VwGH vom 25.02.2020, Ra 2019/03/0103
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Marktgemeinde S, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-2/001-2019, betreffend Auflassung schienengleicher Eisenbahnübergänge (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Landeshauptfrau von Niederösterreich; mitbeteiligte Partei: Ö AG in W, vertreten durch Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Biberstraße 11), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im Anfechtungsumfang, somit in seinem Spruchpunkt 1., soweit darin der Beschwerde der revisionswerbenden Partei betreffend Spruchpunkt I. 1. des Bescheides der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom , RU6-E-3149/001-2018, keine Folge gegeben wurde, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von 1.106,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit Eingabe vom an die Landeshauptfrau von Niederösterreich beantragte die mitbeteiligte Partei die eisenbahnbehördliche Anordnung der Auflassung mehrerer Eisenbahnkreuzungen entlang der ÖBB-Strecke Amstetten - Kastenreith jeweils mit näher bezeichneten Gemeindestraßen, die sich im Gemeindegebiet der revisionswerbenden Partei befinden. Dieser Antrag wurde unter anderem damit begründet, dass die geplanten Auflassungen im Zusammenhang mit einem Programm zur Erhöhung der Sicherheit im Eisenbahnbetrieb stünden. 2 Mit Bescheid vom ordnete die Landeshauptfrau von Niederösterreich gemäß § 48 Abs. 1 Z 2 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) unter Spruchpunkt I. 1. die Auflassung der Eisenbahnkreuzungen in km 15,867 und in km 19,216 der ÖBB-Strecke Amstetten - Kastenreith jeweils mit einer Gemeindestraße (mit Ersatzmaßnahmen, für die auf ein vorgelegtes Verkehrsprojekt verwiesen wird) mit einer Umsetzungsfrist von vier Jahren ab Rechtskraft des Bescheides an, wohingegen sie unter Spruchpunkt I. 2. die Anträge auf Auflassung der Eisenbahnkreuzungen in km 16,591 und in km 21,066 der ÖBB-Strecke Amstetten - Kastenreith jeweils mit einer Gemeindestraße abwies. Unter dem Spruchpunkt II. des Bescheides vom wurden die im Rahmen des Verfahrens erhobenen Einwendungen, Anträge und sonstigen Vorbringen - sofern es sich nicht um zivilrechtliche Einwendungen gehandelt hatte - abgewiesen bzw. zivilrechtliche und nicht verfahrensgegenständliche Einwendungen zurückgewiesen.
3 Über die sowohl von der revisionswerbenden als auch von der mitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerden entschied das Verwaltungsgericht mit dem nun in Revision gezogenen Erkenntnis:
Den Beschwerden wurde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht - keine Folge gegeben und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG in Verbindung mit § 25a VwGG für unzulässig erklärt.
4 Nach Darlegung des Verfahrensgangs hielt das Verwaltungsgericht - zusammengefasst und soweit für den vorliegenden Revisionsfall maßgeblich - in rechtlicher Hinsicht fest, dass eine Auflassung von schienengleichen Eisenbahnübergängen nur dann in Betracht käme, wenn das verbleibende oder in diesem Zusammenhang umzugestaltende Wegenetz oder sonstige in diesem Zusammenhang durchzuführenden Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprächen. Zwar vermittle das Gesetz insoweit nach ständiger Rechtsprechung niemandem einen Anspruch darauf, dass das bestehende Wegenetz samt den vorhandenen Eisenbahnkreuzungen oder möglichst kurze Verbindungen zwischen einzelnen Gebieten erhalten blieben und nicht jede Veränderung der bestehenden Verhältnisse, die zu längeren Verbindungen zwischen den durch die Bahnlinie getrennten Gebieten führe, würde der Auflassung der Eisenbahnkreuzung entgegenstehen. Allerdings dürften die lokalen Bedürfnisse an Verkehrsverbindungen nicht außer Acht gelassen werden. Unzumutbare Verschlechterungen des straßenverkehrstechnischen Anschlusses einzelner Gebiete, insbesondere Ortsteile einer Gemeinde vom restlichen Gemeindegebiet und von jenseits der Bahnstrecke gelegener (Straßen-)Infrastruktur, könnten dazu führen, dass von einem den Verkehrserfordernissen entsprechendem Wegenetz nach Auflassung der Eisenbahnkreuzung nicht mehr auszugehen sei (Hinweis auf ). Ausgehend von dem bisher über die aufzulassenden Eisenbahnkreuzungen abgewickelten Verkehr seien dabei einerseits die auflassungsbedingten Umwege für die Verkehrsteilnehmer, andererseits die Eignung des verbleibenden oder abzuändernden Wegenetzes zur ordnungsgemäßen Abwicklung dieses Verkehrs in die Beurteilung mit einzubeziehen (unter Hinweis auf ).
