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VwGH vom 26.06.2008, 2006/06/0304

VwGH vom 26.06.2008, 2006/06/0304

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde des Dr. GH in S, vertreten durch Dr. Johannes Hock sen. und Dr. Johannes Hock jun. Rechtsanwälte Ges.m.b.H. in 1010 Wien, Stallburggasse 4, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA13B-12.10-R-150/2006- 1, betreffend Benützungsverbot gemäß § 38 Abs. 8 Stmk. BauG (mitbeteiligte Partei: Gemeinde R, vertreten durch Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde verfügte mit Bescheid vom gemäß § 38 Abs. 8 Stmk. Baugesetz 1995 in der geltenden Fassung für folgende bauliche Anlagen auf dem Grundstück Nr. 325/4 und 325/1 KG R. ein sofortiges Benützungsverbot:

"1.) Für das ca. 12 x 8,5 m große Freigehege auf Grundstück 325/1 bzw. 325/4, oberflächenmäßig befestigt und umgrenzt mit einem ca. 2,1 m hohen Zaun aus stabilen rechteckförmigen Drahtgeflechtselementen (jeweils ca. 2 m2) sowie für die zwei nordseitig flankierenden ca. 2,5 x 2,5 m großen (Geräte-)Hütten in Dünnschicht-Holzriegelbauweise und mit flachen Satteldach mit nordseitiger Doppeltür (Hütten aufgesetzt auf Punktfundamente).

2.) Für das ca. 10 x 7 m große Freilauf-Hundegehege mit 3-seitiger Umzäunung (wie bei a, teils mit Holzschalung ergänzt) auf Grundstück 325/4 nordwestseitig angefügt an das Bestandsobjekt (innerhalb des Geheges mit befestigter Oberfläche).

3.) Für das Katzengehege mit ca. 12 m Länge und ca. 2 m Breite an der Südostseite des Bestandsgebäudes auf 325/4 zwischen diesem und der Grundgrenze, eingegrenzt mit engmaschigem Zaungeflecht auf ca. 2 m hohen und 1 m breiten Zaunfeldern auf der gesamten Länge einschließlich oberer Abdeckung (auf Niveau der Fensterparapete beim dahinter befindlichen Gebäude), wobei eine interne Untergliederung ein Gehegeteile mit jeweiliger Durchschlupföffnung und Rampenleiter die Verbindung für die gehaltenen Tiere zwischen dem Gebäudeinneren und dem Freigehege ermöglicht/vorsieht (insgesamt 10 Boxen)."

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Grundstücke. Auf diesen Grundstücken betreibt der Tierverein F, dessen Obmann der Beschwerdeführer ist, ein Tierheim.

In dem von der Gemeinde eingeholten lärmtechnischen Gutachten (vom ) kam der Sachverständige zum Ergebnis, dass die technischen und normativen Grenzwerte bereits überschritten seien, sobald ein Hund vereinzelt belle. Länger andauerndes Gebell von mehreren Hunden überschreite den Grundgeräuschpegel um deutlich mehr als 10 dB und führe unter Hinweis auf Tabelle 3 ÖAL 3 (Blatt 1) zu verbreiteten und nachdrücklichen Nachbarschaftsbeschwerden. Auch die Schallspitzen lägen im Immissionspunkt IP 4 (an der westlichen Außenwand des Gebäudes auf dem südlich an eines der Baugrundstücke unmittelbar angrenzenden Grundstück Nr. 325/5 KG R. nahe der gemeinsamen Grundgrenze) über den Grenzwerten. Auf Grund der durchgeführten Beobachtungen werde festgehalten, dass sich das Hundegebell von den sonstigen ortsüblichen Geräuschen deutlich unterscheide.

Im erstinstanzlichen Bescheid wird ausgeführt, dass dem Beschwerdeführer mit Bescheid vom ein Beseitigungsauftrag gemäß § 41 Abs. 3 Stmk. BauG für die im Spruch beschriebenen baulichen Anlagen erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe nachträglich ein Ansuchen um Baubewilligung der gegenständlichen baulichen Anlagen eingebracht. Am habe eine mündliche Verhandlung stattgefunden. Nach dem nunmehr vorliegenden lärmtechnischen Gutachten zu diesen Anlagen sei das im Spruch verfügte sofortige Benützungsverbot gemäß § 38 Abs. 8 Stmk. BauG jedenfalls begründet. Weiters wurde auf die Ausführungen in Hauer/Trippl, Steiermärkisches Baurecht4, Anm. 16 zu § 38 Stmk. BauG verwiesen, nach denen ein Benützungsverbot auch dann zulässig sei, wenn für die betreffende bauliche Anlage noch keine Baubewilligung vorliegt.

