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VwGH vom 23.10.2019, Ra 2019/03/0058

VwGH vom 23.10.2019, Ra 2019/03/0058

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger und die Hofräte Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter sowie die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Ö AG in W, vertreten durch die Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Biberstraße 11, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-1352/001-2017, betreffend Sicherung von Eisenbahnkreuzungen (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptfrau von Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom ordnete die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde, die Landeshauptfrau von Niederösterreich, gemäß § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) an, dass die Eisenbahnkreuzungen in km 11,097, km 11,578 und km 12,473 der ÖBB-Strecke Flughafen Wien-Schwechat (Abzweigung 192) - Götzendorf jeweils mit einer Gemeindestraße gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) durch Bewachung mittels Armzeichen eines Bewachungsorgans zu sichern seien. Die vorgeschriebene Sicherung habe innerhalb von zwei Jahren ab Rechtskraft des Bescheides zu erfolgen. 2 Dagegen erhoben sowohl die Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz (BMASGK) als auch die Revisionswerberin Beschwerde. Die Revisionswerberin brachte in ihrer Beschwerde zusammengefasst vor, auf dem gegenständlichen Streckenabschnitt würden großteils schwere Bahnbaumaschinen transportiert. Durch die angeordnete Sicherung durch Bewachung müsste ein Bewachungsorgan mit dem Zug mitfahren, der vor jeder Eisenbahnkreuzung anhalten müsste, damit das Bewachungsorgan absteigen könne. Das Wiederanfahren sei aufgrund der Steigungen im Bereich der Eisenbahnkreuzungen in eine Fahrtrichtung aber nur sehr schwer, mit einigen Bahnbaumaschinen überhaupt nicht möglich. Zudem hätte die belangte Behörde überprüfen müssen, ob die bestehenden Sicherungseinrichtungen beibehalten werden können. Dazu sei kein ausreichendes Ermittlungsverfahren geführt worden. Eine entsprechende Begutachtung durch einen eisenbahntechnischen Sachverständigen hätte ergeben, dass die Voraussetzungen für die Sicherung durch Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes bzw. durch Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus unter der angegebenen "zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 25 km/h" gegeben seien.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (Verwaltungsgericht) die Beschwerden als unbegründet ab. Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte es für nicht zulässig. 4 Dem legte das Verwaltungsgericht - auf das Wesentliche zusammengefasst - folgende Feststellungen zugrunde:

5 Die verfahrensgegenständlichen Eisenbahnkreuzungen (EK) seien derzeit gemäß § 6 Eisenbahn-Kreuzungsverordnung 1961 durch Andreaskreuze und Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus bzw. Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes gesichert. Die "Streckenhöchstgeschwindigkeit" betrage in beiden Fahrtrichtungen 45 km/h; auf der Bahnstrecke würden vier Zugfahrten pro Tag abgewickelt. Das Verwaltungsgericht traf weiter Feststellungen zu den örtlichen Verhältnissen und den Fahrzeugfrequenzen auf den die Bahnstrecke querenden Gemeindestraßen. Die vorhandenen Sichträume lägen zwischen 20 und 80 Meter (EK bei km 11,097), zwischen 30 und 300 Meter (EK bei km 11,578) und zwischen 40 und 200 Meter (EK bei km 12,473). Unter Zugrundelegung einer Geschwindigkeit von 45 km/h würden die erforderlichen Sichträume 213 Meter (hinsichtlich der EK bei km 11,097) bzw. 200 Meter (hinsichtlich der EK bei km 11,578 und km 12,473) betragen.

6 Dabei stützte sich das Verwaltungsgericht - neben der Bezugnahme auf den sich aus dem Akt der belangten Behörde ergebenden unstrittigen Sachverhalt - im Wesentlichen auf die Ergebnisse der von ihm unter Beiziehung eines Amtssachverständigen für Eisenbahntechnik und -betrieb an Ort und Stelle durchgeführten mündlichen Verhandlung.

