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VwGH vom 23.06.2010, 2006/06/0287

VwGH vom 23.06.2010, 2006/06/0287

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Beschwerde des Univ.-Doz. Dr. F in L, vertreten durch Dr. Thaddäus Schäfer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 11, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ve1-8- 2/34-2, betreffend Vorschreibung der Vorauszahlung von Kosten einer Ersatzvornahme, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte ist zunächst auf die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/06/0200, und vom , Zl. 2001/06/0099, hinzuweisen. Folgendes ist festzuhalten:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde G vom wurde S als Bauherrn die Beseitigung des auf der gegenständlichen Liegenschaft GSt. Nr. 15/8 KG U befindlichen Wochenendhauses aufgetragen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das gegenständliche Bauwerk sei entsprechend der Baubewilligung vom in der Natur im Rohbau bereits hergestellt. Da mit der Bauführung vor Erfüllung von in der Baugenehmigung enthaltenen Bedingungen begonnen worden sei, gelte diese als aufgehoben und liege daher eine Bauführung ohne Konsens vor. Der Auftrag wurde ausdrücklich auf § 33 Abs. 3 Tiroler Bauordnung 1998 (TBO 1998) gestützt.

Die gegen den die Berufung des S abweisenden Bescheid des Gemeindevorstands der Gemeinde G vom von S eingebrachte Vorstellung wurde von der belangten Behörde mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof wies die gegen diesen Vorstellungsbescheid eingebrachte Beschwerde des S mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/06/0099, als unbegründet ab.

In weiterer Folge wurde mit Bescheid der BH Lienz vom S zur Vorauszahlung der Kosten der angedrohten Ersatzvornahme in der Höhe von EUR 32.600,-- verpflichtet. Die Forderung war auf Grund der Zahlungsunfähigkeit von S nicht einbringlich.

Mit Verfahrensanordnung der BH Lienz vom wurde dem Beschwerdeführer als Eigentümer der gegenständlichen Liegenschaft die Ersatzvornahme des gegen S ergangenen Abbruchbescheides angedroht.

Mit Bescheid der BH Lienz vom wurde der Beschwerdeführer zur Vorauszahlung der Kosten der angedrohten Ersatzvornahme in der Höhe von EUR 32.600,-- verpflichtet. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das eigentliche Vollstreckungsstadium beginne bereits mit dem Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Frist. Von diesem Zeitpunkt an bis zum tatsächlichen Abschluss der Ersatzvornahme seien die Eigentümer der hievon betroffenen Liegenschaft als Verpflichtete bezüglich des Auftrages zur Vorauszahlung der Kosten ungeachtet einer nachfolgenden Änderung der Eigentumsverhältnisse anzusehen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab und führte nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens begründend im Wesentlichen aus, baupolizeilichen Aufträgen komme dingliche Wirkung zu. Die sich aus einem Abbruchbescheid ergebenden Verpflichtungen beträfen auch den jeweiligen Rechtsnachfolger im Grund- oder Gebäudeeigentum, unabhängig davon, ob dieser selbst oder sein Rechtsvorgänger den konsenswidrigen Zustand durch ein schuldhaftes Verhalten herbeigeführt habe. Aus dem gesamten Akteninhalt ergebe sich kein Anhaltspunkt, dass jemals ein Wechsel im Liegenschaftseigentum des in Rede stehenden Grundstücks stattgefunden habe. Als zum Kostenersatz Verpflichtete seien alle Eigentümer der Liegenschaft während des Vollstreckungsstadiums anzusehen. Ein Eigentümerwechsel berühre den Bestand eines Vorauszahlungsauftrages nicht. Die Eigentumsverhältnisse am Gebäude selbst seien nicht von Bedeutung. Der Beschwerdeführer sei daher als Verpflichteter im vorliegenden Verwaltungsvollstreckungsverfahren anzusehen, woran auch der Umstand nichts ändere, dass S Adressat des Abbruchbescheids gewesen sei. Es könne nämlich bei dinglichen Verpflichtungen auch gegen den Rechtsnachfolger vollstreckt werden. Somit gehe das Vorbringen des Beschwerdeführers, dass nur dann exekutiert werden könne, wenn der Verpflichtete im Titel- und im Exekutionsverfahren übereinstimme, ins Leere.

Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , Zl. B 1495/06-4, wurde die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer in seiner auftragsgemäß ergänzten Beschwerde Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, dass nur der Rechtsnachfolger des Adressaten eines Bauauftrages auf Grund der dinglichen Wirkung gemäß § 53 TBO 2001 in Anspruch genommen werden könne. Das gegenständliche Grundstück sei ununterbrochen im Eigentum des Beschwerdeführers gestanden; es sei daher denkunmöglich, dass er Rechtsnachfolger von S sei. Der gegen S erlassene Bauauftrag könne daher keine Wirkungen gegen den Beschwerdeführer entfalten.

§ 33 Abs. 3 TBO 1998, seit der Wiederverlautbarung der TBO in LGBl. Nr. 94/2001 nunmehr § 33 Abs. 3 TBO 2001, lautet:

"(3) Wird ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Baubewilligung ausgeführt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Wird innerhalb eines Monats nach der Untersagung der weiteren Bauausführung nicht nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung angesucht oder wird diese versagt, so hat die Behörde dem Bauherrn die Beseitigung des Bauvorhabens aufzutragen."

§ 37 Abs. 1 TBO 1998, seit der Wiederverlautbarung der TBO in LGBl. Nr. 94/2001 nunmehr § 37 Abs. 1 TBO 2001, lautet:

"(1) Wurde eine bewilligungspflichtige bauliche Anlage ohne die nach diesem Gesetz erforderliche Baubewilligung errichtet oder geändert, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage eine angemessene Frist zu setzen, innerhalb der nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung anzusuchen ist. Verstreicht diese Frist ungenützt oder wird (bzw. wurde) die Baubewilligung versagt, so hat die Behörde dem Eigentümer der baulichen Anlage deren Beseitigung aufzutragen. Dies gilt auch, wenn eine solche bauliche Anlage abweichend von der Baubewilligung ausgeführt wurde und diese Abweichung eine Änderung der baulichen Anlage darstellt, zu deren selbstständigen Vornahme eine Baubewilligung erforderlich wäre. Dem Eigentümer der betreffenden baulichen Anlage kann jedoch auf sein begründetes Verlangen statt der Beseitigung der baulichen Anlage die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufgetragen werden."

§ 53 TBO 2001 lautet:

"Dingliche Wirkung von Bescheiden

Rechte und Pflichten, die sich aus Bescheiden nach diesem Gesetz mit Ausnahme von Strafbescheiden ergeben, haften auf dem Grundstück und gehen auf den Rechtsnachfolger im Grundeigentum oder Baurecht über."

§ 4 VVG lautet:

"§ 4. (1) Wenn der zu einer Arbeits- oder Naturalleistung Verpflichtete dieser Pflicht gar nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen ist, so kann die mangelnde Leistung nach vorheriger Androhung auf Gefahr und Kosten des Verpflichteten bewerkstelligt werden.

(2) Die Vollstreckungsbehörde kann in einem solchen Fall dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten gegen nachträgliche Verrechnung auftragen. Der Auftrag zur Vorauszahlung ist vollstreckbar."

Gemäß § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG kann gegen eine nach dem VVG erlassene Vollstreckungsverfügung eine Berufung auch ergriffen werden, wenn die Vollstreckung unzulässig ist. Wäre eine Vollstreckungsverfügung unzulässig, darf auch kein Kostenvorauszahlungsauftrag erteilt werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0179, mwN). Wann eine Vollstreckung im Sinne des § 10 Abs. 2 Z. 1 VVG unzulässig ist, ist im Gesetz nicht näher ausgeführt. Unzulässigkeit der Vollstreckung ist aber unter anderem dann gegeben, wenn kein entsprechender Titelbescheid vorliegt oder ein solcher dem als Verpflichteten nunmehr Herangezogenen gegenüber nicht wirksam ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0076, mwN).

