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VwGH vom 24.09.2015, 2013/07/0283

VwGH vom 24.09.2015, 2013/07/0283

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Brandl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Beschwerde der W GmbH in L, vertreten durch Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom , Zl. BMLFUW-UW.2.2.1/0125-VI/1/2013-Wa, betreffend Feststellung gemäß § 10 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz (mitbeteiligte Partei:

Bund, vertreten durch das Zollamt Linz Wels in 4020 Linz, Bahnhofplatz 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die Bezirkshauptmannschaft Perg auf Antrag der beschwerdeführenden Partei gemäß § 10 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) fest, dass die von der beschwerdeführenden Partei in den Jahren 2003 bis 2005 für die Errichtung einer Zufahrtsstraße zum Kieswerk L auf den Grundstücken Nr. 2161/4, 2229, 2230, 2234 und 2270, KG L, verwendeten Recyclingmaterialien im Ausmaß von 5.855 Tonnen aus der mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom , 501/GB-782/92f, genehmigten Recyclinganlage

1. keine Abfälle iSd § 2 Abs. 4 ALSAG seien; 2. nicht dem Altlastenbeitrag nach § 3 Abs. 1 ALSAG unterlägen und 3. die Errichtung der Zufahrtsstraße zum Kieswerk L keine beitragspflichtige Tätigkeit iSd des § 3 Abs. 1 lit. c ALSAG darstelle.

Nach Rechtsansicht der Erstbehörde seien die für die Errichtung der Zufahrtsstraße verwendeten Materialien zuvor in der Recyclinganlage der U U GmbH einer stofflichen Verwertung iSd § 2 Abs. 5 Z 2 AWG 2002 zugeführt worden, weshalb ein Abfallende eingetreten sei und diese Materialien von vornherein keine Abfälle im Rechtssinn seien. Am Ende dieser Abfallbehandlung entstehe sofort ein marktfähiges Produkt, wie dies die in den beim Amt der oberösterreichischen Landesregierung erliegenden Datenerhebungsblätter dieser Recyclinganlage für die Jahre 2003 bis 2005 ersichtlichen Verkäufe an andere Unternehmen belegen würden. Überdies wiesen die in Rede stehenden Materialien gemäß den auf Seite 152 des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes 2006 enthaltenen Tabellen die Qualität A auf (Prüfbericht des Umweltbüros Dr. A B vom ).

Selbst wenn man davon ausgehe, dass es sich bei den Recyclingmaterialien um Abfall im Rechtssinn handle, würde das Abfallende mit Verlassen der Liefer-Lkw zwecks Errichtung und Verdichtung der Zufahrtsstraße eintreten, weil nicht denkbar sei, dass dieses verwendete Material selbst die Behandlungsanlage zur stofflichen Verwertung darstelle. Überdies bestehe eine Bindung der das ALSAG vollziehenden Behörden an den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , mit dem festgestellt worden sei, dass die Verwendung der in Rede stehenden Materialien keiner Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 AWG 2002 unterliege, zumal das diesem Bescheid zugrunde liegende Feststellungsverfahren nach § 6 Abs. 6 Z 1 AWG 2002 auch als auf das Thema des Abfallendes spezialisiertes Verfahren zu werten sei. Ferner würden Feststellungsbescheide nach § 6 AWG 2002 auch jene Personen, die am zuvor abgeführten Verfahren nicht beteiligt gewesen seien, binden. Diese Bindungswirkung bestehe unabhängig von der jeweils geltenden abfall- und altlastenbeitragsrechtlichen Rechtslage. Es sei somit jedenfalls ein Abfallende eingetreten.

Schließlich sei mit den vorliegenden Feststellungsbescheiden auch über ein Tatbestandselement der fraglichen Altlastenbeitragspflicht entschieden worden. Da keine abfallrechtliche Genehmigungspflicht für die Verwendung bzw. Verwertung der in Rede stehenden Materialien bestanden habe und ein Abfallende eingetreten sei, könne zu keiner Zeit eine Beitragspflicht bestanden haben, zumal die Verwendung stets zulässig gewesen sei. Ebenso sei durch die Verwendung bzw. Verwertung der gegenständlichen Materialien keiner der in § 1 Abs. 3 AWG 2002 aufgelisteten Tatbestände erfüllt worden, sodass die Abfalleigenschaft weder in subjektiver noch in objektiver Hinsicht gegeben sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde gemäß § 10 Abs. 2 ALSAG den erstinstanzlichen Bescheid in dessen Spruchpunkt 1. dahin ab, dass festgestellt werde, dass (die verwendeten Recyclingmaterialien) Abfälle iSd § 2 Abs. 4 ALSAG sind (Spruchpunkt I.). Im Übrigen hob die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid in seinen Spruchpunkten 2. und 3. gemäß § 10 Abs. 2 ALSAG auf (Spruchpunkt II.).