Der Sachverständige sei hierbei zum Schluss gelangt, dass bei allen vier Eisenbahnkreuzungen unter Zugrundelegung des "Leitfadens öffentliche Eisenbahnkreuzungen" die dort vorgesehenen Grenzwerte für die Unzumutbarkeit (wohl gemeint: Zumutbarkeit) durch die Auflassung der Eisenbahnkreuzungen entstehender Umwege eingehalten worden seien. Das Verwaltungsgericht sehe keinen Grund für die Annahme, dass durch die Auflassung der fraglichen Eisenbahnkreuzungen für den Kfz-, Radfahr- oder Fußgängerverkehr unzumutbare Umwege entstünden.
Hierzu führte das Verwaltungsgericht weiter aus, dass es mit Blick auf die Ausführungen des Sachverständigen keinen Grund habe, an der Eignung der projektierten Ersatzwege, den durch die angestrebte Auflassung der Eisenbahnkreuzungen anfallenden Verkehr aufzunehmen, zu zweifeln. Daran vermöge - dem Sachverständigen zufolge - auch die Errichtung von acht Wohneinheiten nächst der Eisenbahnkreuzung bei km 15,867 nichts zu ändern. Soweit weiters von der revisionswerbenden Partei Ausbaupläne für diesen Bereich ins Treffen geführt wurden, wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass die Beurteilung einer Sache durch das Verwaltungsgericht nach der Sachlage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zu erfolgen habe. Während in die Beurteilung daher aufgrund der derzeitigen Nutzung von Grundstücken anzunehmende Verkehrsströme miteinzubeziehen seien, treffe dies auf solche nicht zu, die erst durch eine mögliche zukünftige Nutzung entstehen würden. Dies könne allerdings "anders angenommen" werden, wenn diese Nutzung mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten werde und hinreichend konkretisiert sei (namentlich bei beginnender Verwirklichung eines Projekts). Hingegen reiche der alleinige Umstand einer bestimmten Flächenwidmung nicht aus, um für die Beurteilung relevante Verkehrsströme ausmachen zu können. Dem ersten Erfordernis (wohl gemeint: die Erfüllung der Verkehrserfordernisse) für die Auflassung der fraglichen Eisenbahnkreuzungen sei damit entsprochen.
5 Im Hinblick auf die Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit kam das Verwaltungsgericht - ohne dazu nähere Feststellungen zu treffen - zum Ergebnis, dass die Kosten für die Ersatzmaßnahmen für die Auflassung der revisionsgegenständlichen Eisenbahnkreuzungen in km 15,867 und 19,216 (deutlich) unter jenen anzusetzen seien, wie sie für eine Fortführung der Verkehrsabwicklung über die Einsatzbahnkreuzungen selbst erforderlich wären. Dabei sei im konkreten Fall davon auszugehen, dass die derzeitige Sicherung dieser Eisenbahnkreuzung bereits am Ende ihrer (vom Sachverständigen mit rund 25 Jahren bemessenen) technischen Nutzungsdauer angekommen sei (die entsprechenden Bescheide würden aus 1963, 1988 bzw. 1990 stammen), sodass es schon dieser Umstand rechtfertige, die Errichtungskosten für diese (zu erneuernden) Anlagen in die Kostengegenüberstellung miteinzubeziehen. Ausgehend von Ausführungen des (von der belangten Behörde beigezogenen) Sachverständigen könne für die Eisenbahnkreuzungen in km 15,867 und in km 19,216 nicht von einer Unzumutbarkeit der Kosten der Auflassung gegenüber jenen für die weitere Abwicklung des Verkehrs über die Eisenbahnkreuzung ausgegangen werden, sodass auch die Voraussetzung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit erfüllt sei.