Ausgehend davon ist zu prüfen, ob ein dem Beschwerdeführer gegenüber wirksamer Titelbescheid vorliegt. Dabei ist festzuhalten, dass der zu vollstreckende Bauauftrag auf § 33 Abs. 3 TBO gestützt wurde. S wurde demgemäß als Bauherr mit der Beseitigung beauftragt. Dass der Bauauftrag auch dem Beschwerdeführer gegenüber erlassen wurde, hat die belangte Behörde nicht festgestellt und ist auch aus der Aktenlage nicht ersichtlich. Da der Auftrag nach § 33 Abs. 3 TBO erging, erübrigt es sich auch, auf die Frage des Eigentums am Bauwerk, die im Rahmen des § 37 Abs. 1 TBO eine Rolle spielen würde, näher einzugehen.

Der somit maßgebliche Begriff des nach § 33 Abs. 3 TBO verpflichteten Bauherrn ist in der TBO nicht definiert. Als Bauherr ist nach der Rechtsprechung derjenige anzusehen, in dessen Auftrag und auf dessen Rechnung ein Bau ausgeführt wird (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2005/05/0295; vgl. auch Krzizek , System des österreichischen Baurechts II, S 491). Die Stellung als Bauherr ist mit jener des Grundeigentümers nicht notwendig verbunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/10/0157).

Die in § 53 TBO geregelte dingliche Wirkung von Bescheiden tritt nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung nur gegenüber Rechtsnachfolgern "im Grundeigentum oder Baurecht" ein (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/06/0039). Die Rechtswirkungen aus dem Titelbescheid könnten somit nur dann gemäß dieser die Dinglichkeit anordnenden Norm auf den Beschwerdeführer übergegangen sein, wenn der Auftrag an S als Grundeigentümer oder Bauberechtigter an der gegenständlichen Liegenschaft ergangen wäre und der Beschwerdeführer insofern sein Rechtsnachfolger wäre.

Ein Baurecht im Sinne des Gesetzes vom , RGBl. Nr. 86/1912, ist jedenfalls nicht verfahrensgegenständlich. Nach den Feststellungen der belangten Behörde war im Übrigen der Beschwerdeführer während des Verwaltungsgeschehens immer Eigentümer des gegenständlichen Grundstücks. Daher ist es aber auch ausgeschlossen, dass das Eigentum an der gegenständlichen Liegenschaft von S an den Beschwerdeführer übergegangen ist, sodass schon aus diesem Grund § 53 TBO nicht zum Tragen kommen kann. Bemerkt wird, dass, entsprechend dem Umstand, dass sich § 53 TBO nicht auf die Rechtsnachfolge in der Bauherrenstellung bezieht, die belangte Behörde zutreffend nicht geprüft hat, ob der Beschwerdeführer S in dieser Position nachgefolgt ist.

Soweit sich die belangte Behörde auf das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 84/05/0035, beruft, wonach ab Ablauf der in der Androhung der Ersatzvornahme gesetzten Frist bis zum tatsächlichen Abschluss der Ersatzvornahme alle Eigentümer der hievon betroffenen Liegenschaft als Verpflichtete anzusehen seien, verkennt sie, dass es hier nicht um das Vollstreckungsstadium, sondern um die vorgelagerte Frage geht, ob überhaupt ein Titelbescheid gegeben ist, der gegenüber dem Beschwerdeführer Rechtswirksamkeit hat. Abgesehen davon hat überhaupt kein Eigentumsübergang von S an den Beschwerdeführer stattgefunden, sodass auch aus diesem Grund aus dem genannten Erkenntnis für die belangte Behörde nichts zu gewinnen ist.

Da der Bauauftrag dem Beschwerdeführer gegenüber nicht ergangen ist und er ihm gegenüber auch nicht kraft dinglicher Wirkung auf Grund einer Rechtsnachfolge wirksam geworden ist, lag somit kein gegenüber dem Beschwerdeführer wirksamer Titelbescheid vor, weshalb der Kostenvorauszahlungsauftrag gegen den Beschwerdeführer zu Unrecht erging.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die beantragte mündliche Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG unterbleiben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am