Begründend führte die belangte Behörde aus, dem erstinstanzlichen Bescheid sei im Hinblick auf den verfahrensgegenständlichen Zeitraum 2003 bis 2005 zu Unrecht die durch die ALSAG-Novelle BGBl. I Nr. 111/2010 gestaltete Rechtslage zugrunde gelegt worden. In diesem Zeitraum seien Baurestmassen gemäß § 2 Abs. 6 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996 als Abfälle zu qualifizieren. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes führe entgegen der Rechtsansicht der Erstbehörde die Aufbereitung von Baurestmassen zu Recyclingbaustoffen bestimmter Qualitäten nicht deren Abfallende herbei.

Ebenso unzutreffend sei die Rechtsansicht der Erstbehörde zur Bindungswirkung des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom über die Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 AWG 2002 betreffend die Verwendung von Recyclingmaterial für die Errichtung einer Zufahrtsstraße zum Kieswerk L.

Die Errichtung einer Zufahrtsstraße mittels Baurestmassen stelle gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG ein Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen dar. Der in § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG normierte Ausnahmetatbestand der Erfüllung einer konkreten bautechnischen Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme komme nicht zum Tragen. Davon könne nur die Rede sein, wenn zu dem für die Beurteilung des Vorliegens der Beitragsfreiheit relevanten Zeitpunkt (§ 7 ALSAG) bereits mit ausreichender Sicherheit feststehe, worin die übergeordnete Baumaßnahme bestehe, für welche die Verfüllung/Anpassung eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen solle. Ebenso komme der Ausnahmetatbestand nur im Falle einer zulässigen Verwendung zum Tragen. Baurestmassen könnten auch nach ihrer Aufbereitung nicht generell für den Wiedereinbau, also für jeden Zweck, dem das eingesetzte Material gedient habe, eingesetzt werden. Die Einsatzmöglichkeit hänge vielmehr von der kontaminationsbedingten Qualität des jeweiligen Materials und dem Einsatzort ab. Unter Heranziehung des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes 2006 könnten entsprechend dem von 2003 bis 2005 geltenden Stand der Technik nur Baurestmassen der Umweltqualität A ohne Besorgnis einer Umweltgefährdung ohne Deckschicht eingesetzt werden, nicht jedoch auch Baurestmassen der Umweltqualität B. Feststellungen, in welcher konkreten Art und Weise die Zufahrt errichtet worden sei, insbesondere ob eine Deckschicht ausgeführt worden sei, habe die Erstbehörde nicht getroffen.

Die Feststellung der Erstbehörde, dass die verfahrensgegenständlichen Baurestmassen laut Prüfbericht des Umweltbüros Dr. A B vom die Umweltqualität A aufwiesen, sei aktenwidrig. Vielmehr werde in diesem Prüfbericht das Material der Qualitätsklasse B zugeordnet. Die von der beschwerdeführenden Partei vorgelegte gutachterliche Stellungnahme von DI Dr. E V vom , wonach ausgehend vom Prüfbericht vom mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nach den Vorgaben des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes 2006 kein Material der Qualität B eingebaut worden sei, sei von der Erstbehörde mit dem Prüfbericht von Dr. A B nicht abgewogen worden. Die Frage nach der Qualität der gegenständlichen Baurestmassen sei entscheidungsrelevant. Bei Beantwortung dieser Frage sei der Erstbehörde eine Aktenwidrigkeit unterlaufen, weshalb die Spruchpunkte 2. und 3. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 ALSAG aufzuheben seien.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift jeweils mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

2. Gemäß § 10 Abs. 1 ALSAG hat die Behörde (§ 21) in begründeten Zweifelsfällen auf Antrag des in Betracht kommenden Beitragsschuldners oder des Bundes, vertreten durch das Zollamt, durch Bescheid unter anderem festzustellen, 1. ob eine Sache Abfall ist, 2. ob ein Abfall dem Altlastenbeitrag unterliegt und 3. ob eine beitragspflichtige Tätigkeit vorliegt.

