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VwGH vom 24.01.2012, 2008/18/0504

VwGH vom 24.01.2012, 2008/18/0504

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch, den Hofrat Mag. Eder, die Hofrätinnen Mag. Merl und Mag. Dr. Maurer-Kober sowie den Hofrat Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des A Y in W, vertreten durch Edward W. Daigneault, Rechtsanwalt in 1160 Wien, Lerchenfelder Gürtel 45/11, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. E1/498.798/2007, betreffend Ausstellung eines Konventionsreisepasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Dem im Dezember 2002 nach Österreich gekommenen Beschwerdeführer, einem usbekischen Staatsangehörigen, wurde mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Am stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Ausstellung eines Konventionsreisepasses.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid vom wies die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (die belangte Behörde) diesen Antrag gemäß § 94 Abs. 5 in Verbindung mit § 92 Abs. 1 Z 5 und (in Verbindung mit der Begründung des angefochtenen Bescheides) Z 3 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG ab.

In der Begründung verwies die belangte Behörde auf eine Verurteilung des Beschwerdeführers durch das Landesgericht für Strafsachen Wien vom wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 und Abs. 3 erster Fall Suchtmittelgesetz als Beteiligter nach § 15 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe im Ausmaß von sechs Monaten. Diesem Schuldspruch liege zugrunde, dass sich der Beschwerdeführer und zwei Mitverurteilte in der Suchtgiftszene ein Einkommen verschafft hätten, wobei einer der Mittäter des Beschwerdeführers in einem Lokal in Wien Cannabis (in großer Menge) gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt habe, während der Beschwerdeführer als "Aufpasser" fungiert habe, um für "Ordnung" beim Ablauf der Suchtgiftverkäufe zu sorgen und im Falle von auftretenden Problemen "einzugreifen". Dabei sei dem Beschwerdeführer von Anfang an klar gewesen, dass er an den Suchtgiftgeschäften des Haupttäters mitgewirkt habe, wobei es ihm auch darauf angekommen sei, ein regelmäßiges Einkommen aus der In-Verkehr-Setzung großer Suchtgiftmengen zu ziehen.

Damit sei die in § 92 Abs. 1 Z 3 und auch Z 5 FPG normierte Annahme gerechtfertigt. Gerade der Suchtgiftkriminalität hafte nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur eine hohe Sozialschädlichkeit, sondern auch eine überaus hohe Wiederholungsgefahr an. Darüber hinaus bestehe bei der Suchtgiftkriminalität insbesondere ein latenter Auslandsbezug. Auch sei der seit Begehung der Straftaten im Juni 2004 verstrichene Zeitraum von nicht einmal vier Jahren jedenfalls zu kurz, um die von ihm ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen, auch wenn sich der Beschwerdeführer seitdem wohlverhalten habe. Der Beschwerdeführer sei auch darauf hinzuweisen, dass die erkennende Behörde bei ihren Entscheidungen an allfällige Erwägungen der Strafgerichte im Zusammenhang mit der Strafbemessung nicht gebunden sei. In Ansehung des vorliegenden Urteils sei das Fehlverhalten des Beschwerdeführers auch einer Relativierung nicht zugänglich.

II.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Gemäß § 94 Abs. 1 FPG sind Konventionsreisepässe Fremden, denen in Österreich der Status des Asylberechtigten zukommt, auf Antrag auszustellen.

Gemäß § 94 Abs. 5 FPG in der hier anzuwendenden Fassung (BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 99/2006) gelten für die Festsetzung der Gültigkeitsdauer und des Geltungsbereiches von Konventionsreisepässen sowie der Gültigkeitsdauer der Rückkehrberechtigung in Konventionsreisepässen die Bestimmungen des Anhanges der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge; im Übrigen gelten die § 88 Abs. 3 sowie §§ 89 bis 93

FPG.

Gemäß § 92 Abs. 1 FPG ist die Ausstellung, die Erweiterung des Geltungsbereiches und die Änderung eines Fremdenpasses zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass (Z 3) der Fremde das Dokument benützen will, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen, oder (Z 5) durch den Aufenthalt des Fremden im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.

2.1. In der Beschwerde bleibt unbestritten, dass der Beschwerdeführer die im angefochtenen Bescheid festgestellte Straftat begangen hat und deshalb in der dort festgestellten Weise rechtskräftig verurteilt worden ist.

Der Beschwerdeführer hat als Beteiligter dazu beigetragen, dass rund 1 kg Cannabiskraut durch Verkauf in Verkehr gesetzt wurde, eine weitere Restmenge von 178 Gramm Cannabiskraut wurde im Zuge der Festnahme sichergestellt. Dabei kam es dem Beschwerdeführer von Anfang an auch darauf an, ein regelmäßiges Einkommen aus der Beteiligung an der In-Verkehr-Setzung großer Suchtgiftmengen zu erzielen.