6 Abschließend hielt das Verwaltungsgericht fest, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, "da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil die durchgeführte rechtliche Beurteilung aufgrund der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung erfolgte und die Beweiswürdigung auf jenen Grundsätzen aufbaut, wie sie in Lehre und Rechtsprechung anerkannt sind (...)".
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis im Anfechtungsumfang der Revision - somit in seinem Spruchpunkt 1., soweit darin der Beschwerde betreffend Spruchpunkt I. 1. des Bescheides der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom , RU6-E-3149/001-2018, keine Folge gegeben wurde und damit die Auflassung der Eisenbahnkreuzungen in km 15,867 und in km 19,216 angeordnet wurde - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufheben.
8 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht nahm von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand. Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie mit näherer Begründung beantragt, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu, sie als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision erwogen:
9 Die revisionswerbende Partei führt zur Zulässigkeit der Revision unter anderem aus, dass zur Frage der Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit einer Auflassung gemäß § 48 Abs. 1 Z 2 EisbG Rechtsprechung dahingehend fehle, wie die Prüfung der Wirtschaftlichkeit vorzunehmen sei, sowie ob und inwiefern bei der Beurteilung der Eignung von Ersatzwegen - wie auch bei der wirtschaftlichen Zumutbarkeit - andere Aspekte des Einzelfalls als bloß die Umweglänge oder der pauschale Hinweis, Auflassungen würden der Verkehrssicherheit dienen, in einer Gesamtabwägung zu berücksichtigen seien.
Darüber hinaus habe das Verwaltungsgericht außer Acht gelassen, dass für die Ersatzmaßnahmen bei Auflassung der Eisenbahnkreuzung die umfassende Inanspruchnahme von Fremdgrund (für Enteignungsmaßnahmen) erforderlich sei. In Umlegung der Enteignungsjudikatur des Verwaltungsgerichtshofes auf das Auflassungsverfahren müsse - zumindest beim Kriterium der wirtschaftlichen Zumutbarkeit - aber eine Gesamtabwägung auch dahingehend stattfinden, dass im Fall der (möglichen) Beibehaltung der Eisenbahnkreuzung keine derart hohe Fremdgrundinanspruchnahme und damit kein derartiger Eingriff in Eigentumsrechte stattfinde. Sollte sich dieser Punkt nicht aus der Enteignungsjudikatur des Verwaltungsgerichtshofes ableiten lassen, fehle es zur Frage, ob die (Vermeidung einer) Fremdgrundinanspruchnahme ein wesentliches Kriterium in der Auflassungsentscheidung sei, an Rechtsprechung.
Schließlich leide das angefochtene Erkenntnis an einem Begründungsmangel: So müsste sich aus der Auflassungsentscheidung hinreichend konkret ergeben, wie die Ersatzmaßnahmen umzusetzen seien, da es keiner weiteren eisenbahnrechtlichen Genehmigung für das umzugestaltende Wegenetz bzw. die straßenbaulichen Ersatzmaßnahmen zur Erfüllung der Verkehrserfordernisse bedürfe. Ferner würde es dem Erkenntnis an beweiswürdigenden Überlegungen, insbesondere zum Gutachten des Amtssachverständigen, mangeln. 10 Die Revision ist im Sinne dieses Zulassungsvorbringens zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der hier maßgebenden Bestimmung des § 48 Abs. 1 Z 2 EisbG hinsichtlich der Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit bei einer Auflassung nicht hinreichend besteht; insbesondere ist festzuhalten, dass der vom Verwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, auf die sich das angefochtene Erkenntnis stütze, keine Leitlinien zur Beurteilung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit im Sinne des § 48 Abs. 1 Z 2 EisbG zu entnehmen sind. Angesichts des Inhaltes dieser Bestimmung kann auch nicht gesagt werden, dass diese als jedenfalls klar und eindeutig zu qualifizieren wäre (). Zudem weist die Zulässigkeitsbegründung der Revision auch zutreffend darauf hin, dass das angefochtene Erkenntnis mit einem relevanten schweren Verfahrensmangel behaftet ist.
