VwGH vom 19.06.2008, 2008/18/0505
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schmidl, über die Beschwerde des J P, geboren am , vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom , Zl. E1/166.106/2008, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien (der belangten Behörde) vom wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Bosnien-Herzegowina, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer befinde sich seit Ende 2004 im Bundesgebiet und sei im Besitz eines Aufenthaltstitels. Gegen ihn bestehe in der Bundesrepublik Deutschland ein Aufenthaltsverbot, dem eine in Deutschland erfolgte Verurteilung wegen Diebstahls in 15 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten aus dem Jahr 2002 zugrunde liege. In Österreich sei der Beschwerdeführer erstmals am durch das Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden. Den Entscheidungsgründen des in Rechtskraft erwachsenen Urteils sei zu entnehmen, dass er am in Wien gewerbsmäßig mit einer abgesondert verfolgten Person im bewussten und gewollten Zusammenwirken fremde bewegliche Sachen, nämlich 15 T-Shirts der Marke "H" im Gesamtwert von EUR 1.188,50 Verfügungsberechtigten eines näher genannten Unternehmens mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht habe, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem die Täter die T-Shirts in eine präparierte Tasche gesteckt hätten und ohne Bezahlung das Geschäft hätten verlassen wollen.
Die nächste einschlägige Verurteilung sei am durch das Landesgericht St. Pölten wegen des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 2 StGB zu einer bedingten Zusatzstrafe von zwei Monaten unter Bedachtnahme auf das vorgenannte Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien erfolgt. Diesem rechtskräftigen Urteil sei zugrunde gelegen, dass der Beschwerdeführer im Jänner 2007 in Österreich eine am gestohlene Damenuhr der Marke "C" im Wert von zumindest EUR 500,--, mithin eine Sache, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt habe, durch Ankauf an sich gebracht habe.
Auf Grund dieser Verurteilungen sei der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt. Das dargestellte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige die öffentliche Ordnung und Sicherheit - in concreto: das öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität - in erheblichem Ausmaß, sodass die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der §§ 61 und 66 leg. cit. - (auch) im Grunde des § 60 Abs. 1 leg. cit. gegeben seien.
Der Beschwerdeführer mache geltend, seit vier Jahren in Österreich zu sein. Sein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels wäre nach wie vor unerledigt. Vor seiner Einreise hätte er in Bosnien gelebt. Er befände sich in einem aufrechten Beschäftigungsverhältnis, wobei er monatlich rund EUR 1.860,-- verdiente. Er wollte in Österreich bleiben, weil er hier Arbeit gefunden hätte und sozial vollkommen integriert wäre. In seiner Heimat würde er weder strafrechtlich noch politisch verfolgt.
Selbst wenn man trotz fehlender familiärer Bindungen und im Hinblick auf den bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben ausginge, wäre dessen ungeachtet die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grund des § 66 FPG zu bejahen, weil sie zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen - hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen und zum Schutz des Eigentums Dritter - dringend geboten sei. Der Beschwerdeführer habe durch sein strafbares Verhalten augenfällig dokumentiert, dass er nicht in der Lage bzw. nicht gewillt sei, die zum Schutz fremden Vermögens aufgestellten Normen einzuhalten. Aus diesem Grund könne auch eine Verhaltensprognose für ihn nicht positiv ausfallen.
Bei der nach § 66 Abs. 2 FPG erforderlichen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass einer allfälligen, aus dem bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als die für jegliche Integration erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich beeinträchtigt werde. Im Hinblick auf den Mangel jeglicher familiärer Bindungen im Bundesgebiet sei das dem Beschwerdeführer insgesamt zuzuschreibende Interesse an einem weiteren Aufenthalt in Österreich gering. Dem stehe das - hoch zu veranschlagende - öffentliche Interesse an der Verhinderung der Eigentumskriminalität gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf seine Lebenssituation wögen keinesfalls schwerer als das im dargestellten Gesamt(fehl)verhalten gegründete öffentliche Interesse an seinem Verlassen des Bundesgebietes.
Vor diesem Hintergrund und im Hinblick auf die Art und Schwere der ihm zur Last liegenden Straftaten könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zukommenden Ermessens Abstand genommen werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Auf dem Boden der - im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB zueinander stehenden - Verurteilungen des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom und durch das Landesgericht St. Pölten vom begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei, keinen Bedenken.
1.2. Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde liegt diesen beiden Verurteilungen zugrunde, dass der seit Ende 2004 in Österreich aufhältige Beschwerdeführer - wie oben (I.1.) dargestellt - im Jänner 2007 eine am gestohlene Damenuhr verhehlt und am in Wien mit einem anderen gewerbsmäßig, das heißt in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Straftat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (vgl. § 70 StGB), 15 Markenbekleidungsstücke im Gesamtwert von EUR 1.188,50 zu stehlen versucht hat. Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer - was in der Beschwerde nicht in Abrede gestellt wird - bereits früher in Deutschland straffällig geworden war, indem er 15 Diebstähle begangen hatte, weshalb er dort im Jahr 2002 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und elf Monaten verurteilt worden war.
In Anbetracht des auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers begegnet auch die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand.
2. Die belangte Behörde hat im Rahmen der Interessenabwägung nach § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 und 2 FPG zu Gunsten des Beschwerdeführers die Dauer seines inländischen Aufenthaltes seit Ende 2004 und sein aufrechtes Beschäftigungsverhältnis hier berücksichtigt. Zu Recht hat sie die aus seinem bisherigen inländischen Aufenthalt resultierende Integration in ihrer sozialen Komponente durch seine wiederholten Vermögensstraftaten als erheblich gemindert angesehen.
Den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet steht die aus seinen Straftaten resultierende Gefährdung des maßgeblichen öffentlichen Interesses - nämlich an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen im Bereich der Eigentumskriminalität - gegenüber. Obwohl er - wie oben dargestellt - bereits in Deutschland im Jahr 2002 wegen der Begehung von Diebstählen zu einer empfindlichen Freiheitsstrafe verurteilt und gegen ihn dort ein Aufenthaltsverbot erlassen worden war, wurde er neuerlich in einschlägiger Weise straffällig und verübte er in Österreich das Vergehen der Hehlerei und das Verbrechen des versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls. In Anbetracht dieses Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers begegnet daher auch die weitere Beurteilung der belangten Behörde, dass § 66 Abs. 1 und 2 FPG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegensteht, keinem Einwand, und zwar auch dann, wenn man dieser Beurteilung die insoweit datumsmäßig nicht weiter konkretisierte Beschwerdebehauptung zugrunde legte, dass der Beschwerdeführer seit über vier Jahren in Österreich lebe.
3. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den mit der Beschwerde verbundenen Antrag, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am