Dafür wurde er zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt. Im Hinblick auf dieses Fehlverhalten und unter Berücksichtigung, dass Suchtgiftdelikten eine besonders hohe Wiederholungsgefahr innewohnt, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangte, die festgestellten Tatsachen rechtfertigen die Annahme des § 92 Abs. 1 Z 3 FPG, der Beschwerdeführer könnte den Konventionsreisepass dazu benutzen, um gegen Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes zu verstoßen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0204, mwH).

Auch wenn er bei der Begehung der seiner Verurteilung zu Grunde liegenden Straftat bisher kein Reisedokument verwendet hat, ist dieser Umstand nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, ist es doch notorisch, dass der inländische Drogenmarkt und Drogenhandel in den meisten Fällen mit Suchtgiftimporten aus dem Ausland verknüpft ist. Ein Reisedokument würde einen Handel mit Suchtgift jedenfalls erleichtern (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/18/0095, mwH).

2.2. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde übergehe, dass ihm die Strafe zur Gänze bedingt nachgesehen worden sei, ist entgegenzuhalten, dass die Fremdenpolizeibehörde die Frage des Vorliegens eines Versagungsgrundes für die Ausstellung eines Fremdenpasses nach den hierfür vom Gesetz vorgesehenen Kriterien eigenständig zu beurteilen hat, ohne an die Erwägungen des Gerichtes bei der Entscheidung über die bedingte Strafnachsicht gebunden zu sein (vgl. etwa das bereits zitierte Erkenntnis vom , mwH). Auch soweit der Beschwerdeführer die Tilgung seiner Verurteilung im Strafregister geltend macht, ist ihm zu entgegnen, dass für die Frage, ob der Versagungsgrund gemäß § 92 Abs. 1 Z 3 FPG verwirklicht ist, auch das bereits getilgten Verurteilungen zugrundeliegende Fehlverhalten zu berücksichtigen ist (vgl. das zum insofern wortgleichen Passversagungsgrund gemäß § 81 Abs. 1 Z 3 Fremdengesetz 1997 - FrG ergangene, auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/18/0155, mwH).

2.3. Die Beschwerde bringt weiters vor, der Beschwerdeführer sei nur deshalb auf die Idee gekommen, sich in der Suchtgiftszene ein regelmäßiges Einkommen zu verschaffen, weil er einer regulären Arbeit während seines Asylverfahrens nicht habe nachgehen können. Nunmehr könne er gleich einem unbescholtenen österreichischen Staatsbürger eine geeignete Arbeit legal annehmen, dies wäre umso leichter möglich, wenn er im Besitz eines Konventionsreisepasses wäre.

Dieses Vorbringen ist jedoch nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Zum einen trifft es zwar zu, dass Asylwerber während des laufenden Verfahrens im Allgemeinen nur aufgrund einer Beschäftigungsbewilligung unselbständig beschäftigt werden können, allerdings aber haben sie einen Anspruch auf Grundversorgung, sodass es durchaus krimineller Energie bedarf, um sich mangels einer solchen Beschäftigungsbewilligung (dass der Beschwerdeführer jemals versucht hätte, eine solche zu erlangen, wird von ihm im Übrigen auch nicht behauptet) "in der Suchtgiftszene" zu betätigen. Zum anderen ist der zwischen Begehung der Straftat und Erlassung des angefochtenen Bescheides verstrichene Zeitraum von nicht einmal vier Jahren zu kurz, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte verlässlich als weggefallen oder auch nur entscheidend gemindert anzusehen. Schließlich ist ein Konventionsreisepass zur Darlegung der Flüchtlingseigenschaft bzw. zur legalen Arbeitsaufnahme des Beschwerdeführers in Österreich nicht erforderlich. Im Übrigen ist bei der Versagung eines Konventionsreisepasses - ebenso wie bei dessen Entziehung - auf persönliche oder wirtschaftliche Interessen des Betroffenen nicht Rücksicht zu nehmen (vgl. wiederum das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , mwH). Aus diesem Grund vermag auch die Urkundenvorlage (welche eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung vorbringt), wonach der Beschwerdeführer mittlerweile ein Handelsunternehmen gegründet hat, nichts an diesem Ergebnis zu ändern.

Sohin kann auch die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 92 Abs. 1 Z 5 FPG erfüllt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. auch hierzu das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , mwH).

3. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
YAAAE-81448