Bei der Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 1 ALSAG ist jene Rechtslage anzuwenden, die zum Zeitpunkt gegolten hat, zu dem der die Beitragspflicht auslösende Sachverhalt verwirklicht worden war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/07/0099), im vorliegenden Fall somit die im Zeitraum 2003 bis 2005 in Geltung gestandene Rechtslage.

§ 2 ALSAG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 142/2000 lautet auszugsweise:

" Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) ........

(4) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Abfälle gemäß § 2 Abs. 1 bis 4 des Abfallwirtschaftsgesetzes, BGBl. Nr. 325/1990, in der jeweils geltenden Fassung, soweit Abs. 5 nicht anderes bestimmt.

(5) Nicht als Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten:

1. Abfälle, die einer Wiederverwendung, thermischen oder stofflichen Verwertung zugeführt werden, ausgenommen

a) Verfüllungen von Geländeunebenheiten und das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen und

......

(6) Baurestmassen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Abfälle gemäß Deponieverordnung (Anlage 2), BGBl. Nr. 164/1996."

Dass es sich bei den von 2003 bis 2005 für die Errichtung der Zufahrtsstraße verwendeten Recyclingmassen um Baurestmassen handelt, wurde von der beschwerdeführenden Partei nicht bestritten. Mit § 2 Abs. 6 ALSAG idF BGBl. Nr. 201/1996 wurde für Baurestmassen der in § 2 Abs. 4 ALSAG normierte Rückgriff auf die Vorschriften des § 2 Abs. 1 bis 4 AWG 1990 zur Bestimmung des Abfallbegriffs beseitigt, weshalb auch § 5 AWG 2002 zur Bestimmung des Abfallendes keine Anwendung findet. § 2 Abs. 6 ALSAG ist gegenüber § 2 Abs. 4 leg. cit. die Spezialnorm (vgl. hg. Erkenntnis vom , 98/07/0166). Ist demnach gemäß § 2 Abs. 6 ALSAG der objektive Abfallbegriff erfüllt, bedarf es sonst keiner weiteren Voraussetzungen mehr, um die Materialien als Abfall zu qualifizieren (vgl. hg. Erkenntnis vom , 2011/07/0099). Das bedeutet, dass Materialien, die als Baurestmassen einzustufen sind, Abfälle sind.

Entgegen den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei, wonach § 2 ALSAG vor der Novelle BGBl. I Nr. 71/2003 zwar eine Abfalldefinition enthalte, jedoch nicht das Abfallende regle und aus der Natur und dem Zweck dieses Abfallbegriffs folge, dass die Abfalleigenschaft mit einer Verwendung oder Verwertung ende, deren Ergebnis ein marktfähiges Produkt sei, von dem kein höheres Umweltrisiko ausgehe als bei vergleichbaren Rohstoffen oder Primärprodukten, bestimmt § 2 Abs. 5 Z 1 ALSAG, dass Abfälle, die zur Verfüllung von Geländeunebenheiten bzw. zur Vornahme von Geländeanpassungen verwendet werden, einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen unabhängig von einer solchen Wiederverwendung weiterhin als Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten. Unter Geländeverfüllungen oder -anpassungen im Sinne des § 2 Abs. 5 Z 1 leg. cit. sind, wie sich aus § 3 Abs. 1 Z 2 leg. cit. ergibt, auch Unterbauten für Straßen etc. zu verstehen (vgl. hg. Erkenntnis vom , 2003/07/0173, u. a.). Die vom angefochtenen Bescheid erfassten Materialien sind daher Abfälle und haben diese Eigenschaft durch ihre Verwendung zur Errichtung einer Zufahrtsstraße zum Kieswerk L der beschwerdeführenden Partei nicht verloren.

3. Die Ausführungen der beschwerdeführenden Partei zur Unionsrechtswidrigkeit der Rechtsmeinung, die Abfalleigenschaft könne erst mit Abschluss der (produktgleichen) Verwendung ("Substitution") enden und nicht schon mit der Herstellung eines qualitätsgesicherten Produktes, beziehen sich erkennbar auf die konkret nicht maßgebliche Rechtslage nach dem Inkrafttreten der Novelle BGBl. I Nr. 71/2003 mit . Unabhängig davon hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom heutigen Tag, 2013/07/0098, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, näher dargelegt, dass diesen (inhaltsgleichen) Ausführungen zur Unionsrechtswidrigkeit keine Berechtigung zukommt.