7 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht auf das Wesentliche zusammengefasst Folgendes aus: Die gegenständlichen - schon bestehenden - Eisenbahnkreuzungen seien unter Gewährleistung einer angemessenen Ausführungsfrist uneingeschränkt an die Grundsätze der Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) anzupassen, ohne dass (wie für technische Sicherungsarten nach § 102 EisbKrV) Bestandschutz für bestehende Einrichtungen gelte. Dabei sei die Sicherungsentscheidung nach § 49 Abs. 2 EisbG durch Auswahl aus den gemäß § 4 Abs. 1 EisbKrV in Betracht kommenden Sicherungsarten zu treffen, wobei Bindung an die für die einzelnen Sicherungsarten gemäß § 35 bis 39 EisbKrV zwingend festgelegten Kriterien bestünde. Kämen danach mehrere Sicherungsarten in Betracht, sei in der Auswahlentscheidung auf die Sicherheit und Ordnung des Eisenbahnbetriebs und Eisenbahnverkehrs sowie die Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Straßenverkehrs Bedacht zu nehmen. 8 Im vorliegenden Fall stehe außer Frage, dass die Voraussetzungen des § 39 EisbKrV für die Sicherungsart gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 EisbKrV (Bewachung) gegeben seien. Hingegen sei ausgehend von den örtlichen Verhältnissen an den verfahrensgegenständlichen Eisenbahnkreuzungen eine Sicherung durch Gewährleisten des erforderlichen Sichtraums (§ 4 Abs. 1 Z 1 EisbKrV) ebensowenig möglich wie durch Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus (§ 4 Abs. 1 Z 2 EisbKrV), weil die dafür erforderlichen Sichträume von 213 bzw. 200 Meter unter Zugrundelegung der erlaubten Geschwindigkeit von 45 km/h nicht erreicht würden und der "Pfeifpunktabstand" von maximal 120 Meter nach § 36 Abs. 2 Z 1 EisbKrV bei weitem überschritten würde. 9 Ergänzend führte das Verwaltungsgericht aus, auch eine "Beurteilung bei Geschwindigkeiten von 40 km/h" führe zu keinem anderen Ergebnis, weil in diesem Fall die erforderlichen Sichträume 189 bzw. 178 Meter betragen würden. Lediglich eine "Geschwindigkeit von 25 km/h" (diese sei auf Wunsch der Revisionswerberin geprüft worden, weil nach deren Angaben beabsichtigt sei, mit dem Fahrplan 2019/2020 die Geschwindigkeit auf 25 km/h herabzusetzen) würde eine Änderung ergeben, weil in diesem Fall der erforderliche Sichtraum 118 bzw. 111 Meter betragen würde und dann die Sicherung durch Abgabe akustischer Signale vorgenommen werden könnte. Dies sei jedoch nicht verfahrensrelevant, weil - wie von der Revisionswerberin selbst ausgeführt - die "Änderung der VzG (Verzeichnis der örtlich zulässigen Geschwindigkeiten und Besonderheiten) gerade in Prozess" sei. Zudem sei nicht die "Geschwindigkeit im Sinne der VzG" relevant, sondern die Geschwindigkeit entsprechend der Baugenehmigung. Eine Änderung sei noch nicht erfolgt und es stehe der Revisionswerberin frei, eine Änderung in einem eigenen Verfahren bei der Eisenbahnbehörde zu erwirken.

10 Unter Zugrundelegung der maßgebenden Geschwindigkeit von 45 km/h habe die belangte Behörde eine nicht als rechtswidrig zu erkennende Auswahl unter den Sicherungsarten des § 4 Abs. 1 EisbKrV vorgenommen. Die Sicherung durch Bewachung stelle im Vergleich zu technischen Sicherungen das gelindeste zum Ziel führende Mittel dar und trage damit den Intentionen des § 39 Abs. 1 EisbKrV Rechnung. Zum Vorbringen, es sei bei zwei der Eisenbahnkreuzungen ein sicheres Anfahren des Zuges nach vorherigem Anhalten nicht möglich, werde erwidert, dass das Wiederanfahren laut den Ausführungen der Revisionswerberin lediglich in eine Richtung schwer und lediglich mit einigen Baumaschinen gar nicht möglich sei. Gerade in diesen wenigen Fällen könne aber durch eine Bewachung der Eisenbahnkreuzungen ein Durchfahren sichergestellt werden.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vom Verwaltungsgericht zusammen mit den Verfahrensakten vorgelegte (außerordentliche) Revision. Ihre Zulässigkeitsbegründung macht u. a. geltend, zur Rechtsfrage, ob unter der "örtlich zulässigen Geschwindigkeit" iSd § 35ff EisbKrV die maximal zulässige Höchstgeschwindigkeit der Strecke nach der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung und Betriebsbewilligung oder die vom Eisenbahnunternehmen örtlich festgelegte Geschwindigkeit gemäß § 113 Abs. 8 EisbBBV zu verstehen sei bzw. welche Geschwindigkeit der Festlegung der Sicherungsart zugrunde zu legen sei, fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Dies sei im Revisionsfall entscheidungsrelevant, weil unter Zugrundelegung einer Geschwindigkeit von 25 km/h die bestehenden Sicherungsarten beibehalten werden könnten bzw. eine Sicherung iSd § 4 Abs. 1 Z 1 und 2 EisbKrV zulässig sei.

