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VwGH vom 20.03.2014, 2013/08/0012

VwGH vom 20.03.2014, 2013/08/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und den Hofrat Dr. Strohmayer sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Berthou, über die Beschwerde des R H in Wien, vertreten durch Dr. Helge Doczekal, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Wickenburggasse 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMASK- 329712/0001-II/A/3/2010, betreffend Pflichtversicherung nach dem GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft in 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 iVm § 273 Abs. 8 GSVG fest, dass der Beschwerdeführer in den Zeiträumen bis und bis der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung unterlegen sei.

Begründend führte die belangte Behörde nach der Darstellung des Verfahrensgangs und der Rechtslage im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe im strittigen Zeitraum Einkünfte "aus für § 2 Abs 1 Z 4 GSVG relevanten Tätigkeiten" bezogen (in den Jahren 2007 und 2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus selbständiger Arbeit, im Jahr 2009 Einkünfte aus selbständiger Arbeit). Im vorliegenden Verfahren sei entscheidend, ob der Beschwerdeführer während dieses Zeitraums weiterhin eine zur Versicherungspflicht führende Tätigkeit ausgeübt habe.

Die erzielten verfahrensgegenständlichen Einkünfte seien "Gegenstand von Einkommensteuerbescheiden" gewesen. Der Beschwerdeführer habe unbestritten im gesamten strittigen Zeitraum im Zuge der steuerlichen Veranlagung dieser Einnahmen das Betriebskostenpauschale gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 in Anspruch genommen. Dies sei ihm von den Steuerbehörden nicht untersagt worden.

Die Einkommensteuerbescheide 2007, 2008 und 2009 seien rechtskräftig geworden.

Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der verfahrensgegenständlichen Einkünfte sei an die steuerrechtliche Entscheidung, die von einer rechtmäßigen Inanspruchnahme der Betriebskostenpauschale ausgehe, gebunden. Die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG habe unmittelbar an den Betriebsbegriff des Einkommensteuerrechts anzuknüpfen. Mit der unmittelbaren Anknüpfung an die steuerrechtlichen Tatbestände lasse der Gesetzgeber keinen Raum dafür, aus sozialversicherungsrechtlicher Sicht eine eigenständige Beurteilung des Vorliegens einer selbständigen betrieblichen Tätigkeit vorzunehmen. Diese Bindungswirkung müsse auch die hier vorzunehmende Beurteilung erfassen. Die Anknüpfung an steuerrechtliche Tatbestände über die Art der Einkünfte und den Betriebsbegriff sei im vorliegenden Gesamtzusammenhang eng mit der Frage, ob weiterhin ein aufrechter Betrieb gegeben gewesen sei, verbunden. Dies führe zu der Konsequenz, dass auch die steuerrechtliche Beurteilung der Frage, ob eine betriebliche Tätigkeit weiter ausgeübt worden sei, die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung binden müsse.

Es sei daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer seine betriebliche Tätigkeit im Sinn des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG während der strittigen Zeiträume weiterhin ausgeübt habe.

Er unterliege auf Grund der verfahrensgegenständlichen Tätigkeit nicht bereits der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz.

Soweit der Beschwerdeführer einwende, die Geltendmachung einer "Werbungskostenpauschale" sei eine reine steuerrechtliche Begünstigung, die ihm zustehe und so zu verstehen sei, dass sie rückwirkend für den Zeitraum gelte, in dem die Provision ins Verdienen gebracht worden sei, sei auf die oben wiedergegebene einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen.

Der Beschwerdeführer erfülle die Kriterien des § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG, sei aber gemäß § 273 Abs. 8 GSVG von der Pflichtversicherung in der Pensionsversicherung ausgenommen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die auftragsgemäß ergänzte Beschwerde nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass sich die Pflichtversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG grundsätzlich nach der Einkommensteuerpflicht richtet. Bei Vorliegen eines rechtskräftigen Einkommensteuerbescheides, aus dem (die Versicherungsgrenzen übersteigende) Einkünfte der im § 2 Abs. 1 Z 4 GSVG genannten Art hervorgehen, besteht nach dieser Bestimmung Versicherungspflicht, sofern die zu Grunde liegende Tätigkeit im betreffenden Zeitraum (weiter) ausgeübt wurde (und auf Grund dieser Tätigkeit nicht bereits die Pflichtversicherung nach anderen Bestimmungen des GSVG oder nach einem anderen Bundesgesetz eingetreten ist). Ob die von der zuständigen Abgabenbehörde getroffene einkommensteuerrechtliche Beurteilung zutreffend ist, ist im Verfahren betreffend die Pflichtversicherung nach dem GSVG nicht (mehr) zu prüfen (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2010/08/0215, mwN).

Es vermag die Beschwerde daher nicht zum Erfolg zu führen, wenn geltend gemacht wird, der Beschwerdeführer hätte die Folgeprovisionen in der Einkommensteuererklärung richtigerweise als sonstige Bezüge angeben müssen. Insoweit war die belangte Behörde nämlich an die rechtskräftigen Einkommensteuerbescheide gebunden.

Der belangten Behörde kann auch nicht entgegen getreten werden, wenn sie angesichts dessen, dass der Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Zeitraum die - eine aktive betriebliche Tätigkeit voraussetzende - Basispauschalierung nach § 17 EStG 1988 in Anspruch genommen hat, die Ausübung einer betrieblichen Tätigkeit bejaht hat (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/08/0339). Diese Beurteilung vermag der Beschwerdeführer mit der erstmals in der Beschwerde erhobenen Behauptung, er habe in seiner Einkommensteuererklärung nur "irrtümlich" eine Betriebsausgabenpauschalierung gemäß § 17 Abs. 1 EStG 1988 vorgenommen, nicht zu erschüttern.

Ausgehend davon hat die belangte Behörde im hier relevanten Zeitraum zu Recht nach § 2 Abs. 1 Z 4 iVm § 273 Abs. 8 GSVG die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung festgestellt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, idF BGBl. II Nr. 8/2014 weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am