zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 17.05.2022, Ra 2019/04/0051

VwGH vom 17.05.2022, Ra 2019/04/0051

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom , LVwG-2019/25/0436-1, betreffend Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides in einer gewerberechtlichen Angelegenheit (mitbeteiligte Partei: D M, vertreten durch Dr. Patrick Ruth und MMag. Daniel Pinzger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

I.

11. Mit Bescheid vom wies die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel (revisionswerbende Behörde) den Antrag des Mitbeteiligten auf bescheidmäßige Feststellung, dass er auf Grund seiner Gewerbeberechtigung

„Halten von erlaubten Kartenspielen (Romme, Schnapsen, Tarock, Bridge, Solitär, udgl.) und von erlaubten Brettspielen (Schach, Dame, Mühle, Domino, udgl.), bei denen der Spielerfolg nicht ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängig ist, mit Ausnahme der dem Glücksspielgesetz und den landesrechtlichen Bestimmungen unterliegenden Spielen“

am näher genannten Standort in der Gemeinde S berechtigt sei, unter anderem das Kartenspiel „Poker“ anzubieten, als unzulässig zurück.

22.1. Das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) gab der dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten mit dem angefochtenen Erkenntnis vom Folge und hob den bekämpften Bescheid auf. Die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof wurde für nicht zulässig erklärt.

32.2. In der Begründung hielt das Verwaltungsgericht fest, dass mit dem angefochtenen Bescheid über einen Antrag nach § 349 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 abgesprochen worden sei, den der Mitbeteiligte jedoch nicht gestellt habe. Die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne Vorliegen eines dahingehenden Antrages belaste einen darüber absprechenden Bescheid mit Rechtswidrigkeit. Werde ein Antrag von der belangten Behörde zurückgewiesen, sei Sache des Beschwerdeverfahrens lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung. Dem Verwaltungsgericht sei es sohin verwehrt, über den Antrag des Mitbeteiligten meritorisch zu entscheiden, weshalb der angefochtene Bescheid zu beheben gewesen sei.

43. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision. Der Mitbeteiligte erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der er die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

51.1. Die Amtsrevision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, die Gewerbebehörde sei für den Antrag des Mitbeteiligten nicht zuständig, weil dieser darauf gerichtet sei, eine Feststellung über eine Tätigkeit zu treffen, die nicht dem Anwendungsbereich der GewO 1994 unterliege.

Das Verwaltungsgericht habe zudem die erstinstanzliche Entscheidung fehlinterpretiert, indem es der Ansicht gewesen sei, die belangte Behörde habe das Anbringen des Mitbeteiligten als Antrag gemäß § 349 Abs. 1 GewO 1994 qualifiziert, weshalb auch eine Weiterleitung an das für solche Anträge zuständige Bundesministerium nicht möglich gewesen sei.

61.2. Die Revision ist zulässig. Sie erweist sich aus nachstehenden Erwägungen auch als begründet.

72. Die Entscheidung über einen Antrag gemäß § 349 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 hat die abstrakte Lösung der Rechtsfrage nach dem Umfang einer Gewerbeberechtigung (§ 29) im Verhältnis zu einer anderen Gewerbeberechtigung zum Gegenstand (vgl.  und Ro 2016/04/0007, mwN).

Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der Feststellungsantrag des Mitbeteiligten keine Entscheidung über den Umfang der Gewerbeberechtigung „im Verhältnis zu einer anderen Gewerbeberechtigung“ im Sinne des § 349 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 begehrte.

8Das Verwaltungsgericht begründete die Aufhebung des angefochtenen Bescheides damit, dass die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid über einen Antrag nach § 349 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 abgesprochen habe, obwohl ein solcher nicht gestellt worden sei und dass die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne Vorliegen eines dahingehenden Antrages zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führe.

9In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides wird jedoch - wie von der Revision auch zutreffend gerügt - ausdrücklich festgehalten, dass es sich beim gegenständlichen Anbringen des Mitbeteiligten um keinen Feststellungsantrag gemäß § 349 Abs. 1 GewO 1994 handle. Vielmehr stützte die belangte Behörde die Zurückweisung des Feststellungsantrages (zu Recht) auf näher bezeichnete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach vom Gesetzgeber in § 349 Abs. 1 GewO 1994 die Voraussetzungen normiert wurden, unter denen ein Feststellungsbescheid über die Abgrenzung unterschiedlicher Gewerbeberechtigungen zueinander zu ergehen hat, und dies nur dahin verstanden werden kann, dass er einen sonstigen Feststellungsbescheid über die genannte Abgrenzung nicht zulassen wollte (vgl. , mwN).

10Ausgehend davon hätte der angefochtene Bescheid nicht mit der Begründung aufgehoben werden dürfen, dass von der belangten Behörde über einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt (nämlich ein Feststellungsbegehren nach § 349 Abs. 1 Z 1 GewO 1994) ohne einen entsprechenden Antrag entschieden worden wäre.

113. Indem das Verwaltungsgericht dies verkannte, hat es seine Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

12Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019040051.L00

Dieses Dokument entstammt dem Rechtsinformationssystem des Bundes.