12 Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet.

13 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

14 Die Revision ist zulässig und auch begründet.

15 Gemäß § 49 Abs. 1 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG), BGBl. Nr. 60/1957 idF BGBl. I Nr. 25/2010, hat der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie durch Verordnung festzusetzen, in welcher Weise schienengleiche Eisenbahnübergänge nach dem jeweiligen Stand der Technik einerseits und nach den Bedürfnissen des Verkehrs andererseits entsprechend zu sichern sind und inwieweit bestehende Sicherungseinrichtungen an schienengleichen Eisenbahnübergängen weiterbelassen werden dürfen. Über die im Einzelfall zur Anwendung kommende Sicherung hat die Behörde gemäß § 49 Abs. 2 EisbG nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden. 16 Die maßgeblichen Bestimmungen der Eisenbahnkreuzungsverordnu ng 2012 (EisbKrV), BGBl. II Nr. 216/2012, lauten auszugsweise wie folgt:

"2. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

...

Arten der Sicherung

§ 4. (1) Die Sicherung einer Eisenbahnkreuzung kann vorgenommen werden durch

  1. Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes;

  2. Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus;

  3. Lichtzeichen;

  4. Lichtzeichen mit Schranken oder

  5. Bewachung.

  6. ...

  7. Entscheidung über die Art der Sicherung

§ 5. (1) Über die zur Anwendung kommende Sicherung einer Eisenbahnkreuzung hat die Behörde im Einzelfall nach Maßgabe der Zulässigkeit der einzelnen Arten der Sicherung gemäß den § 35 bis 39 sowie nach Maßgabe der örtlichen Verhältnisse und Verkehrserfordernisse zu entscheiden. Hierbei ist insbesondere auf die Sicherheit und Ordnung des Eisenbahnbetriebes und Eisenbahnverkehrs einerseits und auf die Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs auf der Straße andererseits Bedacht zu nehmen. Bei der Entscheidung ist auf den festgestellten Zustand und auf die absehbare Entwicklung des Verkehrs auf der Bahn und auf der Straße abzustellen.

...

6. Abschnitt

Zulässigkeit der Sicherungsarten

Sicherung durch Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes

§ 35. (1) Eine Eisenbahnkreuzung kann durch Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes gesichert werden, wenn

1. die örtlich zulässige Geschwindigkeit auf der Bahn im Bereich der Eisenbahnkreuzung nicht mehr als 80 km/h beträgt und

2. der Abstand des erforderlichen Sichtpunktes vom Kreuzungspunkt höchstens 400 m beträgt und der Sichtraum im erforderlichen Ausmaß vorhanden ist und

3. der erforderliche Sichtraum nicht durch stehende oder sich bewegende Schienenfahrzeuge eingeschränkt wird und

4. nicht mehr als ein Fahrstreifen für jede Fahrtrichtung der Straße vorhanden ist und

5. durchschnittlich auf der Straße täglich nicht mehr als 3000 Kraftfahrzeuge innerhalb von 24 Stunden verkehren und

6. dem die Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des

Verkehrs auf der Straße, die Beschaffenheit des sich kreuzenden Verkehrs oder die örtlichen Verhältnisse nicht entgegenstehen.

...

Sicherung durch Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus

§ 36. ...

(2) Eine Eisenbahnkreuzung mit Fahrzeugverkehr kann durch Abgabe akustischer Signale vom Schienenfahrzeug aus gesichert werden, wenn

1. der gemäß § 45 zu ermittelnde erforderliche Abstand des Sichtpunktes vom Kreuzungspunkt nicht mehr als 120 m beträgt und

2. die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke auf der Straße nicht mehr als 3000 Kraftfahrzeuge innerhalb 24 Stunden beträgt und

3. dem die Leichtigkeit, Flüssigkeit und Sicherheit des Verkehrs auf der Straße, die Beschaffenheit des sich kreuzenden Verkehrs oder die örtlichen Verhältnisse nicht entgegenstehen.

...

Sicherung durch Bewachung

§ 39. (1) Eine Eisenbahnkreuzung kann durch Bewachung gesichert werden, wenn

1. über die Eisenbahnkreuzung im Regelfall innerhalb von 24 Stunden nicht mehr als 20 Zug- und Nebenfahrten stattfinden;

2. über die Eisenbahnkreuzung Verschub erfolgt.

