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VwGH vom 28.08.2012, 2010/21/0291

VwGH vom 28.08.2012, 2010/21/0291

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des S, vertreten durch die Kocher Bucher Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Friedrichgasse 31, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-401078/4/WEI/Sta, betreffend Schubhaft (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein afghanischer Staatsangehöriger, reiste am von Ungarn kommend illegal mit dem Zug in Österreich ein. Im Zug wurde er aufgegriffen und von Organen der Bundespolizeidirektion Wien festgenommen. Noch am stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz. Er wurde in der Folge der Bundesbetreuungsstelle West (Thalham) zugewiesen.

Am wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, und dass seit Dublin-Konsultationen mit Ungarn geführt würden. Unmittelbar danach wurde er auf Grund eines Mandatsbescheides der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung und der Abschiebung in Schubhaft genommen.

Im Schubhaftbescheid gab die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Angaben des Beschwerdeführers zu seiner Reiseroute wieder; demnach habe er vor etwa viereinhalb Jahren sein Heimatland verlassen und sei nach einem rund dreieinhalbjährigen Aufenthalt in Saudi-Arabien über den Iran und die Türkei weitergereist, um schließlich schlepperunterstützt nach Griechenland zu gelangen. Dort sei er festgenommen und erkennungsdienstlich behandelt worden; nach fünf Tagen sei er nach Athen gebracht und aus Griechenland ausgewiesen worden. Dennoch sei er weitere elf Monate in Griechenland geblieben. Danach sei er mehrfach nach Mazedonien gereist und wieder nach Griechenland abgeschoben worden. Nach dem vierten Grenzübertritt nach Mazedonien sei er nach Skopje, Komonov und zwei Mal über die Grenze nach Serbien weitergereist. Nach dem ersten Grenzübertritt in Serbien sei er nach Mazedonien, nach dem zweiten Grenzübertritt nach Griechenland abgeschoben worden. Von dort sei er wiederum über Mazedonien und Serbien nach Ungarn gereist. Dort sei er beim illegalen Grenzübertritt festgenommen worden und habe einen Asylantrag gestellt. Die ihm zugewiesene Unterkunft habe er am heimlich verlassen, und er sei über Budapest mit dem Zug nach Wien gefahren.

Den Sicherungsbedarf begründete die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer durch seine zahlreichen illegalen Grenzübertritte unmissverständlich zu erkennen gegeben habe, dass er in keiner Weise gewillt sei, die Rechtsordnung Österreichs bzw. der Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Bereich des Fremdenrechts zu respektieren. Er habe sich in "zahlreichen Mitgliedstaaten der Europäischen Union" aufgehalten und kein Asylbegehren gestellt. Anträge habe er nur gestellt, wenn er einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen worden sei. Er halte sich "bewusst illegal und unstet" in Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf und gebe zu erkennen, dass er sich einen Mitgliedstaat seiner Wahl für den Antrag auf internationalen Schutz aussuchen wolle. Ob Österreich dahingehend sein Zielland sei, müsse "stark in Frage gestellt" werden, zumal er sich nicht selbst und aus eigenem Interesse in eine Erstaufnahmestelle oder eine Polizeiinspektion begeben habe, sondern erst im Zuge der Feststellung seiner illegalen Einreise ein Asylbegehren geäußert habe. Darüber hinaus verlaufe seine Reisebewegung "zielstrebig in Richtung Westen, wessen in Betracht (seiner) einzigen Bezugsperson (eines Cousins) in Italien zu erklären" sei. Er habe sich zudem bereits "in mehreren Mitgliedstaaten, so beispielsweise auch zuletzt in Ungarn" unmittelbar nach seiner Zuweisung einer Unterkunft dem Verfahren entzogen und einen weiteren illegalen Grenzübertritt begangen. Es sei demzufolge davon auszugehen, dass er sich ebenso in Österreich innerhalb weniger Tage dem Verfahren entziehen, in die Anonymität abtauchen und weitere illegale Grenzübertritte - voraussichtlich weiter in Richtung Westen - begehen werde, insbesondere, sobald ihm die Absicht einer Rücküberstellung nach Ungarn bekannt gegeben werde. Er habe selbst explizit geäußert, dass er sich eine Rückkehr nach Ungarn keinesfalls vorstellen könne, weil er von dort nach Griechenland abgeschoben würde. Die Annahme, dass er sich nicht bis zu einem "durchführenden Abschluss der bereits gegen (ihn) durchsetzbar erlassenen Ausweisung nach Ungarn zur Verfügung der Fremdenpolizeibehörde halten werde, sondern - (seiner) ständigen Gewohnheit treu bleibend - sich durch ein Abtauchen in der Anonymität abermals einem weiteren Zugriff der Asyl- und Fremdenpolizeibehörden entziehe", sei daher berechtigt und nachvollziehbar. Die von ihm praktizierte Vorgangsweise sei ein klassischer "Asylanragstourismus". Es sei daher auf Grund des geschilderten Sachverhalts und auf Grund dessen, dass das Bundesasylamt bereits "eine durchsetzbare Ausweisung gemäß § 10 AsylG eingeleitet" habe, zu befürchten, dass er sich auf freiem Fuß belassen dem Zugriff der Behörde entziehen werde.