4. Ebenso wenig ist aus dem Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom , dem ein Antrag der beschwerdeführenden Partei gemäß § 6 Abs. 6 Z 1 AWG 2002 zugrunde lag und worin festgestellt wurde, dass die Verwendung von Recyclingmaterial für die Errichtung einer Zufahrtsstraße zum Kieswerk L keiner Genehmigungspflicht gemäß § 37 Abs. 1 oder 3 AWG 2002 unterliegt, auf ein Abfallende der verwendeten aufbereiteten Baurestmassen bzw. auf die Zulässigkeit dieser Verwendung zu schließen. Ein Antrag gemäß § 6 Abs. 6 Z 1 AWG 2002 bezieht sich auf die Genehmigungspflicht einer Behandlungsanlage und nicht auf eine bestimmte Verwendung von Recyclingmaterial. Eine Bindungswirkung für das vorliegende Feststellungsverfahren gemäß § 10 Abs. 1 ALSAG ist somit entgegen den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei nicht gegeben.

5. Die beschwerdeführende Partei behauptet eine Verletzung des Parteiengehörs dahin, dass ihr dadurch die Möglichkeit genommen worden sei, darzulegen, dass in Anbetracht der Marktfähigkeit und Qualität des verwendeten Materials keine Abfalleigenschaft und keine Altlastenbeitragspflicht bestehe, bzw. eine Bindungswirkung des Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom gegeben sei und die in Rede stehenden Straßen umfassend genehmigt seien. Gemäß § 10 Abs. 2 zweiter Satz ALSAG kann ein Bescheid gemäß Abs. 1 vom Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft innerhalb von sechs Wochen nach Einlangen abgeändert oder aufgehoben werden, wenn 1. der dem Bescheid zugrunde liegende Sachverhalt unrichtig festgestellt oder aktenwidrig angenommen wurde oder 2. der Inhalt des Bescheides rechtswidrig ist. Die Zeit des Parteiengehörs ist nicht in die Frist einzurechnen. Die Erstattung einer Stellungnahme vor der belangten Behörde bietet der (hier: durch den geprüften Bescheid begünstigten) Partei im Aufsichtsverfahren nach § 10 Abs. 2 ALSAG die einzige Möglichkeit, ihre Sicht der Dinge darzulegen und die belangte Behörde davon zu überzeugen, dass kein Grund bzw. - wegen der Bindungswirkung der tragenden Begründung einer aufhebenden Entscheidung - nicht der von der Behörde angenommene Grund zum Einschreiten nach § 10 Abs. 2 ALSAG vorliegt. Wird der Partei dieses Recht genommen, hat sie keine Möglichkeit, im Aufsichtsverfahren ihre rechtlichen Interessen daran, dass die Aufsichtsbehörde von ihrer Befugnis, den Bescheid aufzuheben, keinen Gebrauch macht, geltend zu machen (vgl. hg. Erkenntnis vom , 2000/07/0003).

Inwiefern die Marktfähigkeit und die Qualität der verwendeten Materialien deren Abfalleigenschaft und der Altlastenbeitragspflicht entgegenstehen und eine Bindungswirkung des zitierten Bescheides des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom besteht, sind Rechtsfragen, die dem Parteiengehör entzogen sind. Unabhängig davon wurde bereits dargelegt, dass die Marktfähigkeit und die Qualität der recyclierten Baurestmassen für die Beurteilung der Abfalleigenschaft nicht wesentlich sind und keine Bindungswirkung gegeben ist.

Der Marktfähigkeit des verwendeten Materials kommt auch in Bezug auf die Feststellung der Altlastenbeitragspflicht im Gegensatz zur Qualität der recyclierten Baurestmassen keine Relevanz zu.

