VwGH vom 25.10.2012, 2010/21/0244
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2010/21/0245
2010/21/0247
2010/21/0246
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des E in R, vertreten durch Mag. Stefan Harg, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Inneres vom , Zl. 319.748/2- III/4/10, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom wies die Bezirkshauptmannschaft Feldkirch den am gestellten Antrag des Beschwerdeführers, eines kosovarischen Staatsangehörigen, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "unbeschränkt" aus humanitären Gründen gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 NAG zurück. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, dass sein am gestellter Asylantrag am rechtskräftig abgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden sei. Aus dem Antrag und den mit diesem vorgelegten Unterlagen lasse sich keine wesentliche Änderung des Sachverhalts gegenüber dem Zeitpunkt der asylrechtlichen Ausweisung erkennen.
Mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid. An neuen Tatsachen seit der asylrechtlichen Ausweisung habe der Beschwerdeführer nur ein österreichisches Sprachdiplom seiner Ehefrau, einen Dienstzettel über ihre zukünftige Anstellung im Ausmaß von fünf Wochenstunden und eine Stellenzusage für ihn selbst im Ausmaß von 22,5 Wochenstunden vorgebracht. Allein das wirtschaftliche - im Übrigen höchst ungewisse - Fortkommen in Österreich sei aber nicht geeignet, um einen maßgeblich geänderten Sachverhalt gemäß § 11 Abs. 3 iVm. § 44b Abs. 1 NAG zu begründen. Der Verweis auf die vorgelegte Unterschriftenliste sowie die Ausführungen des Bürgermeisters und einiger Bewohner der Gemeinde R. könnten ebenfalls nicht "als objektive Beurteilung einer Prüfung im Sinne des § 11 Abs. 3 NAG herangezogen werden". Da sich somit das Vorbringen hinsichtlich möglicher Erwerbstätigkeiten sowie Unterschriftenlisten als nicht tauglich erweise, eine nach Erlassung der Ausweisung durch den Asylgerichtshof neu entstandene maßgebliche Sachverhaltsänderung im Sinn des § 44b Abs. 1 NAG zu begründen, und über die sonstigen Gründe, auf die der Antrag gestützt werde (insbesondere die Situation im Kosovo), bereits im Asylverfahren abgesprochen worden sei, ergebe sich für die belangte Behörde "keine andere Beurteilung des Sachverhaltes".
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer lässt unbestritten, dass er vom Asylgerichtshof mit Erkenntnis vom rechtskräftig ausgewiesen wurde. Dass der Beschwerdeführer gegen dieses Erkenntnis Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben und der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde nach Erlassung des hier bekämpften Bescheides die aufschiebende Wirkung zuerkannt hat, ändert an der maßgeblichen Rechtskraft der Ausweisung nichts (vgl. zum Eintritt der Rechtskraft in diesem Sinn auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/22/0166). Der Antrag des Beschwerdeführers nach § 43 Abs. 2 NAG war daher gemäß § 44b Abs. 1 Z 1 NAG zurückzuweisen, es sei denn, es wäre im Hinblick auf maßgebliche Sachverhaltsänderungen seit der ergangenen Ausweisung eine Neubeurteilung im Hinblick auf Art. 8 EMRK erforderlich (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/22/0127, mwN). Zur Frage, wann ein maßgebliche Sachverhaltsänderung vorliegt, hat sich der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2011/22/0035 bis 0039, näher geäußert; auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses wird insofern gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Angesichts des fallbezogen maßgeblichen Zeitablaufs von etwa vier Monaten zwischen der rechtskräftigen Ausweisung und dem gegenständlichen Zurückweisungsbeschluss der ersten Instanz erweist sich die behördliche Ansicht als nicht rechtswidrig, dass noch keine maßgebliche Änderung des Sachverhalts eingetreten ist, die nunmehr in vergleichender Betrachtung der bereits ausgesprochenen Ausweisung zu einer Unzulässigkeit der Versagung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK führen könnte. Dieser geringe zeitliche Abstand lässt es nämlich zu, eine allein daraus ableitbare maßgebliche Änderung des Sachverhalts zu verneinen. Auch die Einstellungszusagen für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau weisen nicht eine solche Bedeutung auf, dass in einer Gesamtbetrachtung eine andere Beurteilung geboten wäre. Das gilt auch für die vorgelegten Unterschriftenlisten und Empfehlungsschreiben, die letztlich nur eine Integration bestätigen, die offenbar bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung des Asylgerichtshofes - wenige Monate davor - vorhanden war und angesichts der relativ kurzen Gesamtaufenthaltsdauer von rund vier Jahren und der - selbst unter Berücksichtigung der Einstellungszusage - nicht ausreichend vorhandenen beruflichen Integration und Selbsterhaltungsfähigkeit des Beschwerdeführers bezogen auf den hier maßgeblichen Zeitpunkt zu keinem anderen Ergebnis der Interessenabwägung führen konnten.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt auch nicht die vom Beschwerdeführer geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 44b Abs. 1 NAG, insbesondere im Hinblick auf die grundsätzliche Bindung an die - der Kontrolle durch den Asylgerichtshof unterliegende - asylrechtliche Ausweisungsentscheidung. Im Übrigen sind für die Erteilung humanitärer Aufenthaltstitel ohnedies - wie vom Beschwerdeführer gefordert - Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung zuständig.
Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
OAAAE-81327