Der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde wies die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers mit Bescheid vom als unbegründet ab. Die Berufungsbehörde führte im Wesentlichen aus, dass die gegenständlichen baulichen Anlagen bewilligungspflichtige Vorhaben darstellten, weshalb - wie angeführt - ein Baubewilligungsverfahren in Gang sei. Ein Benützungsverbot auszusprechen in einem Fall, in dem das Baubewilligungsverfahren laufe und somit keine Benützungsbewilligung vorliegen könne, entspreche dem Stmk. Baugesetz.

Die belangte Behörde wies die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet ab. Die belangte Behörde führte - soweit es beschwerderelevant ist - aus, dass es sich bei dem 12 m x 8,5 m großen Freigehege auf dem Grundstück Nr. 325/1 bzw. Nr. 325/4 sowie den zwei nordseitig anschließenden ca. 2,5 m x 2,5 m großen (Geräte-)Hütten um baubewilligungspflichtige bauliche Anlagen handle, da diese "Gerätehütten" nicht als Gerätehütten benützt würden, sondern der Unterbringung der Tiere dienten. Demzufolge handle es sich um kein bewilligungsfreies Vorhaben und es sei die Baubewilligung und die Benützungsbewilligung erforderlich. Dies gelte auch für die in der "Vorstellung" (gemeint offenbar den Spruch des erstinstanzlichen Bescheides) unter lit. b und c genannten baulichen Anlagen, da diese entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers einer Baubewilligung und vor der Benützung auch einer Benützungsbewilligung bedürften. Demnach sei das Benützungsverbot zu Recht ergangen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im vorliegenden Fall war das Stmk. Baugesetz, LGBl. Nr. 59/1995 (Stmk. BauG) i.d.F. LGBl. Nr. 78/2003, anzuwenden.

§ 4 Z. 12 Stmk. BauG definiert eine bauliche Anlage wie folgt:

Jede Anlage,

"- zu deren Errichtung bautechnische Kenntnisse

erforderlich sind,

- die mit dem Boden in eine Verbindung gebracht wird und

- die wegen ihrer Beschaffenheit die öffentlichen

Interessen zu berühren geeignet ist."

Eine Verbindung mit dem Boden besteht nach dieser Bestimmung

schon dann, wenn die Anlage

"- durch eigenes Gewicht auf dem Boden ruht oder

- auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich ist oder

- nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt ist,

überwiegend ortsfest benutzt zu werden."

Gemäß § 19 Z. 1 Stmk. BauG sind "Neu-, Zu- oder Umbauten von baulichen Anlagen" bewilligungspflichtig, sofern sich aus den §§ 20 und 21 nichts anderes ergibt.

Gemäß § 20 Z. 3 lit. f Stmk. BauG sind die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von baulichen Anlagen für Reitparcours oder Hundeabrichteplätze anzeigepflichtig, soweit sich aus § 21 nichts anderes ergibt.

Gemäß § 21 Abs. 1 Z. 1, Z. 2 lit. g und Z. 3 Stmk. BauG gehört zu den bewilligungsfreien Vorhaben die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von

"1. Nebengebäuden (mit Ausnahme von Garagen), landesüblichen Zäunen, Folientunnel, Hagelnetzanlagen, Flachsilos, Beregnungsanlagen u.dgl., jeweils nur im Rahmen der Land und Forstwirtschaft, sofern keine Nachbarrechte im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 1 und 2 berührt werden;

... ;