(2) Die Bewachung kann durch Bewachungsorgane, Bewachungsorgane mit Hilfseinrichtungen oder durch

Bewachungsorgane mit Lichtzeichen erfolgen.

..."

17 Im Revisionsfall sind weiters Bestimmungen der Eisenbahnbau- und -betriebsverordnung (EisbBBV), BGBl. II Nr. 398/2008 idF BGBl. II Nr. 156/2014, von Bedeutung. Diese lauten (auszugsweise):

"Begriffsbestimmungen

§ 11. ...

(16) Die örtlich zulässige Geschwindigkeit ist jene vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen festgelegte Geschwindigkeit, die unter Berücksichtigung aller technischen Gegebenheiten der Infrastruktur für durchgehende Hauptgleise zur Erstellung der Fahrplangrundlagen herangezogen wird. Das Eisenbahninfrastrukturunt ernehmen darf in Bahnhöfen zusätzliche Hauptgleise zur Berechnung der Fahrplangrundlagen heranziehen.

...

Fahrgeschwindigkeit

§ 113. ...

(8) Die örtlich zulässige Geschwindigkeit für einzelne Streckenabschnitte ist vom Eisenbahninfrastrukturunternehmen festzulegen und in geeigneter Weise darzustellen.

..."

18 Bei der Revisionswerberin handelt es sich um ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen, auf dessen Eisenbahnstrecke ("ÖBB-Strecke") die verfahrensgegenständlichen Eisenbahnkreuzungen liegen.

19 Die Revision macht geltend, die Entscheidung über die Art der Sicherung sei nicht auf Basis der in der Bau- und Betriebsbewilligung erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h festzulegen, vielmehr ausgehend von der von ihr iSd § 113 Abs. 8 EisbBBV festgelegten örtlich zulässigen Geschwindigkeit. Da sie im Verfahren vorgebracht habe, die dementsprechende Geschwindigkeit würde - mit dem Fahrplanwechsel 2019/2020 - auf 25 km/h reduziert, sei diese Geschwindigkeit maßgeblich, zumal gemäß § 5 Abs. 1 EisbKrV auf die "absehbare Entwicklung" abzustellen sei. Unter Zugrundelegung einer Geschwindigkeit von 25 km/h könnten die gegenständlichen Eisenbahnkreuzungen - wie bisher - iSd § 4 Abs. 1 Z 1 und Z 2 EisbKrV durch Gewährleisten des erforderlichen Sichtraumes bzw. durch Abgabe akustischer Signale gesichert werden. Demgegenüber sei die angeordnete Sicherung durch Bewachung iSd § 4 Abs. 1 Z 5 EisbKrV unverhältnismäßig (was näher - insbesondere unter Geltendmachung einer Gefährdung der Sicherheit des Eisenbahnbetriebs und - verkehrs durch die angeordnete Bewachung und deren Kostenaufwand - begründet wurde).

20 Dieses Vorbringen ist zielführend.

21 Im vorliegenden Fall stellte das Verwaltungsgericht fest,

die "Streckenhöchstgeschwindigkeit" betrage in beiden Fahrtrichtungen 45 km/h. Ausgehend von den Darlegungen im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ergibt sich, dass das Verwaltungsgericht dabei auf die in der eisenbahnrechtlichen Baubzw. Betriebsbewilligung festgelegte Geschwindigkeit abgestellt hat. Feststellungen zu einer von der Revisionswerberin allenfalls iSd § 113 Abs. 8 EisbBBV festgelegten niedrigeren örtlich zulässigen Geschwindigkeit im Bereich der verfahrensgegenständliche n Eisenbahnkreuzungen wurden vom Verwaltungsgericht nicht getroffen, weil diese Geschwindigkeit nach Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht relevant sei.

22 Damit hat das Verwaltungsgericht die Rechtslage unzutreffend beurteilt: Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2018/03/0014, auf dessen nähere Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgeführt hat, ist dann, wenn das Eisenbahninfrastrukturunternehmen eine örtlich zulässige Geschwindigkeit im Bereich der Eisenbahnkreuzung festgelegt und in geeigneter Weise dargestellt hat, die unter der "Streckenhöchstgeschwindigkeit" nach der Bau- und Betriebsbewilligung oder der sonst im Sinne des § 113 EisbBBV zulässigen Geschwindigkeit liegt, diese örtlich zulässige Geschwindigkeit der Entscheidung über die Art der Sicherung zu Grunde zu legen.

