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VwGH 24.05.2007, 2006/07/0044

VwGH 24.05.2007, 2006/07/0044

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
AVG §66 Abs2;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
RS 1
Solange aber über den Antrag auf Erteilung einer Bewilligung kein Bescheid ergangen ist, kann der Antragsteller, nicht aber ein Gegner des Projektes die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend machen. Dies gilt auch dann, wenn in einem ersten Verfahrensdurchgang eine Bewilligung erteilt, diese aber von der Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und das Verfahren an die Erstbehörde zurückverwiesen wurde und die Erstbehörde im fortgesetzten Verfahren untätig bleibt.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde 1. des PB, 2. des TB und des 3. des HB, alle in B, alle vertreten durch Dr. Michael Battlogg, Rechtsanwalt in 6780 Schruns, Gerichtsweg 2, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates Vorarlberg vom , LAS-410/0570, betreffend Zurückweisung eines Devolutionsantrages (mitbeteiligte Partei Güterwegsgenossenschaft O, vertreten durch den Obmann HM, O-Weg 17, xxxx B), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Vorarlberg Kosten in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Mitglieder der mit Bescheid vom gebildeten mitbeteiligten Güterwegsgenossenschaft.

Anlässlich der Vollversammlung vom beschlossen die Mitglieder der mitbeteiligten Partei mehrheitlich den Wegkataster vom , der einen überarbeiteten Bau- und Erhaltungsschlüssel und die nachträgliche Aufnahme von Grundflächen in den genossenschaftlichen Verband beinhaltete. Mit Schreiben vom suchte die mitbeteiligte Partei sodann bei der Agrarbezirksbehörde Bregenz (ABB) um die Genehmigung des genannten Wegkatasters an.

Mit Bescheid der ABB vom wurde dem Wegkataster vom gemäß § 13 Abs. 2 und 7 des Vorarlberger Güter- und Seilwegegesetzes (GSLG), LGBl. Nr. 25/1963, die Genehmigung erteilt. Dieser Bescheid wurde den Mitgliedern der mitbeteiligten Partei zugestellt.

Mit drei Schriftsätzen vom beriefen u. a. die Beschwerdeführer, rügten die mangelnde Eignung des gegenständlichen Gebietes für eine Erschließung durch eine Güterwegsgenossenschaft, da der weit überwiegende Teil der Mitglieder der mitbeteiligten Partei keiner land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit mehr nachgehe, sowie Ungleichbehandlungen bei der Berechnung der Bau- und Erhaltungskostenanteile und stellten den Antrag auf Ausscheidung des Grundstückes Nr. 1276/2 des Erstbeschwerdeführers.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Bescheid vom u.a. auf Grund der Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 2 AVG aufgehoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die erste Instanz zurückverwiesen und gleichzeitig die Anträge der Beschwerdeführer auf Ausscheidung des Grundstückes Nr. 1276/2 als unzulässig zurückgewiesen.

Am beraumte die ABB für den eine mündliche Verhandlung an.

Mit am bei der ABB mittels Telefax eingelangtem Schreiben gaben die Beschwerdeführer bekannt, ihre in den Berufungsschriftsätzen erstatteten Einwendungen aufrecht zu erhalten und ersuchten, diese in der mündlichen Verhandlung zu protokollieren.

Mit Eingabe vom selben Tag (eingelangt bei der belangten Behörde am ) stellten die Beschwerdeführer den Antrag auf Übergang der Zuständigkeit zur Entscheidung auf die belangte Behörde gemäß § 73 Abs. 2 AVG, mit der Begründung, dass seit der Zurückverweisung der Angelegenheit an die ABB weder ein erstinstanzlicher Bescheid über die Genehmigung des Wegkatasters ergangen sei noch sonstige Sachverhaltsermittlungen unter Beiziehung der Parteien stattgefunden hätten.

Mit Schreiben vom erklärten die Beschwerdeführer unter Hinweis auf nach dem Bescheid der belangten Behörde vom stammende Eingaben, ihren Antrag auf Ausscheidung des Grundstückes Nr. 1276/2 aus der Genossenschaft zurückzuziehen.

Am fand vor der belangten Behörde eine mündliche Verhandlung statt, in der der Vertreter der Beschwerdeführer zu bedenken gab, dass die Agrarbehörde materiell zur Entscheidung gar nicht zuständig sei. Die zu verhandelnde Straße sei eine öffentliche Straße, weil sie zum überwiegenden Teil von der Öffentlichkeit genutzt werde. Die Rechtsform der Straße sei daher dahingehend zu ändern. Da damit auch der Wegkataster zum privatrechtlichen Vertrag werde, sei die Zustimmung aller Miteigentümer erforderlich. Das vorliegende Verfahren ziehe sich schon sehr lange hin, sodass der Behörde Säumigkeit vorzuwerfen sei.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Devolutionsantrag der Beschwerdeführer als unzulässig zurück.

