraussetzung des § 412 Abs. 6 Z 1 ASVG aber zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führte).

2. Im vorliegenden Fall beschränkte sich die belangte Behörde hinsichtlich der Erfolgsaussichten des Einspruchs darauf, auf die gegenüber dem Beschwerdeführer ergangenen Erkenntnisse vom , Zl. 2007/08/0312 (betreffend die Pflichtversicherung des C.S.), und vom , Zl. 2007/08/0045 (betreffend die Beitragspflicht), hinzuweisen. Dieser Verweis geht aber ins Leere, weil die genannten Erkenntnisse zum Gegenstand des Einspruchs - der Rechtmäßigkeit der Vorschreibung von Verzugszinsen - keine Aussage enthielten.

Auch zur von der belangten Behörde angenommenen Gefährdung der Einbringlichkeit der Beiträge fehlt eine ausreichende Begründung: Die belangte Behörde beruft sich insoweit auf die Intention des Beschwerdeführers, die Einbringlichkeit zu gefährden, trifft aber keinerlei Feststellungen zu seiner konkreten finanziellen Situation und deren zukünftigen Entwicklung, die eine Gefährdung der Einbringlichkeit tatsächlich erwarten lassen würden. Die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Gefahr der Verjährung betrifft die rechtliche Durchsetzbarkeit der Forderung und nicht ihre Einbringlichkeit. Im Übrigen werden die Feststellungsverjährungsfrist und die Einforderungsverjährungsfrist gemäß § 68 Abs. 1 und 2 ASVG (der nach § 83 ASVG auch bei der Eintreibung von Verzugszinsen gilt) durch jede zum Zweck der Feststellung bzw. der Hereinbringung getroffene Maßnahme unterbrochen; auch die bescheidmäßige Vorschreibung der Verzugszinsen kann eine solche Maßnahme - im Sinn des § 68 Abs. 1 oder 2 ASVG - darstellen, deren verjährungsunterbrechende Wirkung sodann während des gesamten daran anschließenden Verfahrens einschließlich eines Verfahrens vor den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts andauert (vgl. dazu auch das ebenfalls gegenüber dem Beschwerdeführer ergangene hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2012/08/0036).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG. Dem Beschwerdeführer war kein Schriftsatzaufwand zuzuerkennen, weil er seine Beschwerde persönlich und nicht vertreten durch einen Rechtsanwalt eingebracht hat, somit ein Vertretungsaufwand nicht angefallen ist (vgl. etwa das hg. Erkenntis vom , Zl. 2009/06/0144, mwN). Ein Ersatz der Eingabengebühr ist nicht zuzusprechen, weil sie im Hinblick auf die sachliche Abgabenfreiheit nach § 110 ASVG nicht zu entrichten war.

Wien, am