Er sei im Bundesgebiet auch in keiner Art und Weise an eine Örtlichkeit gebunden, sei äußerst flexibel in seiner Lebensgestaltung und habe auch keine familiäre oder soziale Verpflichtung in Österreich zu erfüllen. Ein gelinderes Mittel würde die Gefahr beinhalten, dass er nach einem "Abtauchen in die Anonymität" dem österreichischen Staat "finanziell weiters zur Last fallen könnte". Da er seinen Unterhalt im Bundesgebiet bestreiten müsse, sei die Gefahr sehr groß, dass er dies zumindest zum Teil auf illegale Art und Weise bewerkstelligen würde. Nach Abtauchen in die Anonymität sei auch die Gefahr sehr groß, dass letztlich Österreich gemäß dem Dublinübereinkommen für die inhaltliche Prüfung zuständig würde, "wessen Erzwingen durch einen Aufenthalt in der Anonymität jedenfalls nicht im öffentlichen Interesse stehen" könne.

Mit Beschwerde gemäß § 82 FPG vom beantragte der Beschwerdeführer, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung die Festnahme am , die Anordnung der Schubhaft sowie die bisherige Anhaltung für rechtswidrig zu erklären und festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Fortdauer der Anhaltung in Schubhaft nicht vorlägen.

Er bestritt das Vorliegen eines Sicherungsbedarfs. Er habe sich zwar bereits in Ungarn und Griechenland aufgehalten, strebe aber lediglich die faire Prüfung seines Asylbegehrens an. In Griechenland habe er diese Möglichkeit nicht, weil dort Asylanträge afghanischer Staatsangehöriger notorisch ignoriert bzw. in Schnellverfahren abgewiesen würden; in Ungarn sehe er ebenso keine Möglichkeit, ein faires Asylverfahren zu erhalten; es sei ihm dort mitgeteilt worden, dass er jedenfalls nach Griechenland abgeschoben werde. Er glaube, in Österreich am ehesten eine Chance zu haben, seine Fluchtgeschichte darzulegen. Die Behauptung der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, er würde untertauchen und Österreich verlassen wollen, beruhe auf reiner Spekulation. Sie habe den Beschwerdeführer dazu auch nicht befragt. Allein seine Aussage, nicht nach Ungarn und Griechenland zurück zu wollen, bedeute noch lange nicht, dass er sich einem Verfahren entziehen würde. Auch mit der Ausfolgung einer Mitteilung nach § 29 Abs. 3 AsylG 2005 sei ein Asylverfahren noch lange nicht abgeschlossen, eine Ausweisung zu diesem Zeitpunkt noch nicht durchsetzbar. Im vorliegenden Fall sei die vom Bundesasylamt am ausgesprochene Ausweisung auf Grund der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Asylgerichtshof noch immer nicht durchsetzbar. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck stelle ohne Befragung des Beschwerdeführers zu seinen Absichten in den Raum, er habe von vornherein vorgehabt, nach Italien zu reisen. Tatsächlich habe er beabsichtigt, nach Österreich, konkret nach Traiskirchen, zu reisen, um dort einen Asylantrag zu stellen. Er habe schon vor seiner Einreise gewusst, dass er nach dem Weg nach "Traiskirchen-Camp" fragen und dort bzw. zuvor gegenüber Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes das Wort "Asyl" aussprechen solle. Nach seinem Aufgriff durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Zug kurz vor Wien habe er auf die Frage nach seinem beabsichtigten Ziel "Traiskirchen-Camp" geantwortet und das Wort "Asyl" artikuliert. Auch das von Budapest nach Wien ausgestellte Zugticket sei ein gewichtiges Indiz dafür, dass er nicht beabsichtigt habe, nach Italien weiterzureisen.