23 Das Verwaltungsgericht hat es daher, ausgehend von einer unzutreffenden Rechtsansicht, unterlassen, die zur abschließenden Beurteilung notwendigen Feststellungen zur tatsächlich maßgebenden Geschwindigkeit zu treffen. Den "ergänzenden" Erwägungen des Verwaltungsgerichts, dass sich auch bei Zugrundelegung einer Geschwindigkeit von 40 km/h am Ergebnis (im Wesentlichen: die für eine Sicherung nach § 4 Abs. 1 Z 1 bzw. 2 EisbKrV notwendigen Sichträume würden nicht erreicht, der maximale Pfeifpunktabstand würde überschritten) nichts ändern würde, kann nicht mit Sicherheit entnommen werden, dass es sich dabei um die im Entscheidungszeitpunkt rechtlich verbindlich festgelegte und entsprechend kundgemachte örtlich zulässige Geschwindigkeit im Bereich der Eisenbahnkreuzungen handle.

24 Hinzu tritt Folgendes: Die Revisionswerberin hat bereits im Verfahren vor der belangten Behörde, nämlich in ihrer Stellungnahme vom , geltend gemacht, die "Geschwindigkeit auf der Bahn wird 25 km/h betragen", weshalb die Art der Sicherung darauf abzustellen habe. Die belangte Behörde hat dem in ihrem Bescheid vom damit entgegnet, dass eine Herabsetzung der Geschwindigkeit keinen Einfluss auf die Zulässigkeit der Sicherung durch Bewachung iSd § 4 Abs. 1 Z 5 EisbKrV habe und überdies die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung maßgebend sei. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat die Revisionswerberin in der mündlichen Verhandlung vom ergänzend vorgebracht, es sei beabsichtigt, mit dem Fahrplan 2019/2020 die Geschwindigkeit auf 25 km/h herabzusetzen; falls notwendig, sei mit betrieblichen Maßnahmen eine solche Geschwindigkeit schon ab Oktober 2018 möglich. 25 Selbst wenn man also davon ausgehen wollte, dass es sich bei der vom Verwaltungsgericht "ergänzend" beurteilen Geschwindigkeit von 40 km/h um die von der Revisionswerberin iSd § 113 Abs. 8 EisbBBV festgelegte örtlich zulässige Geschwindigkeit handelte (was offenbar der im behördlichen Verfahren beigezogene Amtssachverständige angenommen hat, der in seinem im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom erstatteten Gutachten 40 km/h als "örtlich zulässige Geschwindigkeit" genannt hat), wäre mit Blick auf das Vorbringen hinsichtlich einer "Geschwindigkeitsherabsetzung" eine entsprechende Klarstellung durch das Verwaltungsgericht vonnöten gewesen:

26 Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung grundsätzlich an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten (vgl. nur etwa ; ). Es hat daher nicht konkret absehbare Entwicklungen außer Acht zu lassen. Liegen jedoch bereits konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass es in absehbarer Zeit zu einer Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes kommen wird und ist es in der Lage, sich über die Auswirkungen dieser Änderung ein hinlängliches Bild zu machen, dann ist auf derartige Entwicklungen bei der Entscheidung Bedacht zu nehmen (vgl. etwa ; ).

27 Diese Verpflichtung, auf absehbare Änderungen Bedacht zu nehmen, gilt in besonderer Weise in einem Verfahren zur Festlegung der Art der Sicherung einer Eisenbahnkreuzung, verpflichtet doch § 5 Abs. 1 EisbKrV die Behörde bzw. gegebenenfalls das Verwaltungsgericht ausdrücklich dazu, bei der Entscheidung u.a. "auf die absehbare Entwicklung des Verkehrs auf der Bahn und auf der Straße" - und damit (fallbezogen) auch auf die von der Revisionswerberin angekündigte, mit Inkrafttreten des Winterfahrplans 2019/2020 wirksam werdende Herabsetzung der örtlich zulässigen Geschwindigkeit auf 25 km/h - abzustellen. 28 Auch die Zusatzbegründung des Verwaltungsgerichts, die "Änderung der VzG (Verzeichnis der örtlich zulässigen Geschwindigkeiten und Besonderheiten) der ÖBB (sei) gerade in Prozess", weshalb der geplanten Geschwindigkeitsherabsetzung auch deshalb keine Relevanz zukomme, ist daher nicht tragfähig. 29 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. 30 Von der in der Revision beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 5 und 6 VwGG abgesehen werden, weil das Verwaltungsgericht, ein Tribunal iSd EMRK bzw. ein Gericht iSd GRC, eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat (vgl. bis 0084, mwN). 31 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf § 47 ff VwGG iVm VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019030058.L00
Schlagworte:
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

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