Gemäß § 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG in der hier anzuwendenden Fassung vor dem diesbezüglichen Inkrafttreten der Novelle BGBl. I 2003/71 unterliegt dem Altlastenbeitrag das Verfüllen von Geländeunebenheiten oder das Vornehmen von Geländeanpassungen mit Abfällen einschließlich deren Einbringung in geologische Strukturen, ausgenommen jene Geländeverfüllungen oder - anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen (z.B. Dämme und Unterbauten für Straßen, Gleisanlagen oder Fundamente, Baugruben- oder Künettenverfüllungen).

Dient die Verfüllung von Abfällen der Schaffung eines technisch erforderlichen Unterbaues für einen Verkehrsweg - wie im gegenständlichen Fall für eine Zufahrtsstraße zum Kieswerk L -, dann erfüllt diese Maßnahme, wie sich bereits aus der beispielsweisen Aufzählung in der genannten Bestimmung ergibt, eine konkrete bautechnische Funktion im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , 2004/07/0141).

Der Ausnahmetatbestand des § 3 Abs. 1 Z 2 leg. cit. für Geländeverfüllungen oder -anpassungen, die im Zusammenhang mit einer übergeordneten Baumaßnahme eine konkrete bautechnische Funktion erfüllen, kann jedoch nur dann zum Tragen kommen, wenn es sich um eine zulässige Verwendung von Abfällen für diese Maßnahmen handelt (vgl. hg. Erkenntnis vom , 2003/07/0038). Zulässig ist eine Verwertung oder Verwendung nur dann, wenn die Materialien für den angestrebten Zweck unbedenklich verwendet werden können. Dem Gesetzgeber des ALSAG kann nämlich nicht unterstellt werden, er habe eine Verwendung oder Verwertung von Abfällen, die der Rechtsordnung widerspricht, privilegieren wollen, indem er sie von der Beitragspflicht ausnimmt (vgl. hg. Erkenntnis vom , 2008/07/0183). Eine Unzulässigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn die Verwendung oder Verwertung gegen Rechtsvorschriften verstößt, insbesondere gegen die Schutzgüter des Umweltrechtes.

§ 3 Abs. 1 Z 2 ALSAG verlangt die Erfüllung einer konkreten bautechnischen Funktion. Im Begriff der Funktion ist mitenthalten, dass die verwendeten Materialien (Abfälle) für den angestrebten Zweck geeignet sein müssen.

Baurestmassen können grundsätzlich nach ihrer Aufbereitung nicht generell für den Wiedereinbau, also nicht für jeden Zweck, dem das ursprüngliche Material gedient hat, eingesetzt werden (vgl. hg. Erkenntnisse vom , 2009/07/0208, und vom , 2010/07/0065).

Der Qualität der für die Errichtung einer Zufahrtsstraße zum Kieswerk verwendeten Baurestmassen in Bezug auf die Altlastenbeitragspflicht kommt somit Relevanz zu. Die belangte Behörde nahm jedoch hinsichtlich der erstbehördlichen Feststellung zur Qualitätsklasse des verwendeten Recyclingmaterials zu Recht Aktenwidrigkeit an.

Aktenwidrigkeit liegt vor, wenn sich die Behörde bei der Darstellung ihrer Entscheidungsgrundlagen mit dem Akteninhalt in Widerspruch gesetzt hat (vgl. hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0212). Dies hat die belangte Behörde entgegen den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf die Feststellung im erstbehördlichen Bescheid zur Qualität der verwendeten Baurestmassen zu Recht angenommen. Die Erstbehörde verwies zu dieser Feststellung in Klammer auf den Prüfbericht des Umweltlabors Dr. A B GmbH vom . Tatsächlich ist diesem Prüfbericht auf Seite 13 zu entnehmen, dass die umwelttechnische Klassifizierung des im Kieswerk L verwendeten Recyclingmaterials gemäß den Bestimmungen des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes 2006 und der Richtlinie für Recycling-Baustoffe, 8. Auflage, September 2009, die Qualitätsklasse B, und nicht wie von der Erstbehörde festgestellt, die Qualitätsklasse A ergibt. Für die Annahme der beschwerdeführenden Partei, es handle sich allenfalls um einen Schreibfehler, besteht kein Hinweis. Da die Erstbehörde in diesem Zusammenhang die von der beschwerdeführenden Partei dazu vorgelegte gutachterliche Stellungnahme von DI Dr. E V vom , wonach mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nach den Vorgaben des Bundes-Abfallwirtschaftsplanes 2006 kein Material der Qualität B eingebaut worden sei, nicht erwähnte, ist der Annahme der belangten Behörde, die Erstbehörde habe diese gutachterliche Stellungnahme nicht mit dem Prüfbericht vom abgewogen, nicht zu begegnen.