Unter dem Gesichtspunkt einer unverhältnismäßigen Dauer der Schubhaft machte der Beschwerdeführer zum einen geltend, dass auf Grund des am erzielten Eurodac-Treffers für Griechenland vom sogleich Dublin-Konsultationen mit Griechenland und nicht mit Ungarn zu führen gewesen wären; allenfalls wären mit beiden Ländern Konsultationsverfahren einzuleiten gewesen. Die Einleitung des Konsultationsverfahrens nur mit Ungarn sei offenbar willkürlich erfolgt. Zum anderen sei seiner Beschwerde gegen die Ausweisung durch das Bundesasylamt mit Beschluss des Asylgerichtshofes vom 21. Mai (richtig: Juni) 2010 die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Wenn auch die Anhaltung in einem solchen Fall gemäß § 80 Abs. 5 FPG aufrechterhalten werden dürfe, so gelte es dennoch zu beachten, dass der Asylgerichtshof gemäß § 37 Abs. 3 AsylG 2005 verpflichtet sei, im Fall der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung in einem Verfahren nach § 5 AsylG 2005 binnen einer Frist von zwei Wochen eine Entscheidung in der Hauptsache zu treffen. Diese Frist sei bereits um mehr als zwei Wochen überschritten worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Schubhaftbeschwerde kostenpflichtig als unbegründet ab und stellte fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.

In der Begründung führte die belangte Behörde nach der Darstellung des bisherigen Verfahrensgangs zunächst aus, dass bereits aus der Aktenlage in Verbindung mit der eingebrachten Beschwerde der entscheidungswesentliche Sachverhalt hinreichend geklärt erscheine, weshalb von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden könne. Dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung, die innerhalb der zur Verfügung stehenden Entscheidungsfrist faktisch unmöglich wäre, sei schon deshalb nicht zu entsprechen gewesen, weil davon keine zusätzlichen relevanten Aufklärungen zu erwarten gewesen wären.

Nach der Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsgrundlagen erklärte die belangte Behörde dann, dass im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung auf Grund der Einleitung des Ausweisungsverfahrens (§ 27 Abs. 1 Z 1 iVm § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005) gegen den Beschwerdeführer § 76 Abs. 2 Z 2 FPG anwendbar gewesen sei. Die dann iSd § 36 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG 2005 vorübergehend durchsetzbare Entscheidung des Bundesasylamtes habe diese Eigenschaft durch den Beschluss des Asylgerichtshofes vom , mit dem der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, wieder verloren. Die Aufrechterhaltung der Schubhaft könne in diesem Fall aber auf § 80 Abs. 5 zweiter Satz FPG gestützt werden, wonach bei Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Entscheidung des Asylgerichtshofes abgewartet werden dürfe.

Die Frage, ob der Beschwerdeführer "und seine Gattin" nach Griechenland ausgewiesen werden dürften und demnach auch die Abschiebung dorthin zulässig sei und nicht gegen das Refoulementverbot verstoße, sei Gegenstand des Asylverfahrens und nicht des Schubhaftbeschwerdeverfahrens. Nach § 5 Abs. 1 und 3 AsylG 2005 müssten jedenfalls bei Dublin-Staaten besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen seien, glaubhaft gemacht werden, die für eine reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprächen.

Den bestrittenen Sicherungsbedarf habe die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck im Ergebnis zutreffend angenommen, weil im Hinblick auf die Einleitung eines mit einer beabsichtigten Zurückweisung verbundenen Ausweisungsverfahrens und den später folgenden Ausweisungsbescheid bei Berücksichtigung des bisherigen sehr flexiblen Reiseverhaltens des Beschwerdeführers mit dessen Untertauchen unmittelbar zu rechnen gewesen sei.