Diese Entscheidung begründete sie im Wesentlichen damit, dass der Antrag auf Einleitung des Verfahrens bei der ABB von der mitbeteiligten Partei gestellt worden sei. Dieser komme im Verfahren betreffend die Überarbeitung und Genehmigung des Wegkatasters Parteistellung zu, nicht jedoch deren Mitgliedern. Die Beschwerdeführer selber hätten keinen Antrag auf Einleitung des gegenständlichen Verfahrens gestellt. Sie könnten daher auch nicht in ihrem Anspruch auf Einhaltung der Entscheidungsfrist gemäß § 73 Abs. 1 und 2 AVG verletzt werden. Da die Beschwerdeführer keinen Antrag auf Einleitung des Verfahrens betreffend die Erweiterung der mitbeteiligten Partei bzw. Genehmigung der neuen Satzung und des neuen Wegkatasters gestellt hätten, könnte durch sie auch keine Entscheidungspflicht gemäß § 73 AVG der Behörde ausgelöst werden. Mangels eines Antrags auf Einleitung eines Verfahrens durch die Beschwerdeführer könne der ABB keine Säumnis in der Abwicklung des Verfahrens angelastet werden. Der Devolutionsantrag sei daher als unzulässig zurückzuweisen. Sei die Bringungsgemeinschaft Partei in einem Verfahren, so komme dem einzelnen Mitglied keine Parteistellung zu; die Rechte des Mitgliedes seien somit mediatisiert; das einzelne Mitglied habe aber die Möglichkeit, im Rahmen der Beschlussfassung des Ausschusses oder der Vollversammlung im Wege des Einspruches auf die Willensbildung der Bringungsgemeinschaft im Verfahren Einfluss zu nehmen; nach außen hin trete aber das einzelne Mitglied nicht auf. Das einzelne Mitglied habe daher im Verfahren betreffend die Änderung der Anteilsverhältnisse auf Grund eines Beschlusses der Vollversammlung der Bringungsgemeinschaft keine Parteistellung.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom , B 14/06-3, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zu Entscheidung abtrat.

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten die Beschwerdeführer ihre Beschwerde, in der sie nunmehr Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die mitbeteiligte Partei hat sich am Verfahren nicht beteiligt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführer bringen vor, im bisherigen Verfahren bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides hätten ihnen die Behörden durchgehend Parteistellung zuerkannt. Die völlig haltlose Rechtsauffassung der belangten Behörde, wonach den Beschwerdeführern keine Parteistellung zukomme, hätte zur Konsequenz, dass die Mitglieder einer Güterwegsgenossenschaft schutzlos der Festsetzung eines Erhaltungsschlüssels ausgesetzt wären und einen Eingriff in ihr Eigentumsrecht schutzlos hinnehmen müssten. Eine solche Rechtsauffassung sei verfassungswidrig und würde gegen Art. 6 EMRK verstoßen, da durch die Festsetzung des Erhaltungsschlüssels den Mitgliedern von Güterwegsgenossenschaften finanzielle Verpflichtungen aufgebürdet würden, welche ihre Eigentumsrechte verletzten.

§ 73 Abs. 1 und 2 AVG lauten:

"§ 73. (1) Die Behörden sind verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Sofern sich in verbundenen Verfahren (§ 39 Abs. 2a) aus den anzuwendenden Rechtsvorschriften unterschiedliche Entscheidungsfristen ergeben, ist die zuletzt ablaufende maßgeblich.

(2) Wird der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen, so geht auf schriftlichen Antrag der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde, wenn aber gegen den Bescheid Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat erhoben werden könnte, auf diesen über (Devolutionsantrag). Der Devolutionsantrag ist bei der Oberbehörde (beim unabhängigen Verwaltungssenat) einzubringen. Er ist abzuweisen, wenn die Verzögerung nicht auf ein überwiegendes Verschulden der Behörde zurückzuführen ist."

Es kann im vorliegenden Fall aber dahin stehen, ob den Beschwerdeführern Parteistellung zukam oder nicht. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, würden sie durch den angefochtenen Bescheid aus nachstehenden Gründen nicht in ihren Rechten verletzt:

§ 73 Abs. 2 AVG sieht vor, dass über Antrag einer Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die sachlich in Betracht kommende Oberbehörde übergeht, wenn der Bescheid nicht innerhalb der Entscheidungsfrist erlassen wurde. Solange aber über den Antrag der mitbeteiligten Partei auf Erteilung der Genehmigung ein Ermittlungsverfahren durchgeführt wird, ohne dass über deren Antrag ein Bescheid ergangen ist, können nicht die Beschwerdeführer, sondern nur die antragstellende mitbeteiligte Partei die Verletzung der Entscheidungspflicht geltend machen.

Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass im Zeitpunkt der Erhebung des Devolutionsantrages bei der belangten Behörde der Antrag auf agrarbehördliche Genehmigung des Vollversammlungsbeschlusses vom bei der ABB anhängig und über ihn noch nicht bescheidförmig abgesprochen worden war. Da im Bewilligungsverfahren nur dem Bewilligungswerber ein Rechtsanspruch auf bescheidförmige Erledigung seines Antrages zusteht, fehlt es gegenüber den Beschwerdeführern insoweit an einer Entscheidungspflicht der Behörde. Der dennoch gestellte Devolutionsantrag musste daher als unzulässig zurückgewiesen werden (vgl. in diesem Sinn das in einer Wasserrechtssache ergangene hg. Erkenntnis vom , 91/07/0042, mwN).

Selbst bei Annahme ihrer Parteistellung verletzte der angefochtene Bescheid die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §66 Abs2;
AVG §73 Abs2;
AVG §8;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Schlagworte
Parteistellung Parteienantrag
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde
subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und
Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde
Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint
keineBESCHWERDELEGITIMATION
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2007:2006070044.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAE-81338