2. kleineren baulichen Anlagen, wie insbesondere


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a)
...
g)
Gerätehütten im Bauland bis zu einer Gesamtfläche von insgesamt 40 m2;
...
3. kleineren baulichen Anlagen und kleineren Zubauten, jeweils im Bauland, soweit sie mit den in Z. 2 angeführten Anlagen und Einrichtungen hinsichtlich Größe und Auswirkungen auf die Nachbarn vergleichbar sind;
... ."
Gemäß § 38 Abs. 1 Stmk. BauG hat der Bauherr nach Vollendung von u.a. "Neu-, Zu- oder Umbauten (§ 19 Z. 1)" vor dessen Benützung um die Erteilung der Benützungsbewilligung anzusuchen.
Gemäß Abs. 8 dieser Bestimmung hat die Behörde die Benützung zu untersagen, wenn eine bauliche Anlage ohne Benützungsbewilligung benützt wird.
Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ist die belangte Behörde davon ausgegangen, dass die verfahrensgegenständlichen Anlagen sowohl einer Baubewilligung als auch einer Benützungsbewilligung bedürfen.
Der Beschwerdeführer macht geltend, dass die auf seinem Grundstück befindlichen Zäune und Gerätehütten gemäß § 4 Z. 12 Stmk. BauG keine baulichen Anlagen im Sinne des § 19 Z. 1 Stmk. BauG darstellten, weil für ihre Errichtung keine bautechnischen Kenntnisse erforderlich seien. Es handle sich jedenfalls um baubewilligungsfreie Vorhaben im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 1 und Z. 2 lit. g Stmk. BauG.
Dem kann nicht gefolgt werden. Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer in keiner Weise begründet, warum Gerätehütten in der gegebenen Größe bzw. die in Frage stehenden Freigehege (die er nur als Zäune anspricht) keine bautechnischen Kenntnisse erforderten, liegt auch in dem Falle, dass eine Gerätehütte in einem vorgefertigten Zustand angeliefert und in einer relativ einfachen Weise aufgestellt werden kann, eine bauliche Anlage im Sinne des § 4 Z. 12 Stmk. BauG vor. Auch eine solche Gerätehütte erfordert bautechnische Kenntnisse im Sinne des § 4 Z. 12 leg. cit., nur werden diese bereits bei der Vorfertigung derartiger Hütten eingebracht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/06/0229, zu Containern des Beschwerdeführers). Es trifft im vorliegenden Fall auch nicht zu, dass die verfahrensgegenständlichen Hütten, die nicht zur Nutzung von Geräten, sondern der Unterbringung von Tieren dienen, somit gar keine Gerätehütte darstellen, als bewilligungsfreie Vorhaben im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 2 lit. g ("Gerätehütten im Bauland bis zu einer Gesamtfläche von insgesamt 40 m2") zu qualifizieren wären. Diese beiden Hütten stellen auch keine Nebengebäude im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG im Rahmen der Land- und Forstwirtschaft dar (vgl. das bereits angeführte hg. Erkenntnis vom ).
Für den bewilligungsfreien Tatbestand gemäß § 21 Abs. 1 Z. 2 lit. g Stmk. BauG ist, da die Bestimmung auf Gerätehütten abstellt, die Nutzung der in Frage stehenden Hütte entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers von erheblicher Bedeutung. Auch der Tatbestand des § 21 Abs. 1 Z. 3 Stmk. BauG, der vom Beschwerdeführer gar nicht angesprochen wird, kommt nicht in Betracht, weil eine Hütte, die zur Unterbringung von Tieren dient, hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf die Nachbarn nicht mit einer Gerätehütte im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 2 lit. g Stmk. BauG vergleichbar ist.
Es handelt sich weiters bei den Freigehegen auch nicht bloß um die Aufstellung von Zäunen, sondern die vom Beschwerdeführer angesprochenen Zäune sind wesentliche Teile von Tiergehegen, deren eine Begrenzungsfläche eine Wand des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes bildet, die teils überdacht und jeweils mit einer Bodenbefestigung versehen sind (nach den im Akt einliegenden Fotos ist auch die Oberfläche des 12 m x 2 m großen Katzengeheges befestigt). Insbesondere die Begrenzung dieser Gehege (abgesehen von der Außenwand des Gebäudes jeweils an drei Seiten) mit einer Höhe von 2,1 m bzw. 2 m mit Holzlatten bzw. Metallstehern, weiters bestehend aus rechteckförmigen Drahtgeflechtselementen (von jeweils ca. 2 m2) bzw. aus engmaschigem Zaungeflecht müssen jedenfalls entsprechend sturm- und kippsicher bzw. standsicher sein, bautechnische Kenntnisse sind daher dafür schon aus diesem Grund erforderlich. Auch der Tatbestand der landesüblichen Zäune im Sinne des § 21 Abs. 1 Z. 1 Stmk. BauG kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, weil es sich, wie dargelegt, im vorliegenden Fall um Gehege und nicht bloße Zäune handelt. Die vorliegenden Tiergehege stellen auch keine Reitparcours und Hundeabrichteplätze im Sinne des § 20 Z. 3 lit. f Stmk. BauG dar. Die belangte Behörde hat daher, wie die Baubehörden, zu Recht die baurechtliche Bewilligungspflicht der verfahrensgegenständlichen Gehege gemäß § 19 Z. 1 Stmk. BauG angenommen. Im Übrigen ist festzustellen, dass nach dem Wortlaut des § 38 Abs. 8 Stmk. BauG ein anhängiges Beseitigungsverfahren die Erlassung eines Benützungsverbotes nicht ausschließt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Abschließend wird angemerkt, dass Adressat eines Auftrages gemäß § 38 Abs. 8 Stmk. BauG sowohl der Eigentümer der baulichen Anlage wie der Verfügungsberechtigte (siehe § 39 Abs. 2 Stmk. BauG) sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/06/0111).
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am