Er habe nach seinem eigenen Vorbringen ausgedehnte illegale Reisebewegungen innerhalb und außerhalb der Europäischen Union vorgenommen. Aus dem Beschluss des Asylgerichtshofes ergebe sich, dass er in Ungarn, nicht aber in Griechenland einen Asylantrag gestellt habe. Bei der Erstbefragung habe er behauptet, noch überhaupt keinen Asylantrag gestellt zu haben. Bei der asylbehördlichen Vernehmung am habe er immerhin zugestanden, in Ungarn zunächst versucht zu haben, Asyl zu erlangen. In Griechenland hätte er gar nicht angesucht, weil man dort kein Asyl bekäme, wie er von anderen afghanischen Männern erfahren hätte. In Ungarn hätte man ihm wegen der in Griechenland abgenommenen Fingerabdrücke die Überstellung dorthin angekündigt. Da er dies auf keinen Fall gewollt habe, habe er heimlich das Lager verlassen, um durch einen weiteren illegalen Grenzübertritt nach Österreich zu gelangen, wo er nach dem Beschwerdevorbringen letztlich einen Asylantrag stellen wollen und eine faire Prüfung seines Asylbegehrens erhofft habe.

Diese Hoffnung sei durch die asylbehördlichen Konsultationen mit Ungarn und danach (nach Ablehnung Ungarns mit ) mit Griechenland und die Einleitung eines Ausweisungsverfahrens enttäuscht worden. Der Beschwerdeführer habe zur Kenntnis nehmen müssen, dass er auch in Österreich nicht mit einer inhaltlichen Prüfung seines Asylbegehrens rechnen könne und nach Griechenland abgeschoben werde. Auf Grund der besonderen Mobilität des Beschwerdeführers und seiner ausdrücklichen Einlassung, keinesfalls nach Griechenland zu wollen, könne nicht zweifelhaft sein, dass er sich nunmehr auch in Österreich dem Zugriff der Fremdenpolizeibehörde entzogen hätte, um die angekündigte Überstellung nach Griechenland zu verhindern. Der Beschwerdeführer habe durch seine zahlreichen illegalen Reisebewegungen eine erhebliche Widerstandskraft gegenüber den jeweiligen Fremdenrechtsordnungen erkennen lassen. Er habe bei der Erstbefragung vielfache illegale Grenzübertritte von Griechenland nach Mazedonien und Serbien geschildert, die er trotz einiger Festnahmen und Zurückschiebungen immer so lange wiederholt habe, bis er sein Ziel der Weiterreise in Richtung Ungarn erreicht habe. Damit habe er neben einer eindrucksvollen Beharrlichkeit unter Beweis gestellt, dass er sich um Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen überhaupt nicht kümmere und nachhaltig seine angestrebten Ziele verfolge. Durch die absolut fehlende Bereitschaft, sich einem Asylverfahren in Griechenland zu stellen, und im Hinblick auf seine bisherige Übung, auf seiner Reiseroute regelmäßig in die Illegalität abzutauchen, könne die belangte Behörde der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck nicht entgegen treten, wenn sie die Schubhaft für unbedingt erforderlich gehalten habe. Dass der Beschwerdeführer bei einer möglichen Abschiebung nach Griechenland fest entschlossen sei, auch ganz kurzfristig unterzutauchen, habe er im ungarischen Flüchtlingslager schon unter Beweis gestellt. Der Zweck der Schubhaft sei nicht mit einem gelinderen Mittel erreichbar gewesen.

Die zur gerügten Dauer der Schubhaft geltend gemachte Überwachungspflicht betreffend Konsultationsverfahren treffe zwar allgemein zu, könne aber der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Beim Beschwerdeführer habe sich zuletzt ein Eurodac-Treffer für Ungarn am ergeben. Der Treffer für Griechenland vom datiere mehr als ein Jahr früher. Da der Beschwerdeführer über Staaten außerhalb der Europäischen Union auf dem Landweg nach Ungarn gereist sein musste, sei es zielführend und folgerichtig gewesen, zunächst mit Ungarn Konsultationen einzuleiten. Im Hinblick auf Art. 16 Abs. 3 der Dublin II-Verordnung erlösche nämlich die Aufnahmeverpflichtung eines Mitgliedstaates grundsätzlich dann, wenn der Drittstaatsangehörige das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen habe. Darüber hinaus sei allein auf Grund der erkennungsdienstlichen Behandlung (Eurodac-Treffer) in einem Mitgliedstaat noch nicht bekannt, unter welcher Identität der Fremde aufgetreten sei. Zur Abklärung sei deshalb auch ein mehrfach geführtes Konsultationsverfahren sinnvoll. Nach der Ablehnung Ungarns sei ohnehin unverzüglich mit Griechenland ein weiteres Konsultationsverfahren eingeleitet worden. Es sei dadurch zu keiner relevanten Verzögerung gekommen.