Die Revision ist auch begründet.
11 Die für den vorliegenden Revisionsfall maßgebende Bestimmung des Eisenbahngesetzes 1957, BGBl. Nr. 60/1957 (EisbG), in der Fassung BGBl. I Nr. 25/2010, lautet - auszugsweise - wie folgt:
"Anordnung der baulichen Umgestaltung und der Auflassung
§ 48. (1) Die Behörde hat auf Antrag eines zum Bau und zum Betrieb von Haupt-, Neben-, Anschluss- oder Materialbahnen mit beschränkt-öffentlichem Verkehr berechtigten Eisenbahnunternehmens oder eines Trägers der Straßenbaulast anzuordnen:
(...)
die Auflassung eines oder mehrerer in einem Gemeindegebiet
gelegener schienengleicher Eisenbahnübergänge zwischen einer Haupt- , Neben-, Anschluss- oder Materialbahn mit beschränkt-öffentlichem Verkehr einerseits und einer Straße mit öffentlichem Verkehr andererseits, sofern das verbleibende oder das in diesem Zusammenhang umzugestaltende Wegenetz oder sonstige in diesem Zusammenhang durchzuführende Ersatzmaßnahmen den Verkehrserfordernissen entsprechen und die allenfalls erforderliche Umgestaltung des Wegenetzes oder die Durchführung allfälliger sonstiger Ersatzmaßnahmen den Verkehrsträgern (Eisenbahnunternehmen und Träger der Straßenbaulast) wirtschaftlich zumutbar sind.
Sie kann unter denselben Voraussetzungen eine solche Anordnung auch von Amts wegen treffen. Für die Durchführung der Anordnung ist eine Frist von mindestens zwei Jahren zu setzen.
(...)"
12 Soweit in der Revision die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit und die mangelhafte Begründung des angefochtenen Erkenntnisses angesprochen wird, gleicht der vorliegende Revisionsfall in seinen entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen jenem, über den der Verwaltungsgerichtshof mit seinem dieselben Parteien des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof betreffenden Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2019/03/0098, entschieden hat, weshalb gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen wird. 13 Soweit die revisionswerbende Partei im Zusammenhang mit der Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit zusätzlich die Frage aufwirft, ob die (Vermeidung einer) Fremdgrundinanspruchnahme ein wesentliches Kriterium im Rahmen der Prüfung der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der Umgestaltung darstellt, ist festzuhalten, dass die Behörde (bzw. im Fall einer Beschwerde das Verwaltungsgericht) die wirtschaftliche Zumutbarkeit der (allenfalls) erforderlichen Umgestaltung des Wegenetzes sowie der (allenfalls) sonstigen in diesem Zusammenhang durchzuführenden Ersatzmaßnahmen zu beurteilen hat. Dabei sind die gesamten Kosten, die für diese Umgestaltung bzw. für diese Ersatzmaßnahmen anfallen, zu berücksichtigen, wozu gegebenenfalls auch die Kosten der für die Umgestaltung notwendigen Inanspruchnahme von derzeit nicht im Eigentum des beteiligten Verkehrsträgers stehenden Grundstücken zu zählen sind. 14 Soweit die revisionswerbende Partei in Bezug auf das nach der Auflassung der Eisenbahnkreuzung in km 15,867 verbleibende Wegenetz auf die (zukünftige) Errichtung von acht Wohneinheiten im Nahebereich dieser Eisenbahnkreuzung einwendet, dass im Rahmen einer Prognoseentscheidung das Verwaltungsgericht auch auf diese Planungen eingehen hätte müssen, ist auszuführen, dass das Verwaltungsgericht grundsätzlich seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage auszurichten hat (vgl. etwa , mwH auf die ständige Rechtsprechung). Die von der Eisenbahnbehörde zu treffende und im Fall einer Beschwerde vom Verwaltungsgericht zu überprüfende und gegebenenfalls zu korrigierende Beurteilung, ob im Sinne des § 48 Abs. 1 Z 2 EisbG das nach Auflassung der Eisenbahnkreuzung verbleibende Wegenetz - allenfalls nach Durchführung der anzuordnenden Ersatzmaßnahmen und/oder der Umgestaltung des Wegenetzes - den Verkehrserfordernissen entspricht, erfordert jedoch eine vorausschauende Beurteilung, die gerade nicht auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts abstellen kann, weil zu diesem Zeitpunkt weder die Eisenbahnkreuzung aufgelassen noch eine angeordnete Ersatzmaßnahme durchgeführt worden ist ().
