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VwGH vom 17.11.2011, 2010/21/0213

VwGH vom 17.11.2011, 2010/21/0213

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des N, vertreten durch Dr. Heinz-Dieter Flesch, Rechtsanwalt in 8570 Voitsberg, Bahnhofstraße 9, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Ankara vom , betreffend Verweigerung eines Visums, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der 1986 geborene Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, ist seit mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Er stellte am bei der österreichischen Botschaft in Ankara den formularmäßigen Antrag auf Erteilung eines "Schengen-Visums". Als Zweck der Reise war im Antrag "Tourismus" angekreuzt und die Aufenthaltsdauer mit drei Monaten angegeben worden.

Diesen Antrag wies die Österreichische Botschaft Ankara (die belangte Behörde) mit dem angefochtenen Bescheid vom unter Verwendung des im Visakodex (Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom ) vorgesehenen Formblattes ab. Dabei wurde durch Ankreuzen eines bestimmten Textfeldes (Punkt 9.) zum Ausdruck gebracht, dass nach Auffassung der belangten Behörde die Absicht des Beschwerdeführers, vor Ablauf des Visums aus dem Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union auszureisen, nicht habe festgestellt werden können.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Im Beschwerdefall war der nach seinem Art. 58 Abs. 2 grundsätzlich seit dem geltende Visakodex anzuwenden, der gemäß Art. 1 Abs. 1 die Verfahren und Voraussetzungen für die Erteilung von Visa für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von höchstens drei Monaten je Sechsmonatszeitraum festlegt. Als unionsrechtliche Verordnung gilt der Visakodex unmittelbar.

Die angefochtene Erledigung leidet - wie vorauszuschicken ist - nicht schon deshalb an einem Begründungsmangel, weil sie sich auf das Ankreuzen von Textbausteinen beschränkt, ohne auf den konkreten Fall Bezug zu nehmen und dazu Feststellungen zu treffen. Diese Vorgangsweise entspricht vielmehr den besonderen Regeln für das Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden (vgl. § 11 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG und dazu grundlegend den hg. Beschluss vom , Zl. 2007/21/0216) und steht auch mit dem - erst ab geltenden - Art. 32 Abs. 2 iVm Anhang VI des Visakodex im Einklang (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0344).

Die belangte Behörde gründete die Versagung des beantragten Visums erkennbar auf Art. 32 Abs. 1 lit. b Visakodex, wonach ein Visum unter anderem dann zu verweigern ist, wenn begründete Zweifel an der vom Antragsteller bekundeten Absicht bestehen, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vor Ablauf der Gültigkeit des beantragten Visums zu verlassen (siehe zur Auslegung dieser Bestimmung das schon genannte Erkenntnis vom , Zl. 2010/21/0344, mwH). Diesbezüglich findet sich auf dem Antrag ein handschriftlicher Vermerk, aus dem sich - in Verbindung mit der sonstigen Aktenlage - ergibt, dass der Beschwerdeführer einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels "Familienangehöriger" gestellt hatte, der in erster Instanz von der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg wegen der Annahme des Vorliegens einer Scheinehe mit seiner österreichischen Ehefrau am abgewiesen wurde. In den vorgelegten Akten sind auch die diesbezüglichen Ermittlungen (Vernehmungen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau) enthalten. Dazu hatte die belangte Behörde bereits am nach der zweiten Einvernahme des Beschwerdeführers in einer Mail an die Niederlassungsbehörde festgehalten, es habe Widersprüche im "Interview" gegeben, und zwar in Bezug auf die Bestellung des Aufgebotes und das Zustandekommen der Ehe. Bedenklich sei auch, dass der Beschwerdeführer die beiden "Ex-Männer" seiner Ehefrau gar nicht zu kennen scheine, obwohl sie aus dem gleichen Dorf wie er stammten und er seine auch von dort kommende Ehefrau schon "von früher" gekannt habe. Auf dieses "Interview" wird auch in dem erwähnten Vermerk zur Begründung der Antragsablehnung Bezug genommen. Dazu wird in der Gegenschrift noch auf die Anmerkung der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg zur Verpflichtungserklärung verwiesen, in der sie sich gegen die Visumserteilung wegen des Verdachtes auf das Bestehen einer Aufenthaltsehe ausgesprochen habe. Außerdem habe der Beschwerdeführer im Antrag angegeben, arbeitslos zu sein, und keine Nachweise für ein eigenes geregeltes Einkommen, Vermögen oder "Besitz jedweder Art" vorgelegt.

In der Beschwerde rekurriert der Beschwerdeführer nur darauf, dass er mit dem Antrag eine Bestätigung über die Reservierung von Hin- und Rückflug (von Konya nach Istanbul und weiter nach Wien am und auf demselben Weg retour am ) vorgelegt habe, was seine Rückkehrabsicht belege, auch wenn er vor Erteilung des Visums keine "fixe Buchung" habe vornehmen können.

Richtig ist zwar, dass Bestätigungen (über Buchungen) betreffend den Hin- und Rückflug in Bezug auf die Frage, ob die Wiederausreise des Fremden nach Ablauf der Gültigkeitsdauer des Visums gesichert erscheint, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wiederholt maßgebliche Bedeutung beigemessen wurde (siehe dazu die Nachweise im Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0483; vgl. idS zuletzt auch den Beschluss vom , Zl. 2010/21/0289, und das schon mehrfach genannte Erkenntnis Zl. 2010/21/0344). Dem dargestellten Beschwerdevorbringen hält die belangte Behörde aber in der Gegenschrift entgegen, dass auch auf diese Unterlage Bedacht genommen worden sei, die belangte Behörde jedoch nach "Würdigung des gesamten vorliegenden Sachverhaltes" - insbesondere aufgrund des Umstandes, dass der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Arbeitslosigkeit keine ausreichenden Bindungen im Heimatland habe nachweisen können, und aufgrund der Annahme des Vorliegens einer Aufenthaltsehe - zu dem berechtigten Schluss gekommen sei, dass die Wiederausreise des Beschwerdeführers nicht gesichert sei.

Unter Berücksichtigung der dargestellten Aktenlage ist diese Einschätzung vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu beanstanden. Insbesondere kann es nicht als unschlüssig angesehen werden, dass die vorgelegte (bloße) Reservierungsbestätigung für sich genommen nicht geeignet war, die übrigen, für einen beabsichtigten dauerhaften Verbleib des Beschwerdeführers in Österreich sprechenden Anhaltspunkte maßgeblich zu entkräften.

Die belangte Behörde hat zwar - wie noch anzumerken ist - entgegen § 11 Abs. 1 letzter Satz FPG dem Beschwerdeführer keine Gelegenheit zu einer abschließenden Stellungnahme gegeben (zu dieser Pflicht auch nach dem Inkrafttreten des Visakodex siehe die schon erwähnten Entscheidungen vom ), doch wird dieser Verfahrensmangel in der Beschwerde nicht gerügt und demzufolge auch dessen Relevanz nicht aufgezeigt. Diese Unterlassung hat daher nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu führen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich - im Rahmen des ausdrücklich gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
TAAAE-81214