Richtig sei zwar auch, dass der Verwaltungsgerichtshof schon verlangt habe, Säumigkeiten von Asylbehörden in die Verhältnismäßigkeitsprüfung mit einzubeziehen. Ein nach Art und Ausmaß der Säumnis mit den vom Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Fällen vergleichbarer Fall liege gegenständlich aber keinesfalls vor. Zum einen gehe es um die Säumigkeit des Asylgerichtshofes und nicht einer Asylbehörde, und zum anderen stehe nicht eine Überschreitung um viele Monate, sondern nur um gut zwei Wochen zur Debatte. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck habe in ihrer Gegenschrift mit Recht darauf hingewiesen, dass sie keine Einwirkungsmöglichkeit auf den Asylgerichtshof habe und dass auch dessen Entscheidung innerhalb kurzer Zeit erwartet werden könne. Die Begründung im Beschluss des Asylgerichtshofes betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung deute eher darauf hin, dass nur ein behebbarer Verfahrensmangel vorliege. Es könne immer noch davon ausgegangen werden, dass die Ausweisungsentscheidung in absehbarer Zeit durchzuführen sein werde und daher die Schubhaft zur Sicherung der Überstellung nach dem Dublinübereinkommen aufrecht bleiben müsse.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Unstrittig ist im Beschwerdefall, dass gegen den Beschwerdeführer am gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 iVm § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 das Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde. Zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung war demnach der Tatbestand des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG erfüllt.

Die Beschwerde bestreitet aber das Vorliegen eines Sicherungsbedarfs. Die gegenteilige Annahme der belangten Behörde und der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck stütze sich lediglich auf Mutmaßungen, ohne sich ein persönliches Bild vom Beschwerdeführer gemacht zu haben. Es wäre insbesondere zu berücksichtigen gewesen, dass der Beschwerdeführer im Rahmen seiner asylrechtlichen Befragung wahrheitsgemäße und sehr detaillierte Angaben zu seinen bisherigen Aufenthaltsorten und seiner Fluchtroute gemacht habe und allen Ladungen nachgekommen sei. Die mehrmaligen Versuche des Beschwerdeführers, Griechenland zu verlassen, zeigten keine einen Sicherungsbedarf begründende erhöhte Mobilität, vielmehr habe der Beschwerdeführer in Griechenland - wie langsam notorisch sein dürfte - keine Chance auf ein faires Asylverfahren gesehen. In Ungarn sei ihm von Beginn an klargemacht worden, dass er dort keine Möglichkeit auf ein Asylverfahren habe. Von Österreich habe er aber gewusst, dass er hier die Chance auf ein faires Asylverfahren habe. Er habe sich daher auch bereitwillig dem Verfahren gestellt und schließlich aus der Schubhaft ein letztendlich erfolgreiches Rechtsmittel gegen die zurückweisende Entscheidung des Bundesasylamtes erhoben. Es könne daher nicht die Rede davon sein, der Beschwerdeführer hätte von Anfang an wissen müssen, dass er auch aus Österreich nach Griechenland abgeschoben werde. Überdies wäre zu beachten gewesen, dass der Beschwerdeführer bei seiner Festnahme auf dem Weg nach "Traiskirchen-Camp" gewesen sei und gewusst habe, dass er im Fall seines Aufgriffs vor Erreichen der Erstaufnahmestelle gegenüber einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes durch die Artikulation des deutschen Wortes "Asyl" internationalen Schutz begehren könne.

Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darf die Verhängung der Schubhaft auch in "Dublin-Fällen" nicht zu einer "Standardmaßnahme" gegen Asylwerber werden; ungeachtet des Vorliegens eines Tatbestandes nach § 76 Abs. 2 FPG kann die Anhaltung eines Asylwerbers in Schubhaft nur dann gerechtfertigt sein, wenn besondere Umstände vorliegen, die (schon) in diesen Asylverfahrensstadien ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl.2007/21/0233, mwN). Weder die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck noch die belangte Behörde vermochten - unter Beachtung der gesamten Aspekte des vorliegenden Falles - derartige Umstände aufzuzeigen.

Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung wäre fallbezogen nämlich auch darauf Bedacht zu nehmen gewesen, dass der Beschwerdeführer von Anfang an detailliert und umfassend - und für die Behörden offenbar glaubhaft - seine Reiseroute geschildert hat; bei der Befragung durch das Bundesasylamt hat er auch von sich aus wahrheitsgemäß die Asylantragstellung in Ungarn angegeben. Der Beschwerdeführer hat außerdem bereits im Administrativverfahren dezidiert vorgebracht, die Asylantragstellung in Österreich von vornherein beabsichtigt zu haben. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ist demgegenüber davon ausgegangen, dass seine Reisebewegung "zielstrebig in Richtung Westen" verlaufe und er zu seinem Cousin nach Italien wolle. Dies hat der Beschwerdeführer in der Administrativbeschwerde bestritten und mehrere konkrete Umstände ins Treffen geführt, die belegen sollten, dass er von Anfang an die Asylantragstellung in Österreich angestrebt habe und sich aus eigenem in die Erstaufnahmestelle Ost begeben hätte, wenn er nicht schon im Zug aufgegriffen worden wäre. Mit diesem Vorbringen hat sich die belangte Behörde überhaupt nicht auseinandergesetzt, weil sie - ungeachtet der dazu vom Beschwerdeführer vorgebrachten Umstände - davon ausgegangen ist, dass schon die "besondere Mobilität" des Beschwerdeführers, seine "Widerstandskraft gegenüber den jeweiligen Fremdenrechtsordnungen" und seine Aussage, keinesfalls nach Griechenland zu wollen, für die Annahme eines Sicherungsbedarfs ausreichten. Da es im Beschwerdefall aber - wie erwähnt - wesentlich auch darauf angekommen wäre, ob der Beschwerdeführer sich - wäre er nicht festgenommen worden - freiwillig dem Verfahren in Österreich gestellt hätte, hätte die belangte Behörde nicht im Sinn des § 83 Abs. 2 Z 1 FPG von einem geklärten Sachverhalt ausgehen und von der beantragten mündlichen Verhandlung absehen dürfen. Die gesetzlich gebotene mündliche Verhandlung kann auch nicht deswegen unterbleiben, weil die belangte Behörde ihre Durchführung innerhalb der Entscheidungsfrist für "faktisch unmöglich" hält, mag der Beschwerdeführer auch - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift ausführt - von einem "mehr oder weniger weit entfernten Haftort" vorgeführt werden müssen.

Im Hinblick auf das weitere Beschwerdevorbringen ist noch darauf hinzuweisen, dass das anfängliche Herantreten (nur) an Ungarn auf Grund des rezenten Eurodac-Treffers fallbezogen noch keine Verzögerung dargestellt hat, die die Schubhaft unverhältnismäßig gemacht hätte. Die (weitere) Anhaltung in Schubhaft war aber jedenfalls rechtswidrig, nachdem im Asylverfahren die Entscheidungsfrist gemäß § 37 Abs. 3 AsylG 2005 abgelaufen war. § 80 Abs. 5 zweiter Satz FPG erlaubt zwar, die Schubhaft bis zur Entscheidung des Asylgerichtshofes aufrecht zu erhalten, wenn - wie im Beschwerdefall - der Beschwerde gegen eine Ausweisung, die mit einer zurückweisenden Entscheidung verbunden ist, gemäß § 37 AsylG 2005 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird. Diese Ermächtigung ist aber vor dem Hintergrund der - auch in den Erläuterungen zu § 80 Abs. 5 FPG (952 BlgNR 22. GP 105) explizit erwähnten - nur zweiwöchigen Entscheidungsfrist in diesen Fällen zu sehen; es kann nicht angenommen werden, dass die weitere Aufrechterhaltung der Schubhaft trotz Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch darüber hinaus zugelassen werden sollte, wenn sich die Entscheidung des Asylgerichtshofes entgegen der Anordnung des § 37 Abs. 3 AsylG 2005 verzögert. Auf ein Verschulden an einer solchen Verzögerung durch die Behörden kommt es dabei nicht an; vielmehr ist davon auszugehen, dass § 80 Abs. 5 zweiter Satz FPG iVm § 37 Abs. 3 AsylG 2005 der zulässigen Höchstdauer der zur Verfahrenssicherung angeordneten Schubhaft nach Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 37 Abs. 1 und 2 AsylG 2005 eine objektive Grenze setzt.

Nach dem oben Gesagten war der angefochtene Bescheid daher - zur Gänze - gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am