15 Damit das verbleibende oder umzugestaltende Wegenetz den Verkehrserfordernissen entspricht, muss nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die Erfordernisse des Verkehrs auf der Straße vorgesorgt werden (vgl. , mwH); dieses "Vorsorgen" setzt aber voraus, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung davon ausgegangen werden kann, dass bei der Beurteilung der Erfüllung der Verkehrserfordernisse nur jenes Wegenetz berücksichtigt wird, von dem mit Grund anzunehmen ist, dass es nach Abschluss der Auflassungs- und Umgestaltungsarbeiten bzw. nach Durchführung der Ersatzmaßnahmen auch tatsächlich zur Aufnahme des Verkehrs zur Verfügung steht (vgl. erneut Ra 2016/03/0039). Umgekehrt hat dies auch für die im betreffenden Gebiet vorliegenden Verkehrserfordernisse zu gelten, insbesondere wenn sich diese aufgrund bereits konkret abzeichnender Bauprojekte in naher Zukunft relevant und signifikant verändern werden.
16 Soweit die Revision schließlich die mangelhafte Begründung des angefochtenen Erkenntnisses geltend macht, kann - wie bereits oben festgehalten - im Wesentlichen auf das dieselben Parteien betreffende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom heutigen Tag, Ra 2019/03/0098, verwiesen werden, dem auch dasselbe angefochtene Erkenntnis zugrunde liegt. Ergänzend ist festzuhalten, dass sich auch in Bezug auf die hier revisionsgegenständlichen Eisenbahnkreuzungen in km 15,867 und in km 19,216 weder aus dem Spruch des angefochtenen Erkenntnisses (bzw. aus dem Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht) noch aus der weiteren Begründung des Verwaltungsgerichtes die konkreten Ersatzmaßnahmen oder die Art deren Umsetzung ergeben. Wie die revisionswerbende Partei zutreffend aufzeigt, wird im behördlichen Auflassungsbescheid - der durch das Verwaltungsgericht bestätigt wurde - die Auflassung der beiden Eisenbahnkreuzungen "unter Zugrundelegung des vorgelegten Verkehrsprojektes ('EK-Maßnahmen im Gemeindegebiet von S. Bf. H-K bis Bf. W EK km 15,231 - EK km 21,296')" angeordnet. Ein derartiger bloßer Verweis auf ein dem behördlichen Bescheid bzw. dem verwaltungsgerichtlichen Erkenntnis nicht angeschlossenes Dokument lässt für die revisionswerbende Partei nicht erkennen, welche konkreten Verpflichtungen aus dem bekämpften Bescheid sie bei Auflassung der Eisenbahnkreuzung zu erfüllen hat bzw. für welche konkrete Umgestaltung des Wegenetzes sie als Trägerin der Straßenbaulast anteilig gemäß § 48 Abs. 2 EisbG die Kosten zu tragen hat; auch diese Unbestimmtheit des Spruchs belastet das angefochtene Erkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit (vgl. zur erforderlichen Bestimmtheit von Nebenbestimmungen über allfällige Umgestaltungen des Wegenetzes oder sonstige Ersatzmaßnahmen ).
17 Das angefochtene Erkenntnis war daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen vorrangig aufzugreifender Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.
18 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 201 4, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2020:RA2019030103.L00 |
Schlagworte: | Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 |
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