Die beschwerdeführende Partei moniert auch in diesem Zusammenhang die Verletzung des rechtlichen Gehörs, wodurch ihr die Möglichkeit genommen worden sei, darzulegen, dass die Erstbehörde nach fehlerfreiem Ermittlungsverfahren vom Vorliegen der Qualitätsklasse A ausgegangen sei. Soweit die beschwerdeführende Partei in diesem Zusammenhang ausführt, sie hätte im Fall der Gewährung von Parteiengehör zur Frage der Aktenwidrigkeit darlegen können, dass die Erstbehörde nach fehlerfreiem Ermittlungsverfahren vom Vorliegen der Qualitätsklasse A - und somit vom Nichtvorliegen einer Altlastenbeitragspflicht - ausging, betrifft dies die hier nicht gegenständliche Beweiswürdigung der Erstbehörde, jedoch nicht den aufgezeigten Widerspruch zwischen der zu Recht als aktenwidrig angenommenen Tatsachenfeststellung und dem Prüfbericht des Umweltlabors Dr. A B GmbH vom , als von der Erstbehörde dazu angeführtem Ermittlungsergebnis. Die beschwerdeführende Partei vermag somit eine Relevanz der aufgezeigten Verletzung ihres Parteiengehörs nicht darzulegen.

Die von der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf die Aufhebung des erstbehördlichen Bescheids gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 zweiter Fall ALSAG aufgezeigte Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt somit nicht vor. Die belangte Behörde ist vielmehr zu Recht von einer verfahrensrelevanten Aktenwidrigkeit ausgegangen.

Sofern der Prüfbericht des Umweltlabors Dr. A B GmbH vom bei der Festlegung der Qualitätsklasse des in der Kiesgrube T verwendeten Recyclingmaterials Bezug nimmt auf die Bestimmungen des Bundes-Abfallwirtschaftsplans 2006 und der Richtlinie für Recycling-Baustoffe, 8. Auflage, September 2009 ist zu beachten, dass nicht nur jene Rechtslage anzuwenden ist, die zu dem Zeitpunkt galt, zu dem der die Beitragspflicht auslösende Sachverhalt verwirklicht worden war, sondern auch auf den in diesem Beurteilungszeitraum geltenden Stand der Technik abzustellen ist ( Scheichl/Zauner , ALSAG (2010) § 10 Rz 19). Demnach wäre für den hier wesentlichen Beurteilungszeitraum 2003 bis 2005 der Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2006 und die Richtlinie für Recycling-Baustoffe, 8. Auflage, September 2009, nur dann für die Festlegung der Qualität der damals verwendeten Baurestmassen relevant, wenn die darin genannten Eluatstoffe und ihre Grenzwerte dem bereits für den Zeitraum 2003 bis 2005 geltenden Stand der Technik entsprächen.

6. Die Feststellung im Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass die von der beschwerdeführenden Partei in den Jahren 2003 bis 2005 für die Errichtung einer Zufahrtsstraße zum Kieswerk L auf den Grundstücken Nr. 2161/4, 2229, 2230, 2234 und 2270, KG L, verwendeten Recyclingmaterialien im Ausmaß von

5.855 Tonnen aus der mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom , 501/GB-782/92f, genehmigten Recyclinganlage Abfälle iSd § 2 Abs. 4 ALSAG sind, erfolgte daher in Abänderung des erstbehördlichen Bescheides gemäß § 10 Abs. 2 Z 2 ALSAG zu Recht, ebenso die Aufhebung der Spruchpunkte 2. und 3. des erstbehördlichen Bescheids wegen Aktenwidrigkeit der dem Bescheid zugrunde liegenden Feststellung der Qualitätsklasse der für die Errichtung der Zufahrtsstraße verwendeten Baurestmassen gemäß § 10 Abs. 2 Z 1 zweiter Fall ALSAG.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

7. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-Aufwandersatzverordnung, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455. Da die mitbeteiligte Partei ihre Gegenschrift nicht durch einen Rechtsanwalt eingebracht hat, war ihr ein Ersatz des Schriftsatzaufwandes hiefür nicht zuzuerkennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/07/0163).

Wien, am