VwGH vom 20.03.2012, 2010/21/0236
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des D in G, vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. FA7C-2- 9. T/2860-2009, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am nach Österreich ein und beantragte am die Gewährung von Asyl. Dieser Antrag wurde erstinstanzlich am , zweitinstanzlich am abgewiesen.
Am beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung beschränkt" nach § 44 Abs. 4 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag gemäß § 44 Abs. 4 sowie § 11 Abs. 2 Z. 4 NAG ab.
Begründend räumte sie ein, dass die gemäß § 44 Abs. 4 NAG geforderten Aufenthaltszeiten gegeben seien. Der Beschwerdeführer lebe seit dem durchgehend im Bundesgebiet, wobei mindestens die Hälfte dieses Zeitraumes rechtmäßig gewesen sei.
Allerdings hätte der Beschwerdeführer initiativ die Voraussetzungen seiner Selbsterhaltungsfähigkeit (entsprechend § 11 Abs. 2 Z. 4 und Abs. 5 NAG) darzulegen gehabt, was einen Nachweis des entsprechenden Zuganges zum Arbeitsmarkt beinhalte. Letzteres sei nicht erfolgt, es fehlten somit sowohl die wirtschaftliche Integration als auch die Selbsterhaltungsfähigkeit. Die überreichte Patenschaftserklärung des türkischen Staatsangehörigen M. (vom ) sei "bei einem Nettoverdienst von 1.440,-- Euro und einer Verfügbarkeit von 500,-- Euro jedenfalls nicht tragfähig".
Bei Gesamtbetrachtung des Falles ergebe sich, trotz der langen Aufenthaltsdauer, kein Bild einer umfassenden Integration. Der Beschwerdeführer habe bislang nämlich lediglich von der Grundversorgung für Asylwerber gelebt und auch ein entsprechendes positives Deutschzeugnis trotz der langen Aufenthaltsdauer nicht vorgelegt. Eine im Verfahren nachgereichte "Einstellungszusage" (vom ) reiche nicht aus, um eine nachhaltige wirtschaftliche Integration darzulegen. Die Voraussetzungen des § 44 Abs. 4 NAG seien demnach nicht erfüllt, es könne keinesfalls von einem besonders berücksichtigungswürdigen Fall gesprochen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
§ 44 Abs. 4 NAG in der hier noch maßgeblichen Fassung des FrÄG 2009 (samt Überschrift) lautet auszugsweise:
"Niederlassungsbewilligung - beschränkt
§ 44. ...
(4) Im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen kann trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses gemäß § 11 Abs. 1 Z 3, 5 oder 6 in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen auf begründeten Antrag, der bei der örtlich zuständigen Behörde im Inland einzubringen ist, eine quotenfreie 'Niederlassungsbewilligung - beschränkt' erteilt werden, wenn
1. der Drittstaatsangehörige nachweislich seit dem durchgängig im Bundesgebiet aufhältig ist und
2. mindestens die Hälfte des Zeitraumes des festgestellten durchgängigen Aufenthalts im Bundesgebiet rechtmäßig gewesen ist. Die Behörde hat dabei den Grad der Integration des Drittstaatsangehörigen, insbesondere die Selbsterhaltungsfähigkeit, die schulische und berufliche Ausbildung, die Beschäftigung und die Kenntnisse der Deutschen Sprache, zu berücksichtigen. Der Nachweis einer oder mehrerer Voraussetzungen des § 11 Abs. 2 Z 2 bis 4 kann auch durch Vorlage einer Patenschaftserklärung (§ 2 Abs. 1 Z 18) erbracht werden. ..."
Die belangte Behörde hat den Antrag unter anderem deshalb abgewiesen, weil sie die Voraussetzungen für das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigen Falles im Sinne des zitierten § 44 Abs. 4 NAG verneint hat. Es ergebe sich bei einer Gesamtbetrachtung trotz des langen Aufenthalts in Österreich kein Bild einer umfassenden Integration.
Dem tritt der Beschwerdeführer zunächst, was seine Sprachkenntnisse anlangt, mit dem Argument entgegen, er habe eine Bestätigung des Vereines I. vom vorgelegt, wonach er vom 3. August bis zum 6 Stunden pro Woche "einen Vorbereitungskurs für das Modul 2 besucht" und "eine Probeprüfung abgelegt" habe. Damit sei bescheinigt, dass er "ausreichend" Deutsch könne und eine entsprechende Integration vorliege. Dem ist zu entgegnen, dass der seit Dezember 2000 in Österreich aufhältige und in dieser Zeit unbestritten beschäftigungslose Beschwerdeführer schon früher die Möglichkeit zum Erwerb und zur laufenden Verbesserung (unter anderem) von - das Grundniveau übersteigenden - Kenntnissen der deutschen Sprache gehabt hätte. Durch den im Jahr 2009 begonnenen Vorbereitungskurs wird daher, zumal die erfolgreiche Ablegung einer Abschlussprüfung nicht einmal behauptet wird, keine ins Gewicht fallende Integration dargetan.
Was die berufliche Integration anlangt, bestreitet der Beschwerdeführer nicht, während seines mehr als neunjährigen Aufenthaltes im Bundesgebiet im Wesentlichen von Unterstützungen der öffentlichen Hand bzw. der Caritas gelebt und über kein zur Abdeckung des erforderlichen Unterhaltes ausreichendes Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit verfügt zu haben. Weiters hat er seinen Aufenthalt - soweit ersichtlich - nicht für eine Aus- oder Weiterbildung genutzt.
Dem gegenüber kann aus dem Hinweis des Beschwerdeführers auf die von ihm im Blick auf die Zukunft vorgelegte Einstellungszusage vom und die Patenschaftserklärung vom fallbezogen die dargestellte geringe berufliche und soziale Integration im Bundesgebiet während des bisherigen Aufenthalts nicht im Sinn einer entscheidungswesentlichen Aufenthaltsverfestigung aufgewogen und insgesamt nicht das Vorliegen eines besonders berücksichtigungswürdigenden Falles begründet werden. Ebenso reicht der langjährige Aufenthalt des über keine familiären Bindungen in Österreich verfügenden Beschwerdeführers für sich betrachtet dafür nicht aus (vgl. zu einer ähnlichen Abwägung etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0309, mwN).
Auf die - vor allem die soziale Integration betreffenden - während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens vom Beschwerdeführer vorgelegten Urkunden ist schon als unzulässige Neuerung nicht inhaltlich einzugehen.
Der Beschwerdeführer ist somit durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nicht verletzt worden, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
BAAAE-81298