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VwGH vom 15.05.2013, 2013/08/0032

VwGH vom 15.05.2013, 2013/08/0032

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten sowie den Hofrat Dr. Strohmayer als Richter und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richterin, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des P in H, vertreten durch Mag. Johannes Marchtrenker, Rechtsanwalt in 2225 Zistersdorf, Hauptstraße 39, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom , Zl. LGS NÖ/RAG/05661/2012, betreffend Zurückweisung der Berufung als verspätet in einer Angelegenheit nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom , mit dem ausgesprochen wurde, dass der Notstandshilfebezug des Beschwerdeführers für den Zeitraum bis widerrufen werde und gleichzeitig der Beschwerdeführer zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe in Höhe von EUR 4.360,23 verpflichtet worden sei, als verspätet zurück.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Bescheid sei im Sinne der Bestimmung des § 26 Abs. 2 ZustG, am Samstag, den , als zugestellt anzusehen. Da die Berufungsfrist zwei Wochen betrage, beginne diese am Samstag, den , zu laufen. Das Ende der Berufungsfrist falle auf den Samstag, den , daher sei der nächste Werktag, Montag, der , als Ende der Berufungsfrist anzusehen. Die dagegen erhobene Berufung sei vom Berufungswerber erst am zur Post gebracht worden, somit außerhalb der Berufungsfrist, weshalb diese als verspätet eingebracht zurückzuweisen sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde ging hinsichtlich des Datums der Postaufgabe der Berufung vom Stempelaufdruck auf dem Kuvert, mit dem Berufung übermittelt wurde, aus. Die Beschwerde macht geltend, die Zustellung des Bescheides sei am erfolgt, davon ausgehend sei die Berufung rechtzeitig erhoben worden. Dem Beschwerdeführer sei die Möglichkeit genommen worden, Beweise zur Rechtzeitigkeit der Berufungseinbringung vorzulegen bzw. es habe die Behörde die amtswegige Erhebung des tatsächlichen Zustelldatums unterlassen.

Dieses Beschwerdevorbringen zeigt erkennbar einen relevanten Verfahrensmangel auf.

Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 26 Abs. 2 ZustG hat die Behörde bei Zustellungen ohne Zustellnachweis die Folge zu tragen, dass der Behauptung der Partei, sie habe ein Schriftstück nicht empfangen, nicht wirksam entgegengetreten werden kann. Bei bestrittenen Zustellungen ohne Zustellnachweis hat die Behörde die Tatsache der Zustellung nachzuweisen. In diesem Fall muss - mangels Zustellnachweises - der Beweis der erfolgten Zustellung auf andere Weise von der Behörde erbracht werden. Gelingt dies nicht, muss die Behauptung der Partei über die nicht erfolgte Zustellung als richtig angenommen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/16/0175). Diese Grundsätze gelten auch für den Nachweis des Zeitpunktes einer - unstrittig erfolgten - Zustellung ohne Zustellnachweis (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/17/0202).

Im vorliegenden Fall behauptet der Beschwerde, die Zustellung des Bescheides vom am , somit außerhalb des von der belangten Behörde vermuteten Zustellzeitraumes von drei Tagen.

Vor Zurückweisung einer Berufung als verspätet ist die belangte Behörde gemäß § 45 Abs. 3 AVG verpflichtet, dem Beschwerdeführer eine nach dem Akteninhalt offenkundige Verspätung seines Rechtsmittels vorzuhalten. Unterlässt sie dies und geht sie von einer Versäumung der Rechtsmittelfrist aus, ohne dies dem Rechtsmittelwerber vorgehalten zu haben, hat sie daher das Risiko einer Bescheidaufhebung zu tragen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/23/0269).

Es kann angesichts des vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringens - das konkreter ist als jenes, das dem von der belangten Behörde bezogenen hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2010/08/0177, zugrunde lag - nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Vermeidung des aufgezeigten Verfahrensfehlers zu einem anderen Bescheid gelangt wäre.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am